Verfahrensgang
SG Ulm (Urteil vom 28.06.1991) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. Juni 1991 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Ermittlung des für die Zahlung von Erziehungsgeld (ErzG) während der einkommensabhängigen Phase maßgeblichen Einkommens Altenteilsleistungen zu berücksichtigen sind.
Die mit ihrem Ehemann zusammenlebende Klägerin beantragte im März 1989 für ihre am 21. Oktober 1988 geborene Tochter ErzG. Ihrem Antrag, der Berechnung des ErzG ab dem 7. Lebensmonat des Kindes (einkommensabhängige Phase) das Einkommen des Jahres 1989 zugrunde zu legen, falls dies für sie günstiger sein sollte, entsprach die Beklagte nicht, weil die Klägerin das Einkommen für 1989 nicht glaubhaft machte. Mit Bescheid vom 15. September 1989 bewilligte die Beklagte auf der Grundlage des Einkommens von 1986 für den 7. bis 12. Lebensmonat ErzG in Höhe von 125,– DM monatlich. Aus dem Steuerbescheid für das Jahr 1986 ergeben sich für die Klägerin selbst keine Einkünfte. Ihr Ehemann erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 58.482,– DM und negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 7.500,– DM. Bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens setzte das Finanzamt Versicherungsbeiträge in Höhe von 10.531,– DM und Altenteilsleistungen als dauernde Lasten in Höhe von 24.440,– DM ab. Das zu versteuernde Einkommen wurde auf 9.515,– DM, die Einkommensteuer auf 94,– DM und die Kirchensteuer auf 7,20 DM festgesetzt. Hieraus ermittelte die Beklagte ein anrechenbares Einkommen in Höhe von 47.849,80 DM. Sie setzte von den positiven Einkünften lediglich die Lohn- und Kirchensteuer sowie die Vorsorgeaufwendungen in Höhe von 10.531,– DM ab; sie berücksichtigte dagegen die Altenteilsleistungen nicht. Das anzurechnende Einkommen überstieg danach die maßgebliche Einkommensgrenze von 33.600,– DM um 14.249,80 DM, was zu einer Kürzung des ErzG um 475,– DM monatlich führte.
Die gegen die unterbliebene Berücksichtigung der Altenteilsleistungen gerichtete Klage war erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Ulm vom 28. Juni 1991). Das SG hat die Auffassung vertreten, Altenteilsleistungen könnten nicht vom ermittelten Einkommen abgezogen werden, da dies in § 6 Abs 2 Nr 3 Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) nicht vorgesehen sei. Das Gesetz lasse nur den Abzug von Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs 1 Nr 1 Einkommensteuergesetz (EStG) und außergewöhnlichen Belastungen nach § 33a Abs 1 EStG zu. Bei den Altenteilsleistungen handele es sich jedoch um sog dauernde Lasten, die in § 10 Abs 1 Nr 1a EStG geregelt seien. Dies schließe eine Berücksichtigung bei der Einkommensberechnung aus. Das SG hat § 6 Abs 2 BErzGG nicht als verfassungswidrig angesehen.
Mit der vom SG durch Beschluß zugelassenen Sprungrevision macht die Klägerin weiterhin geltend, Altenteilsleistungen seien im Rahmen von § 6 BErzGG einkommensmindernd zu berücksichtigen. Es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, Unterhaltsleistungen nach § 10 Abs 1 Nr 1 und § 33a Abs 1 EStG vom Einkommen abzusetzen, Altenteilsleistungen dagegen nicht, obgleich sie den abzugsfähigen Unterhaltsleistungen nach § 6 Abs 2 Nr 3 BErzGG gleichzustellen seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. Juni 1989 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. September 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. November 1989 zu verurteilen, der Klägerin für den 7. bis 12. Lebensmonat der Tochter Annette Erziehungsgeld in Höhe von monatlich 600,– DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
1.) Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist vom SG durch Beschluß zugelassen worden. Das Bundessozialgericht (BSG) ist an die Zulassung der Revision nach § 161 Abs 2 Satz 2 SGG gebunden. Der Bindung steht nicht entgegen, daß bei Erlaß des Zulassungsbeschlusses der Berufungsausschließungsgrund des § 146 SGG iVm § 13 BErzGG eingriff. Das SG hat den Zulassungsbeschluß gefaßt und zugestellt, nachdem das angefochtene, gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung vom SG in anderer Besetzung beschlossene Urteil, das keine Zulassung der Berufung nach § 150 Nr 1 SGG enthielt, den Beteiligten bereits zugestellt war. Das Urteil betraf schon bei der Beschlußfassung nur ErzG für bereits abgelaufene Zeiträume. Es war daher nicht berufungsfähig gemäß § 13 Satz 2 BErzGG, eingefügt durch Art 11 Abs 2 des 7. Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes (7. RVÄndG) vom 19. Dezember 1986 (BGBl I S 2586) mit Wirkung vom 1. Januar 1986 (Art 11 Abs 2 aaO) iVm § 146 SGG (BSG Urteile vom 14. September 1989 – 4 REg 1/88 – VersorgVerw 1990, 31 und vom 10. August 1989 – 4 REg 4/89 – SozSich 1990, 95).
Hieran ändert auch die dem Urteil beigefügte formularmäßige Rechtsmittelbelehrung nichts, die von der Zulässigkeit der Berufung ausging (BSGE 2, 121, 125; BSG SozR 1500 § 161 Nr 16; BSG SozR 1500 § 150 Nr 3; BSG Urteil vom 18. Januar 1990 – 4 RA 40/89 – DBlR 3680a, SGG/§ 144). Die Berufung konnte vom SG auch nicht nachträglich, etwa durch Ergänzungsurteil (BSGE 25, 202, 203 = SozR Nr 3 zu § 140 SGG) oder Urteilsberichtigung (BSG SozR Nr 37 zu § 150 SGG), zugelassen werden. Die Nichtzulassung der Berufung im Urteil war nicht willkürlich (zum Auschluß der Bindung bei Willkür vgl BSG SozR 1500 § 150 Nr 27; Urteil vom 21. November 1989, 11 BAr 121/88, insoweit in BSG SozR 1500 § 6 Nr 2, nicht abgedruckt). Ein Übersehen des Berufungsausschließungsgrundes bei Erlaß des Urteils erfüllt nicht den Tatbestand der Willkür.
Zur Zulassung der Sprungrevision ohne gleichzeitige Zulassung der nach den §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossenen Berufung hat der 11. Senat des BSG schon 1977 entschieden, das SG dürfe zwar die Sprungrevision nur zulassen, wenn die Berufung an sich oder kraft Zulassung statthaft ist (SozR 1500 § 161 Nr 15; entsprechend zur Sprungrevision nach § 134 VwGO Bundesverwaltungsgericht ≪BVerwG≫, Beschluß vom 18. Oktober 1988, Buchholz 310 § 134 VwGO Nr 35); eine gleichwohl ohne diese Voraussetzung erfolgte Zulassung nur der Revision sei jedoch für das Revisionsgericht bindend. Die spätere Rechtsprechung des BSG ist aus anderen Gründen zur Wirksamkeit der Revisionszulassung gekommen. Nach ihr liegt in der Zulassung der Revision im Urteil zugleich die Zulassung der Berufung, wenn diese nach den §§ 144 bis 149 SGG ausgeschlossen ist (so der 2. Senat in BSGE 44, 203, 204 = SozR 1500 § 150 Nr 9, ihm folgend der 4. Senat in BSGE 45, 183, 184 = SozR 2200 § 1236 Nr 5, der 3. Senat in SozR 1500 § 150 Nr 13 und der 9. Senat in SozR 1500 § 150 Nr 15). Zur Begründung wird angeführt, den Beteiligten sei die Wahl zwischen Berufung und Revision offenzuhalten; der Rechtsmittelgegner dürfe es nicht in der Hand haben, das Urteil des SG jeglicher Nachprüfung zu entziehen, indem er die Zustimmung zur Einlegung der Revision verweigere. Der 11. Senat hat sich dem angeschlossen, ohne hierbei – wie ausdrücklich hervorgehoben – die Schwierigkeiten im Falle einer nachträglichen Zulassung der Revision durch Beschluß zu übersehen (BSGE 49, 136, 138 = SozR 1500 § 150 Nr 21).
Eine Umdeutung der Zulassung der Revision in eine Zulassung auch der Berufung kann bei einer nachträglich durch Beschluß zugelassenen Sprungrevision nicht erfolgen, weil das SGG eine nachträgliche Zulassung der Berufung durch Beschluß für die hier betroffenen alten Bundesländer (anders als die Anlage I Kap VIII Sachgebiet D Abschnitt III Nr 4 des Einigungsvertrages für die neuen Bundesländer) nicht kennt (Bley in Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Stand Juli 1991, § 161 Rdnr 5). Das BVerwG hat in dem bereits angeführten Beschluß vom 18. Oktober 1988 (Buchholz 310 § 134 VwGO Nr 35) die Sprungrevision verworfen, weil das BVerwG nach ständiger Rechtsprechung an eine offensichtlich rechtswidrige Zulassung der Revision nicht gebunden sei (vgl zB BVerwGE 48, 372 ff mit weiteren Nachweisen).
Der Senat sieht sich durch die angeführte Rechtsprechung nicht daran gehindert, bei der nachträglichen Zulassung durch Beschluß die Bindungswirkung der Zulassung zu beachten, wenn die Zulassung der Berufung im Urteil nicht willentlich abgelehnt, sondern lediglich übersehen wurde. Hierbei hatte der Senat einschlägige zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des Großen Senats (GrS) des BSG zu berücksichtigen.
Das BVerfG hat zu vergleichbaren Regelungen im Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) entschieden, die fehlende Korrekturmöglichkeit einer unterbliebenen Zulassung der Berufung durch das erstinstanzliche Gericht auch für den Fall, daß die fehlende Verkündung der Entscheidung über eine Rechtsmittelzulassung auf einem Versehen des Gerichts beruhe, sei mit dem Gebot fairer Verfahrensgestaltung nicht vereinbar und verstoße deshalb gegen Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 Grundgesetz (GG); dies könnten die Arbeitsgerichte bei verfassungskonformer Auslegung der Verfahrensvorschriften vermeiden. Auf welchem Wege das am besten zu geschehen hat, schreibe das Verfassungsrecht nicht vor (BVerfG 1. Senat 2. Kammer vom 15. Januar 1992 – 1 BvR 1140/86 – NJW 1992, 1496 = SGb 1992, 349). Der GrS des BSG hat entschieden, unwirksam sei ein die Sprungrevision zulassender Beschluß nur, wenn er eine Nicht- oder Scheinentscheidung oder eine sonst völlig wirkungslose Entscheidung darstellt (BSG, Beschluß vom 18. November 1980, GS 3/79 = BSGE 51, 23, 28 f = SozR 1500 § 161 Nr 27 sowie SozR 1500 § 161 Nr 31 und 33). Ob die nachträgliche Zulassung der Sprungrevision durch Beschluß eine wirkungslose Entscheidung darstellt, wenn die Nichtzulassung der Berufung im Urteil willentlich erfolgte, kann dahinstehen. Hat das SG die Zulassung der Berufung im Urteil – wie hier – lediglich übersehen, liegt die verfassungsrechtlich gebotene Korrekturmöglichkeit in der Anerkennung der Bindungswirkung des Zulassungsbeschlusses.
2.) Der Klägerin steht ein Anspruch auf ungekürztes ErzG in Höhe von mtl 600,– DM ab Beginn des 7. Lebensmonats ihres Kindes nicht zu. Gemäß § 5 Abs 2 BErzGG wird das ErzG vom Beginn des 7. Lebensmonats an gemindert, wenn das Einkommen nach § 6 BErzGG bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, 29.400,– DM und bei anderen Berechtigten 23.700,– DM übersteigt. Diese Beträge erhöhen sich für jedes weitere Kind des Berechtigten um 4.200,– DM. Danach stand der Klägerin während der einkommensabhängigen Phase ungekürztes ErzG nur dann zu, wenn das nach § 6 BErzGG zu ermittelnde Einkommen 33.600,– DM nicht überstieg. Da die Klägerin in dem für die Einkommensberechnung maßgebenden Kalenderjahr 1986 nicht über eigene Einkünfte verfügte, war für die Berechnung des ErzG allein die Summe der im vorletzten Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes von ihrem Ehegatten erzielten positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs 1 und 2 des EStG heranzuziehen. Dieser erzielte im Jahr 1986 nach den Tatsachenfeststellungen des SG, an die der Senat gemäß § 163 SGG gebunden ist, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 58.482,– DM. Einkünfte sind bei Land- und Forstwirtschaft der nach den §§ 4 bis 7g EStG zu ermittelnde Gewinn (§ 2 Abs 2 Nr 1 EStG), bei anderen Einkunftsarten der nach den §§ 8 bis 9a EStG zu ermittelnde Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 2 Abs 2 Nr 2 EStG). Bei buchführenden Betrieben wird der Gewinn durch einen Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs 1 EStG, bei nichtbuchführenden Betrieben durch eine Gegenüberstellung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nach § 4 Abs 3 EStG festgestellt. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs 4 EStG Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Die von der Klägerin geltend gemachten im Jahr 1986 erbrachten Altenteilsleistungen iHv 24.440,– DM sind weder in die Bilanz aufzunehmen noch als Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen abzuziehen. Nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung sind Altenteilsleistungen keine Aufwendungen, die durch den landwirtschaftlichen Betrieb veranlaßt sind (ständige Rspr des Bundesfinanzhofs ≪BFH≫ seit BFHE 83, 568). Soweit der BFH bis zu dieser Entscheidung vom 16. September 1965 eine abweichende Auffassung vertreten hat, hat er die frühere Rechtsprechung aufgegeben (vgl BFHE 161, 317, 326 ff; 165, 225, 233).
Die Ermittlung des für das ErzG maßgebenden Einkommens erfolgt grundsätzlich nach steuerrechtlichen Kriterien. Dies ergibt sich aus § 6 Abs 1 Satz 1, letzter Halbsatz BErzGG, wonach die Einkünfte so berücksichtigt werden, „wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind”. Die ErzG-Behörde ist danach bei der Ermittlung des Einkommens an steuerrechtliche Vorgaben gebunden (so auch: BVerwGE 85, 124, 125 in bezug auf die Förderungsämter bei der Ermittlung des Einkommens nach § 21 Abs 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes ≪BAFöG≫). Sie kann das Einkommen nicht nach eigenständigen, etwa an der Zielrichtung des BErzGG ausgerichteten Kriterien bestimmen. Eine nur von Sinn und Zweck des ErzG ausgehende Festlegung des Einkommens könnte uU allgemein darauf abstellen, Einkünfte nur insoweit zu berücksichtigen, als sie für die Lebensführung des ErzG-Berechtigten und seiner Familie zur Verfügung stehen. Einer solchen Form der Einkommensermittlung stehen jedoch nicht nur erhebliche verwaltungspraktische Bedenken entgegen; sie wäre auch mit den rechtsstaatlichen Prinzipien der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit kaum zu vereinbaren. Der Gesetzgeber hat sich deshalb nicht nur im ErzG-Recht, sondern auch in anderen Bereichen des Sozialrechts, in denen der Anspruch auf eine Sozialleistung von einer Berücksichtigung des Einkommens abhängt, wie zB bei den Leistungen nach dem BAföG und dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG), für eine weitgehende Bindung an steuerrechtliche Vorgaben entschieden (vgl BVerwG Buchholz 436.36 § 21 BAföG Nr 18).
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Altenteilsleistungen für den Verpflichteten Sonderausgaben iS des § 10 Abs 1a EStG. Sachleistungen und Nutzungsüberlassungen sind als sog dauernde Last, gleichbleibende Geldleistungen als Leibrenten nach dieser Vorschrift vom steuerpflichtigen Einkommen ganz oder zumindest teilweise absetzbar (BFHE 139, 367; Schmidt, EStG, Kommentar, 11. Aufl 1992, § 13 Anm 14b, § 22 Anm 17d). Altenteilsleistungen sind deshalb auch nicht nach § 6 Abs 2 BErzGG von dem nach § 6 Abs 1 BErzGG ermittelten Einkommen abzuziehen. Nach dieser Vorschrift werden vom Einkommen abgezogen: die Einkommens- und die Kirchensteuer (Nr 1), die steuerlich anerkannten Vorsorgeaufwendungen (Nr 2), die sonderausgabenähnlichen Abzüge nach § 10e EStG (Nr 4) und bestimmte Unterhaltsleistungen (Nr 3).
Zwar dienen Altenteilsleistungen durchweg auch der Sicherung des Unterhalts des früheren Hofeigentümers (Palandt-Bassenge, BGB, 51. Aufl § 96 EGBGB Anm 1). Sie können jedoch nicht allgemein als Unterhaltsleistungen angesehen werden; auch steuerrechtlich kommt eine Qualifizierung als Unterhaltsleistung nicht in Betracht (Schmidt, EStG, aaO). Das BErzGG läßt in § 6 Abs 2 Nr 3 zudem nur bei bestimmten Unterhaltsleistungen einen Abzug vom Einkommen zu. Nach Nr 3a des § 6 Abs 2 BErzGG werden Unterhaltsleistungen an Kinder berücksichtigt, für die die Einkommensgrenze nicht nach § 5 Abs 2 Satz 2 BErzGG erhöht worden ist. Dies sind Kinder, für die eine andere Person als der ErzG-Berechtigte oder sein Ehegatte aufgrund eines vorrangigen Anspruchs (§ 3 BKGG) Kindergeld bezieht. Nr 3b läßt den Abzug von Unterhaltsleistungen an sonstige Personen zu, soweit die Leistungen nach § 10 Abs 1 Nr 1 oder § 33a Abs 1 EStG berücksichtigt werden. Nach diesen Vorschriften des EStG können Unterhaltsleistungen an geschiedene oder getrenntlebende Ehegatten (§ 10 Abs 1 Nr 1) oder an sonstige Unterhaltsberechtigte (§ 33a Abs 1) bis zu bestimmten Höchstgrenzen vom steuerpflichtigen Einkommen abgezogen werden. Das BErzGG erfaßt damit Unterhaltsleistungen nur gegenüber bestimmten Personen und dann auch nur in einem bestimmten Umfang. Altenteilsleistungen, die als dauernde Lasten und/oder Leibrenten Sonderausgaben iS von § 10 Abs 1a EStG darstellen (Schmidt, EStG, aaO) unterfallen der Regelung in § 6 Abs 2 Nr 3b BErzGG nicht.
Altenteilsleistungen können auch nicht durch eine erweiternde Auslegung des § 6 Abs 2 BErzGG als abzugsfähig angesehen werden. Die Anknüpfung der Vorschrift an steuerrechtliche Tatbestände schließt eine Auslegung aus, die mit der Systematik und den Vorgaben des Steuerrechts nicht vereinbar ist. Auch insoweit besteht bei der Einkommensermittlung im Rahmen des BErzGG eine Bindung an die Grundsätze des Steuerrechts.
Der Ausschluß der Altenteilsleistungen von der Absetzbarkeit nach § 6 Abs 2 BErzGG beruht zudem nicht auf einem bloßen Versehen des Gesetzgebers. Im Zuge der Novellierung des BErzGG durch das zweite Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Vorschriften hatten die Ausschüsse des Bundesrates für Familie und Senioren, für Frauen und Jugend sowie für Innere Angelegenheiten dem Bundesrat empfohlen, im Rahmen der Stellungnahme zum Gesetzentwurf nach Art 76 Abs 2 GG eine Ergänzung des § 6 Abs 2 Nr 3b BErzGG um die Nr 1a des § 10 Abs 1 EStG zu fordern (BR-Drucks 481/1/91, S 15 f). Die Einfügung der Nr 1a sollte es ermöglichen, „Altenteilsleistungen vom Einkommen nach § 6 Abs 1 BErzGG abzuziehen”. Der Vorschlag wurde ua damit begründet, daß es sich bei den Altenteilsleistungen zwar weder um „echte” Unterhaltsleistungen noch um Betriebsausgaben handele, doch sei für die Betroffenen nicht nachvollziehbar, weshalb steuerrechtlich gleichbehandelte Leistungen (sowohl Unterhalts-als auch Altenteilsleistungen seien als Sonderausgaben absetzbar) im Rahmen des BErzGG eine unterschiedliche Behandlung erführen. Der Bundesrat ist diesem Vorschlag in seiner nachfolgenden Stellungnahme vom 27. September 1991 nicht nachgekommen (BR-Drucks 481/91). Der Vorschlag ist im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens auch nicht wieder aufgegriffen worden und hat keinen Eingang in das 2. BErzGG-ÄndG (vom 6. Dezember 1991, BGBl I S 2142) gefunden.
Die fehlende Berücksichtigung von Altenteilsleistungen bei der Berechnung des für das ErzG in seiner einkommensabhängigen Phase maßgebenden Einkommens begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar verbietet der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 1, 14, 52; 67, 186, 195); doch verstößt die unterbliebene Einbeziehung von Altenteilsleistungen in die Regelungen des § 6 Abs 2 BErzGG nicht gegen diesen Grundsatz. Wie im Kindergeld- und Ausbildungsförderungsrecht hat der Gesetzgeber auch im ErzG-Recht bei der Einkommensanrechnung grundsätzlich auf das Nettoeinkommen abgestellt (BT-Drucks 10/3792 S 17). Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, daß die Summe der positiven Einkünfte ausnahmslos um alle steuerrechtlich absetzbaren Belastungen gemindert werden muß. § 6 Abs 2 BErzGG läßt neben den Altenteilsverpflichtungen eine Reihe anderer Belastungen, die der Einkommensbezieher steuerrechtlich geltend machen kann, unberücksichtigt. Hierzu zählen etwa Aufwendungen, die nach § 33a Abs 2 und 3 EStG steuerrechtlich abzugsfähig sind, oder Aufwendungen zugunsten dritter Personen (Beispiel: Kosten der Heimunterbringung pflegebedürftiger Angehöriger), die nach § 33 EStG in einem bestimmten Umfang steuerrechtlich einkommensmindernd berücksichtigt werden.
Die unterschiedliche Behandlung von Altenteilsleistungen einerseits und den nach §§ 10 Abs 1 Nr 1 und 33a Abs 1 EStG zu berücksichtigenden Unterhaltsleistungen andererseits kann – worauf schon das SG zu Recht abgestellt hat – auch deshalb nicht als willkürlich angesehen werden, weil zwischen diesen Belastungen ein wesentlicher Unterschied besteht: Während die genannten Unterhaltsleistungen aus dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen erbracht werden müssen, ohne daß ihnen eine Gegenleistung gegenübersteht, wird die Altenteilsverpflichtung zwar nicht als Gegenleistung für das übertragene Vermögen angesehen, wie zuvor ausgeführt, sondern als Einschränkung der Schenkung (BFHE 161, 317, 326; BFHE 165, 225, 238). Durch die freiwillige Übernahme unterscheidet sie sich aber von der gesetzlichen Unterhaltspflicht.
Die gesetzliche Regelung, das Ehegatten-Einkommen zu berücksichtigen, obwohl das Einkommen des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft unberücksichtigt bleibt, hat der Senat als nicht verfassungswidrig angesehen. Die unterschiedliche Behandlung der ehelichen und der eheähnlichen Gemeinschaft ist nicht gleichheitswidrig, weil die eheliche Gemeinschaft anders als die eheähnliche Gemeinschaft gerade in der Zeit des ErzG-Bezuges durch das Steuersplitting begünstigt wird und weil der erziehende Elternteil im Falle der ehelichen Gemeinschaft bei deren Scheitern einen stärkeren Unterhaltsanspruch aus den §§ 1361, 1570 Bürgerliches Gesetzbuch ≪BGB≫ erwirbt als der erziehende Elternteil im Falle der eheähnlichen Gemeinschaft aus § 1615l Abs 2 Satz 2 BGB, wie im Urteil vom 13. März 1993 – 14b REg 2/92 – (zur Veröffentlichung vorgesehen) näher ausgeführt. Hierzu hat der Senat berücksichtigt, daß das Ehegatten-Einkommen in Höhe der Altenteilsverpflichtung unterhaltsrechtlich auch bei der ehelichen Gemeinschaft nicht zur Verfügung steht, bei der Einkommensanrechnung aber gleichwohl nicht abgezogen, also berücksichtigt wird. Es ist aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht zu beanstanden, daß der Gesetzgeber das Ehegatten-Einkommen nicht nach unterhaltsrechlichen Grundsätzen, sondern, wie das Einkommen des ErzG-Berechtigten selbst, allein nach steuerrechtlichen Kriterien berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen