Orientierungssatz
Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Arbeitslosenhilfe - Funktion der Grundrente:
1. § 11 Nr 4 AlhiV, der die Anrechnungsfreiheit der Verletztenrente auf die Höhe des Betrages begrenzt, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente gewährt würde, kann nur so verstanden werden, daß eine Verletztenrente nach einer MdE von weniger als 25 vH bei der Bemessung der Arbeitslosenhilfe anzurechnen ist. Sonst wäre ein Verletzter, der Versichertenrente aus der Unfallversicherung nach einer MdE von unter 25 vH bezieht, günstiger gestellt als ein Beschädigter, der durch Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz in seiner Erwerbsfähigkeit in gleichem Maße gemindert ist. Während dieser bei gleichhoher MdE (unter 25 vH) keine Grundrente erhalten würde und folglich allein mit der Alhi auskommen müßte, würde jenem neben der Verletzten-Teilrente noch zusätzlich die ungekürzte Alhi zur Verfügung stehen.
2. Die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung, die - anders als das BVG - einen derart verselbständigten Grundrentenanteil nicht kennt und die von der Privilegierungsvorschrift des § 138 Abs 3 Nr 5 AFG weder unmittelbar noch mittelbar erfaßt wird, ist daher wie die sonstigen - einkommensabhängigen - Rentenleistungen der Beschädigtenversorgung nach dem BVG (Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich) nicht von der Privilegierung des § 138 Abs 3 Nr 1 AFG erfaßt. Sie unterfällt auch nicht den anrechnungsfreien Schadensersatzleistungen des § 138 Abs 1 Nr 6 AFG.
3. § 138 Abs 3 Nr 5 trägt dem Umstand Rechnung, daß die Grundrenten des Versorgungsrechts, obwohl auch sie nach dem Grad der MdE nach Pauschalsätzen gewährt werden, ebenso wie die Schwerstbeschädigtenzulage in besonderem Maße dazu bestimmt sind, den Verlust der körperlichen Unversehrtheit auszugleichen und damit auch einen Mehraufwand abzugelten, der dem Beschädigten als Folge der Schädigung in allen Lebenslagen erwächst (vgl BSG vom 1969-07-08 9 RV 788/67 = BSGE 30, 21, 25; BSG vom 1971-08-26 9 RV 436/68 = BSGE 33, 112, 117).
Normenkette
AFG § 138 Abs. 3 Nrn. 1, 5-6; AlhiV § 11 Nr. 4 Fassung: 1974-08-07; RVO §§ 581, 587; BVG § 31
Verfahrensgang
LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 01.09.1981; Aktenzeichen L 7 Ar 114/81) |
SG Aurich (Entscheidung vom 29.04.1981; Aktenzeichen S 5 Ar 13/81) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Der 1944 geborene Kläger, von Beruf Gleisbauarbeiter, bezog von der Beklagten in der Zeit vom 1. Oktober 1979 bis 31. Oktober 1980 - mit Unterbrechungen - Arbeitslosengeld (Alg) nach einem gerundeten Arbeitsentgelt von wöchentlich 495,-- DM. Wegen eines am 16. September 1976 erlittenen Arbeitsunfalls wurde ihm ab 1. Oktober 1979 Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vH gewährt und vom gleichen Zeitpunkt an die Teilrente auf die Vollrente erhöht, weil der Kläger wegen der Unfallfolgen kein Arbeitseinkommen bezog. Die Höhe der Teilrente betrug 333,20 DM monatlich = 76,89 DM wöchentlich.
Nach Erschöpfung des Alg-Anspruchs gewährte die Beklagte ab 1. November 1980 Anschluß-Alhi in Höhe von 134,88 DM wöchentlich (Bescheid vom 3. Dezember 1980; Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1981). Bei der Berechnung legte die Beklagte das für das Alg maßgebende Arbeitsentgelt von 495,-- DM wöchentlich zugrunde; auf den sich hieraus ergebenden Wochensatz der Alhi von 211,80 DM rechnete sie im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung die Verletzten-Teilrente in Höhe von 76,89 DM an, so daß sich eine wöchentliche Alhi von "gerundet" 134,88 DM ergab.
Auf die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alhi ohne Anrechnung seiner Unfallrente - abzüglich bereits erhaltener Leistungen - zu gewähren (Urteil vom 29. April 1981). Auf die zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 1. September 1981). Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Die Teilrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung falle nicht unter die nach § 138 Abs 3 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) privilegierten Leistungen. Zu den dort genannten Leistungen, die zur Deckung eines durch Körperschäden verursachten Mehrbedarfs gewährt würden, gehörten nicht die nach einer MdE bemessenen Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder aus der gesetzlichen Unfallversicherung. Hätte der Gesetzgeber diese Leistungen in § 138 Abs 3 Nr 1 AFG erfassen wollen, wäre es überflüssig gewesen, die Grundrente nach dem BVG in § 138 Abs 3 Nr 5 AFG als anrechnungsfreies Einkommen zu bezeichnen.
Für die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung sehe § 11 Nr 4 Alhi-Verordnung (VO) eine Anrechnungsfreiheit nur bis zur Höhe des Betrages vor, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, im Falle des § 587 Reichsversicherungsordnung (RVO) jedoch mindestens der danach nicht zu berücksichtigende Betrag. Auch dieser Ausnahmetatbestand liege nicht vor. Sinn und Zweck des § 11 Nr 4 Alhi-VO sei es, die Bezieher von Verletztenrente bei der Gewährung von Alhi denjenigen gleichzustellen, deren Grundrenten und Schwerstbeschädigtenzulagen nach dem BVG sowie entsprechender Renten nach § 138 Abs 3 Nr 5 AFG nicht als Einkommen angerechnet würden. Da insoweit bei der Anrechenbarkeit der Verletztenrente auf die Höhe des Betrages abgestellt sei, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente gewährt würde, eine Grundrente dort aber erst bei einer MdE von mindestens 30 vH beginne, könne entgegen der Auffassung des SG eine Verletztenrente, die nach einer MdE von weniger als 30 vH berechnet werde, nicht als privilegiertes Einkommen gelten. Auch könne § 587 RVO nicht entnommen werden, daß die Teilrente, wenn sie wegen unfallbedingter Einkommenslosigkeit auf die Vollrente aufgestockt werde, insgesamt anrechnungsfrei werden solle. Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 587 Abs 2 RVO ergebe, beziehe sich das Verbot der Anrechnung dieser Leistung auf das Alg und die Alhi nur auf den Aufstockungsbetrag des Abs 1, nicht aber auf die übrige Unfallrente. Nur der Aufstockungsbetrag des Abs 1 solle voll dem Verletzten zugute kommen. Dies entspreche auch dem Sinn des § 587 RVO.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 11 Nr 4 Alhi-VO und des § 587 Abs 2 RVO und bringt hierzu insbesondere vor: Aus dem Wortlaut des § 11 Nr 4 Alhi-VO ergebe sich zweifelsfrei, daß die gesetzliche Unfallrente bis zur Höhe des Betrages, der einer MdE von 30 vH entspreche, nicht als auf die Alhi anrechenbares Einkommen zu gelten habe. Das bedeute, daß jede Unfallrente nach einer MdE bis zu 30 vH bei der Gewährung von Alhi unberücksichtigt bleiben müsse. Die ihm gewährte Teilrente könne deshalb nicht auf die Alhi angerechnet werden. Nach § 587 Abs 2 RVO könne auch die Erhöhung der Teilrente auf die Vollrente nicht auf die Alhi angerechnet werden. Damit solle verhindert werden, daß die erhöhte Leistung nicht dem Verletzten selbst, sondern der Bundesanstalt für Arbeit (BA) zugute komme. Das wäre aber dann der Fall, wenn sich der Verletzte im Falle seiner Arbeitslosigkeit die über eine Unfallrente von mehr als 30 vH hinausgehenden Leistungen des Unfallversicherungsträgers auf die Alhi anrechnen lassen müßte.
Der Kläger beantragt (sinngemäß), das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 1. September 1981 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 29. April 1981 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend. Es werde durch das Urteil des erkennenden Senats vom 21. Juli 1981 - 7 RAr 43/80 - bestätigt. Danach könne § 11 Nr 4 Alhi-VO nur so verstanden werden, daß bei einer MdE, die in der Kriegsopferversorgung nicht zur Gewährung von Grundrente führe, Verletztenrente insoweit nicht außer Anrechnung bleiben könne. Anrechnungsfrei sei somit im Falle des Klägers nur der nach § 587 RVO nicht zu berücksichtigende Erhöhungsbetrag.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind hinsichtlich der hier allein streitigen Anrechnung der Verletztenteilrente auf die Alhi nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat zu Recht die Verletztenteilrente im Rahmen der §§ 137, 138 AFG angerechnet. Das LSG konnte ungeachtet des insoweit eingreifenden Berufungsausschließungsgrundes des § 147 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der Sache entscheiden, weil das SG die Berufung nach § 150 Nr 1 SGG ausdrücklich zugelassen hat.
Nach § 138 AFG, der hier in der ab 1. August 1979 geltenden Fassung durch das 5. Änderungsgesetz zum AFG (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) anzuwenden ist, ist bei der Gewährung von Alhi im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung als Einkommen zu berücksichtigen ua Einkommen des Arbeitslosen einschließlich der Leistungen, die er von Dritten erhält oder beanspruchen kann, soweit es nicht nach § 115 anzurechnen ist (§ 138 Abs 1 Nr 1 AFG). Danach ist auch die dem Kläger gewährte Verletztenteilrente in Höhe von wöchentlich 76,89 DM zu berücksichtigen. Die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist Einkommen. Als Einkommen gelten nämlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert nach Abzug der Steuern, Sozialaufwendungen und Werbungskosten (§ 138 Abs 2 AFG). Nicht als Einkommen gelten allerdings die in § 138 Abs 3 AFG aufgeführten Leistungen sowie sonstige Leistungen, soweit sie nach anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem hier einschlägigen § 11 Nr 4 der Alhi-VO vom 7. August 1974 (BGBl I 1929) nicht als Einkommen gelten oder - wie die Leistungen des § 587 RVO - ausdrücklich nicht als auf die Alhi anrechenbar bezeichnet werden; jedoch ist die Verletztenteilrente des Klägers, um die es hier allein geht, nach keiner dieser Bestimmungen privilegiert, sondern ist, wie sich auch aus dem systematischen Zusammenhang dieser Bestimmungen entnehmen läßt, auf die Alhi anzurechnen.
Zutreffend hat das LSG ausgeführt, daß die Verletztenteilrente nicht bereits von der Privilegierung des § 138 Abs 3 Nr 1 AFG erfaßt wird. Danach gelten nicht als Einkommen Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, um einen Mehrbedarf zu decken, der durch einen Körperschaden verursacht ist. Anrechnungsfrei sind hiernach nur Einkünfte des Arbeitslosen, die nicht zur Deckung des normalen Lebensbedarfs bestimmt sind, sondern speziell zu dem Zweck gewährt werden, die individuellen Folgen eines Körperschadens zu beheben oder zu mindern, zB Pflegegeld nach § 558 Abs 3 RVO; Pflegezulage nach § 38 BVG. Deshalb werden von § 138 Abs 3 Nr 1 AFG nicht Leistungen erfaßt, die, wie die Verletztenrente des § 581 RVO und die Beschädigtenrente des BVG vor allem dazu bestimmt sind, die mit dem Körperschaden verbundene Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit auf dem gesamten Bereich des Erwerbslebens auszugleichen. Beide Rentenarten werden grundsätzlich nach dem Grad der MdE im allgemeinen Erwerbsleben bemessen und der hierdurch entstandene Schaden abstrakt berechnet; sie sind demgemäß im allgemeinen dazu bestimmt, als Lohnersatz den allgemeinen normalen Lebensunterhalt des Empfängers und seiner Angehörigen sicherzustellen. Es kann hierbei offenbleiben, ob die Verletztenrente des § 581 RVO - wie es für die Grundrenten des BVG zutrifft - wenigstens teilweise auch dazu bestimmt ist, einen Mehraufwand abzugelten, der den Beschädigten als Folge der - individuellen - Schädigung erwächst. Auch wenn dies der Fall wäre, würden die genannten Rentenarten nicht bereits von § 138 Abs 3 Nr 1 AFG erfaßt; sonst hätte es nicht der speziellen Regelung des § 138 Abs 3 Nr 5 AFG bedurft, wonach von den Beschädigten-Leistungen des BVG die Grundrenten und die Schwerstbeschädigtenzulage sowie vergleichbare Leistungen anrechnungsfrei bleiben, die in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG über die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage gewährt werden. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, daß die Grundrenten des Versorgungsrechts, obwohl auch sie nach dem Grad der MdE nach Pauschalsätzen gewährt werden, ebenso wie die Schwerstbeschädigtenzulage in besonderem Maße dazu bestimmt sind, den Verlust der körperlichen Unversehrtheit auszugleichen und damit auch einen Mehraufwand abzugelten, der dem Beschädigten als Folge der Schädigung in allen Lebenslagen erwächst (zur Funktion der Grundrente vgl BSGE 30, 21, 25; 33, 112, 117). Deshalb wird sie ohne Rücksicht auf sonstiges Einkommen gewährt und bei Bemessung anderer Leistungen unberücksichtigt gelassen (BT-Drucks III/1239 S 21; BSGE 33, 112, 117). Die Verletztenrente der gesetzlichen Unfallversicherung, die - anders als das BVG - einen derart verselbständigten Grundrentenanteil nicht kennt und die von der Privilegierungsvorschrift des § 138 Abs 3 Nr 5 AFG weder unmittelbar noch mittelbar erfaßt wird, ist daher wie die sonstigen - einkommensabhängigen - Rentenleistungen der Beschädigtenversorgung nach dem BVG (Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich) nicht von der Privilegierung des § 138 Abs 3 Nr 1 AFG erfaßt. Sie unterfällt auch nicht den anrechnungsfreien Schadensersatzleistungen des § 138 Abs 1 Nr 6 AFG.
Daß die Verletztenrente des § 581 RVO nicht bereits von den Privilegierungsregelungen des § 138 Abs 3 AFG erfaßt ist, ergibt sich auch aus dem Umstand, daß für sie aufgrund des § 138 Abs 4 AFG in § 11 Nr 4 der Alhi-VO eine Sonderregelung getroffen worden ist. Danach gelten außer den in § 138 Abs 3 AFG genannten Einkünften nicht als Einkommen auch die Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis zur Höhe des Betrages, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde, im Falle des § 587 RVO jedoch mindestens der danach nicht zu berücksichtigende Betrag. Entgegen der Auffassung des Klägers wird aber seine Teilrente auch von dieser Privilegierungsvorschrift nicht erfaßt. Sinn und Zweck dieser Regelung ist es, die Bezieher von Verletztenrente bei der Gewährung von Alhi den Beschädigten des BVG gleichzustellen, dh auch bei ihnen einen Rentenanteil anrechnungsfrei zu lassen, der bei den Beschädigten nach dem BVG bei gleicher MdE als Grundrente (§ 31 Abs 1 BVG) und Schwerstbeschädigtenzulage (§ 31 Abs 5 BVG) gewährt würde. Nach § 31 Abs 1 BVG wird aber eine Grundrente nur für erhebliche Körperschäden, nämlich erst bei einer MdE um 30 vH, gewährt, wobei von diesem Durchschnittssatz gem § 31 Abs 2 BVG eine um 5 vH geringere MdE (25 vH) mitumfaßt wird. Nach § 31 Abs 5 BVG wird eine Schwerstbeschädigtenzulage nur an erwerbsunfähige Beschädigte gezahlt, also an Beschädigte, deren Erwerbsfähigkeit um mehr als 90 vH gemindert ist (§ 31 Abs 3 BVG). Wenn § 11 Nr 4 Alhi-VO die Anrechnungsfreiheit auf die Höhe des Betrages begrenzt, der in der Kriegsopferversorgung "bei gleicher MdE" als Grundrente - also bei einer MdE von wenigstens 25 vH - und als Schwerstbeschädigtenzulage - also bei einer MdE von mehr als 90 vH - gewährt würde, so kann dies nur so verstanden werden, daß eine Verletztenrente, die nach einer MdE von weniger als 25 vH berechnet wird, bei der Bemessung der Alhi nicht außer Ansatz bleiben kann. Eine andere Auslegung würde dazu führen, daß ein Verletzter, der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach der MdE von unter 25 vH bezieht, günstiger gestellt wäre als ein Beschädigter, der durch Schädigungsfolgen in gleichem Maße erwerbsgemindert ist. Während dieser bei gleich hoher MdE (unter 25 vH) keine Grundrente erhalten würde und folglich allein mit der Alhi auskommen müßte, würde jenem neben der Verletztenteilrente noch zusätzlich die ungekürzte Alhi zur Verfügung stehen. Wie der Senat bereits im Zusammenhang mit der Anrechnung der Verletztenrente auf das Ausbildungsgeld (§§ 58, 40 AFG) ausgeführt hat, erfordert gerade die Wahrung der Gleichbehandlung beider Gruppen von Leistungsbeziehern (hier Alhi-Berechtigten) die Anrechnung der Verletztenrente auf die Alhi in diesen Fällen (vgl Urteil vom 21. Juli 1981 - 7 RAr 43/80 -; BSG SozR 4480 § 27 Nr 4).
Zutreffend hat das LSG auch entschieden, daß entgegen der Auffassung des Klägers aus § 587 RVO (hier in der bis 31. Dezember 1981 geltenden Fassung) nicht entnommen werden kann, daß die Teilrente, wenn sie auf die Vollrente aufgestockt wird, anrechnungsfrei wird. Nach § 587 Abs 1 RVO hat der Träger der Unfallversicherung die Teilrente auf die Vollrente zu erhöhen, solange der Versicherte infolge des Arbeitsunfalls ohne Arbeitseinkommen ist. Die Leistungen werden nach § 587 Abs 2 RVO auf das Alg oder die Unterstützung aus der Alhi nicht angerechnet. Dieses Anrechnungsverbot bezieht sich unzweifelhaft nur auf die Leistungen nach Abs 1, also auf den Aufstockungsbetrag, nicht aber auf die der Aufstockung zugrunde liegende Teilrente. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut dieser Bestimmung und ihrer systematischen Stellung innerhalb der Regelungen über die Renten an Verletzte in §§ 580 ff RVO, sondern insbesondere auch aus ihrer Entstehungsgeschichte. Danach soll die Vorschrift des Abs 2 bewirken, daß die Leistungen des Abs 1 voll den Verletzten zugute kommen; sie sollen nicht dazu führen, daß die Leistungen wegen Arbeitslosigkeit gekürzt werden (vgl BT-Drucks IV/938 zu § 586, S 14). Wie der Senat bereits zu § 587 RVO entschieden hat (BSGE 27, 297, 299 = SozR § 587 RVO Nr 1), entspricht es auch Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die Anrechnungsfreiheit insoweit nur auf den Aufstockungsbetrag zu beschränken. Wird dem Verletzten nicht nur die Teilrente, sondern die Vollrente gewährt, weil er wegen seiner Arbeitslosigkeit einem erwerbsunfähigen Verletzten gleichsteht, ist es gerechtfertigt, ihn hinsichtlich der aufgestockten Leistung wie einen Beschädigten zu privilegieren, der bei einer MdE von mehr als 90 vH eine wesentlich höhere Grundrente erhielte. Der Gesetzgeber hat hingegen mit dieser Bestimmung nicht beabsichtigt, dem Verletzten darüber hinaus, also noch neben der Vollrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die volle Alhi zukommen zu lassen. Dieses Ergebnis wird auch durch § 11 Nr 4 Alhi-VO bestätigt, wonach in Fällen des § 587 RVO der Aufstockungsbetrag - als Mindestbetrag - anrechnungsfrei bleibt, während dies für die darüber hinausgehende Rente - die der Aufstockung zugrunde liegende Teilrente - nur unter den zusätzlichen Voraussetzung gilt, daß sie nicht höher ist als der Betrag, der in der Kriegsopferversorgung bei gleicher MdE als Grundrente und Schwerstbeschädigtenzulage gewährt würde. Da im vorliegenden Falle die Teilrente - als Differenzbetrag zwischen der Vollrente und dem Aufstockungsbetrag - aus den schon dargelegten Gründen nicht privilegiert ist, ist der Teilrentenbetrag, dessen Höhe 76,89 DM wöchentlich hier nicht streitig ist, zu Recht als Einkommen gem § 138 Abs 2 AFG bei der Berechnung der Alhi angerechnet worden. Die Revision muß daher zurückgewiesen werden.
Allerdings ist der Beklagten, wie sie in ihrem Schriftsatz vom 23. November 1982 selbst einräumt, bei Abzug des wöchentlichen Teilrentenbetrages von 76,89 DM von dem maßgebenden Wochensatz der Alhi von 211,80 DM ein Rechenfehler unterlaufen, denn die Differenz ergibt nicht 134,88 DM, sondern 134,91 DM. Die Heranziehung der Rundungsregel des § 111 Abs 2 AFG, die im Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 1981 als Grund für die Verkürzung des Auszahlungsbetrages auf 134,88 DM angegeben ist, beruht auf einem Irrtum. Insoweit war im Tenor klarzustellen, daß die Beklagte zur Zahlung einer wöchentlichen Alhi in Höhe von 134,91 DM (statt 134,88 DM) verpflichtet ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen