Leitsatz (redaktionell)

1. Zur Frage des Versorgungsanspruchs für die Folgen eines Verkehrsunfalls iS des BVG § 5 Abs 1 Buchst a.

2. Ein Verkehrsunfall, bei dem durch ein Wehrmachtsfahrzeug während des Krieges eine Zivilperson verletzt worden ist, kann nur dann als eine unmittelbare Kriegseinwirkung angesehen werden, wenn der Unfall unmittelbar durch die Einwirkung von Kampfmitteln und damit unmittelbar zusammenhängende militärische Maßnahmen eingetreten ist.

 

Normenkette

BVG § 5 Abs. 1 Buchst. a Fassung: 1953-08-07, § 1 Abs. 2 Buchst. a Fassung: 1964-02-21

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 3. Oktober 1968 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der ... 1937 geborene Kläger wurde am 13. Dezember 1944 in seinem Heimatort L., als er sich mit seiner damals 9 Jahre alten Schwester und einem weiteren Kind auf einer neben der Straße liegenden Wiese aufhielt, von einem deutschen Militär-Pkw angefahren; dabei hat er nach seinen Angaben Verletzungen an Kopf, Armen und am rechten Bein erlitten, wegen deren Folgen er im April 1964 die Gewährung von Versorgung beantragte. Das Versorgungsamt lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Dezember 1964 ab, weil nicht nachgewiesen sei, daß zur Unfallzeit und am Unfallort der Straßenverkehr durch Kampfhandlungen unmittelbar beeinträchtigt gewesen sei oder daß eine Gefechtsberührung mit dem Gegner gerade stattgefunden oder unmittelbar bevorgestanden habe. Der Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage mit Urteil vom 22. September 1967 abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist mit Urteil des Landessozialgerichts (LSG) vom 3. Oktober 1968 zurückgewiesen worden. Das LSG hat ausgeführt, ein Verkehrsunfall, bei dem eine Person durch ein Wehrmachtfahrzeug verletzt werde, sei nur dann Folge einer unmittelbaren Kriegseinwirkung, wenn im Zeitpunkt des Unfalls und am Unfallort der Verkehr unmittelbar durch Kampfhandlungen beeinträchtigt gewesen sei; es müsse entweder Gefechtsberührung mit dem Gegner gegenwärtig gewesen sein oder unmittelbar bevorgestanden haben. Weder bei der Beweisaufnahme im Verfahren der 1. Instanz noch im Berufungsverfahren habe festgestellt werden können, daß im Zeitpunkt des Unfalls am Unfallort Luftangriffe erfolgt seien oder unmittelbar bevorgestanden hätten. Hinzu komme, daß gemäß den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 5 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) der Begriff der unmittelbaren Kriegseinwirkung eng auszulegen sei. Zwar gehe aus den Aussagen der gehörten Zeugen hervor, daß der in der Nähe des Unfallortes liegende Bahnhof W. das Ziel zahlreicher Tieffliegerangriffe gewesen und daß die zum Bahnhof führende Straße hierbei besonders gefährdet gewesen sei. Zum Zeitpunkt des Unfalls sei jedoch ein unmittelbarer Angriff nicht erfolgt, sonst würden sich nicht mehrere Kinder an der Unfallstelle aufgehalten haben. Sollten sich jedoch Flugzeuge in der Gegend des Bahnhofs ständig in der Luft befunden haben (vgl. Angabe des Pensionärs K.), so könnte nur bei extensiver Auslegung von einer unmittelbar bevorstehenden Kriegseinwirkung gesprochen werden. Diese Auslegung würde jedoch den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 5 BVG widersprechen. Demnach sei die Berufung, da die Voraussetzungen der §§ 1,5 BVG nicht vorlägen, unbegründet.

Mit der zugelassenen Revision trägt der Kläger vor, die in Frage stehende Straße sei zur Unfallzeit mit Militärfahrzeugen, die in beiden Richtungen gefahren seien, stark belebt gewesen. Ein Militärfahrzeug, das in rasendem Tempo aus der Richtung L. gekommen sei, sei plötzlich über den Straßenrand auf die Wiese gefahren, habe den Kläger angefahren und ihn noch ein Stück mitgeschleift. Das elterliche Wohnhaus des Klägers - somit auch der Unfallort - sei etwa 500 m vom Bahnhof W. - D. entfernt. Dort sei 1944 ein Abstellplatz für Güterwagen mit kriegswichtigen Materialien angelegt worden. Dieser Abstellplatz habe sich fast bis etwa 200 m an die elterliche Wohnung des Klägers heran erstreckt. Von hier aus seien Waffen und Munition mit Militärwagen nach allen Richtungen gefahren worden. Diese Tatsache sei den Alliierten bekannt gewesen, weshalb sie häufig Bomben auf dieses Gebiet abgeworfen hätten. Die Alliierten hätten Ende 1944 zu jeder Tages- und Nachtzeit durch ihre Kampfflieger sämtliche Fahrzeuge, die sich auf der Straße zwischen L. und dem Bahnhof W. befunden hätten, beschossen. Am Unfalltag sei zwischen S. und L. gekämpft worden; S. habe sich zu dieser Zeit schon fest in der Hand der Alliierten befunden, ebenso die linke Saarseite bis nach O.. Die Entfernung des Unfallortes von dem Kampfgebiet habe höchstens 25 km in der Luftlinie betragen. Bei der damaligen totalen Kriegsführung und in Anbetracht dessen, daß sich die - gegnerischen - Kampfhandlungen in dieser Zeit und an dieser Front hauptsächlich auf den Luftkrieg beschränkt hätten, habe von einer weiten Entfernung des Kampfgebietes nicht gesprochen werden können. Der Unfallort habe im Gegenteil damals praktisch zum Kampfgebiet gehört. Die Alliierten hätten die deutsche Luftwaffe vollkommen ausgeschaltet gehabt, so daß die alliierte Luftwaffe in diesem Kampfabschnitt und auf den Verbindungsstraßen zu den Frontstellungen den gesamten Luftraum uneingeschränkt beherrscht habe; eine deutsche Flugabwehr habe es dort praktisch nicht mehr gegeben. Im übrigen sei von beiden Seiten nur ein reiner Stellungskrieg geführt worden, der erst im März 1945 in einen Offensivkrieg der Alliierten übergegangen sei. Jedes einzelne Fahrzeug, das sich auf der Straße bewegt habe, und häufig auch einzelne Fußgänger sowie Leute, die auf dem Feld gearbeitet hätten, seien von den feindlichen Flugzeugen - insbesondere den Jabos (Jagdbombern) - beschossen worden. Insoweit werde auf die Vernehmung des Zeugen P. St. Bezug genommen. Wenn das LSG zu der Auffassung gekommen sei, daß im Zeitpunkt des Unfalls am Unfallort Luftangriffe nicht erfolgt seien oder unmittelbar bevorgestanden hätten, daß also dadurch der Verkehr auf der Straße nicht unmittelbar beeinträchtigt und die Fahrweise des Militärfahrzeugs nicht beeinflußt worden sei, so "dürfte" diese Meinung keinesfalls zutreffend sein. Infolge unmittelbarer Nähe des Bahnhofs sei die akute Kriegsgefahr noch verstärkt gewesen. Nach der Aussage des Zeugen H. stehe fest, daß zur damaligen Zeit sehr häufig feindliche Fliegerangriffe auf den Bahnhof und die nähere Umgebung erfolgt seien. Dieser Zeuge habe auch erklärt, daß die Angriffe meistens gegen 10 Uhr morgens, um die Mittagszeit und nachmittags gegen 15 oder 16 Uhr erfolgt seien. Diese Tatsache, die allen Bediensteten des Bahnhofs W. bekannt gewesen sei, dürfte auch den zuständigen deutschen Wehrmacht stellen nicht unbekannt geblieben sein, deshalb müsse es auch selbstverständlich gewesen sein, daß alle militärischen Fahrzeuge angewiesen worden seien, so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone herauszukommen. Jeder Soldat sei auch von sich aus bestrebt gewesen, so schnell wie möglich mit seinem Fahrzeug von der Straße wegzukommen. Es dürfte auch klar sein, daß zu den von dem Zeugen H. angegebenen Zeiten sich nur solche Fahrzeuge auf der Straße befunden hätten, die unbedingt hätten fahren müssen. Da der Unfall sich um die Mittagszeit ereignet habe, könne man wohl annehmen, daß der Fahrer des Unfallwagens ohne Einhaltung von Vorschriften und ohne Rücksicht auf Gesundheit und Leben des anderen ein rasendes Tempo gehabt und dadurch den Kläger auf der Wiese verletzt habe. Die in Lothringen, in einer Luftlinienentfernung von höchstens 50 km von der Unfallstelle stationierten Jabos hätten vom Aufstieg bis zur Unfallstelle nur 5 - 10 Minuten benötigt. Der Zeuge P. St. habe auch erklärt, daß eines seiner Pferde durch Splitter verletzt worden sei; man sei an keinem Tage seines Lebens sicher gewesen, wenn man sich draußen habe aufhalten müssen. Der Zeuge habe weiter erklärt, wenn auch Angriffe nicht dauernd erfolgt seien, so seien doch ständig 1 - 2 feindliche Flugzeuge in der Luft gewesen. Fliegeralarm oder ein Warnsignal gegen die Jabos habe es zur Zeit des Unfalls nicht mehr gegeben. Wenn auch nicht habe bewiesen werden könne, daß im Zeitpunkt des Unfalls und am Unfallort ein unmittelbarer Fliegerangriff stattgefunden habe, so hätten doch die Zeugenaussagen ergeben, daß sich in der damaligen Kriegsphase ständig feindliche Flugzeuge in der Luft befunden hätten. Bei zutreffender Gesetzesanwendung und vollständiger Berücksichtigung der damaligen kriegsbedingten Verhältnisse hätte das LSG daher den vom Kläger erhobenen Versorgungsanspruch bejahen müssen.

Der Kläger beantragt,

die angefochtenen Urteile der ersten und zweiten Instanz sowie den Bescheid vom 10. Dezember 1964 idF des Widerspruchsbescheides vom 29. April 1965 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Folgen des am 13. Dezember 1944 erlittenen Unfalls als Schädigungsfolgen i.S. des BVG anzuerkennen und ab 1. April 1964 in gesetzlicher Höhe zu berenten,

hilfsweise,

das LSG-Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Es habe nicht festgestellt werden können, daß im Zeitpunkt des Unfalls Luftangriffe erfolgt seien oder unmittelbar bevorgestanden hätten, durch die der Verkehr auf der Straße und die Fahrweise des fraglichen Wehrmachtfahrzeuges beeinträchtigt worden seien. Die Tatsache, daß sich mehrere Kinder an der Unfallstelle auf gehalten hätten, zeige, daß zur Unfallzeit ein unmittelbarer Tieffliegerangriff an dieser Stelle nicht stattgefunden habe.

Die durch Zulassung statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig (vgl. §§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Sachlich konnte sie keinen Erfolg haben.

Da der Kläger zur Unfallzeit noch ein Kind war und deshalb keinen militärischen oder militärähnlichen Dienst geleistet hat, könnte der geltend gemachte Anspruch nur dann begründet sein, wenn der Unfall am 13. Dezember 1944 die Folge einer unmittelbaren Kriegseinwirkung i.S. des § 1 Abs. 2 Buchst. a BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I, 85) gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift stehen einer Schädigung i.S. des Absatzes 1 (Schädigung bei militärischer oder militärähnlicher Dienstverrichtung) Schädigungen gleich, die durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung herbeigeführt worden sind. Als eine solche unmittelbare Kriegseinwirkung gelten nach § 5 Abs. 1 Buchst. a BVG Kampfhandlungen und damit unmittelbar zusammenhängende militärische Maßnahmen, insbesondere die Einwirkung von Kampfmitteln. Das 3. NOG zum BVG vom 28. Dezember 1966 (BGBl. I 750) hat insoweit keine Änderung gebracht.

Der Kläger ist im Unfallzeitpunkt unstreitig weder durch Kampfmittel, d.h. durch eine Waffe, irgendein Geschoß oder durch die mittelbaren Auswirkungen solcher Kampfmittel (Splitter, Explosionsdruck, usw.), noch in sonstiger Weise durch Kampfhandlungen verletzt worden; vielmehr wurde er von einem deutschen Militär-Pkw angefahren, als er sich auf einer neben der Straße liegenden Wiese aufhielt. Ein solcher Verkehrsunfall, bei dem durch ein Wehrmachtfahrzeug während des Krieges eine Zivilperson verletzt worden ist, könnte nur dann als eine unmittelbare Kriegseinwirkung i.S. der §§ 1 Abs. 2 Buchst. a und 5 Abs. 1 Buchst. a BVG angesehen werden, wenn der Unfall unmittelbar durch die Einwirkung von Kampfmitteln oder durch die Auswirkung von Kampfhandlungen und damit unmittelbar zusammenhängenden militärischen Maßnahmen eingetreten wäre. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich nur dann als erfüllt anzusehen, wenn - wie das LSG zutreffend betont hat - im Zeitpunkt des Unfalls und am Unfallort der Verkehr unmittelbar durch Kampfhandlungen beeinträchtigt gewesen ist (vgl. auch Wilke, Kommentar zum BVG, 3. Auflage Anm. B I zu § 5 BVG S. 85). Da es aber nach dem klaren Gesetzeswortlaut nicht genügt, daß sich Kriegseinwirkungen irgendwie mittelbar oder ganz allgemein schädlich ausgewirkt haben, vielmehr eine unmittelbare Kriegseinwirkung (wie die Einwirkung vom Kampfmitteln) vorgelegen haben muß, bedarf es auch stets des Nachweises, daß nicht etwaige sonstige Umstände, sondern gerade eine durch Kampfhandlungen usw. bedingte Beeinträchtigung des Verkehrs den Verkehrsunfall verursacht oder wesentlich mitverursacht hat. Nur mit dieser Einschränkung kann der Auffassung zugestimmt werden, daß ein Verkehrsunfall auch dann Folge einer unmittelbaren Kriegseinwirkung sei, wenn die Gefechtsberührung mit dem Gegner gegenwärtig war oder unmittelbar bevorstand, wie das LSG und Wilke aaO unter Bezugnahme auf das Urteil des Bayerischen LSG vom 6. September 1955 (BVBl 1956 S. 169, 170) angenommen haben.

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, so erweist sich der Anspruch des Klägers nicht als begründet. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat nicht festgestellt werden können, daß im Zeitpunkt des Unfalls am Unfallort Luftangriffe erfolgten oder unmittelbar bevorständen und hierdurch etwa der Verkehr auf der Straße unmittelbar beeinträchtigt und die Fahrweise des Militär - Pkw's dadurch beeinflußt worden war. Zwar ist nach diesen Feststellungen der in der Nähe des Unfallortes liegende Bahnhof W. das Siel zahlreicher Tieffliegerangriffe gewesen, wodurch die zum Bahnhof führende Straße besonders gefährdet war; im Unfallzeitpunkt hat jedoch kein unmittelbarer Angriff stattgefunden, sonst würden sich nicht mehrere Kinder an der Unfallstelle aufgehalten haben.

Das LSG hat weiter ausgeführt: Sollten sich jedoch Flugzeuge in der Gegend des Bahnhofs "ständig in der Luft befunden haben" (wie der Pensionär K. angegeben habe), so Könne auch dann bei der gebotenen engen Auslegung des § 5 BVG nicht von einer unmittelbar bevorstehenden Kriegseinwirkung gesprochen werden. - Diese Feststellungen sind von der Revision, soweit sie tatsächlicher Natur sind, nicht mit hinreichend substantiierten oder durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden; denn die Revision hat sich - ohne formellrechtliche Rügen zu erheben - im wesentlichen darauf beschränkt, die damaligen Front- und Kriegsverhältnisse zu schildern sowie ihre gegensätzliche Auffassung zur tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des Falles mitzuteilen. Selbst wenn mit dem Vorbringen der Revision, das LSG habe zu Unrecht gemeint, daß im Unfallzeitpunkt am Unfallort keine Luftangriffe erfolgt seien oder unmittelbar bevorgestanden hätten, eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das LSG (Verstoß gegen § 128 SGG) gerügt werden sollte, wäre ein Verfahrensmangel nicht mit Erfolg dargetan, weil durch die von der Revision zitierte Aussage des Zeugen H... "daß zur damaligen Zeit sehr häufig feindliche Fliegerangriffe" erfolgt seien, nicht nachgewiesen ist, daß gerade auch zum Zeitpunkt des Unfalls des Klägers ein Fliegerangriff stattgefunden hat. Mit der Vermutung der Revision, es dürfte selbstverständlich gewesen sein, daß alle Fahrer militärischer Fahrzeuge angewiesen worden oder auch von sich aus bestrebt gewesen seien, so schnell wie möglich oder gar in rasendem Tempo von der Straße wegzukommen, ist ebenfalls nicht dargelegt, daß gerade zur Unfallzeit ein Luftangriff stattgefunden oder unmittelbar bevorgestanden hätte. Das gleiche gilt für das Vorbringen der Revision, ein Pferd des Zeugen St. sei einmal durch Splitter verletzt und auf dem Feld arbeitende Leute oder Fußgänger seien zu irgendeiner Zeit beschossen worden. Demgemäß räumt die Revision selbst ein, es habe nicht bewiesen werden können, daß im Zeitpunkt des Unfalls am Unfallort ein unmittelbarer Fliegerangriff Statt gefunden habe. Zu Unrecht meint sie jedoch, daß der streitige Anspruch deshalb begründet sei, weil sich ständig feindliche Flugzeuge in der Luft befunden hätten. Daß sich damals feindliche Flugzeuge in der Luft befunden haben könne (und zwar in der Gegend des Bahnhofs), hat das LSG als möglich unterstellt, Hierzu hatte jedoch die Schwester des Klägers, die beim Unfall zugegen war (K. M.), angegeben, "Angriffe fanden nach meiner Erinnerung nicht statt, ich weiß es nicht mehr;" sie meine jedoch, "daß Flugzeuge in der Luft gewesen wären, weil man ein leichtes Summen hörte". Nach dieser recht unbestimmten Schilderung dürfte eher die Annahme gerechtfertigt sein, daß es sich um in großer Höhe befindliche Flugzeuge gehandelt hat, die sich möglicherweise nur auf dem Durchflug zu irgendeinem hier nicht interessierenden Ziel befanden, oder auch um bloße Aufklärungsflugzeuge, von denen der Zeuge H... berichtet hat. Jedenfalls kann aus dieser Schilderung der Unfallzeugin nicht auf einen unmittelbar bevorstehenden Flugzeugangriff geschlossen werden, zumal die Zeugin auch erklärt hatte, sie hätten am Unfalltag zu dritt auf der Wiese gespielt. Das LSG hat insoweit mit Recht betont, daß sich die Kinder bei einem unmittelbaren Angriff - das gleiche gilt für einen unmittelbar bevorstehender Angriff - nicht an der Unfallstelle aufgehalten haben würden. Demgemäß hat die Zeugin T. M. - ebenfalls eine Schwester des Klägers - am 19. März 1965 auch angegeben: "Die feindlichen Flugzeuge befanden sich auf einem Durchflug. Ein Angriff erfolgte nicht". All dies macht deutlich, daß die bloße Anwesenheit von Flugzeugen irgendwo "in der Luft" allein noch nicht ausreicht, um einen Verkehrsunfall auf der Straße wie den Angeschuldigten als eine unmittelbare Kriegseinwirkung i.S. der §§ 1 Abs. 2 Buchst. a, 5 Abs. 1 Buchst. a BVG anzusehen. Es muß zumindest die durch deutliche Anzeichen (etwa das Ansetzen zum Tiefflug oder dergleichen) begründete Erwartung hinzukommen, daß an der Unfallstelle ein Flugzeugangriff unmittelbar bevorstehe. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Daß für den Unfall des Klägers ein unmittelbar bevorstehender Flugzeugangriff nicht verantwortlich zu machen ist, kann überdies auch aus der - noch unbefangenen - schriftlichen Fragenbeantwortung des Klägers selbst vom 27. Juni 1964 geschlossen werden, wo er angegeben hat: "Plötzlich wurde ich von einem deutschen Militär-Pkw, der den Panzern zu weit ausgewichen war, angefahren und mitgeschleift". Hier ist sonach ein unsachgemäßes Steuern des Pkw's wegen der vorbeifahrenden Panzer als Unfallursache angegeben.

Da das angefochtene Urteil des LSG nach alledem nicht zu beanstanden war, mußte die Revision des Klägers als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2944746

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