Leitsatz (amtlich)

1. Beschlüssen des Rats der Assoziation zwischen der EWG und der Türkei, die dieser auf Grund des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei vom 12.9.1963 (BGBl II 1964, 510 und 1959) und des Zusatzprotokolls für die Übergangsphase der Assoziation vom 23.11.1970 (BGBl II 1972, 387 und BGBl II 1973, 113) faßt, kommt nicht die Qualität unmittelbar innerhalb des Rechtsraums der Assoziation anwendbaren Rechts zu.

2. Soweit die Bundesanstalt für Arbeit nach Maßgabe von Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung zur Durchführung von Beschlüssen des Assoziationsrates, die nicht in Gemeinschafts- oder Bundesrecht transformiert worden sind, Arbeitserlaubnisse erteilt, kann einem türkischen Arbeitnehmer nur bei Verletzung des Art 3 Abs 1 GG ein Anspruch auf eine entsprechende Arbeitserlaubnis erwachsen.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1; AFG § 19 Abs. 1; ArbErlaubV § 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1981-09-24; EWGAbk TUR Art. 12, 22; EWGAssRBes 1/80; EWGAssRBes 3/80

 

Verfahrensgang

LSG Berlin (Entscheidung vom 07.05.1985; Aktenzeichen L 14 Ar 1/84)

SG Berlin (Entscheidung vom 20.10.1983; Aktenzeichen S 66 Ar 2653/82)

 

Tatbestand

Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, der erstmals 1965 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist und über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügt, erstrebt eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis.

Der 1936 geborene Kläger war mit einer Deutschen verheiratet (1967 bis 1969) und hat nach seinen Angaben fünf Kinder, von denen zwei in seinem Haushalt leben. In den vergangenen Jahren stand der Kläger lediglich in kürzeren Arbeitsverhältnissen. An ein Beschäftigungsverhältnis vom 10. Oktober bis 18. Dezember 1978 schloß sich ein Bezug von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 23. Dezember 1978 bis 24. März 1979 an. Dieser Leistungsbezug wurde wegen einer Heimreise beendet, von der der Kläger am 15. April 1979 zurückgekehrt sein will. Vom 25. Juli bis 26. Oktober 1979 stand der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis; am 8. November 1979 meldete er sich erneut arbeitslos. Seitdem ist der Kläger überwiegend arbeitslos, so auch seit dem 10. Juni 1982.

Die Beklagte erteilte dem Kläger wiederholt Arbeitserlaubnisse, unbeschränkte, dh solche für Tätigkeiten jeder Art, 1968 und 1973. Zuletzt erhielt der Kläger eine Arbeitserlaubnis für eine Tätigkeit als Schweißer bei der . GmbH Berlin für die Zeit vom 30. März 1982 bis 29. März 1984. Den am 9. August 1982 gestellten Antrag auf eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis lehnte die Beklagte ab, ua weil der Kläger schon wegen der Zeit vom 27. März bis 24. Juli 1979 nicht ununterbrochen in den letzten vier bzw fünf Jahren unselbständig erlaubt in der Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen sei (Bescheid vom 12. August 1982, Widerspruchsbescheid vom 26. November 1982). Die Klage hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG vom 20. Oktober 1983). Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 7. Mai 1985).

Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, dem Kläger stehe die begehrte unbeschränkte Arbeitserlaubnis nach § 19 Arbeitsförderungsgesetz (AFG), § 2 Abs 1 Nr 1 Arbeitserlaubnisverordnung (ArbErlaubV) nicht zu, weil er in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung nicht ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit im Geltungsbereich der Verordnung ausgeübt habe. Die Fünfjahresfrist sei jedenfalls durch die Zeit vom 16. April bis zum 24. Juli 1979 unterbrochen worden. Der Kläger könne sich auch nicht auf Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften berufen. Art 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80, der sich auf das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Türkei stütze, habe die Fünfjahresfrist des § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV zwar auf vier Jahre verkürzt; indessen habe damit das Tatbestandsmerkmal der ununterbrochenen unselbständigen Tätigkeit nicht beseitigt werden sollen, wie sich aus der Vorschrift des Art 6 Abs 2 des Beschlusses Nr 1/80 ergebe. Wenn nach dieser Vorschrift nur Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden seien, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit die Ansprüche aus vierjähriger Tätigkeit nicht berührten, ergebe sich, daß eine Zeit der Arbeitslosigkeit, während der der Arbeitslose nicht bei einem Arbeitsamt gemeldet sei, den Fristablauf unterbreche. Der Unterbrechungszeitraum vom 16. April bis 24. Juli 1979 habe zur Folge, daß die davorliegenden Beschäftigungszeiten nicht mehr berücksichtigt werden könnten. Danach aber habe der Kläger nicht hinreichend lange gearbeitet bzw Gleichstellungszeiten aufzuweisen, um eine neue Vierjahresfrist zu erfüllen. Der Kläger habe ferner keinen Anspruch auf eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis wegen einer besonderen Härte (§ 2 Abs 7 ArbErlaubV). Daß der Kläger seinen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Kindern nicht nachkommen könne, reiche nicht aus. Unterhaltsverpflichtungen seien grundsätzlich keine Härte; besondere Umstände seien nicht erkennbar. Es müsse dem Kläger zugemutet werden, Sozialhilfe, Kindergeld und Wohngeld in Anspruch zu nehmen; daß die Inanspruchnahme der Sozialhilfe eine Ausweisung ermögliche, rechtfertige solange keinen Härtefall, als eine Ausweisung, die im Ermessen stehe, nicht tatsächlich drohe. Auch der langjährige Aufenthalt im Bundesgebiet begründe keine besonderen Verhältnisse, allenfalls die damit verbundene wirtschaftliche und soziale Integration; indessen habe der Kläger seit 1976 jeweils nur in etwa dreimonatigen Beschäftigungsverhältnissen gestanden. Daß der Kläger 1968 und 1973 eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis erhalten habe, sei unerheblich. Mit Recht habe das SG die Bereitschaft der Beklagten, dem Kläger eine beschränkte Arbeitserlaubnis zu erteilen, bei der Prüfung der Härte zu seinem Nachteil berücksichtigt.

Der Kläger rügt mit der Revision die Verletzung des § 19 AFG, des § 2 ArbErlaubV, des Assoziationsabkommens einschließlich des Beschlusses Nr 1/80 und von Verfahrensrecht; er bringt hierzu insbesondere vor: Das LSG habe Verfahrensrecht verletzt, weil es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt habe, nicht aber auf die Sachlage bei der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht. Auf diesen Zeitpunkt komme es jedoch bei der vorliegenden Verpflichtungsklage an. Wenn das LSG hierauf abgestellt hätte, hätte sich ergeben, daß der Kläger nach dem 24. Juli 1979 erneut die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis erfüllt hätte. Das LSG verkenne im übrigen Art 6 des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80, wenn es diese Bestimmung lediglich als Verkürzung der Fünfjahresfrist des § 2 Abs 1 ArbErlaubV verstehe; denn das Abkommen habe den Zugang türkischer Arbeitnehmer zum europäischen Arbeitsmarkt erleichtern sollen und gelte daher für eine Vielzahl von Vertragsstaaten. Entgegen der Auffassung des LSG folge aus Art 6 Abs 2 Satz 2 des Beschlusses Nr 1/80, wonach Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit und längerer Erkrankung auf die Erfüllung der Anwartschaft nicht angerechnet würden, erworbene Ansprüche indes nicht berührten, nicht, daß andere Unterbrechungszeiten zum Verlust erworbener Anwartschaften führten; anderenfalls hätte auf eine ununterbrochene Beschäftigung abgestellt werden müssen. Nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung setze Art 6 des Beschlusses Nr 1/80 eine "ununterbrochene" Beschäftigung nicht voraus. Auch der Zweck des Abkommens, durch eine gegenüber den in den verschiedenen Mitgliedstaaten der EWG bestehenden Beschränkungen türkische Arbeitnehmer beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu privilegieren, spreche gegen den Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften. Zwar könnten die Mitgliedstaaten Einzelheiten regeln (Art 6 Abs 3 des Beschlusses Nr 1/80), indes gezielt für türkische Arbeitnehmer; auch das verbietet den Rückgriff auf allgemeine Vorschriften. Da der Kläger seit seiner Einreise Beschäftigungszeiten von weit über fünf Jahren aufzuweisen habe, stehe ihm die begehrte Arbeitserlaubnis zu. Schließlich habe das LSG zu Unrecht einen Härtefall verneint. Die als schädlich angesehene Unterbrechung habe nur deshalb geringfügig die erlaubten drei Monate überschritten, weil die Beklagte die Abmeldung des Klägers entgegengenommen habe, ohne ihn darauf hinzuweisen, daß er Anspruch auf einen Erholungsurlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz habe, ohne daß dies an seinem Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung etwas ändere. Wäre ein entsprechender Hinweis gegeben worden, hätte der Kläger während drei Wochen seiner Abwesenheit Alhi bezogen. Entsprechend hätte sich die Unterbrechungszeit verkürzt, so daß sie nur zwei Monate und zwei Wochen betragen hätte. Es sei ein Fall besonderer Härte, wenn die schädliche Unterbrechungszeit durch mangelnde Aufklärung und Beratung der Beklagten verursacht sei.

Der Kläger beantragt, die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12. August 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 1982 zu verpflichten, dem Kläger eine Arbeitserlaubnis jeder Art zu erteilen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie legt eine Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 11. Februar 1986 vor, derzufolge es nach Art 22 Abs 1 des Assoziationsabkommens und Art 2 des Abkommens über die zur Durchführung des Assoziationsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren Sache der Mitgliedstaaten der EWG sei, in Bereichen, die in ihre Zuständigkeit fielen, die für die Anwendung der Beschlüsse des Assoziationsrates erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Die Art und Weise der Umsetzung sei ebenfalls Sache der Mitgliedstaaten. Gesetzgeberischer Maßnahmen habe es nicht bedurft. Die notwendigen Weisungen seien gemäß § 19 Abs 5 AFG mit Schreiben vom 10. Oktober 1980 - II a 6 - 24262/T 11 - erteilt worden; an diese Weisungen sei die Arbeitsverwaltung gebunden. Die Außenwirkung im Hinblick auf die Antragsteller sei dadurch sichergestellt, daß die Arbeitsverwaltung den Beschluß gleichmäßig anzuwenden habe.

Die Beklagte teilt die Ansicht des Bundesministers und trägt vor, das LSG habe hiernach zu Recht Art 6 des Beschlusses Nr 1/80 nicht als geschlossene Sonderregelung mit unmittelbarer innerstaatlicher Geltung angesehen. Der bereits in Art 6 Abs 3 des Beschlusses Nr 1/80 angedeutete Rückgriff auf Bestimmungen der ArbErlaubV sei daher zulässig.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Er begehrt die Verurteilung der Beklagten, ihm eine Arbeitserlaubnis "jeder Art" zu erteilen, dh eine Arbeitserlaubnis ohne Beschränkung auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit und ohne Beschränkung auf einen bestimmten Betrieb. Dieses mit der im Dezember 1982 erhobenen Klage geltend gemachte Prozeßbegehren hat sich durch Zeitablauf nicht erledigt. Zwar werden Arbeitserlaubnisse ohne Beschränkung auf eine bestimmte Tätigkeit und einen bestimmten Betrieb auf zwei oder drei Jahre befristet, wenn sie nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt werden (§ 19 Abs 1 Satz 2 AFG, §§ 1 Nr 2, 4 Abs 1 ArbErlaubV); eine solche Frist, ab Klagerhebung gerechnet, wäre längst abgelaufen. Eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis wird aber auch unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erteilt (vgl § 19 Abs 4 Satz 2 AFG, § 2 ArbErlaubV; vgl ferner RdErl vom 15. Juli 1977 zur Erteilung der Arbeitserlaubnis an türkische Arbeitnehmer betr Erste Stufe der Freizügigkeit EG-Türkei - ANBA 1977, 1089 - und RdErl vom 24. November 1980 zur Erteilung der Arbeitserlaubnis an türkische Arbeitnehmer betr Zweite Stufe der Freizügigkeit EG-Türkei - ANBA 1981, 2). Der Kläger begehrt auch nur eine Arbeitserlaubnis dieser Art. Für eine solche Arbeitserlaubnis gelten günstigere Geltungsdauern von in der Regel fünf Jahren (§ 4 Abs 2 ArbErlaubV), die noch nicht abgelaufen wären; ggfs sind Arbeitserlaubnisse hiernach sogar unbefristet zu erteilen, wenn der Arbeitnehmer sich in den letzten acht Jahren ununterbrochen rechtmäßig im Geltungsbereich der ArbErlaubV aufgehalten hat, was im Falle des Klägers nicht ausgeschlossen werden kann. Der Rechtsstreit hat sich auch nicht dadurch erledigt, daß die Beklagte dem Kläger etwa aufgrund der Neufassung des § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV durch die Achte Verordnung zur Änderung der Arbeitserlaubnisverordnung vom 24. Juli 1986 (BGBl I 1160) nunmehr eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis erteilt hätte.

Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, daß der Kläger einer Arbeitserlaubnis bedarf, um in der Bundesrepublik Deutschland (einschließlich des Landes Berlin) abhängig tätig zu sein. Nach § 19 Abs 1 Satz 1 AFG benötigen alle Arbeitnehmer, die nicht Deutsche im Sinne des Art 116 Grundgesetz (GG) sind, eine Arbeitserlaubnis, soweit in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist. Weder das Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vom 12. Januar 1927 (RGBl II 76 und 454), dessen Weitergeltung ab 1. März 1952 zwischen der Bundesregierung und der türkischen Regierung vereinbart worden ist (BGBl 1952 II 608), noch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei vom 12. September 1963 (BGBl 1964 II 510 und 1959; ABlEG 1964, 3687 und 3702), das Zusatzprotokoll zum Abkommen vom 12. September 1963 für die Übergangsphase der Assoziation vom 23. November 1970 (BGBl 1972 II 387 und 1973 II 113; ABlEG 1972 L 293/3 und L 293/62) oder die bisher ergangenen Beschlüsse des Assoziationsrates enthalten Bestimmungen, nach denen für türkische Arbeitnehmer im Rechtsraum der Europäischen Gemeinschaft oder des AFG eine Arbeitserlaubnis entbehrlich wäre. Auch Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften, die nach § 19 Abs 3 AFG unberührt bleiben, sehen für Staatsangehörige der Türkei nichts Abweichendes vor. Die für Angehörige der Mitgliedstaaten geltenden Vergünstigungen finden auf türkische Staatsangehörige keine Anwendung; denn die Türkei ist nicht Mitglied der Europäischen Gemeinschaft.

Weder nach allgemeinem, grundsätzlich für alle nichtdeutschen Arbeitnehmer geltenden bundesdeutschen Arbeitserlaubnisrecht (1), noch nach besonderen, nur für türkische Arbeitnehmer geltenden Vorschriften (2) oder nach der die Erteilung von Arbeitserlaubnissen an türkische Arbeitnehmer betreffenden Praxis der Beklagten (3) ist dem Kläger eine Erlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zu erteilen.

1. Anspruchsgrundlage für eine solche Arbeitserlaubnis nach allgemeinem Bundesrecht ist § 2 ArbErlaubV, die hier in der Bekanntmachung vom 12. September 1980 (BGBl I 1754; 1981 I 1245), geändert durch die Sechste Änderungsverordnung vom 24. September 1981 (BGBl I 1042) und die Siebte Änderungsverordnung vom 9. Juli 1984 (BGBl I 890) Anwendung findet. Die während des Revisionsverfahrens eingetretenen Änderungen durch die erwähnte Achte Änderungsverordnung greift nicht Platz. Die Revision ist nur dann begründet, wenn aufgrund des für den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung vor dem LSG anwendbaren Rechts der Berufung stattzugeben war. Das durch die Achte Änderungsverordnung geschaffene neue Recht, das das LSG noch nicht berücksichtigen konnte, wäre der Revisionsentscheidung daher nur dann zugrundezulegen, wenn ihm rückwirkende Kraft zukäme. Das ist jedoch nicht der Fall; denn nach ihrem Art 3 ist die Änderungsverordnung erst am Tage nach der am 30. Juli 1986 erfolgten Verkündung in Kraft getreten.

a) Nach § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV (in der hier anwendbaren Fassung) ist die Arbeitserlaubnis unabhängig von der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und ohne die Beschränkungen nach § 1 Nr 1 zu erteilen, wenn der Arbeitnehmer in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis ununterbrochen eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der Verordnung ausgeübt hat. In diesem wie auch in den übrigen in § 2 ArbErlaubV geregelten Fällen wird allein aus in der Person des Ausländers liegenden Gründen auf den an sich nach § 19 Abs 1 AFG maßgeblichen Vorrang der deutschen bzw gleichgestellten Arbeitnehmer verzichtet. Der Verordnungsgeber hat damit von der ihm nach § 19 Abs 4 Satz 2 AFG zustehenden Befugnis Gebrauch gemacht, für einzelne Personengruppen durch Rechtsverordnung von dem Maßstab des Vorrangs Ausnahmen zuzulassen (BSGE 43, 153, 159 = SozR 4100 § 19 Nr 2; BSG SozR 4210 § 2 Nr 9; BSGE 54, 14, 20 = SozR 4100 § 19 Nr 16). Wie aus den Worten "vor Beginn der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis" ersichtlich ist, knüpft der Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV an eine bestehende Existenzgrundlage an, deren weitere Wahrnehmung dem ausländischen Arbeitnehmer ermöglicht werden soll. Auch für die Wiedererteilung einer unbeschränkten Arbeitserlaubnis nach dem Ablauf der bisherigen müssen daher erneut die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV erfüllt sein (BSGE 54, 14, 21 = SozR 4100 § 19 Nr 16). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob der Kläger früher die Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV erfüllt hat, maßgebend ist allein, ob er bei der erneuten Antragstellung 1982 oder, wenn dies nicht der Fall gewesen ist, jedenfalls bis zum Ende der mündlichen Verhandlung vor der letzten Tatsacheninstanz die erforderliche ununterbrochene Beschäftigung von fünf Jahren aufzuweisen hat.

1982 erfüllte der Kläger diese Voraussetzungen schon deshalb nicht, weil er nach der Beschäftigung bis zum 18. Dezember 1978 (Eisenbau  KG) mehr als drei Monate, nämlich bis zum 24. Juli 1979, eine unselbständige Tätigkeit rechtmäßig im Geltungsbereich der Verordnung nicht ausgeübt hat. Zeiten bis zur Dauer von jeweils drei Monaten, in denen ein Arbeitsverhältnis nicht besteht, unterbrechen zwar die Frist des § 2 Abs 1 Nr 1 (gemeint ist die ununterbrochene unselbständige Tätigkeit in den letzten fünf Jahren) nicht (§ 2 Abs 4 Nr 2 ArbErlaubV), längere jedoch mit der Folge, daß der ausländische Arbeitnehmer zur Begründung eines Anspruchs auf eine Arbeitserlaubnis nach § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV erneut eine ununterbrochene Beschäftigung von fünf Jahren zurücklegen muß. Ausnahmsweise tritt die Unterbrechung allerdings nicht durch Zeiten ein, in denen der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld (Alg) oder Unterhaltsgeld bezogen hat (§ 2 Abs 4 Nr 1 ArbErlaubV). Das war hier jedoch nicht der Fall. Im Anschluß an die Beschäftigung bis zum 18. Dezember 1978 hat der Kläger nämlich nicht Alg, sondern Alhi bezogen, deren Bezug nach § 2 Abs 4 ArbErlaubV nicht privilegiert ist. Da der Kläger erst am 25. Juli 1979 wieder in einem Beschäftigungsverhältnis stand, hätte er frühestens 1984 die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen können; ihr Vorliegen hat die Beklagte 1982 daher zu Recht verneint.

Auch bis zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 7. Mai 1985 hat der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt. Entgegen den Angriffen der Revision hat das LSG nicht verkannt, daß die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Arbeitserlaubnis auch dann begründet ist, wenn die Anspruchsvoraussetzungen bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht, auf die das Urteil ergeht, erfüllt sind (Urteil S 7). Nach seinen Feststellungen hat das LSG indes die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen auch zu diesem Zeitpunkt verneinen müssen. Es hat nämlich festgestellt, daß der Kläger seit dem 8. November 1979, unterbrochen durch kurzfristige Beschäftigungen und eine Krankheitszeit, überwiegend arbeitslos war und seit dem 10. Juni 1982 erneut arbeitslos ist. An diese Feststellungen, die die Revision nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffen hat, ist der Senat gebunden (§ 163 SGG). Ist der Kläger aber von Juni 1982 bis zur mündlichen Verhandlung am 7. Mai 1985 arbeitslos gewesen, ist eine Veränderung in dem maßgebenden Sachverhalt seit der Entscheidung der Beklagten nicht eingetreten.

b) Nach § 2 Abs 7 ArbErlaubV kann die unbeschränkte Arbeitserlaubnis ferner dann erteilt werden, wenn die Versagung nach den besonderen Verhältnissen des Arbeitnehmers eine Härte bedeuten würde. Auch diese Anspruchsgrundlage rechtfertigt das Begehren des Klägers nicht.

Die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe der besonderen Verhältnisse und der Härte ist, wie der Senat schon entschieden hat (vgl BSGE 54, 14, 21 f = SozR 4100 § 19 Nr 16), an dem Zweck der Härteklausel auszurichten. Dieser besteht im wesentlichen darin, aus sozialen Gründen die Beschäftigung des ausländischen Arbeitnehmers auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, auch wenn die Beschäftigung dem Vorrang der deutschen und der ihm gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer widerspricht. Die für ausländische Arbeitnehmer allgemein gültigen Verhältnisse begründen einen Härtefall daher nicht und besondere Verhältnisse nur, wenn sie stärkeres Gewicht haben als der Vorrang der deutschen und der ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer. Die besonderen Verhältnisse müssen deshalb der Grund dafür sein, daß die Versagung der Arbeitserlaubnis eine Härte bedeutet. Wann der Verordnungsgeber aus den in der Person des Ausländers liegenden Gründen den Vorrang der deutschen und der ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmer zurücktreten läßt, ergibt sich aus den übrigen in § 2 ArbErlaubV geregelten Fällen. An die Wertung, die diesen Fallgruppen zugrunde liegt, und die Grenzziehung, die der Verordnungsgeber dabei vorgenommen hat, kann angeknüpft werden. Allerdings kann eine Härte nicht allein mit der Begründung verneint werden, der Antragsteller erfülle nicht die Voraussetzungen, die die ArbErlaubV an anderer Stelle zur Anspruchsbegründung aufstellt; denn § 2 Abs 7 ArbErlaubV ist auch für solche Fälle eine Auffangvorschrift (vgl BSGE 43, 153, 157 = SozR 4100 § 19 Nr 2). Danach hat das LSG zu Recht einen Härtefall verneint.

Da § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV an die Existenzgrundlage anknüpft, die unmittelbar vor der Geltungsdauer der zu erteilenden Arbeitserlaubnis besteht, ist es im allgemeinen nicht hart, wenn in Ermangelung einer solchen Existenzgrundlage eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis versagt wird. Hart ist die Versagung der Arbeitserlaubnis auch nicht deshalb, weil dem Kläger 1968 und 1973 unbeschränkte Arbeitserlaubnisse erteilt worden sind. Diese Arbeitserlaubnisse waren befristet, so daß der Kläger sich nicht darauf einrichten durfte, nach Ablauf der Frist weitere unbeschränkte Arbeitserlaubnisse zu erhalten. Grundsätzlich folgt auch aus der Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland kein Härtefall. Allerdings kann die mit einem längeren Aufenthalt im Bundesgebiet verbundene wirtschaftliche und soziale Integration des ausländischen Arbeitnehmers gebieten, ihm auch unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zum deutschen Arbeitsmarkt zuzulassen, zB wenn er auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen ist und infolge seines langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts oder seiner langjährigen rechtmäßigen Tätigkeit in Deutschland in seiner Heimat keine hinreichende Existenz mehr zu finden vermag (BSGE 54, 14, 23 = SozR 4100 § 19 Nr 16). Eine solche Fallgestaltung ist hier indessen schon in Ermangelung einer ausreichenden wirtschaftlichen Integration nicht gegeben; denn der Kläger ist seit 1976 nur mit Unterbrechungen und jeweils nur wenige Monate beschäftigt gewesen.

Auch der Umstand, daß ein ausländischer Arbeitnehmer Unterhaltspflichten zu erfüllen hat, stellt, wie der Senat schon entschieden hat (BSG SozR 4210 § 2 Nr 10), grundsätzlich keine Härte dar; das gilt selbst dann, wenn die unterhaltsberechtigten Kinder in Zeiten geboren worden sind, in denen das Einkommen des Arbeitnehmers in der Bundesrepublik gesichert war. Allerdings kann bei besonderen Verhältnissen eine Ausnahme möglich sein; sie kommt in Betracht, wenn die Nichterteilung der unbeschränkten Arbeitserlaubnis in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht Auswirkungen besonderer Art auf die Familie hat (vgl BSG SozR 4100 § 19 Nr 6). Solche besonderen Verhältnisse sind hier nicht festgestellt und auch vom Kläger nicht geltend gemacht worden.

Ob der Umstand, daß ein ausländischer Arbeitnehmer, wenn er nicht arbeiten darf, der Gefahr ausgesetzt ist, gemäß § 10 Abs 1 Nr 10 Ausländergesetz (AuslG) ausgewiesen zu werden, weil er den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfe bestreiten kann, geeignet ist, einen Härtefall zu begründen, bedarf hier keiner Entscheidung; denn der Kläger kann wegen des Bezugs von Sozialhilfe nicht ausgewiesen werden. Das folgt aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen vom 11. Dezember 1953 (BGBl 1956 II 564), dem sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Türkei beigetreten sind. Nach Art 6 Abs a des Abkommens darf ein Vertragsschließender einen Staatsangehörigen eines anderen Vertragsschließenden, der in seinem Gebiet erlaubt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, nicht allein aus dem Grunde der Hilfsbedürftigkeit zurückschaffen. Eine Rückschaffung wegen Hilfsbedürftigkeit ist zwar in bestimmten Ausnahmefällen möglich (Art 7 des Abkommens); ein solcher Fall ist hier indes infolge des langjährigen Aufenthalts des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland nicht gegeben. Allerdings schließt Art 6 Abs a des Europäischen Fürsorgeabkommens nach der bestrittenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) die Befugnis der Ausländerpolizeibehörde nicht aus, wegen Hilfsbedürftigkeit eine weitere Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, weil das Rückschaffungsverbot nur aufenthaltsbeendende behördliche Maßnahmen während der Dauer eines erlaubten Aufenthalts, insbesondere während der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis betreffe (BVerwG Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nrn 32 und 33; BVerwGE 66, 29, 33 = Buchholz aaO Nr 37). Das aber kann dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, weil er über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis verfügt und daher keiner erneuten Erlaubnis bedarf.

Soweit die Revision schließlich geltend macht, die Beklagte habe 1979 die Abmeldung des Klägers in die Türkei entgegengenommen, ohne ihn pflichtgemäß darauf hinzuweisen, daß er trotz der Rückreise für drei Wochen Alhi weiterbeziehen könne, und hieraus eine Härte ableitet, vermag dies eine Rechtsverletzung des LSG nicht zu begründen. Die Revision stützt sich insoweit auf Tatsachenbehauptungen, die erstmalig im Revisionsverfahren vorgebracht worden sind; solche neu vorgebrachten Tatsachen kann das Revisionsgericht nicht berücksichtigen. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß schon durch die beschäftigungslose Zeit vom 19. Dezember 1978 bis 24. März 1979 die Beschäftigung bis zum 18. Dezember 1978 iS des § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV in schädlicher Weise unterbrochen worden war.

2. Auch nach Maßgabe besonderen, für türkische Arbeitnehmer geltenden Arbeitserlaubnisrechts hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Arbeitserlaubnis unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes.

a) Das schon erwähnte Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik von 1927 enthält keine entsprechende Anspruchsgrundlage. Nach Art 4 dieses Abkommens haben die Staatsangehörigen jedes vertragsschließenden Teils auf dem Gebiet des anderen Teils zwar das Recht, jede Art von Industrie und Handel zu betreiben und jede Erwerbstätigkeit und jeden Beruf auszuüben; indessen stehen diese Befugnisse unter der Einschränkung, daß die Landesgesetze und Verordnungen zu beachten sind und dieses Recht nicht Platz greift, soweit Industrie, Handel, Erwerbstätigkeiten und Berufe nicht den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten sind. Eine entsprechende Vorbehaltsregelung enthält jedoch § 19 AFG, durch den grundsätzlich Arbeitnehmer, die nicht Deutsche sind, zum deutschen Arbeitsmarkt nur zugelassen werden, wenn der Vorrang der Deutschen beachtet worden ist. Es stellt sich daher nicht die Frage, ob der später als das Gesetz über den deutsch-türkischen Handelsvertrag und das deutsch-türkische Niederlassungsabkommen vom 15. März 1927 (RGBl II 53) erlassene § 19 AFG als das jüngere Gesetz in seinem Anwendungsbereich Art 4 des Niederlassungsabkommens außer Kraft gesetzt hat, weil nach dem Wortlaut des § 19 Abs 3 AFG zwar Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften und § 17 Abs 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer, nicht aber abweichende Bestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen unberührt bleiben.

b) Ebenso lassen sich aus dem Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei von 1963 und dem Zusatzprotokoll für die Übergangsphase der Assoziation von 1970 keine unmittelbaren Rechtsansprüche türkischer Staatsangehöriger auf eine Arbeitserlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland ableiten.

(i) Das Assoziationsvertragswerk ist nicht nur von den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, sondern auch von der EWG selbst abgeschlossen worden. Ein solcher Abschluß als "gemischtes Abkommen" hat zur Folge, daß den Bestimmungen des Vertragswerkes innerhalb eines Mitgliedstaates nicht nur als jeweiliges nationales, sondern auch als ggfs gleichlautendes Gemeinschaftsrecht Geltungskraft zukommen kann; denn ein von der EWG abgeschlossenes Assoziierungsabkommen ist kraft dessen Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung (vgl EuGHE 1974, 449, 460), und das Zusatzprotokoll hat der Rat durch Verordnung (EWG) Nr 2760/72 vom 19. Dezember 1972 (ABlEG L 293/1) im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt. Im vorliegenden Falle kann dahinstehen, ob die hier einschlägigen Bestimmungen des Assoziationsvertragswerkes über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer dem vorrangigen Gemeinschaftsrecht angehören oder dies etwa deshalb nicht der Fall ist, weil der Gemeinschaft für die Gewährung der Freizügigkeit an Angehörige dritter Staaten keine Kompetenz zusteht, vielmehr die Freizügigkeitsverpflichtungen allein die Mitgliedstaaten treffen und Rang und Wirkung des Assoziationsvertragswerkes insoweit nur nach den allgemeinen Grundsätzen über die Wirkungsweise völkerrechtlicher Verträge im nationalen Recht zu beurteilen sind (so Hailbronner, Ausländerrecht, Rdz 884 f; derselbe EuR 1984, 54 ff, jeweils mwN). Kraft Gemeinschaftsrechts könnte dem Kläger ein Rechtsanspruch nämlich nur zustehen, wenn das Assoziationsvertragswerk selbst ein Recht türkischer Staatsangehöriger begründet hätte, sich vor Gericht auf das Abkommen zu berufen, um Freizügigkeit im Rechtsraum der EWG bzw im Rechtsraum eines Mitgliedstaates geltend zu machen. Das ist jedoch nicht der Fall.

Die aufgeworfene Frage, für deren Beantwortung auf Wortlaut, Sinn und Aufbau des Vertragswerkes abzustellen ist, wäre zu bejahen, wenn klare, eindeutige und inhaltlich bestimmte Verpflichtungen bestünden, deren Erfüllung und Wirkung nicht von weiteren Rechtsakten abhängig wären, insbesondere weder einem ausdrücklichen oder nur stillschweigenden Vorbehalt der Gemeinschaft oder eines Mitgliedstaates unterlägen (vgl EuGHE 1972, 1219, 1228 f; 1976, 129, 141; 1982, 1331, 1350). Davon kann jedoch keine Rede sein, jedenfalls nicht für die hier allein maßgebende Rechtslage vor dem 1. Dezember 1986, dh vor dem Ende des 22. Jahres nach dem Inkrafttreten des Abkommens, bis zu dem nach dem Wortlaut des Art 36 Abs 1 des Zusatzprotokolls die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei hergestellt wird (vgl zur Rechtslage nach dem 30. November 1986 Hailbronner EuR 1984, 54, 71 ff; Krück EuR 1984, 289, 307). Eine Abrede, in der lediglich eine Regelung in Aussicht gestellt wird und von vornherein mehrere unterschiedliche Regelungen denkbar sind, die der Abrede entsprechen, genügt den Bestimmtheitsanforderungen nicht. So aber liegen die Dinge hinsichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Assoziation.

In Art 12 des Assoziationsabkommens haben die Vertragsparteien lediglich vereinbart, sich von den Art 48, 49 und 50 des Vertrages zur Gründung der EWG leiten zu lassen, um untereinander die Freizügigkeit der Arbeitnehmer schrittweise herzustellen. Damit ist weder etwas letztlich Verbindliches über die vorzunehmenden Schritte noch darüber gesagt, wie die innerhalb der Assoziation zu gewährende Freizügigkeit schließlich aussehen wird. Auch das Zusatzprotokoll hat diese Fragen keiner endgültigen Lösung zugeführt. Art 36 Abs 1 des Zusatzprotokolls enthält lediglich einen Zeitplan, demzufolge die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundsätzen des Art 12 des Assoziationsabkommens zwischen dem Ende des 12. und des 22. Jahres nach dem Inkrafttreten des Abkommens schrittweise hergestellt wird. Die hierfür erforderlichen Regeln enthält das Zusatzprotokoll nicht, diese legt nach Art 36 Abs 2 des Zusatzprotokolls vielmehr der Assoziationsrat fest. Daß das die Assoziation begründende Vertragswerk sich letztlich jeglicher verbindlicher Regelung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer enthalten hat, erhellt schließlich Art 38 des Zusatzprotokolls. Nach dieser Vorschrift kann nämlich der Assoziationsrat bis zur schrittweisen Herstellung der Freizügigkeit alle Fragen im Zusammenhang mit der geographischen und beruflichen Mobilität der Arbeitnehmer türkischer Staatsangehörigkeit, insbesondere die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen prüfen, um die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer in jedem Mitgliedstaat zu erleichtern, und zu diesem Zweck Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.

Die die Freizügigkeit betreffenden Artikel der genannten Verträge berechtigen damit offensichtlich nicht die Gemeinschaftsangehörigen bzw die Staatsangehörigen der Türkei. Angesichts dieses eindeutigen Befundes stellt sich nicht die Frage, ob der Senat ein die Auslegung der die Freizügigkeit betreffenden Bestimmungen des Assoziationsvertragswerkes berührendes Rechtsproblem dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art 177 des Vertrages zur Gründung der EWG vom 25. März 1957 - EWGV - (BGBl II 766 und 1678; 1958 II 64) vorlegen dürfte bzw müßte (vgl hierzu Hailbronner EuR 1984, 54, 67 f).

(ii) Aus den gleichen Erwägungen kann ein Rechtsanspruch eines türkischen Arbeitnehmers auf Freizügigkeit innerhalb der Bundesrepublik Deutschland nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, daß die für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften dem Abkommen durch Gesetz vom 13. Mai 1964 (BGBl II 509) und dem Zusatzprotokoll durch Gesetz vom 19. Mai 1972 (BGBl II 385) die nach Art 59 Abs 2 GG erforderliche Zustimmung gegeben haben. Zwar erschöpft sich die rechtliche Bedeutung solcher Zustimmungsgesetze nicht darin, daß von ihrem Erlaß das verfassungsgemäße Zustandekommen des völkerrechtlichen Vertrages abhängt; Gesetze dieser Art transformieren vielmehr zugleich den Inhalt des völkerrechtlichen Vertrages in innerstaatliches Recht, indem sie ihn sowohl für die staatlichen Organe als auch für den innerstaatlichen Rechtsunterworfenen verbindlich machen. Indessen können durch ein Zustimmungsgesetz nur solche völkerrechtlichen Vertragsbestimmungen in unmittelbar anwendbares Recht umgesetzt werden, die alle Attribute aufweisen, die einem Gesetz nach innerstaatlichem Recht anhaften müssen, um Ansprüche und diesen Ansprüchen entsprechende Verpflichtungen zu begründen. Die völkerrechtliche Vertragsbestimmung muß deshalb nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet sein, wie eine innerstaatliche Gesetzesvorschrift rechtliche Wirkungen auszulösen (vgl BVerfGE 6, 290, 294 f; 29, 348, 360; BGHZ 17, 309, 313 f; BVerwGE 44, 156, 160), woran es hier fehlt.

Das Assoziationsabkommen und das Zusatzprotokoll mögen völkerrechtliche Rechte und Verpflichtungen für die Vertragsparteien, dh einerseits die Republik Türkei und andererseits die Gemeinschaft sowie die Mitgliedstaaten oder aber entweder die Mitgliedstaaten oder die Gemeinschaft allein (vgl dazu die auslegende Erklärung zur Bestimmung des Begriffs "Vertragsparteien" im Assoziationsabkommen, BGBl 1964 II 552) geschaffen haben, das Arbeitserlaubnisrecht von einem gewissen Zeitpunkt an in bestimmter Weise zu gestalten. Ein Rechtsanspruch des einzelnen türkischen Staatsangehörigen auf Erteilung einer entsprechenden Arbeitserlaubnis ist jedoch hierdurch nicht begründet worden (Hailbronner, Ausländerrecht, Rdz 886 f; ebenso zum Aufenthaltsrecht Nichtannahmebeschluß des BVerfG vom 21. Mai 1984 - ZfSH/SGB 1985, 225 -).

c) Schließlich kann ein Rechtsanspruch eines türkischen Staatsangehörigen auf eine Arbeitserlaubnis unabhängig von Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes auch nicht aus den in den Anlagen zu den Runderlassen der Beklagten vom 15. Juli 1977 (ANBA 1977, 1089) und vom 24. November 1980 (ANBA 1981, 2) auszugsweise abgedruckten Beschlüssen des Assoziationsrates Nr 2/76 und Nr 1/80 vom 19. September 1980 abgeleitet werden. Insoweit fehlt es schon am Rechtsanwendungsbefehl eines für den Rechtsraum der EWG bzw den Rechtsraum der Bundesrepublik Deutschland zuständigen Normgebers; denn weder hat die Gemeinschaft eine die ergangenen Beschlüsse in sekundäres Gemeinschaftsrecht umsetzende Verordnung erlassen noch haben die für die Gesetz- und Verordnungsgebung nach dem GG berufenen Körperschaften die getroffenen Regelungen in Bundesrecht transformiert. Eine Umwandlung der aus den Assoziationsratsbeschlüssen folgenden völkerrechtlichen Verpflichtungen der Gemeinschaft bzw einzelner Mitgliedstaaten in Gemeinschafts- bzw Bundesrecht wäre indes zur Annahme eines Rechtsanspruchs erforderlich; denn anders als den Verordnungen der EWG kommt den Beschlüssen des Assoziationsrates nicht die Wirkung zu, daß ihr Inhalt unmittelbar in jedem der Rechtsräume der an der Assoziation beteiligten Völkerrechtssubjekte gilt.

Die Qualität unmittelbar anwendbaren innerhalb des Rechtsraumes der Assoziation geltenden Rechts könnte Beschlüssen des Assoziationsrates nur dann zukommen, wenn die Bundesrepublik durch die gemäß Art 59 Abs 2 GG ergangenen Gesetze zum Assoziationsabkommen und zum Zusatzprotokoll die Assoziation gemäß Art 24 Abs 1 GG ermächtigt hätte, mit unmittelbarer Wirkung im Inland Recht zu setzen, bzw die EWG durch den Abschluß der beiden Vertragswerke Entsprechendes bewirkt hätte. Indessen kann ausweislich des Vertragswerkes von einer solchen Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen an die Assoziation keine Rede sein. Hinsichtlich der Verbindlichkeit der Beschlüsse des Assoziationsrates für die Vertragsparteien dürfte freilich zu unterscheiden sein, ob die Beschlüsse nur Empfehlungen enthalten (Art 22 Abs 1 Satz 3 Assoziationsabkommen), in Sonderheit, wenn ein gemeinsames Tätigwerden der Vertragsparteien erforderlich erscheint, die hierfür erforderlichen Befugnisse in dem Abkommen jedoch nicht vorgesehen sind (Art 22 Abs 3 Assoziationsabkommen), oder ob dem Assoziationsrat auch das Recht eingeräumt worden ist, Bestimmungen zu treffen (vgl Art 8 Assoziationsabkommen). Was die Durchführung der Beschlüsse angeht, sieht Art 22 Abs 1 Satz 2 Assoziationsabkommen lediglich vor, daß jede der beiden Parteien verpflichtet ist, die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Eine Vorschrift, nach der Beschlüsse allgemein oder auf bestimmten Gebieten unmittelbar innerhalb des Rechtsraumes jeder Vertragspartei gilt, wie sie etwa Art 189 Abs 2 EWGV vorsieht, fehlt. Folgerichtig fehlt es auch an einer Regelung, daß und wo die Beschlüsse zur Begründung ihrer Geltungskraft für die Rechtsunterworfenen der Vertragsparteien zu veröffentlichen sind.

Daß den Beschlüssen des Assoziationsrates keine unmittelbare Geltung im Rechtsraum der Gemeinschaft bzw eines Mitgliedstaates zukommen sollte, ergibt sich schließlich aus dem Abkommen vom 12. September 1963, das die im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der EWG über die zur Durchführung des Assoziationsabkommens zu treffenden Maßnahmen und die dabei anzuwendenden Verfahren geschlossen haben (BGBl 1964 II 558). Dieses Abkommen geht nämlich davon aus, daß Beschlüsse und Empfehlungen des Assoziationsrates zu ihrer Anwendbarkeit innerhalb der EWG bzw innerhalb der Mitgliedstaaten weiterer Maßnahmen bedürfen. Art 2 des Abkommens sieht daher vor, daß die Anwendbarkeit der Beschlüsse und Empfehlungen des Assoziationsrates, die zur Zuständigkeit der EWG gehören, vom Rat nach Stellungnahme der Kommission ausgesprochen wird, während dann, wenn die Beschlüsse und Empfehlungen des Assoziationsrates ein Gebiet betreffen, das nicht zur Zuständigkeit der EWG gehört, die Mitgliedstaaten die für die Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen.

Auch die Beschlüsse des Assoziationsrates richten sich somit an die Vertragsparteien als Völkerrechtssubjekte und nicht an die Staats- bzw Gemeinschaftsangehörigen der Vertragsparteien. Entgegen der in dem Urteil des LSG Bremen vom 21. Juni 1984 - L 5 Ar 7/84 - (InfAuslR 1985, 171) vertretenen Auffassung hat auch das Zusatzprotokoll darin keine Veränderungen gebracht. Zwar dürfte Art 36 des Zusatzprotokolls die Befugnisse des Assoziationsrates erweitert haben. Nach Art 36 Abs 2 des Zusatzprotokolls legt nämlich der Assoziationsrat die Regeln fest, die für die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei erforderlich sind, die nach Art 36 Abs 1 des Zusatzprotokolls nach den Grundsätzen des Art 12 des Assoziationsabkommens zwischen dem Ende des 12. und dem Ende des 22. Jahres nach dem Inkrafttreten des Assoziierungsabkommens hergestellt wird. Indessen folgt daraus lediglich, daß der Assoziationsrat nunmehr auch hinsichtlich der Freizügigkeit Regeln festlegen kann, das besagt jedoch nichts über die innerstaatliche bzw innergemeinschaftliche unmittelbare Wirkung solcher Bestimmungen. Es gilt deshalb nach wie vor, daß Beschlüsse des Assoziationsrates nicht unmittelbar im europäischen Gemeinschaftsraum oder im Rechtsraum der Mitgliedstaaten gelten; sie bedürfen vielmehr einer Umwandlung durch Akte der EWG oder des einzelnen Mitgliedstaates (Bleckmann, Europarecht, 2. Aufl 1978, S 220; Hailbronner, Ausländerrecht, Rdz 888 f; aA wohl Bieback, Arbeitserlaubnisrecht, S 184 f).

Gegen die unmittelbare Anwendbarkeit der auf dem Gebiete der Freizügigkeit bisher ergangenen Beschlüsse Nr 2/76 und 1/80 sprechen im übrigen diese selbst. Abgesehen davon, daß keiner dieser Beschlüsse zur Begründung einer allgemeinen Geltungskraft für alle Angehörigen der assoziierten Staaten veröffentlicht worden ist, sehen beide Beschlüsse ausdrücklich in ihren Schlußbestimmungen vor, daß die Vertragsparteien jeweils für ihren Bereich die zur Durchführung der Beschlüsse erforderlichen Maßnahmen treffen (Art 12 Beschluß Nr 2/76, vgl ANBA 1977, 1091; Art 29 Beschluß Nr 1/80, insoweit in der Anlage zum RdErl vom 24. November 1980, ANBA 1981, 2 nicht abgedruckt). Hinzu kommt, daß beide Beschlüsse die Festlegung der Einzelheiten der Vorschriften über den verbesserten Zugang eines türkischen Arbeitnehmers zum Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats, dem der Arbeitnehmer schon angehört, ausdrücklich einzelstaatlichen Vorschriften überläßt (Art 2 Abs 3 Beschluß Nr 2/76; Art 6 Abs 3 Beschluß Nr 1/80) und den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft die Möglichkeit eröffnet, von der Anwendung dieser Vorschriften abzusehen, wenn der Arbeitsmarkt Störungen ausgesetzt oder von Störungen bestimmter Art bedroht ist (Art 6 Beschluß Nr 2/76, Art 12 Beschluß Nr 1/80). Im übrigen bedürfen die Beschlüsse schon angesichts der von ihnen verwandten mehrdeutigen Begriffe (zB freier Zugang, kurzfristige Abwesenheit wegen Krankheit/Abwesenheit wegen langer Krankheit, unverschuldete Arbeitslosigkeit, Familienangehöriger, Kinder) einer präzisierenden Umwandlung, um innerhalb der EWG bzw innerhalb der Mitgliedstaaten rechtsstaatlich angewandt werden zu können.

3. Folgt hieraus, daß in Ermangelung anwendbaren Gemeinschafts- bzw Bundesrechts dem türkischen Staatsangehörigen grundsätzlich keine gerichtlich durchsetzbaren Ansprüche auf die Maßnahmen zustehen, die die Assoziationsratsbeschlüsse auch für den deutschen Arbeitsmarkt vorgesehen haben, so kann der türkische Staatsangehörige gleichwohl einen Anspruch auf eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 GG) haben, wenn und soweit die Beklagte, um durch die Assoziation begründete Verpflichtungen der EWG bzw der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen, türkischen Arbeitnehmern Arbeitserlaubnisse erteilt, obwohl nach Maßgabe des allgemeinen, für alle nichtdeutschen Arbeitnehmer geltenden bundesdeutschen Arbeitserlaubnisrechts eine Erlaubnis nicht erteilt werden kann. Das ist dann der Fall, wenn ihm eine Arbeitserlaubnis verweigert wird, die die Beklagte bei im übrigen gleichen Umständen anderen türkischen Arbeitnehmern zu erteilen pflegt. Einem solchen auf Art 3 GG gegründeten Anspruch steht § 19 AFG nicht entgegen; denn die dort getroffene Regelung ist nicht derart abschließend, daß die Praxis der Beklagten, auch wenn sie bis zum Erlaß entsprechenden Gesetzes- bzw Verordnungsrechts sich nicht auf innerstaatlich anwendbares Recht zu stützen vermag, als rechtswidrig angesehen werden müßte.

Im vorliegenden Rechtsstreit kommt es deshalb nicht auf die von der Revision in den Vordergrund gestellte, die völkerrechtliche Verpflichtung der Vertragsparteien der Assoziation betreffende Frage an, ob der in Art 6 Abs 1 - 3. Spiegelstrich - des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80 vorgesehene Zugang zu jeder Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung auch dann noch gegeben ist, wenn die Beschäftigung durch andere als die in Art 6 Abs 2 des Beschlusses genannten Zeiten unterbrochen worden ist (vgl hierzu verneinend Hailbronner, Ausländerrecht, Rdz 896 f; bejahend Bieback, Arbeitserlaubnisrecht, S 186 f). Da die Beklagte aufgrund der Weisungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Anwendung des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80 Arbeitserlaubnisse erteilt, ist vielmehr entscheidend, ob sie dem Kläger eine Arbeitserlaubnis verweigert, die sie in Anwendung des Art 6 Abs 1 - 3. Spiegelstrich - des Beschlusses Nr 1/80 sonst zu erteilen pflegt. Das aber ist ausweislich der Praxis der Beklagten, wie sie sich aus ihren Runderlassen und den Dienstanweisungen ergibt, nicht der Fall.

Art 2 des Assoziationsratsbeschlusses Nr 2/76 sah vor, daß ein türkischer Arbeitnehmer nach fünf Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung in einem Mitgliedstaat der Gemeinschaft dort freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis hat. Art 6 Abs 1 - 3. Spiegelstrich - des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80 verminderte die zeitliche Voraussetzung auf vier Jahre ordnungsgemäßer Beschäftigung. In beiden Beschlüssen heißt es, daß der Jahresurlaub und die kurzfristige Abwesenheit wegen Krankheit, Mutterschaft oder Arbeitsunfällen bzw die Abwesenheit wegen Mutterschaft, Arbeitsunfall oder kurzer Krankheit den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt werden (Art 2 Abs 1 Buchst c Satz 1 Beschluß Nr 2/76; Art 6 Abs 2 Satz 1 Beschluß Nr 1/80). Beide Beschlüsse bestimmten ferner, daß die Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit, die von den zuständigen Behörden ordnungsgemäß festgestellt worden sind, sowie die Abwesenheit wegen langer Krankheit nicht den Zeiten ordnungsgemäßer Beschäftigung gleichgestellt werden, indessen nicht die aufgrund der vorherigen Beschäftigungszeit erworbenen Ansprüche berühren (Art 2 Abs 1 Buchst c Satz 2 Beschluß Nr 2/76; Art 6 Abs 2 Satz 2 Beschluß Nr 1/80). Während die Beklagte in ihren Weisungen zu dem Beschluß Nr 2/76 sich noch auf den Hinweis beschränkt hatte, daß nach fünfjähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung der Geltungsbereich der besonderen Arbeitserlaubnis nicht mehr eingeschränkt werden darf (II Nr 4 des Erlasses vom 15. Juli 1977, ANBA 1089), hat sie zu dem Beschluß Nr 1/80 ausdrücklich die Ansicht vertreten, nach vierjähriger ordnungsgemäßer Beschäftigung hätten türkische Arbeitnehmer Anspruch auf eine besondere Arbeitserlaubnis, die in Anlehnung an § 2 Abs 1 Nr 1 ArbErlaubV iVm § 4 Abs 2 Satz 1 ArbErlaubV auf fünf Jahre zu befristen sei (vgl II Nr 3 des Erlasses vom 24. November 1980, ANBA 1981, 2; vgl jetzt 4.10.115 der durch den Dienstblatt-RdErl 93/83 eingeführten Dienstanweisungen zum Arbeitserlaubnisrecht, abgedruckt im Handbuch der Arbeitsvermittlung/Arbeitsberatung). Dabei sind die Weisungen immer davon ausgegangen, daß eine Arbeitserlaubnis gemäß Art 2 des Beschlusses Nr 2/76 bzw Art 6 des Beschlusses Nr 1/80 nur zu erteilen ist, wenn die Beschäftigung ordnungsgemäß und ununterbrochen ausgeübt wurde. Das ist in 4.10.112 und 4.10.122 der Dienstanweisungen zum Arbeitserlaubnisrecht klar zum Ausdruck gekommen. In den Erlassen vom 15. Juli 1977 und vom 24. November 1980 hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß die erforderliche Beschäftigung von fünf bzw vier Jahren (anders als bei Arbeitnehmern aus anderen Ländern) bei türkischen Arbeitnehmern nicht durch Zeiten unverschuldeter Arbeitslosigkeit und Krankheit über drei Monate hinaus unterbrochen wird und diese Zeiten vom Antragsteller in geeigneter Form nachzuweisen sind (II Nr 5 des Erlasses von 1977; II Nr 4 des Erlasses von 1980). Diese letztgenannten Weisungen haben nur dann einen Sinn, wenn grundsätzlich eine ununterbrochene Beschäftigung vorausgesetzt wird, bevor in Anwendung des Art 2 des Beschlusses Nr 2/76 bzw des Art 6 Abs 1 - 3. Spiegelstrich - des Beschlusses Nr 1/80 eine unbeschränkte Arbeitserlaubnis erteilt werden darf.

Damit steht aber fest, daß die Beklagte Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt hat, wenn sie bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem LSG dem Kläger auch in Anwendung des Art 6 Abs 1 des Assoziationsratsbeschlusses Nr 1/80 keine unbeschränkte Arbeitserlaubnis erteilt hat. Da die Beklagte andere als die in § 2 Abs 4 ArbErlaubV und Art 6 Abs 2 des Beschlusses Nr 1/80 genannten Zeiten, also auch Zeiten, in denen der türkische Arbeitnehmer wegen Nichtmeldung dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, als unterbrechend ansieht, sofern drei Monate überschritten worden sind, entspricht es der Praxis der Beklagten, wenn auf die vor dem 16. April 1979 liegenden Beschäftigungszeiten nicht mehr zurückgegriffen wird, nachdem der Kläger vom 16. April bis zum 24. Juli 1979 dem deutschen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stand. Die erneute vierjährige Beschäftigung, die Art 6 Abs 1 - 3. Spiegelstrich - des Beschlusses Nr 1/80 in der Praxis der Beklagten demnach voraussetzt, konnte der Kläger, da er seit 1982 arbeitslos ist, auch bis zur mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 7. Mai 1985 nicht erfüllen.

Das LSG hat daher im Ergebnis zu Recht die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 230

NJW 1987, 604

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