Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Urteil vom 30.04.1971)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 30. April 1971 wird zurückgewiesen.

Die gegen die Beigeladene erhobene Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger beansprucht Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres aus der Rentenversicherung der Angestellten. Es geht darum, ob die Wartezeit erfüllt ist. Hilfsweise begehrt der Kläger seine Nachversicherung für die Zeit seiner versicherungsfreien Beschäftigung bei der Braunschweigischen Landeseisenbahn-Gesellschaft (BLE) vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938.

Der am 23. Dezember 1900 geborene Kläger war seit Oktober 1920 bei der BLE als Angestellter beschäftigte. Für ihn sind bis zum 31. Dezember 1923 – außer für die Monate Mai und Juni 1922 – Beiträge zur Angestelltenversicherung (AnV) entrichtet. Vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 gehörte er der Pensionskasse Deutscher Privateisenbahnen als Mitglied an, deren Rechtsnachfolgerin die Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen (Pensionskasse), die Beigeladene, ist. Während der Dauer seiner Mitgliedschaft bei der Pensionskasse war der Kläger nach dem Beschluß des Bundesrats vom 13. März 1913 aufgrund der §§ 11, 17 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) a.F. von der Versicherungspflicht in der AnV befreit.

Aus Anlaß des Übergangs der BLE auf die Deutsche Reichsbahn (DR) wurde der Kläger am 1. April 1938 als Beamter in die Dienste der DR, später der Deutschen Bundesbahn (DB) übernommen. Ende Dezember 1965 ist er in den Ruhestand getreten. Er bezieht von der DB ein Ruhegehalt von 75 % seiner letzten Dienstbezüge als Bundesbahnoberamtmann. Bei der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge ist die Zeit seiner Beschäftigung bei der BLE vom 2. Oktober 1920 bis zum 31. März 1938 nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) zur Hälfte angerechnet.

Unter Berücksichtigung seiner Kriegsdienstzeit ist für den Kläger in der AnV eine Versicherungszeit von 90 Kalendermonaten nachgewiesen.

Den im Januar 1966 gestellten Antrag des Klägers, ihm Altersruhegeld aus der AnV zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 1968 ab, weil die Wartezeit von 180 Kalendermonaten nicht erfüllt sei. Hit der dagegen erhobenen Klage beantragte der Kläger zugleich, ihn für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 in der AnV nachzuversichern. Die Beklagte lehnte auch diesen Antrag durch Bescheid vom 11. September 1968 und durch Widerspruchsbescheid vom 21. November 1968 mit der Begründung ab, die gewährte Versorgung schließe die Nachversicherung aus.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe neben dem Ruhegehalt aus der beamtenrechtlichen Versorgung eine anteilige Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, nämlich aus den für ihn zur AnV und zur Pensionskasse in der Zeit von Oktober 1920 bis zum März 1938 entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen zu. Mit diesen Versicherungszeiten sei die Wartezeit von 180 Kalendermonaten erfüllt. Die zur Pensionskasse entrichteten Beiträge müßten den zur AnV entrichteten Pflichtbeiträgen gleichgestellt werden; denn zum Eintritt in die Versicherung bei der Pensionskasse sei er aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses bei der BLE und aufgrund des Beschlusses des Bundesrates verpflichtet gewesen. Bei dieser Versicherung habe es sich somit um eine Pflichtversicherung der Sozialversicherung gehandelt.

Andernfalls sei er für die Zeit seiner versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 in der AnV nachzuversichern. Diese Nachversicherung hätte bereits bei seinem Ausscheiden aus den Diensten der BLE am 31. März 1938 durchgeführt werden müssen. Durch seinen übertritt in die Dienste der DR sei die Nachentrichtung der Beiträge nicht aufgeschoben worden; er sei ohne Anspruch auf Ruhegeld oder auf eine Abfindung bei der BLE und der Pensionskasse ausgeschieden; bei seiner Übernahme in das Beamtenverhältnis bei der DB seien die bei der BLE zurückgelegten Dienstzeiten nicht berücksichtigt worden; von der DB sei eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen auch nicht gewährleistet gewesen, weil der Anspruch auf Versorgung von einer 10-jähriger Tätigkeit als Beamter abhängig gewesen sei.

Die DR sei auch gemäß § 13 Abs. 1 der Satzung der Pensionskasse verpflichtet gewesen, seine Nachversicherung bereits im Jahre 1938 durchzuführen.

Jedenfalls seien aber die Versicherungsbeiträge nunmehr nach seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis bei der DB infolge seiner Pensionierung am 31. Dezember 1965 nachzuentrichten; denn ihm werde aus dem vorhergehenden versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis bei der BLE Versorgung nicht gewährt; das ihm gezahlte Ruhegehalt beruhe nur auf seinem Dienstverhältnis bei der DB und der DB, nicht aber auf der versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE und dem Versicherungsverhältnis bei der Pensionskasse. Die Anrechnung versicherungspflichtiger Beschäftigungszeiten als ruhegehaltsfähige Dienstzeit nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 BBG schließe die Gewährung einer anteiligen Rente aus den Rentenversicherungen neben dem Ruhegehalt nicht aus.

Das Sozialgericht (SG) Hannover hat durch Urteil vom 28. Oktober 1969 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat durch Urteil vom 30. April 1971 die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen; es hat die Revision zugelassen.

Gegen das Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Er rügt unrichtige Anwendung des § 125 AVG durch das LSG und verbleibt vor allem bei seiner Auffassung, daß die zur Pensionskasse für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 entrichteten Beiträge den Versicherungsbeiträgen zur Angestelltenversicherung gleichgestellt werden müßten. Anderenfalls sei er für diese Zeit in der AnV nachzuversichern. Er beantragt, die angefochtene Entscheidung, das Urteil des SG Hannover vom 28. Oktober 1969 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Mai 1968, ferner den Bescheid der Beklagten vom 11. September 1968 idF des Widerspruchsbescheides vom 21. November 1968 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 1. Dezember 1965 an Altersruhegeld zu gewähren, hilfsweise ihn für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 nachzuversichern, hilfsweise die Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen zu verurteilen, an ihn Rente nach Maßgabe ihrer Satzung ab 1. Januar 1966 zu gewähren, für den Fall, daß für den Hilfsantrag der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht gegeben ist, den Rechtsstreit insoweit an das zuständige Gericht zu verweisen.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen; zu dem zweiten Hilfsantrag stellt sie keinen Antrag. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene tritt dem ersten Hilfsantrag des Klägers bei, beantragt aber, den zweiten Hilfsantrag des Klägers abzuweisen. Sie hält seinen Anspruch auf Nachversicherung für begründet; denn die ihm von der DB gewährte Versorgung beruhe nur auf dem Beschäftigungsverhältnis bei der DR und DB. Damit sei mit dem Abscheiden aus dem Beamtenverhältnis am 31. Dezember 1965 die am 31. März 1938 aufgeschobene Nachversicherung für die Zeit der versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE fällig geworden.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Seine im Revisionsverfahren gegen die beigeladene Pensionskasse erhobene Klage ist unzulässig.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte – wie das LSG zutreffend entschieden hat – weder ein Anspruch auf Gewährung von Altersruhegeld aus der Angestelltenversicherung zu, noch hat er gegen sie einen Anspruch auf Nachversicherung für die Zeit seiner versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938.

Der Anspruch auf Altersruhegeld ist nicht begründet, weil die Wartezeit nicht erfüllt ist. Nach § 25 Abs. 1 AVG erhält der Versicherte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres Altersruhegeld, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Die Wartezeit für das Altersruhegeld ist erfüllt, wenn eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten zurückgelegt ist (§ 25 Abs. 4 AVG). Auf die Wartezeit anrechnungsfähige Versicherungszeiten sind – was hier allein in Betracht kommt – nach § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG „Beitragszeiten”; das sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder früheren Vorschriften der reichsgesetzlichen Angestelltenversicherung Beiträge wirksam entrichtet sind oder als entrichtet gelten. Es muß sich also im ersten Falle um Zeiten handeln, für die Beiträge nach den gesetzlichen Vorschriften der Rentenversicherungen entrichtet sind. Hierzu rechnen die für den Kläger zur Pensionskasse für die Zeit vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 entrichteten Beiträge nicht; denn sie sind nicht aufgrund gesetzlicher Bestimmungen der öffentlich-rechtlichen Rentenversicherungen entrichtet, sondern aufgrund des privatrechtlichen Versicherungsvertrages des einzelnen Mitgliedes mit der Pensionskasse als einem privatrechtlichen Versicherungsunternehmen. Die Pensionskasse führt, worüber unter den Beteiligten auch keine Meinungsverschiedenheit besteht, obgleich sie seit 1923 eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist (vgl. hierzu die Schrift; Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen, Körperschaft des öffentlichen Rechts 1888–1963, S. 16), die bei ihr bestehenden Versicherungen auf privatrechtlicher Grundlage durch; ihre Versicherungsleistungen sind nicht wie die der Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen öffentlich-rechtlicher, sondern privatrechtlicher Natur. Die Pensionskasse hat allerdings mit der Versicherung der an sich rentenversicherungspflichtig Beschäftigten der BLE Aufgaben der Sozialversicherung durchgeführt und ist insofern mit den gesetzlichen Rentenversicherungen eng verknüpft gewesen. Sie ist aber weder früher eine Ersatzkasse der AnV (vgl. RVA in AN 1925, 394) oder eine Sonderanstalt gewesen, noch ist sie als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung anerkannt. Dies hat bereits der Bundesgerichtshof durch sein Urteil vom 15. Dezember 1951 in BGHZ 4, 197 ff für die frühere Zeit klargestellt.

An dieser Rechtslage hat das Gesetz auch später nichts geändert. Die bei der Pensionskasse bestehenden Versicherungen hat das Gesetz bis in die jüngste Zeit stets als solche außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherungen angesehen und behandelt. Die bei der Pensionskasse zurückgelegten Versicherungszeiten sind deshalb auch zu keiner Zeit in den Vorschriften über die Wanderversicherung berücksichtigt worden. Seit der ersten Einführung der Nachversicherung war vielmehr für die Beschäftigten eines der Pensionskasse angeschlossenen Arbeitgebers, die mit der Pensionskasse ein Versicherungsverhältnis begründet hatten und die aufgrund der Bundesratsbeschlüsse vom 13. März 1913, 4. März 1915 und 13. Januar 1916 (vgl. hierzu § 4 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen vom 5. März 1956 –BGBl I, 101–) von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten befreit waren, für die Zeit ihres versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses bei ihrem unversorgten Ausscheiden stets die Nachversicherung in den gesetzlichen Rentenversicherungen vorgesehen.

Hieran hat der Gesetzgeber festgehalten. Daraus ergibt sich besonders deutlich, daß es sich bei den zu der Pensionskasse entrichteten Versicherungsbeiträgen nicht um Pflichtbeiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen gehandelt hat und daß sie auch solchen Versicherungsbeiträgen nicht gleichzustellen sind; denn für Zeiten, für die bereits Pflichtbeiträge oder ihnen gleichstehende Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten entrichtet sind, bleibt eine Nachversicherung außer Betracht.

Nach der ersten gesetzlichen Regelung der Nachversicherung durch die Verordnung über den Übertritt aus versicherungsfreier in versicherungspflichtige Beschäftigung und umgekehrt von 13. Februar 1924 (RGBl I, 62) hat die besondere Rechtsstellung der Arbeitnehmer, die bei den einer Pensionskasse angeschlossenen Arbeitgebern beschäftigt und bei einer Pensionskasse versichert waren, zu einer Änderung dieser Verordnung beigetragen. Nach der Entscheidung des Reichsversicherungsamtes vom 14. Oktober 1925 (AN 1925, 394) waren aufgrund dieser Verordnung vom Arbeitgeber im Wege der Nachversicherung Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen selbst für diejenigen Arbeitnehmer nachzuentrichten, die bei einer Pensionskasse versichert waren und für die er für die Zeit der versicherungsfreien Beschäftigung Beiträge an die Pensionskasse schon gezahlt hatte, wenn bei ihrem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung kein, Anspruch auf Ruhegeld oder Hinterbliebenenrente entstanden war. Nach dieser Verordnung entfiel die Nachentrichtung der Beiträge für versicherungsfreie Beschäftigungszeiten nur dann, wenn beim Ausscheiden ein Anspruch auf Ruhegeld oder eine gleichwertige Leistung „gegen den Arbeitgeber” bestand. Um die Zweifel auszuschließen, ob als ein solcher Anspruch „gegen den Arbeitgeber” auch ein Anspruch gegen eine Pensionskasse zu gelten hatte, bei welcher der Arbeitnehmer versichert war, sind bei der Neufassung des § 1242 a der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 18 AVG durch das Gesetz zur Änderung der RVO, des AVG und des Reichsknappschaftsgesetzes vom 29. März 1928 (RGBl I, 117) die Worte „gegen den Arbeitgeber” weggelassen worden; stattdessen ist darauf abgestellt worden, daß die Versorgungsbezüge „auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses” gewährt werden. Hierdurch hat das Gesetz klargestellt, daß es genügt, wenn Ruhegeld, Hinterbliebenenrente oder eine gleichwertige Leistung auch von einem Dritten, insbesondere von einer Pensionskasse, gewährt werden (vgl. hierzu Wankelmuth, Reichsarbeitsblatt 1928 IV S. 170, 171). An der Nachversicherungspflicht der Arbeitnehmer, die wegen ihrer Beschäftigung bei einem an eine Pensionskasse angeschlossenen Arbeitgeber und ihrer Versicherung bei der Pensionskasse in den Rentenversicherungen versicherungsfrei waren, wenn ihnen bei ihrem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung von der Pensionskasse Ruhegeld, Hinterbliebenenrente oder eine gleichwertige Leistung nicht gewährt wurde, hat der Gesetzgeber aber nichts geändert.

Um jedoch zu vermeiden, daß der Arbeitgeber in einem solchen Falle außer den zur Pensionskasse bereits entrichteten Beiträgen auch noch Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen nachzuentrichten hatte, waren die Pensionskassen gehalten, ihre Satzungen den gesetzlichen Vorschriften anzupassen. Hieraus erklärt sich die in § 13 Abs. 1 der Satzung von der Pensionskasse übernommene Verpflichtung zur Erstattung von Beiträgen. Diese Regelung betrifft aber nur den Fall, daß die beteiligte Eisenbahnverwaltung – also der Arbeitgeber – ein Mitglied der Pensionskasse gemäß § 1242 a RVO aF oder § 18 AVG aF bei der Invaliden- oder Angestelltenversicherung nachversichern mußte, also an die Träger der gesetzlichen Rentenversicherungen Beiträge nachzuentrichten hatte. Hit dieser Satzungsbestimmung ist aber keine Rechtsgrundlage für die Nachentrichtung von Beiträgen zu den gesetzlichen Rentenversicherungen für die bei der Pensionskasse zurückgelegten Versicherungszeiten geschaffen worden, um unabhängig von den gesetzlichen Vorschriften für solche Bedienstete der BLE, die bei deren Verstaatlichung von der DR als Reichsbahnbeamte übernommen wurden, die Anwartschaften in der Pensionskasse oder in der Angestelltenversicherung zu erhalten, wie die Revision meint. § 13 Abs. 1 der Satzung der Pensionskasse kam vielmehr nur zum Zuge, wenn die BLE als Arbeitgeber für die ausgeschiedenen Arbeitnehmer die Beiträge für die versicherungsfreien Beschäftigungen bereits zu den gesetzlichen Rentenversicherungen nachentrichtet hatte. Sie setzte also voraus, daß nach den gesetzlichen Vorschriften der Nachversicherungsfall eingetreten war und mangels Aufschubs der Nachentrichtung der Beiträge die nachzuentrichtenden Beiträge an den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt waren. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben.

Das Gesetz zur Neuordnung der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen vom 5. März 1956 läßt die Rechtsstellung der Pensionskasse als Versicherungsanstalt außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherungen unverändert fortbestehen und stellt ebenfalls die bei ihr zurückgelegten Beitragszeiten nicht den in den gesetzlichen Rentenversicherungen zurückgelegten Versicherungszeiten gleich. Hier hebt das Gesetz für Beschäftigte, die mit der Pensionskasse nach dem 30. Juni 1948 ein Versicherungsverhältnis erstmals begründet haben, die Versicherungsfreiheit in den Rentenversicherungen der Arbeiter und Angestellten mit Wirkung vom Eintritt der Versicherungsfreiheit auf. Es ordnet zugleich an, daß die Pensionskasse selbst – also an Stelle des Arbeitgebers – für diese Mitglieder vom Beginn der Versicherung bis zum Inkrafttreten des Gesetzes Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen nachzuentrichten hat, soweit diese Mitglieder während derselben Zeit nach sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften in den gesetzlichen Rentenversicherungen versicherungspflichtig gewesen wären und soweit die Pensionskasse für sie innerhalb dieses Zeitraums in den gleichen Versicherungszweig keine freiwilligen Beiträge geleistet hat; es sind jeweils die Beiträge nachzuentrichten, die zu zahlen gewesen wären, wenn das Mitglied nicht von der Rentenversicherung befreit gewesen wäre (§ 4 Abs. 1 und 3 des Gesetzes).

Von der Rechtsstellung der Pensionskasse außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherungen geht auch die Vorschrift des Art. 2 § 4 Abs. 3 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes –AnVNG– vom 23. Februar 1957 (BGBl I 88) aus, in der die entsprechende Geltung der Vorschrift über die Nachversicherung gemäß § 9 AVG nach Haßgabe der Absätze 1 und 2 des Art. 2 § 4 AnVNG für Mitglieder der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen ausdrücklich vorgeschrieben ist.

Schließlich wird die Pensionskasse an Stelle des Arbeitgebers zur Nachentrichtung von Beiträgen auch in der Vorschrift des Art. 2 § 48 Abs. 2 AnVNG (= Art. 2 § 50 Abs. 2 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes –ArVNG–) verpflichtet (vgl. hierzu BSG 8, 108 ff).

Dies alles zeigt, daß die in der Pensionskasse zurückgelegten Beitragszeiten keine in der Angestelltenversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten sind und diesen auch nicht gleichstehen. Sie bleiben daher als auf die Wartezeit anrechnungsfähige Versicherungszeiten in der Angestelltenversicherung im Sinne des § 27 Abs. 1 Buchst. a AVG außer Betracht.

An diese zwingende gesetzliche Regelung ist die Rechtsprechung gebunden. Sie findet ihren Grund in der von den gesetzlichen Rentenversicherungen grundlegend abweichenden privatrechtlichen Versicherung bei der Pensionskasse, die nicht nur berechtigt war, von dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer erheblich höhere Versicherungsbeiträge zu erheben und ihren Versicherten dafür in der Regel andere als in den gesetzlichen Rentenversicherungen vorgesehenen Leistungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu gewähren, sondern die vor allem auch den Versicherungsschutz nicht für die Versicherungsfälle der Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit (früher Invalidität) im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherungen, sondern für den Fall der unter Umständen frühzeitigen dauernden Eisenbahndienstunfähigkeit in der letzten Dienststellung vorsah (§ 16 Abs. 1 der Satzung der Pensionskasse).

Für eine Nachversicherung des Klägers in der Angestelltenversicherung für die Zeit seiner versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE fehlt es – wie das LSG in dem angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend angenommen hat – an den gesetzlichen Voraussetzungen. Für ihn waren weder bei seinem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE am 31. März 1938 noch bei seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis bei der DB am 31. Dezember 1965 Beiträge zur AnV nachzuentrichten.

Aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE ist der Kläger zwar am 31. März 1938 ausgeschieden, ohne daß ihm Ruhegeld oder eine gleichwertige Leistung auf Grund dieses Beschäftigungsverhältnisses gewährt wurde. Für diesen Fall schrieb der zu diesem Zeitpunkt geltende § 18 Abs. 1 Satz 1 AVG idF des Gesetzes vom 29. März 1928 –AVG aF– vor, daß für die Zeit, während der der Kläger sonst versicherungspflichtig gewesen wäre, Beiträge zu entrichten sind. Der Nachversicherungsfall war demnach am 31. März 1938 eingetreten und das gesetzliche Nachversicherungsverhältnis auch begründet worden. Die Pflicht der BLE als Arbeitgeber zur Nachentrichtung der Beiträge an den Träger der Rentenversicherung der Angestellten war aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht begründet, weil die Beiträge nach § 18 Abs. 6 AVG aF wegen Übertritts des Klägers in eine andere ebenfalls nach § 11, § 12 Nr. 1 bis 3, § 17 AVG aF versicherungsfreie Beschäftigung bei der DR erst dann nachzuentrichten waren, wenn beim Ausscheiden aus dieser zweiten versicherungsfreien Beschäftigung ebenfalls nicht Ruhegeld oder Hinterbliebenenrente oder eine gleichwertige Leistung gewährt wird. Die Nachentrichtung der Beitrage war also am 31. März 1938 aufgeschoben, und die Pflicht zur Beitragsnachentrichtung für den Arbeitgeber entstand erst, wenn nach Wegfall des Aufschubgrundes beim Ausscheiden aus der zweiten versicherungsfreien Beschäftigung bei der DR und später bei der DB die Voraussetzungen für die Nachentrichtung der Beiträge noch gegeben waren (vgl. hierzu die Urteile des Senats in BSG 32, 71 ff und 32, 76 ff).

Der Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge am 31. März 1938 hing allein davon ab, daß der Kläger in eine nach § 11 AVG aF versicherungsfreie Beschäftigung übertrat. Die Beschäftigung des Klägers als Reichsbahnbeamter vom 1. April 1938 an war aber nach § 11 AVG aF in der AnV versicherungsfrei, weil ihm kraft seiner Einweisung in eine planmäßige Beamtenstelle der DR Anwartschaft auf Ruhegeld und Hinterbliebenenrenten im Mindestbetrage der seinem Einkommen entsprechenden Höhe gewährleistet war (vgl. Koch/Hartmann – v. Altrock/Fürst, AVG, 2. Aufl., S. 11 AVG aF S. 212a). Hierfür wäre es auch unerheblich, wenn – wie der Kläger behauptet und was ungeprüft bleiben kann – er einen Anspruch auf Versorgung auf Grund seines Beamtenverhältnisses bei der DR erst nach einer Wartezeit von 10 Jahren hätte erwerben können; denn die Anwartschaft auf Versorgung ist auch dann gewährleistet, wenn eine Wartezeit für die Versorgung vorgeschrieben, aber noch nicht erfüllt ist. Die „Anwartschaft” auf Versorgung ist nicht gleichbedeutend mit dem bereits erworbenen Recht oder Anrecht auf Versorgung. Der Sinn des hier verwendeten Begriffs „Anwartschaft” weist auf ein geringeres Maß der Rechtsstellung des Betroffenen hin und läßt die bloße Anwartschaft auf den zukünftigen Erwerb des Rechts oder –Anrechts auf Versorgung genügen. Eine Anwartschaft auf Versorgung in diesem Sinne hat daher bereits derjenige– der den Anspruch auf Versorgung erst nach Ablauf einer bestimmten Dienstzeit erwirbt (vgl. hierzu RVA in AN 1920, 376, 378; Hanow/Lehmann/Bogs, Rentenversicherung der Arbeiter, 5. Aufl., Rdnr. 13 zu § 1229).

Ebenso blieb der Aufschub der Nachentrichtung der Beiträge davon unberührt, daß – wie der Kläger weiterhin vorträgt und was ebenfalls einer Klärung nicht bedarf – seine bei der BLE verbrachte Dienstzeit bei Begründung seines Beamtenverhältnisses bei der DR weder besoldungs- noch versorgungsrechtlich angerechnet worden sein soll. Bereits bei der ersten gesetzlichen Regelung des Aufschubs der Nachentrichtung von Beiträgen beim Überwechseln von einer versicherungsfreien Beschäftigung zu einer anderen durch § 1242 a Ab. 5 RVO aF und § 18 Abs. 6 AVG aF in dem Änderungsgesetz vom 29. März 1928 hat der Gesetzgeber für den Aufschub den Übertritt in eine ebenfalls versicherungsfreie Beschäftigung genügen lassen; dabei hat er sich schon damals von dem Gedanken leiten lassen, daß in der Regel der spätere Arbeitgeber die bei dem früheren Arbeitgeber verbrachte Dienstzeit anzurechnen pflegt, so daß der Arbeitnehmer für die bei dem früheren Arbeitgeber zurückgelegte Dienstzeit bereits einen Ausgleich erhält, oder, falls eine solche Anrechnung nicht erfolgt, in der Regel der zweite Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit Rücksicht auf seine, beim ersten Arbeitgeber verbrachte Dienstzeit eine höhere Stellung überträgt (vgl. Wankelmuth, aaO, 170 ff). Hieraus folgt, daß der Gesetzgeber den Aufschub der Beitragsnachentrichtung bewußt nicht davon abhängig gemacht hat, ob und in welcher Weise die beim früheren Arbeitgeber zurückgelegte Dienstzeit in dem neuen versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis besoldungs- oder versorgungsrechtlich angerechnet wird. Diese Rechtslage hat das spätere Nachversicherungsrecht nicht geändert; sie gilt in gleicher Weise für das gegenwärtige Recht (Brackmann, aaO, Bd. III S. 626 o VI; aA Jünke, Sozialversicherung 59, 213).

Bei seinem Ausscheiden aus der zweiten, den Aufschub begründenden versicherungsfreien Beschäftigung anläßlich seiner Pensionierung am 31. Dezember 1965 hat der Kläger gleichfalls einen Anspruch auf Nachentrichtung der Beiträge für die Zeit seiner versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE vom 1. Januar 1924 bis zum 31. März 1938 nicht erworben. Der Aufschubgrund – die anschließende ebenfalls versicherungsfreie Beschäftigung bei der DR und der DB – war zu diesem Zeitpunkt zwar weggefallen. Eine Pflicht zur Nachentrichtung der Beiträge ist aber nicht entstanden. Der Kläger ist nicht aus der zweiten versicherungsfreien Beschäftigung, wie das Gesetz es für die Nachentrichtung der Beiträge voraussetzt, ausgeschieden, ohne daß ihm beamtenrechtliche Versorgung gewährt wird, sondern er erhält auf Grund seines letzten versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses ein Ruhegehalt nach beamtenrechtlichen Vorschriften.

Durch die Anrechnung der Beschäftigungszeit bei der BLE vom 2. Oktober 1920 bis zum 31. März 1938 zur Hälfte als ruhegehaltsfähige Dienstzeit gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 DBG bei der Festsetzung des Ruhegehalts wird dem Kläger allerdings keine beamtenrechtliche Versorgung aus der vorhergehenden versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE und aus den Versicherungszeiten bei der Pensionskasse gewährt, wie der Kläger entgegen der Auffassung des LSG zu Recht geltend macht. Diese Zeiten werden nach § 116 Abs. 1 Nr. 3 BBG als ruhegehaltsfähige Dienstzeit ohne Rücksicht darauf angerechnet, ob für den Kläger in dieser Zelt Versicherungsbeiträge entrichtet worden sind. Gleichwohl kann der Kläger von der Beklagten die Nachversicherung für die Zeit seiner vorhergehenden versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE nicht verlangen, weil das Gesetz – und zwar sowohl die frühere Vorschrift des § 18 Abs. 6 AVG aF als auch die seit dem 1. März 1957 geltende Bestimmung des § 125 Abs. 2 AVG – jede Nachversicherung ausschließt, wenn dem Beschäftigten aus dem letzten, sich anschließenden versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften gewährt wird. Die mit diesen Vorschriften eröffnete Möglichkeit, im Falle eines unversorgten Ausscheidens aus einer oder mehreren, sich anschließenden versicherungsfreien Beschäftigungen durch die Nachversicherung den Anspruch auf Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen zu erwerben, ist lediglich ein äußerster Notbehelf (BGHZ 4, 197, 206), der nach dem Sinn und Zweck der hier vorgesehenen Nachversicherung und ihrer geschichtlichen Entwicklung nur sicherstellen soll, daß der versicherungsfrei Beschäftigte entweder eine beamtenrechtliche Versorgung oder eine Rente aus den gesetzlichen Rentenversicherungen erwirbt. Da der Kläger auf Grund seines letzten versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnisses beamtenrechtliche Versorgung erhält, besteht zu einer Nachversicherung für die vorhergehende versicherungsfreie Beschäftigung bei der BLE kein Anlaß; denn das Rechtsinstitut der Nachversicherung dient nicht dazu, durch die Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung dem Beschäftigten eine Leistung in einer Höhe zu verschaffen, bei der alle versicherungsfreien Beschäftigungszeiten entweder bei der beamtenrechtlichen Versorgung oder bei der Rente aus der Rentenversicherung anrechnungsfähig berücksichtigt sind. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 10. Februar 1972 – 1 RA 121/71 – des näheren dargelegt. Auf die dort gemachten Ausführungen wird verwiesen.

Die Nachversicherung des Klägers für die Zeit seiner versicherungsfreien Beschäftigung bei der BLE gilt auch nicht auf Grund der Vorschrift des § 99 des Allgemeinen KriegsfolgengesetzesAKG – vom 5. November 1957 (BGBl I, 1747) – idF des Art. 6 § 20 Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetz (FANG) – als durchgeführt. Diese Vorschrift erfaßt nur solche Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der in § 1 Abs. 1 AKG aufgeführten Rechtsträger, die vor dem 8. Mai 1945 ausgeschieden und nicht nachversichert worden sind, obgleich sie nach dem im Zeitpunkt ihres Ausscheidens geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze für die Zeit ihrer versicherungsfreien Beschäftigung nachzuversichern waren. Von dieser Vorschrift werden daher die Fälle nicht betroffen, in denen die Nachversicherung aufgeschoben war und nach Wegfall des Aufschubgrundes die Nachversicherung nicht durchzuführen ist, wie es hier zutrifft (BSG in SozR Nr. 5 zu § 1402 RVO; Brackmann aaO S. 626 w VI).

Das LSG hat auch mit Recht dem Aussetzungsantrag der Beigeladenen nicht entsprochen. Die Vorschrift des § 125 Abs. 3 AVG bietet in dem hier gegebenen Fall des Ausscheidens des Klägers aus der letzten versicherungsfreien Beschäftigung mit Gewährung von Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften für eine. Aufschubentscheidung der nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stellen keine rechtliche Handhabe. Die Entscheidung gemäß § 125 Abs. 3 AVG, ob die Entrichtung der Beiträge aufgeschoben wird, hat nur in den in § 125 Abs. 1 AVG aufgeführten Aufschubfällen des unversorgten Ausscheidens aus einer versicherungsfreien Beschäftigung rechtliche Bedeutung, nicht aber wenn ein Versicherter wegen Erreichens der Altersgrenze infolge Pensionierung unter Gewährung beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge aus der letzten versicherungsfreien Beschäftigung ausscheidet.

Die Revision des Klägers ist aus diesen Gründen zurückzuweisen.

Die vom Kläger erst in der Revisionsinstanz gegen die Beigeladene erhobene Klage, diese zu verurteilen, ihm Rente nach Maßgabe ihrer Satzung vom 1. Januar 1966 an zu gewähren, stellt sich als eine Klageänderung dar, die im Revisionsverfahren unzulässig ist (§ 168 SGG). Die Klage ist deshalb als unzulässig abzureisen. Einer Entscheidung über den weiteren Hilfsantrag des Klägers auf Verweisung des Rechtsstreits an das für diese Klage zuständige Gericht bedarf es danach nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 53

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