Leitsatz (amtlich)
Bei der Pauschalberechnung des Ersatzanspruchs eines Trägers der Sozialhilfe, der die Kosten der Krankenhausbehandlung eines hilfsbedürftigen Versicherten getragen hat (RVO §§ 1531, 1533 Nr 2), ist für den Unterhalt im Krankenhaus" (RVO § 1524 Abs 1 S 4) die Hälfte des Grundlohns auch dann anzusetzen, wenn dem Versicherten selbst, sofern ihm nicht Krankenhauspflege gewährt worden wäre, während dieser Zeit kein oder nur ein begrenzter Anspruch auf Krankengeld zugestanden hätte (Abweichung vom RVA in GE 2347, AN 1917, 470; GE 2348, AN 1917, 471).
Normenkette
RVO § 1524 Abs. 1 Sätze 2-4, § 1531 S. 1, § 1533 Nr. 2 Fassung: 1925-07-14, Nr. 3 Fassung: 1925-07-14
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 19. Dezember 1962 geändert: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 442,75 DM zu zahlen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) dem klagenden Fürsorgeträger (Träger der Sozialhilfe) Aufwendungen zu erstatten hat, die durch die Behandlung eines geisteskranken Versicherten in den Städt. Krankenanstalten Braunschweig (Psychiatrische und Nervenklinik) und im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Königslutter entstanden sind.
Der als Arbeitsloser bei der beklagten AOK für den Fall der Krankheit versicherte Dachdecker Rudolf G (G.), der bis zum 11. November 1955 vom Arbeitsamt Goslar Arbeitslosenfürsorgeunterstützung erhalten hatte, wurde am 17. Dezember 1955 von der Bahnpolizei auf den Eisenbahnanlagen in der Nähe Braunschweigs aufgegriffen und der Kriminalpolizei zugeführt, weil der Verdacht bestand, daß er an den damals verübten Eisenbahnattentaten beteiligt gewesen sei. G. machte bei der Vernehmung einen geistesgestörten Eindruck. Nachdem der behandelnde Arzt Dr. Sch der Kriminalpolizei erklärt hatte, daß G. geistig nicht normal sei und für den Verkehr eine Gefahr darstelle, wurde er am 17. Dezember 1955 auf Veranlassung der Polizei in die Städt. Krankenanstalten Braunschweig (Psychiatrische und Nervenklinik) eingewiesen, wo er bis zum 15. März 1956 verblieb. Auf Grund eines Beschlusses des Amtsgerichts Braunschweig vom 6. März 1956 - 32 XV 242 -, der auf Antrag des Gesundheitsamtes nach § 10 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Ordnung und Sicherheit vom 21. März 1951 (GVBl S. 79) - SOG - ergangen war, wurde G. vom 15. März 1956 an im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Königslutter untergebracht. Nach dem ärztlichen Gutachten der Psychiatrischen und Nervenklinik Braunschweig vom 29. Februar 1956 litt G. an einer syphilitischen Erkrankung; seine Unterbringung in dem Niedersächsischen Landeskrankenhaus sei nach § 10 SOG einmal zu seinem eigenen Schutz erforderlich, weil damit zu rechnen sei, daß G. nach seiner Entlassung verwahrlosen werde und nicht die weiter dringend notwendige ärztliche Behandlung in Anspruch nehme; außerdem bestehe infolge seines Kritikverlustes eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, wie die Handlungsweise, die zur Einweisung geführt habe, beweise. Die Voraussetzungen der §§ 9, 10 SOG seien demnach gegeben. Am 30. August 1956 entwich G. aus dem Landeskrankenhaus Königslutter, kehrte jedoch am 19. September 1956 zurück und wurde am 8. Januar 1957 nach Haus entlassen. Nach einem an die beklagte AOK gerichteten Befundbericht der Städt. Krankenanstalten - Psychiatrische und Nervenklinik - Braunschweig vom 18. April 1956 handelte es sich bei G. um eine progressive Paralyse, die eine Behandlung erforderlich gemacht habe. In einem weiteren Bericht an den klagenden Landkreis vom 2. April 1957 führte die Psychiatrische und Nervenklinik u. a. aus, bereits bei der Aufnahme in der Klinik habe festgestanden, daß es sich bei G. um eine Geisteskrankheit handele, die eine Behandlung erfordere, die nur auf einer geschlossenen Abteilung einer Nervenklinik durchgeführt werden könne. Nachdem in den ersten Tagen die Art der Erkrankung - progressive Paralyse - festgestellt worden sei, sei sofort die entsprechende und dringend erforderliche Behandlung eingeleitet worden. Da nach Abschluß der Behandlung eine wesentliche Besserung, die an sich bis zu einem gewissen Grade durchaus möglich gewesen wäre, nicht eingetreten sei, sei auf Grund der noch bestehenden erheblichen geistig-seelischen Störungen eine Unterbringung des G. auf einer geschlossenen Abteilung des Niedersächsischen Landeskrankenhauses Königslutter für notwendig erachtet worden.
Die beklagte AOK lehnte gegenüber den Städt. Krankenanstalten Braunschweig und dem Niedersächsischen Landeskrankenhaus Königslutter die Übernahme der durch die Behandlung entstandenen Kosten ab. Darauf verpflichtete sich der klagende Fürsorgeträger zur Kostenübernahme und meldete seinen Ersatzanspruch am 9. Oktober 1956 dem Grunde nach bei der beklagten AOK an. Im Hinblick darauf, daß G. gegen die beklagte AOK wegen Aussteuerung nur bis zum 1. Juni 1956 Leistungsansprüche hatte, forderte der Fürsorgeträger von den tatsächlichen Kosten der beiden Krankenhausaufenthalte
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vom 17. Dezember 1955 bis zum 1. Juni 1956 = 168 Tage die Hälfte der entstandenen Kosten von 1387,80 DM |
= 693,90 DM |
und den Ersatz der Kosten für besonders teure Arzneien in Höhe von |
75,- DM |
insgesamt also |
768,90 DM. |
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Die Beklagte ersetzte dem Fürsorgeträger nur 389,30 DM, nämlich für 168 Tage Krankenpflege täglich 0,50 DM = 84 DM, sowie die Hälfte des für 142 Werktage zur Verfügung stehenden Krankengeldes (täglich 4,30 DM : 2) für den Unterhalt im Krankenhaus |
= 305,30 DM. |
Der Fürsorgeträger erhob daraufhin Klage beim Sozialgericht (SG) Braunschweig mit dem Antrag, die Beklagte zur Zahlung weiterer 852,10 DM zu verurteilen. Diesen Betrag errechnete er wie folgt:
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Von ihm aufgewandte Kosten für den Aufenthalt des G. in den Städt. Krankenanstalten Braunschweig in voller Höhe |
= 945,- DM, |
Arzneikosten mit |
75,- DM, |
ferner die Hälfte seiner Aufwendungen für den Aufenthalt des G. im Landeskrankenhaus Königslutter, nämlich 442,80 DM : 2 |
= 221,40 DM |
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1241,40 DM. |
Übertrag: |
1241,40 DM |
Nach Abzug des von der beklagten AOK gezahlten Betrages von |
389,30 DM |
ergibt sich die Klageforderung mit |
852,10 DM. |
Das SG verurteilte die Beklagte, an den Kläger 594,20 DM zu zahlen und wies die weitergehende Klage ab. Es führte aus, daß G. sich in der Zeit vom 17. Dezember bis zum 14. März 1956 wegen seines Krankheitszustandes in den Städt. Krankenanstalten Braunschweig befunden habe. Auf die im Krankenhaus entstandenen Kosten finde der Erlaß des Reichsarbeitsministers (RAM) und des Reichsministers des Innern (RMdJ) vom 5. September 1942 betr. Beziehungen der Fürsorgeverbände zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung bei Unterbringung von Geisteskranken (AN 1942, 490) - sogenannter Halbierungserlaß - keine Anwendung, zumal die Städt. Krankenanstalten Braunschweig keine Heilanstalten im Sinne dieses Erlasses seien. Deshalb seien dem Fürsorgeträger die Kosten in Höhe von 945 DM voll zu erstatten. Damit seien auch die Kosten für die Arzneien abgegolten. Für den Aufenthalt des G. im Niedersächsischen Landeskrankenhaus stehe dem Fürsorgeträger für die Zeit vom 15. März bis zum 1. Juni 1956 in Anwendung des Halbierungserlasses die Hälfte des Abgeltungsbetrages von täglich einer DM (Abschn. III des Erlasses des RAM über Verbesserungen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 2. November 1943 - AN S. 485 - Verbesserungserlaß 1943 -), insgesamt also nur ein Betrag von 38,50 DM zu. Da die Beklagte von dem sich danach ergebenden Gesamtbetrage von 983,50 DM dem Kläger bereits 389,30 DM ersetzt habe, könne dieser noch 594,20 DM fordern.
Gegen dieses Urteil legte die beklagte AOK Berufung ein und führte zur Begründung aus: Bei der Psychiatrischen und Nervenklinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig, in die G. von der Polizei wegen Geisteskrankheit eingeliefert worden sei, handele es sich um eine Heil- und Pflegeanstalt im Sinne des Halbierungserlasses. Da die Einweisung nicht von der Kasse, sondern von einer anderen Stelle veranlaßt worden sei, habe sie dem Kläger dessen Aufwendungen nur nach den Vorschriften des Halbierungserlasses zu ersetzen. Aber selbst wenn die Psychiatrische und Nervenklinik keine Heil- und Pflegeanstalt im Sinne dieses Erlasses sei, habe der Kläger von ihr nur noch 220,10 DM zu erhalten. Das SG habe nämlich nicht berücksichtigt, daß für die Zeit vom 17. Dezember 1955 bis zum 15. März 1956 die Aufwendungen gemäß §§ 1531 ff. der Reichsversicherungsordnung (RVO) nur nach Pauschalsätzen zu berechnen seien.
Demgegenüber machte der Fürsorgeträger geltend, G. sei in die Städt. Krankenanstalten Braunschweig zur Behandlung und nicht zum Zwecke der Verwahrung eingewiesen worden, die Beklagte habe daher die entstandenen Kosten in voller Höhe zu erstatten. Diese hätte sie auch tragen müssen, wenn sie die Leistung nicht unberechtigterweise verweigert hätte.
Das Landessozialgericht (LSG) hat das Urteil des SG abgeändert und die AOK verurteilt, an den Kläger neben den bereits gezahlten 389,30 DM weitere 147,84 DM zu zahlen: G. sei als Bezieher von Arbeitslosenfürsorgeunterstützung nach § 13 des Anhangs zur Verordnung Nr. 117 der britischen Militärregierung vom 22. Dezember 1947 (Amtsbl. der MilReg. Deutschland brit. Kontrollgebiet - MRABl BZ S. 652) i. V. m. §§ 117 ff. des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG - idF der Verordnung Nr. 111 der britischen Militärregierung - MRABl BZ 1947 S. 614) bei der Beklagten für den Fall der Krankheit versichert gewesen. Als der Unterstützungsbezug am 11. November 1955 geendet habe, sei ihm nach § 118 Abs. 2 AVAVG aF i. V. m. § 214 Abs. 1 RVO der Anspruch auf die Regelleistungen der Beklagten verblieben; denn er sei weiterhin erwerbslos gewesen und sei, wie sich aus der Bescheinigung des Dr. Sch ergebe, innerhalb von drei Wochen nach dem Ausscheiden, nämlich am 23. November, an psychisch-nervösen Störungen erkrankt. Der Leistungsanspruch gegenüber der beklagten AOK habe nach Abschn. I Nr. 5 des Verbesserungserlasses 1943 spätestens 26 Wochen nach Ablauf der Dreiwochenfrist, also am 1. Juni 1956 geendet. Der Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers regele sich sowohl hinsichtlich des Aufenthalts in den Städt. Krankenanstalten Braunschweig als auch im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Königslutter nach dem Halbierungserlaß vom 5. September 1942. Dieser beziehe sich zwar seinem Wortlaut nach nur auf die Unterbringung von Geisteskranken in Heil- und Pflegeanstalten. Als eine solche Anstalt sei unstreitig das Niedersächsische Landeskrankenhaus Königslutter, nicht aber die Psychiatrische und Nervenklinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig anzusehen. Die am Wortlaut haftende Auslegung werde jedoch dem Sinn und Zweck des Halbierungserlasses nicht gerecht. Unter Heil- und Pflegeanstalten im Sinne des Halbierungserlasses müßten vielmehr nicht nur die unter dieser Bezeichnung vorhandenen oder vorhanden gewesenen Einrichtungen, sondern alle Anstalten verstanden werden, die nach ihrer Ausstattung zur Aufnahme von Geisteskranken für längere oder kürzere Zeit zum Zwecke der Heilung, Verwahrung oder Pflege zu dienen bestimmt seien. Nur bei dieser Auslegung könne der mit dem Halbierungserlaß erstrebte Zweck verwirklicht werden, die mit der Prüfung der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 1531 RVO verbundenen Schwierigkeiten zu vermeiden und die Verwaltungsarbeit der beteiligten Stellen zu vereinfachen. Hinzu komme, daß schon seit einigen Jahren die früheren Heil- und Pflegeanstalten, die in Niedersachsen in Landeskrankenhäuser umbenannt worden seien, keine reinen Verwahr- und Pflegeanstalten mehr seien, sondern - wie das Landeskrankenhaus Königslutter - eine klinisch-psychiatrische Abteilung besäßen, die der geschlossenen Abteilung der Psychiatrischen Klinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig entspreche, mögen auch hier keine Geisteskranken mit dem Ziel der dauernden Verwahrung und Pflege aufgenommen werden. Diese Angleichung sei eine Folge der etwa 1930 einsetzenden Entwicklung, wonach sich bei Geisteskranken der Schwerpunkt von der Verwahrung und Pflege auf die Heilbehandlung verlagert habe.
Die Psychiatrische und Nervenklinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig, auf deren geschlossenen Abteilung sich G. nach dem Bericht der Klinik an den Fürsorgeträger vom 2. Juli 1957 befunden habe, sei demnach eine Heil- und Pflegeanstalt im Sinne des Halbierungserlasses. G. sei in diese Klinik von einer anderen Stelle als einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, nämlich der Polizei wegen einer geistigen Erkrankung eingewiesen worden. Da der klagende Fürsorgeträger die Kosten des Krankenhausaufenthaltes getragen habe, richte sich der Erstattungsanspruch nach dem Halbierungserlaß. Eine Prüfung ob G. wegen Gemeingefährlichkeit untergebracht worden sei, finde nicht statt. Es habe sich um keine "offensichtliche" Behandlungsbedürftigkeit, die nach BSG 16, 48 eine Anwendung des Halbierungserlasses ausschließen könnte, gehandelt. Nach dem Bericht der Kriminalpolizei Braunschweig vom 17. Dezember 1955 sei G. nach Rücksprache mit Dr. Sch eingewiesen worden, weil er geistig anormal gewesen sei und für den Verkehr eine Gefahr dargestellt habe. Den sicherheitspolizeilichen Charakter der Einweisung betone auch der Unterbringungsbeschluß des Amtsgerichts Braunschweig vom 6. März 1956, dessen Gründe - Gefährdung der öffentlichen Sicherheit infolge Kritikverlustes - auch für die Zuweisung in die Städt. Krankenanstalten Braunschweig zuträfen. Hinsichtlich der Kosten für den Aufenthalt des G. im Niedersächsischen Landeskrankenhaus Königslutter fordere der Fürsorgeverband selbst nur die Erstattung der Hälfte der Kosten, wobei nur deren Höhe streitig sei.
Nach dem Halbierungserlaß seien die Kosten im Rahmen der §§ 1531 ff. RVO i. V. m. Abschn. III des Erlasses des RAM vom 20. Mai 1941 zu ersetzen; die Verweisung auf Abschn. III des Erlasses vom 20. Mai 1941 (AN S. 197) sei jedoch überholt, da die darin angeordnete zeitliche Begrenzung der Ersatzansprüche der Fürsorgeträger durch den Verbesserungserlaß 1943 aufgehoben sei. Die Abgeltung der Krankenpflegekosten nach den Pauschsätzen des Abschn. III des Verbesserungserlasses 1943 finde nur dann statt, wenn auch der Versicherte auf den Abgeltungsbetrag beschränkt sei, vor allem also für die Zeit nach der Aussteuerung. G. habe aber bis zum 1. Juni 1956 Anspruch auf die Regelleistungen der Krankenkasse, demnach auch auf Krankenhauspflege gehabt.
Der Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers sei daher nach § 1533 Nr. 2 i. V. m. § 1524 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 RVO zu berechnen. Für die im Krankenhaus durchgeführte Krankenpflege seien nach § 1533 Nr. 2 i. V. m. § 1524 Abs. 1 Satz 3 RVO drei Achtel des Grundlohns zu ersetzen, nach dem sich das Krankengeld des Berechtigten bestimme. Bei Arbeitslosen seien nach § 119 Abs. 1 AVAVG aF für die Berechnung des Grundlohns an Stelle des auf den Kalendertag entfallenden Arbeitsentgelts zwei Siebentel des wöchentlichen Unterstützungsbetrages anzusetzen.
Aus dem wöchentlichen Unterstützungsbetrag G.'s in Höhe von 25,80 DM ergebe sich ein Grundlohn von 7,37 DM (3/8 dieses Grundlohns = 2,76 DM); für 168 Tage Krankenpflege stünden daher 463,68 DM zur Verfügung. Da die Krankenpflege nach § 182 Abs. 1 Nr. 1 RVO auch die Versorgung mit Arzneien umfasse, seien die Aufwendungen des Fürsorgeträgers für Arzneien nicht gesondert zu ersetzen. - Für den Aufenthalt im Krankenhaus sei nach § 1524 Abs. 1 Satz 4 RVO die Hälfte des Grundlohns, mithin ein Betrag von 3,69 DM anzusetzen, so daß sich für 168 Tage ein Betrag von 619,92 DM ergeben würde. Der Ersatzanspruch wegen des Aufenthalts im Krankenhaus sei aber der Höhe nach durch das Krankengeld als der entsprechenden Kassenleistung begrenzt. Arbeitslosen werde nach § 120 AVAVG aF als Krankengeld derjenige Betrag gewährt, den sie als Unterstützung erhielten, wenn sie nicht erkrankt wären. Da die Unterstützung nach § 109 AVAVG aF nur für sechs Wochentage, also nicht für Sonntage gewährt werde, berechne sich das Krankengeld G.'s für jeden Werktag auf ein Sechstel von 25,80 DM, mithin auf 4,30 DM. Der Anspruch auf Krankengeld habe nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO idF vor dem Gesetz zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 26. Juni 1957 (BGBl I 649) mit dem vierten Tage der Arbeitsunfähigkeit - also am 20. Dezember 1955 - begonnen und habe bis zum 1. Juni 1956 insgesamt 142 Werktage umfaßt. Für den Aufenthalt im Krankenhaus stünden daher 610,60 DM an Krankengeld zur Verfügung.
Der Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers berechne sich demnach wie folgt:
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Ersatz für Krankenpflege im Krankenhaus |
= 463,68 DM |
Ersatz für Unterhalt im Krankenhaus |
= 610,60 DM |
zus.: |
1074,28 DM; |
Übertrag: |
1074,28 DM |
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davon habe die beklagte AOK nach dem Halbierungserlaß zu erstatten |
537,14 DM, |
sie habe bereits erstattet |
389,30 DM , |
so daß sie an den Kläger noch |
147,84 DM |
zu zahlen habe. - |
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Das LSG hat die Revision zugelassen.
Der klagende Landkreis hat Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der beklagten AOK gegen das Urteil des SG Braunschweig vom 4. Dezember 1958 zurückzuweisen.
Zur Begründung der Revision macht er im wesentlichen geltend: Der Halbierungserlaß finde nur bei Unterbringung von Geisteskranken in Heil- und Pflegeanstalten Anwendung. Dazu könnten jedoch die Städt. Krankenanstalten Braunschweig oder die Psychiatrische und Nervenklinik dieser Anstalten nicht gerechnet werden. Der Halbierungserlaß beziehe sich nur auf Einrichtungen, die Geisteskranke behandelten und pflegten. Die Tatsache, daß G. durch die Kriminalpolizei in die Nervenklinik Braunschweig eingeliefert worden sei, habe für die Frage der Kostenerstattung keine Bedeutung. Das Fehlen der sonst üblichen Einweisung durch den Kassenarzt sei unerheblich, da der Anstaltsarzt die Aufnahme des Versicherten als "Notfall" bezeichnet und insoweit an die Stelle des Kassenarztes getreten sei.
Die beklagte AOK beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Halbierungserlaß sei anzuwenden, weil G. nicht von einem Kassenarzt, sondern von der Kriminalpolizei in die Nervenklinik Braunschweig eingewiesen worden sei. Der Zweck der Unterbringung sei hauptsächlich der gewesen, G. wegen seiner Gemeingefährlichkeit von der Straße zu schaffen. Dagegen seien die Geisteskrankheit und ihre Behandlungsbedürftigkeit für die Einweisung nicht maßgebend gewesen. Es wäre richtig gewesen, ihn sofort in eine Heil- und Pflegeanstalt in herkömmlichem Sinne einzuweisen. Dies sei jedoch durch Zeitnot und die räumliche Entfernung bis zum Landeskrankenhaus Königslutter verhindert worden. Im übrigen könne der Fürsorgeträger Ersatz für seine Aufwendungen nur in Höhe der Pauschalsätze des § 1533 i. V. m. § 1524 RVO verlangen.
II
Die von dem klagenden Fürsorgeträger (jetzt: Träger der Sozialhilfe) eingelegte Revision ist - von der Höhe des Ersatzanspruchs abgesehen - begründet, weil das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen hat, der Erlaß des RAM und des RMdJ vom 5. September 1942 betr. Beziehungen der Fürsorgeverbände zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung bei Unterbringung von Geisteskranken (AN 1942, 490) - sogenannter Halbierungserlaß - sei auch bei der Unterbringung eines Geisteskranken in der Psychiatrischen und Nervenklinik eines städtischen Krankenhauses anzuwenden.
1. Das LSG ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats davon ausgegangen, daß der Halbierungserlaß eine Rechtsverordnung darstellt, die wirksam zustande gekommen und weiterhin anzuwenden ist, soweit die beteiligten Fürsorgeträger - jetzt Träger der Sozialhilfe - und Versicherungsträger ihre Anwendung nicht vertraglich einschränken oder ausschließen (BSG 9, 112). Der Senat hat ferner in seinem Urteil vom 19. Juni 1963 (BSG 19, 183) entschieden, daß der Halbierungserlaß sich nach seinem Sinn und Zweck nur auf die Unterbringung von Geisteskranken in Heil- und Pflegeanstalten bezieht und daher bei der Behandlung eines geisteskranken Versicherten in einer Nervenklinik keine Anwendung findet. Der Fall betraf ein geisteskrankes Kind, das von der behandelnden Ärztin wegen eines erheblichen Erregungszustandes in ein Krankenhaus eingewiesen worden und auf Veranlassung des Krankenhauses in eine Universitäts-Nervenklinik überführt worden war. Wie der Senat in dieser Entscheidung dargelegt hat, beschränkt sich der Halbierungserlaß auf die Unterbringung Geisteskranker in einer Heil- oder Pflegeanstalt, er bezieht sich aber nicht auf die stationäre Behandlung Geisteskranker in einem allgemeinen Krankenhaus oder in einer Nervenklinik. An dieser Auffassung hat der Senat auch in seiner Entscheidung vom heutigen Tage - 3 RK 39/62 - festgehalten, die die Behandlung geistig Erkrankter in der Psychiatrischen und Nervenklinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig betraf. Der vorliegende Rechtsstreit bietet keinen Anlaß, die Kostenregelung des Halbierungserlasses auf die Behandlung eines Geisteskranken in einer Psychiatrischen und Nervenklinik auszudehnen. Dies wäre mit dem Grundgedanken des Erlasses, der in seinen einleitenden Bemerkungen deutlich zum Ausdruck kommt, nicht vereinbar. Der Sinn und Zweck des Erlasses war nicht darauf gerichtet, die Kosten der stationären Behandlung unterstützungsbedürftiger geisteskranker Versicherter schlechthin zwischen den Krankenkassen und Fürsorgeträgern aufzuteilen. Durch die in dem Halbierungserlaß getroffene Regelung sollten vielmehr Streitigkeiten zwischen Fürsorgeverbänden und den Krankenkassen vermieden werden, die sich aus der Frage ergeben, ob die nicht durch die Krankenkasse veranlaßte Aufnahme eines Geisteskranken in eine Heil- oder Pflegeanstalt ganz oder überwiegend durch das eigene Interesse des Kranken geboten war oder ob sich die Unterbringung vorwiegend aus Gründen der öffentlichen Sicherheit als notwendig erwies. Streitigkeiten dieser Art traten regelmäßig nur bei der Unterbringung eines Geisteskranken in einer Heil- und Pflegeanstalt auf, nicht aber bei einer auf ärztlicher Anweisung beruhenden oder nach ärztlicher Auffassung für notwendig gehaltenen Aufnahme eines Geisteskranken in ein allgemeines Krankenhaus oder in eine Psychiatrische und Nervenklinik. Die Heil- und Pflegeanstalten, die in einigen Ländern - so auch in Niedersachsen - jetzt die Bezeichnung "Landeskrankenhaus" führen, haben neben der Heilbehandlung die besondere Aufgabe, Geisteskranke - und zwar vor allem in den bei ihnen eingerichteten, mit besonderen Sicherungseinrichtungen versehenen geschlossenen Abteilungen - zu verwahren und zu betreuen, während dies bei den Psychiatrischen oder Nervenkliniken regelmäßig nicht der Fall ist. Es trifft zu, daß nicht erst in den letzten Jahren, sondern schon seit längerer Zeit in den klinischen Abteilungen der Heil- und Pflegeanstalten eine Heilbehandlung der Erkrankten stattfindet, wie überhaupt in den letzten Jahrzehnten mit der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden die Heilbehandlung Geisteskranker mehr und mehr an Bedeutung gewonnen hat und gegenüber der bloßen Verwahrung dieser Kranken in den Vordergrund getreten ist. Es gehörte aber schon von jeher zu den besonderen Aufgaben der Heil- und Pflegeanstalten, Geisteskranke aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zu verwahren und zu betreuen. Demgegenüber sind die allgemeinen Krankenhäuser und die ihnen angeschlossenen Psychiatrischen oder Nervenkliniken in gleicher Weise wie die entsprechenden Einrichtungen der Universitätskliniken in erster Linie für die Heilbehandlung eingerichtet. Sie haben regelmäßig nicht die Aufgabe, Geisteskranke im Interesse der öffentlichen Sicherheit zu verwahren, wenn sie auch in der Lage sind, geistig oder seelisch Erkrankte im Bedarfsfalle vorübergehend in einer geschlossenen Abteilung zu behandeln. Hätte der Halbierungserlaß auch die durch die Behandlung Geisteskranker in allgemeinen Krankenhäusern oder Psychiatrischen Kliniken entstandenen Kosten erfassen wollen, so hätte nichts näher gelegen, als diese Anstalten, die bereits damals für die Behandlung Geisteskranker eingerichtet waren, neben den Heil- und Pflegeanstalten aufzuführen (vgl. z. B. die Fassung des § 11 Abs. 1 der Verordnung über die Krankenversicherung der Rentner vom 4. November 1941 - RGBl I 689). Der Erlaß beschränkt sich aber - seinem Sinn und Zweck entsprechend - auf die Unterbringung Geisteskranker in Heil- und Pflegeanstalten, weil im allgemeinen nur bei der Aufnahme in eine Heil- und Pflegeanstalt ohne die Regelung im Halbierungserlaß die Entscheidung notwendig wurde, ob die Aufnahme ganz oder überwiegend durch das eigene Interesse des Kranken geboten war oder ob sie sich überwiegend aus Gründen der öffentlichen Sicherheit als notwendig erwies. Gerade die Prüfung dieser Frage sollte durch den Halbierungserlaß ausgeschlossen werden. Deshalb kann der Auffassung des LSG, die Aufnahme eines Geisteskranken in eine Psychiatrische oder Nervenklinik sei der Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt gleichzustellen, nicht gefolgt werden. Dem steht nicht entgegen, daß G. in die Psychiatrische und Nervenklinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig von der Polizei eingeliefert worden ist. Entscheidend ist vielmehr, daß es sich bei der Behandlung in dieser Klinik, die wegen der bei G. bestehenden progressiven Paralyse notwendig gewesen ist, nicht um eine Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt im Sinne des Halbierungserlasses gehandelt hat.
2. Der Versicherungsfall ist, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, innerhalb von drei Wochen nach dem Ende des Unterstützungsbezugs eingetreten, so daß dem Versicherten G. der Anspruch auf die Regelleistungen der Kasse verblieben ist (§ 118 Abs. 2 AVAVG aF i. V. m. § 214 Abs. 1 RVO). Da die beklagte AOK wegen der Notwendigkeit der stationären Behandlung nicht berechtigt war, die Krankenhauspflege zu versagen, hat sie dem Fürsorgeträger die durch den Aufenthalt des Versicherten G. in der Psychiatrischen und Nervenklinik entstandenen Kosten im Rahmen der §§ 1531 ff. RVO zu ersetzen. Der Anspruch des Fürsorgeträgers ist insoweit durch den Halbierungserlaß nicht beschränkt, er kann jedoch nur bis zur Höhe des dem Versicherten selbst zustehenden Anspruchs geltend gemacht werden (§ 1531 Satz 1 RVO). Ferner ist der Ersatz der Aufwendungen nach § 1533 Nr. 2 RVO i. V. m. § 1524 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 RVO pauschal zu berechnen (vgl. BSG 14, 192, 194 f).
Nach § 1533 Nr. 2 RVO sind Unterstützungen bei Krankheit des Versicherten, die der Krankenpflege entsprechen, "auch bei Behandlung im Krankenhaus" nach § 1524 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 RVO aus den ihnen entsprechenden Leistungen der Krankenkasse zu ersetzen. Maßgebend ist hiernach der Grundlohn des Versicherten, und zwar sind für Krankenpflege drei Achtel des Grundlohns zu ersetzen, nach welchem sich das Krankengeld des Berechtigten bestimmt (Satz 2); bei Krankenhauspflege gilt das gleiche für die Krankenpflege (Satz 3); für den Aufenthalt im Krankenhaus wird die Hälfte des Grundlohns angesetzt (Satz 4). Bei Arbeitslosen treten für die Berechnung des Grundlohns an die Stelle des auf den Kalendertag entfallenden Entgelts zwei Siebentel der wöchentlichen Arbeitslosenunterstützung (§ 119 Abs. 1 AVAVG aF), im vorliegenden Fall zwei Siebentel der Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Alfu), die G. nach dem Anhang zur Verordnung Nr. 117 der Britischen Militärregierung vom 22. Dezember 1947 (MRABl BZ S. 652) bezogen hat (vgl. § 13 dieses Anhangs). Da der wöchentliche Unterstützungssatz des G. 25,80 DM betrug, ergibt sich ein Grundlohn von (25,80 * 2 / 7) = 7,37 DM. Von diesem Betrag, der einen reinen Rechnungsmaßstab für die Pauschalierung darstellt, ist bei Berechnung des Ersatzanspruchs auszugehen. Das LSG ist, soweit es sich um den Ersatzanspruch für die Kosten der Krankenhauspflege handelt, von drei Achteln des Grundlohns (7,37 * 3 / 8) = 2,76 DM ausgegangen. Es hat jedoch die Auffassung vertreten, daß der Ersatzanspruch wegen des Unterhalts im Krankenhaus (er wäre an sich nach § 1524 Abs. 1 Satz 4 RVO mit der Hälfte des Grundlohns, d. s. 7,37 : 2 = 3,69 DM, pauschal abzugelten) der Höhe nach durch das Krankengeld des Versicherten, als der "entsprechenden Leistung der Krankenkasse" begrenzt sei. Dem arbeitslosen Versicherten G. hätte aber als Krankengeld derjenige Betrag zugestanden, den er als Arbeitslosenunterstützung (hier: Alfu) erhalten hätte, wenn er nicht erkrankt wäre (§ 120 AVAVG aF). Auf die Alfu hätte G. nur für sechs Wochentage - also nicht für die Sonntage - Anspruch gehabt, so daß ihm für jeden Wochentag ein Krankengeld von 25,80 : 6 = 4,30 DM zugestanden hätte. Der Anspruch auf Zahlung dieses Krankengeldes hätte nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO idF vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 26. Juni 1957 erst mit dem vierten Tage der Arbeitsunfähigkeit, also am 20. Dezember 1955, begonnen, so daß dem Versicherten G. bis zur Aussteuerung (die Krankenhilfe endete in den Fällen des § 214 Abs. 1 RVO nach Abschn. I Nr. 5 des Verbesserungserlasses vom 2. November 1943 - AN S. 485 - spätestens sechsundzwanzig Wochen nach Ablauf der Dreiwochenfrist, im vorliegenden Falle also am 1. Juni 1956) ein Anspruch auf Krankengeld nur für 142 Werktage, mithin ein Betrag von 4,30 * 142 = 610,60 DM zur Verfügung gestanden hätte.
Der Auffassung des LSG, daß der nach Pauschalsätzen zu berechnende Ersatzanspruch "für den Unterhalt im Krankenhaus" auf das dem Versicherten während des Krankenhausaufenthaltes fiktiv zustehende Krankengeld begrenzt sei, kann nicht gefolgt werden. Zwar hat das Reichsversicherungsamt (RVA) in der zu § 1533 Nr. 3 RVO ursprünglichen Fassung ergangenen Grundsätzlichen Entscheidung (GE) Nr. 2347 (AN 1917, 470) ausgesprochen, daß ein Armenverband, der einen Hilfsbedürftigen durch Unterbringung im Krankenhaus unterstützt hat, von der zuständigen Krankenkasse für die Unterhalts kosten (§ 1533 Nr. 3 RVO aF) nur insoweit Ersatz verlangen kann, als der Unterstützte einen Anspruch auf Krankengeld für die in Frage stehende Zeit hatte. Diese Entscheidung bezog sich auf einen Versicherten, der sich wegen einer Verletzung nur drei Tage im Krankenhaus befand und der für diese Tage (Karenzzeit) keinen Anspruch auf Krankengeld hatte. In der GE Nr. 2348 (AN 1917, 471) hat das RVA weiter ausgesprochen, daß ein Armenverband, der für einen unentgeltlich beschäftigten Lehrling ein Heilverfahren in einem Krankenhaus durchgeführt habe, von der Krankenkasse nur für die Krankenpflege, nicht aber auch für den Unterhalt des Unterstützten im Krankenhaus Ersatz verlangen könne. Der Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Unterhalt (der Lehrling war drei Monate in einer Lungenheilstätte) scheitere daran, daß der versicherte Lehrling keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt habe. Der Ersatz der Kosten für Krankenpflege (§ 1533 Nr. 2 RVO ursprüngl. Fassung) erfolge nicht aus dem Krankengeld des Unterstützten, das hier nur insoweit in Betracht komme, als der hierfür maßgebende Grundlohn den rechnerischen Maßstab für die Höhe des Ersatzes abgebe. Dagegen sei die Klage insoweit unbegründet, als auch für den Unterhalt des Unterstützten Ersatz verlangt werde; denn nach § 1533 Nr. 3 RVO (ursprüngl. Fassung) sei der Ersatz auch hier aus den "entsprechenden Leistungen" der Krankenkasse zu leisten. Nach § 184 RVO trete Krankenhauspflege an die Stelle von Krankenpflege und Krankengeld. Da aus den für die Krankenpflege aufzuwendenden Mitteln die Kosten für die Behandlung im Krankenhaus zu ersetzen seien, verbleibe zum Ersatz der Unterhaltskosten nur das Krankengeld, das hier nicht nur den rechnerischen Maßstab, sondern auch den Gegenstand des Ersatzanspruchs bilde. Da der Unterstützte keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt habe, so entfalle der hieraus zu befriedigende Ersatzanspruch des Fürsorgeträgers.
Auch nach der Neufassung des § 1533 RVO durch die Bekanntmachung vom 15. Dezember 1924 (RGBl I 779) und das Gesetz vom 14. Juli 1925 (RGBl I 97) - in Kraft seit 1. Januar 1926 (Art. 135 dieses Gesetzes) - sind Unterstützungen bei Behandlung eines Versicherten im Krankenhause nach § 1524 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 "aus den ihnen entsprechenden Leistungen der Krankenkasse" zu ersetzen. Daraus kann aber - entgegen der vom RVA zu der früheren Fassung des § 1533 RVO vertretenen Meinung - nicht geschlossen werden, daß der Fürsorgeträger, der einen Hilfsbedürftigen durch Unterbringung im Krankenhaus unterstützt hat, im Rahmen der Pauschalabgeltung für die Unterhalts kosten nur insoweit Ersatz verlangen könne, als der Unterstützte einen Anspruch auf Krankengeld für die in Frage stehende Zeit hat. Zwar ist es richtig, daß die Krankenkasse nach § 184 RVO an Stelle der Krankenpflege und des Krankengeldes Kur und Verpflegung in einem Krankenhaus (Krankenhauspflege) gewähren kann. Das bedeutet aber nicht, daß Krankenhauspflege, die zwar eine Kannleistung darstellt, die aber bei nachgewiesener medizinischer Notwendigkeit nicht verweigert werden darf (BSG 9, 112, 123 f), einen Krankengeldanspruch voraussetzt. Wie der Senat mehrfach entschieden hat, darf z. B. mitversicherten Familienangehörigen (§ 205 RVO) bei nachgewiesener medizinischer Notwendigkeit Krankenhauspflege nicht versagt werden, obgleich sie keinen Anspruch auf Krankengeld haben (BSG 9, 112, 124 f; 16, 84, 88). Das gleiche gilt auch für krankenversicherte Rentner, denen ebenfalls kein Anspruch auf Krankengeld zusteht (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO; vgl. BSG 2, 159, 162 f; 14, 192; 20, 10). Desgleichen kann einem Lehrling - der ohne Entgelt beschäftigt wird (§ 494 RVO) - notwendige Krankenhauspflege nicht mit der Begründung versagt werden, er habe keinen Anspruch auf Krankengeld. Die Gewährung von Krankenhauspflege hat zwar zur Folge, daß der dem Versicherten zustehende Anspruch auf Krankengeld entfällt, sie setzt aber nicht allgemein einen Anspruch auf Krankengeld voraus. Die im Krankenhaus gewährten Leistungen (Kur und Verpflegung) stellen eine Einheit dar, auf die der Versicherte beim Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen einen "Anspruch" im Sinne des § 1531 RVO hat. Hat der Fürsorgeverband die Kosten für die Krankenhauspflege getragen, so ist Gegenstand des Ersatzanspruchs die Gesamtheit der im Krankenhaus gewährten Leistungen (Kur und Verpflegung), wobei es unerheblich ist, ob dem Versicherten während der Dauer des Krankenhausaufenthaltes ein Anspruch auf Krankengeld zugestanden hätte. Wenn als Pauschalersatz für den Unterhalt im Krankenhaus nach § 1524 Abs. 1 Satz 4 RVO die Hälfte des Grundlohns angesetzt ist, so ist damit auch hier nur ein rechnerischer Maßstab für die Höhe des Ersatzes bestimmt worden. Der Ersatz des dem Versicherten im Krankenhaus während der sogenannten Karenztage gewährten Unterhalts kann ebenfalls nicht mit der Begründung versagt werden, daß dem Versicherten für diese Zeit kein Krankengeld zugestanden hätte.
3. Dem Fürsorgeträger stehen daher als Ersatz für die durch die Behandlung des G. in der Psychiatrischen und Nervenklinik der Städt. Krankenanstalten Braunschweig in der Zeit vom 17. Dezember 1955 bis zum 15. März 1956 entstandenen Aufwendungen zu:
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für 90 Tage je Tag 7/8 des Grundlohnes, mithin 6,45 DM . 90 |
= 580,50 DM. |
Er hat ferner für die Unterbringung des G. im Niedersächsischen Landeskrankenhaus in Königslutter in der Zeit vom 16. März bis zum 1. Juni 1956 (d. s. 78 Tage) nach dem Halbierungserlaß die Hälfte, also (6,45 DM * 78 / 2) |
= 251,55 DM |
zu fordern, das sind zusammen |
832,05 DM . |
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Die beklagte Kasse hat dem Fürsorgeträger bereits ersetzt |
389,30 DM , |
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so daß sie ihm noch schulde |
442,75 DM . |
In Abänderung des angefochtenen Urteils ist die Beklagte daher zu verurteilen, an den Kläger 442,75 DM zu zahlen.
Im übrigen ist die Revision zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen