Leitsatz (redaktionell)
Ein "Nachschieben von Gründen" liegt nur dann vor, wenn die Versorgungsbehörde im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens über die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes neue, den Verwaltungsakt stützende Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art vorträgt, ohne einen entsprechenden, auf diese neuen Gründe gestützten Verwaltungsakt während des gerichtlichen Verfahrens zu erlassen.
Erläßt aber die Behörde im Laufe des Rechtsstreits einen neuen Verwaltungsakt mit anderen Gründen, dann handelt es sich um einen neuen - gerichtlich selbständig überprüfbaren - Verwaltungsakt und nicht um ein "Nachschieben von Gründen" zu einem bereits erlassenen Verwaltungsakt, selbst wenn in dem neuen Verwaltungsakt dieselbe Rechtsfolge wie in dem ursprünglich erlassenen Verwaltungsakt ausgesprochen wird.
Normenkette
SGG § 54 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, § 96 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03; KOVVfG § 22 Fassung: 1955-05-02
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen in Celle vom 23. April 1963 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten, soweit es sich nicht um die außergerichtlichen Kosten des Klägers in diesem Revisionsverfahren handelt.
Gründe
Der Kläger, der vom November 1938 an Wehrdienst leistete, wurde im August 1945 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. In seinem Entlassungsschein ist u. a. vermerkt: "Splitter rechter Oberarm, Kieferhöhlentumor; 40 v. H. erwerbsbehindert; WDB Ja".
Im Juni 1948 beantragte der Kläger wegen eines Tumors am rechten Auge, Granatsplitterverletzung am rechten Oberarm und Malaria Versorgung. Der Augenfacharzt Dr. E führte in seinem Gutachten vom 16. August 1949 aus, daß der zur Neubildung neigende gutartige Tumor am rechten Auge wahrscheinlich von Tränendrüsengebilden ausgehe und Wehrdienstbeschädigung angenommen werden müsse. Auf Anfrage des versorgungsärztlichen Dienstes ergänzte der Sachverständige sein Gutachten am 25. November 1949. Daraufhin erteilte die zuständige Versorgungsbehörde den Bescheid vom 23. Januar 1951 und erkannte ab 1. Juli 1948 "praktische Erblindung des rechten Auges nach operierter Augenhöhlengeschwulst" im Sinne der Entstehung mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 v. H. an. Wegen der weiter bestehenden medizinischen Bedenken holte die Versorgungsbehörde das Gutachten der Universitäts-Augenklinik in M vom 11. April 1951 mit Zusatzgutachten des Pathologischen Instituts der Universität M vom 27. März 1951 ein, in denen die Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangten, daß wahrscheinlich der Tumor zur Zeit des vom Kläger angeschuldigten äußeren Ereignisses bereits bestanden habe. Ein Zusammenhang mit äußeren Einwirkungen müsse verneint werden. Ein Vermerk vom 17. Februar 1953 in den Versorgungsakten besagt, daß der Fall "in die Liste für das neue Verfahrensgesetz eingetragen werden soll".
Mit Umanerkennungsbescheid vom 16. September 1954 übernahm das Versorgungsamt (VersorgA) Schädigungsfolgen und Höhe der MdE ohne ärztliche Nachuntersuchung ab 1. Oktober 1950 nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Der Bescheid enthält den Zusatz: "Es wird darauf hingewiesen, daß seitens des Versorgungsamts weiterhin Zweifel bestehen, ob die Ihnen bisher anerkannten Schädigungsfolgen zu Recht anerkannt worden sind. Sie müssen deshalb damit rechnen, daß bei Inkrafttreten der neuen Verfahrensvorschriften Ihre Rentenangelegenheit erneut überprüft wird". Nachdem bei dem Kläger im Jahre 1954 eine Radikaloperation mit Entfernung des rechten Oberkiefers wegen erneuten Auftretens des Tumors vorgenommen worden war, stellte er im September 1954 einen Erhöhungsantrag. Auf Grund der vom VersorgA eingeholten Gutachten erteilte das VersorgA den auf § 62 BVG gestützten Bescheid vom 20. April 1955, in dem es "vorbehaltlich einer späteren Änderung auf Grund der zu erwartenden Verfahrensvorschriften (Gesetz über das Verwaltungsverfahren)" nunmehr als Schädigungsfolgen "Verlust des rechten Auges, Verlust des rechten Oberkiefers, Gesichtsentstellung mittleren Grades, Verlust sämtlicher Zähne im Oberkiefer, Hirnerkrankung und Schädigung des rechten Gesichtsnerven in allen drei Ästen nach Entfernung einer Geschwulstbildung im rechten Gesichtsbereich" mit einer MdE um 100 v. H. ab 1. August 1954 anerkannte. Mit einer Aktenverfügung vom 29. Juni 1955 leitete das VersorgA das Verfahren gemäß § 42 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) ein. Im März 1956 gingen beim VersorgA verschiedene Unterlagen der Krankenbuchlager München und Kassel sowie der Deutschen Dienststelle in B mit dem Gesundheitsbuch und darin befindlichen Einlagen ein. Daraus ergab sich, daß beim Kläger bei der Einstellungsuntersuchung im Jahre 1935 bereits eine kleine gutartige Geschwulst am rechten unteren Augenlid vorhanden war. Nachdem Dr. K in seiner Stellungnahme vom 15. Juni 1956 ärztlicherseits einer Berichtigung gemäß § 41 VerwVG zugestimmt hatte, erteilte das VersorgA mit Zustimmung des Landesversorgungsamts (LVersorgA) den auf § 41 VerwVG gestützten Bescheid vom 24. September 1957. Mit diesem hob es die Bescheide vom 23. Januar 1951, 16. September 1954 und 20. April 1955 sowie die Benachrichtigungen vom 4. Februar 1952 und 27. September 1952 auf, weil sie im Zeitpunkt ihres Erlasses in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zweifelsfrei unrichtig gewesen seien. Schädigungsfolgen im Sinne des § 1 BVG lägen nicht vor. Die Zahlung der Versorgungsbezüge wurde mit Ablauf des Monats Oktober 1957 eingestellt. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 19. September 1958).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 16. Mai 1960 abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Im Laufe des Berufungsverfahrens hat das VersorgA auf Anregung des LVersorgA den auf § 42 Abs. 1 Nr. 9 VerwVG gestützten Bescheid vom 20. Dezember 1960 erlassen und erneut die bereits im Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 aufgehobenen früheren Bescheide aufgehoben. Es hat ausgeführt, daß der Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 durch diesen Anfechtungsbescheid gemäß § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ersetzt bzw. ergänzt werde. Durch die nach Erlaß der früheren Bescheide beim VersorgA eingegangenen Urkunden sei erwiesen, daß die anerkannten Schädigungsfolgen zu Unrecht anerkannt worden seien und daß das Tumorleiden und seine weiteren Folgen weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung als Schädigungsfolge anerkannt werden könnten. Auf Anfrage des Berichterstatters des Landessozialgerichts (LSG) hat der Beklagte im Schriftsatz vom 10. Juli 1962 u. a. ausgeführt, es habe sich aus den im Jahre 1956 eingegangenen Unterlagen ergeben, daß neben der Anwendung des § 41 VerwVG auch die des § 42 VerwVG gerechtfertigt sei. Der auf § 41 VerwVG gestützte Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 werde durch den Anfechtungsbescheid vom 20. Dezember 1960 auch auf § 42 VerwVG gestützt, also ergänzt.
Das LSG hat mit Urteil vom 23. April 1963 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 16. Mai 1960 zurückgewiesen und die Klage gegen den Anfechtungsbescheid vom 20. Dezember 1960 abgewiesen. Es hat ausgeführt, neben dem Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 1958 sei auch gemäß §§ 153, 96 SGG der im Laufe des Berufungsverfahrens ergangene Anfechtungsbescheid vom 20. Dezember 1960 angefochten. Über diesen Bescheid sei im Klagewege zu entscheiden (BSG 18, 231). Sei einer der beiden Bescheide rechtmäßig, so bedürfe es keiner weiteren Prüfung, ob dies auch für den anderen Bescheid zutreffe. Wenn die Voraussetzungen des § 42 VerwVG gegeben und die Fristen des § 43 VerwVG nF eingehalten worden seien, sei der Bescheid vom 20. Dezember 1960 rechtmäßig, obwohl die Versorgungsbehörde ihren Bescheid zunächst auf § 41 VerwVG gestützt habe, da sie Gründe für die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts nachschieben dürfe. Die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 Nr. 9 VerwVG seien gegeben, da die im Jahre 1956 beim VersorgA eingegangenen Urkunden im Zeitpunkt der früheren Entscheidung bereits vorhanden gewesen seien und eine andere Entscheidung herbeigeführt hätten. Aus dem Inhalt der von den Krankenbuchlagern und der Deutschen Dienststelle in B übersandten Unterlagen und den medizinischen Gutachten sei zu schließen, daß die Versorgungsbehörde bei Kenntnis dieser Unterlagen die früheren Bescheide nicht erlassen hätte. Die Augengeschwulst sei durch schädigende Einwirkungen im Sinne des BVG weder hervorgerufen noch verschlimmert worden. Das VersorgA habe auch die Fristen des § 43 Abs. 2 Satz 2 VerwVG eingehalten, die frühestens mit dem 1. Januar 1957 zu laufen begannen. Die Auffassung des Klägers, die Verwaltungsbehörde sei gehindert, sechs Jahre nach der ersten Anerkennung einen Anfechtungsbescheid zu erlassen, treffe nicht zu. Die Frist des § 43 Abs. 2 Satz 2 VerwVG erfordere nicht, daß die Versorgungsbehörde innerhalb von fünf Jahren vom Tage der unrichtigen Entscheidung an die Neuregelung nach § 42 VerwVG zu treffen haben, sondern bedeute nur, daß die erneute Prüfung von Amts wegen vor Ablauf von fünf Jahren seit der unrichtigen Entscheidung eingeleitet sein müsse. Im übrigen sei dem Kläger seit der Benachrichtigung vom 27. September 1952 bekannt gewesen, daß später eine Überprüfung erfolgen werde. Die Rücknahme der früheren Bescheide sei daher für den gesamten Zeitraum, in dem der Kläger die Rente bezogen habe, zulässig gewesen.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses ihm am 10. Mai 1963 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz vom 4. Juni 1963, beim Bundessozialgericht (BSG) am 6. Juni 1963 eingegangen, Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 10. August 1963 mit einem beim BSG am 7. August 1963 eingegangenen Schriftsatz vom 5. August 1963 begründet.
In der mündlichen Verhandlung am 9. November 1965 vor dem erkennenden Senat hat der Beklagte den Bescheid vom 20. Dezember 1960 zurückgenommen und sich verpflichtet, die außergerichtlichen Kosten des Klägers für dieses Revisionsverfahren zu erstatten. Daraufhin hat der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Zur Begründung der Revision trägt er vor, daß der auf § 41 VerwVG gestützte Bescheid vom 24. September 1957 deshalb rechtswidrig sei, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für seinen Erlaß nicht vorlägen. Bei Erlaß des Bescheides vom 23. Januar 1951 - der ersten Anerkennung der Folgen des Tumorleidens als Schädigungsfolge - habe die Versorgungsbehörde bereits Kenntnis von der Tränensackoperation des Klägers am rechten Auge gehabt, so daß der Entscheidung im Jahre 1951 derselbe Sachverhalt zugrunde gelegt worden sei, der sich später aus den im Jahre 1956 beim VersorgA eingegangenen Krankenunterlagen ergeben habe. Er, der Kläger, habe keine falschen Angaben über seine Erkrankung gemacht, so daß keine Veranlassung zur Aufhebung der Bewilligungsbescheide bestehe. Im übrigen sei es unzulässig, erst sechs Jahre nach der Erstanerkennung diese zurückzunehmen. Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die Revisionsbegründung verwiesen.
Der Beklagte beantragt die Zurückverweisung der Sache an das LSG und führt aus, er stütze die Berichtigung nur noch auf § 41 VerwVG und den nach dieser Vorschrift erlassenen Bescheid vom 24. September 1957.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und auch rechtzeitig begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die sonach zulässige Revision ist auch begründet.
Nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 9. November 1965 den auf § 42 VerwVG gestützten Bescheid vom 20. Dezember 1960 zurückgenommen hat, streiten die Beteiligten nur noch über die Rechtmäßigkeit des Berichtigungsbescheides vom 24. September 1957 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 1958, mit dem der Beklagte die voraufgegangenen Bescheide und Benachrichtigungen über die Anerkennung der Geschwulst in der Augenhöhle und deren weiteren Folgen als Schädigungsfolge aufgehoben und die Rentenzahlung eingestellt hat.
Dieser auf § 41 VerwVG gestützte Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 ist entgegen der Auffassung des Klägers durch den auf § 42 VerwVG gestützten und während des Berufungsverfahrens erlassenen Bescheid vom 20. Dezember 1960 nicht aufgehoben worden. Zwar ist in diesem Bescheid gesagt, daß der Bescheid vom 24. September 1957 "ergänzt" bzw. "ersetzt" wird, jedoch ist der Bescheid unter den "aufgehobenen" Bescheiden nicht erwähnt und auch die übrigen Ausführungen lassen nicht erkennen, daß der Bescheid zurückgenommen werden sollte. Aus den Ausführungen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 10. Juli 1962 geht zudem eindeutig hervor, daß er mit dem Bescheid vom 20. Dezember 1960 nicht den ursprünglich angefochtenen Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 hat "aufheben" wollen. Der Beklagte hat nämlich ausgeführt, aus der Stellungnahme von Dr. Sch habe sich ergeben, daß die Anwendung des § 42 VerwVG gerechtfertigt gewesen sei und daher der auf § 41 VerwVG gestützte Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 durch den Anfechtungsbescheid vom 20. Dezember 1960 "auch" auf die Begründung des § 42 VerwVG gestützt, d. h. nach Ansicht des Beklagten "ergänzt" werde. Wenn das LSG allerdings in diesem Zusammenhang meint, der Beklagte sei berechtigt, zur Rechtmäßigkeit des Berichtigungsbescheides vom 24. September 1957 mit dem Bescheid vom 20. Dezember 1960 "Gründe nachzuschieben", so hat es nicht den Unterschied zwischen einem sogenannten "Nachschieben von Gründen" zur Stütze der Rechtmäßigkeit eines auf Grund anderer Erwägungen erlassenen Verwaltungsakts und der Ergänzung eines angefochtenen Verwaltungsakts durch einen neuen Verwaltungsakt im Sinne des § 96 SGG beachtet. Ein "Nachschieben von Gründen" liegt nur dann vor, wenn der Beklagte im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens über die Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts neue, den Verwaltungsakt stützende Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art vorträgt, ohne einen entsprechenden, auf diese neuen Gründe gestützten Verwaltungsakt während des gerichtlichen Verfahrens zu erlassen. Erläßt aber die Behörde im Laufe des Rechtsstreits einen neuen Verwaltungsakt mit anderen Gründen, dann handelt es sich um einen neuen Verwaltungsakt und nicht um ein "Nachschieben von Gründen" zu einem bereits erlassenen Verwaltungsakt, selbst wenn in dem neuen Verwaltungsakt dieselbe Rechtsfolge wie in dem ursprünglich erlassenen Verwaltungsakt ausgesprochen wird. Ist somit im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß der im Laufe des Berufungsverfahrens erlassene Bescheid vom 20. Dezember 1960 den Berichtigungsbescheid vom 24. September 1957 nicht aufgehoben hat, so ist dieser auf § 41 VerwVG gestützte Berichtigungsbescheid noch existent, so daß nunmehr - nachdem der Bescheid vom 20. Dezember 1960, der die gleichen Rechtsfolgen ausgesprochen hatte, vom Beklagten zurückgenommen worden ist - über seine Rechtmäßigkeit entschieden werden muß.
Dieser Bescheid vom 24. September 1957 ist nicht schon deshalb rechtswidrig - wie der Kläger offenbar meint -, weil er erst mehr als sechs Jahre nach der ersten Anerkennung der Augengeschwulst und ihrer Folgen erlassen worden ist. Im Gegensatz zu Anfechtungsbescheiden gemäß § 42 VerwVG, die gemäß § 43 VerwVG nach Ablauf von fünf Jahren nach Erlaß des früheren Bescheides nicht mehr ergehen dürfen, es sei denn, es wäre eine erneute Prüfung eingeleitet worden, besteht für die Berichtigung von Bescheiden nach § 41 VerwVG keine gesetzliche Ausschlußfrist. Ob eine Berichtigung i. S. des § 41 VerwVG dann nicht mehr zulässig ist, wenn die Behörde trotz ausreichender Kenntnis eines zur Berichtigung berechtigenden Sachverhalts diese unangemessen lange Zeit verzögert, kann für den vorliegenden Fall dahinstehen. Hier hat nämlich die Versorgungsbehörde - nachdem am 1. April 1955 mit dem Inkrafttreten des VerwVG die rechtliche Grundlage für eine Berichtigung geschaffen worden war - unverzüglich, nämlich am 29. Juni 1955, die Überprüfung des Versorgungsfalles eingeleitet und nach Eingang der entsprechenden medizinischen Unterlagen die Berichtigung vorgenommen. Im übrigen war dem Kläger nach den Feststellungen des LSG bereits seit 1952 durch die jeweiligen Vorbehalte in den Benachrichtigungen und Bescheiden bekannt, daß Bedenken gegen die im Bescheid vom 23. Januar 1951 ausgesprochene Anerkennung der Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolgen bestanden und er mit einer Überprüfung und Änderung dieses Bescheides bei künftig gegebener rechtlicher Möglichkeit rechnen müsse. Die Rechtmäßigkeit des Berichtigungsbescheides vom 24. September 1957 kann daher hinsichtlich des Zeitpunktes des Erlasses nicht in Zweifel gezogen werden. Im übrigen aber konnte eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides nicht getroffen werden. Nach § 41 VerwVG können Bescheide über Rechtsansprüche zuungunsten des Versorgungsberechtigten von der zuständigen Verwaltungsbehörde mit Zustimmung des LVersorgA durch neuen Bescheid nur geändert oder aufgehoben werden, wenn ihre tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit im Zeitpunkt ihres Erlasses außer Zweifel steht. Das LSG hat - nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner letzten mündlichen Verhandlung zutreffend - diese Voraussetzungen hinsichtlich der Wirksamkeit des Bescheides vom 24. September 1957 nicht geprüft und insoweit auch keine Feststellungen getroffen, weil es den Bescheid vom 20. Dezember 1960 für rechtmäßig angesehen hat, durch den die gleiche Rechtsfolge ausgesprochen worden war. Nachdem der Beklagte den Bescheid vom 20. Dezember 1960 aber zurückgenommen hat, kann die auf der Grundlage der Rechtmäßigkeit dieses Bescheides ergangene Entscheidung des LSG nicht mehr aufrechterhalten werden. Sie war daher aufzuheben und die Sache wegen der nunmehr noch zu treffenden Feststellungen über die Rechtmäßigkeit des auf § 41 VerwVG gestützten Bescheides vom 24. September 1957 an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).
Da der Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 9. November 1965 die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das jetzige Revisionsverfahren übernommen hat, waren diese Kosten von der vom LSG im abschließenden Urteil zu treffenden Kostenentscheidung auszunehmen.
Fundstellen