Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorpraktikum als Berufsausbildung. Verfassungsmäßigkeit des § 2 Abs 4 S 1 BKGG idF vom 22.12.1981
Orientierungssatz
1. Nicht jede Aus-, Weiter- oder Fortbildung, die ein Kind nach der Vollendung des 16. Lebensjahres betreibt, ist eine Berufsausbildung iS des § 2 Abs 2 S 1 Nr 1 BKGG (vgl BSG 25.4.1984 10 RKg 2/83 = SozR 5870 § 2 Nr 32).
2. Die Zuordnung der Vorpraktika zur Berufsausbildung hängt zunächst davon ab, ob sie Ausbildungscharakter in dem Sinne haben, daß ein gewisses Maß an berufsbezogenen Kenntnissen vermittelt wird (vgl BSG 29.1.1985 10 RKg 16/84).
3. Ein Vorpraktikum ist nur dann Teil der Berufsausbildung, wenn die in diesem Praktikum zu erwerbenden Kenntnisse und Fertigkeiten notwendige fachliche Voraussetzungen für den angestrebten Beruf sind, wenn sie also als Teil der Ausbildung im weiteren Sinne angesehen werden müssen. Nicht schon um Ausbildung handelt es sich hingegen, wenn das Vorpraktikum dazu dient, bestimmte Eignungskriterien oder nur das Vorhandensein einer gewissen Erfahrung, eines Einblickes in das Berufsleben oder allgemein eine gewisse Reife zu ermitteln, oder wenn schließlich die geforderte praktische Tätigkeit nur die Neigung und Eignung für den angestrebten Beruf erproben und den Bewerber mit den Anforderungen und Problemen des angestrebten Berufes vertraut machen soll.
4. Ein Vorpraktikum, das nach einer für den angestrebten Beruf maßgeblichen Ausbildungsordnung nicht zwingend vorgeschrieben ist, ist jedenfalls dann keine Berufsausbildung, wenn es über die maßgebliche Ausbildungsordnung hinaus nur von der ausbildenden Einrichtung im Einzelfall oder nur von einzelnen Ausbildungseinrichtungen gefordert oder gar nur empfohlen wird.
5. Anders ist die Sachlage nur dann, wenn über die gesetzlich geregelten Ausbildungsmerkmale hinaus ein Vorpraktikum von den Ausbildungseinrichtungen im Geltungsbereich des BKGG allgemein gefordert wird oder wenn der einzelne Bewerber aus besonderen Gründen solche Ausbildungseinrichtungen, die die Ableistung nicht fordern, aus besonderen Gründen nicht erreichen kann (vgl BSG 10.4.1985 10 RKg 23/84).
6. Es verstößt weder gegen Art 3 Abs 1 noch gegen Art 6 Abs 2 GG, wenn der Gesetzgeber die Zahlung des Kindergeldes über das 16. Lebensjahr hinaus davon abhängig gemacht hat, daß das Kind als Ausbildungsbewerber gemeldet ist, oder daß es der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen muß (§ 2 Abs 4 S 1 BKGG idF vom 22.12.1981).
Normenkette
BKGG § 2 Abs 2 S 1 Nr 1; BKGG § 2 Abs 4 S 1 Fassung: 1981-12-22; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 6 Abs 2 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 02.10.1984; Aktenzeichen L 14 Kg 2/84) |
SG Berlin (Entscheidung vom 18.11.1983; Aktenzeichen S 59 Kg 29/83) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger auch für die Zeit von August 1982 bis Juli 1983 Kindergeld unter Berücksichtigung seiner am 12. Juni 1966 geborenen Tochter Claudia zu zahlen hat.
Claudia H. hatte im Juli 1982 den Realschulabschluß erlangt. Sie wollte Erzieherin/Kindergärtnerin werden und hatte sich zunächst erfolglos bei zwei in Berlin niedergelassenen Ausbildungseinrichtungen um einen Ausbildungsplatz beworben. Eine dieser Schulen hatte ihr unter Hinweis auf den hohen Bewerberüberhang empfohlen, ihre sonst geringen Zulassungschancen durch die Ableistung eines sozialpädagogischen Praktikums zu erhöhen. Claudia H. folgte dieser Empfehlung und leistete in der Zeit vom 9. August 1982 bis zum 24. Juli 1983 ein unentgeltliches Praktikum in einer Kindertagesstätte in Berlin ab. Ihre Ausbildung zur Erzieherin begann sie am 1. August 1983.
Die Beklagte entzog mit dem Bescheid vom 20. Oktober 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1983 das gewährte Kindergeld mit Wirkung vom 1. August 1982, weil das von Claudia H. abgeleistete Praktikum keine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 2 Nr 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) sei.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 18. November 1983 abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) Berlin hat die Berufung mit Urteil vom 2. Oktober 1984 zurückgewiesen: Das von Claudia H. abgeleistete Vorpraktikum sei kein Teil der Ausbildung zur Erzieherin gewesen. Der Umstand, daß das Praktikum für die spätere Ausbildung von Nutzen gewesen sei, habe keine Bedeutung. Die Tochter des Klägers sei in der streitigen Zeit auch nicht gemäß § 2 Abs 2 Satz 2 BKGG oder gemäß § 2 Abs 4 Satz 1 BKGG zu berücksichtigen gewesen.
Der Kläger macht zur Begründung seiner - vom LSG zugelassenen - Revision geltend, die Auslegung des § 2 Abs 2 BKGG durch das Berufungsgericht sei fehlerhaft. Das LSG habe auch die Vorschrift des § 2 Abs 4 BKGG unrichtig angewendet. Abgesehen davon, daß diese Bestimmung mit Art 3 Abs 1 und Art 6 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar sei, könne die Gewährung des Kindergeldes nicht allein deshalb verweigert werden, weil Claudia H. sich im Hinblick auf den später sicheren Ausbildungsplatz und die Ableistung des Praktikums nicht beim Arbeitsamt als Ausbildungswillige oder arbeitsbereit gemeldet habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 2. Oktober 1984 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. November 1983 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 1982 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 1983 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit von August 1982 bis Juli 1983 Kindergeld unter Berücksichtigung seiner Tochter Claudia zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Claudia H. war in der streitigen Zeit nicht für das Kindergeld zu berücksichtigen. Die Beklagte hat deshalb zu Recht mit den angefochtenen Bescheiden die Bewilligung des Kindergeldes wegen einer Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 des 10. Buches des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - (SGB X) aufgehoben.
Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung (Urteil vom 25. April 1984 - 10 RKg 2/83 - in Fortführung des grundlegenden Urteils vom 25. März 1982 - 10 RKg 11/81 -, SozR 5870 § 2 Nr 29) entschieden, daß nicht jede Aus-, Weiter- oder Fortbildung, die ein Kind nach der Vollendung des 16. Lebensjahres betreibt, eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BKGG ist. Die Zuordnung der Vorpraktika zur Berufsausbildung hängt deshalb zunächst davon ab, ob sie Ausbildungscharakter in dem Sinne haben, daß ein gewisses Maß an berufsbezogenen Kenntnissen vermittelt wird (Urteile vom 12. Dezember 1984 - 10 RKg 1/84, 10 RKg 12/84 und 10 RKg 15/84 -; Urteil vom 29. Januar 1985 - 10 RKg 16/84 -, zur Veröffentlichung bestimmt). Ein Vorpraktikum ist nur dann Teil der Berufsausbildung, wenn die in diesem Praktikum zu erwerbenden Kenntnisse und Fertigkeiten notwendige fachliche Voraussetzungen für den angestrebten Beruf sind, wenn sie also als Teil der Ausbildung im weiteren Sinne angesehen werden müssen. Nicht schon um Ausbildung handelt es sich hingegen, wenn das Vorpraktikum dazu dient, bestimmte Eignungskriterien oder nur das Vorhandensein einer gewissen Erfahrung, eines Einblickes in das Berufsleben oder allgemein eine gewisse Reife zu ermitteln, oder wenn schließlich die geforderte praktische Tätigkeit nur die Neigung und Eignung für den angestrebten Beruf erproben und den Bewerber mit den Anforderungen und Problemen des angestrebten Berufes vertraut machen soll.
Dazu hat das LSG für den zur Entscheidung stehenden Fall festgestellt, daß das von Claudia H. in einer Kindertagesstätte abgeleistete Praktikum "von Nutzen" war. Damit sind die vorgenannten Voraussetzungen für die Zuordnung des von der Tochter des Klägers abgeleisteten Vorpraktikums zur Berufsausbildung im weiteren Sinn noch nicht hinreichend festgestellt. Es kann aber dahingestellt bleiben, ob diese Feststellung getroffen werden kann. Denn auch wenn das von der Tochter des Klägers abgeleistete Praktikum in einer Kindertagesstätte Ausbildungscharakter im vorgenannten Sinne hatte, war es deshalb keine Berufsausbildung im Sinne des BKGG, weil es nicht notwendige Voraussetzung für die Aufnahme der Ausbildung zu dem angestrebten Beruf war. Der erkennende Senat hat bereits wiederholt entschieden, daß dann, wenn die Berufsausbildung in einer Ausbildungsordnung geregelt ist, nur solche Tätigkeiten die Voraussetzungen des § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BKGG erfüllen, die in der Ausbildungsordnung vorgeschrieben sind (Urteile vom 12. Dezember 1984 aaO; vgl übereinstimmend für § 44 Abs 1 Satz 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes -AVG-: BSG, Urteil vom 9. Februar 1984 - 11 RA 52/83 -, SozR 2200 § 1267 Nr 31). Andere Tätigkeiten und Beschäftigungen fallen dagegen auch dann nicht unter diesen Tatbestand, wenn sie für den angestrebten Beruf nützlich, förderlich oder gar erwünscht sind (BSG SozR 5870 § 2 Nr 29). Dementsprechend ist ein "Vorpraktikum", das nach einer für den angestrebten Beruf maßgeblichen Ausbildungsordnung nicht zwingend vorgeschrieben ist, jedenfalls dann keine Berufsausbildung, wenn es über die maßgebliche Ausbildungsordnung hinaus nur von der ausbildenden Einrichtung im Einzelfall oder nur von einzelnen Ausbildungseinrichtungen gefordert oder gar nur empfohlen wird. Anders ist die Sachlage nur dann, wenn über die gesetzlich geregelten Ausbildungsmerkmale hinaus ein Vorpraktikum von den Ausbildungseinrichtungen im Geltungsbereich des BKGG allgemein gefordert wird oder wenn der einzelne Bewerber aus besonderen Gründen solche Ausbildungseinrichtungen, die die Ableistung nicht fordern, aus besonderen Gründen nicht erreichen kann (Urteil vom 29. Januar 1985 - 10 RKg 16/84 - zur Veröffentlichung bestimmt; Urteil vom heutigen Tage in der Sache 10 RKg 23/84 -).
Diese Grundsätze sind auch hier anzuwenden. Nach den Feststellungen des LSG ist zwar die für Berlin erlassene "Gemeinsame Ordnung der Ausbildung, der Prüfung und der staatlichen Anerkennung von Erziehern" vom 25. September 1972 (Amtsblatt für Berlin, 22. Jahrgang, Nr 54 vom 10. November 1972) "formal außer Kraft getreten", sie ist jedoch inhaltlich weiterhin allgemein angewendet worden. Das LSG ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß diese Ausbildungsordnung für die Zulassung zur Ausbildung jedenfalls insoweit Bedeutung behalten hat, als in ihr ein Vorpraktikum für Bewerber mit der schulischen Vorbildung der Tochter des Klägers nicht gefordert worden ist. Nach den unangefochtenen Feststellungen des LSG ist auch im Falle der Tochter des Klägers von keiner der Schulen, bei denen sie sich um Zulassung beworben hatte, die Ableistung eines Vorpraktikums zur Bedingung für die Zulassung zur Ausbildung gemacht worden. Vielmehr hat nur eine der Schulen der Tochter des Klägers die Ableistung eines Vorpraktikums zur Verbesserung ihrer sonst wegen des Bewerberüberhanges geringen Ausbildungschancen lediglich empfohlen. Die tatsächlichen Feststellungen des LSG ergeben auch keinen Anhalt dafür, daß Claudia H. einen Ausbildungsplatz an einer im Bundesgebiet tätigen Ausbildungsstätte nicht zumutbar erreichen konnte.
Das Vorpraktikum kann auch nicht deshalb als Berufsausbildung angesehen werden, weil es sich um eine sinnvolle Überbrückung der Pause zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gehandelt hat. Der erkennende Senat hat in dem vorerwähnten Urteil vom 25. März 1982 (aaO) für die zusätzliche Schulung und Übung während der Unterbrechung einer bereits begonnenen Ausbildung entschieden, daß eine derartige Schulung, auch wenn sie für das künftige Berufsziel wünschenswert und förderungswürdig ist, kein Ausbildungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs 2 Satz 1 Nr 1 BKGG darstellt. Entsprechendes muß auch für die Fälle der Ableistung eines freiwilligen Vorpraktikums zur sinnvollen Überbrückung der Zwischenzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gelten. Die Rechtsprechung hatte zwar für das bis Ende 1981 geltende Recht derartige Überbrückungspraktika unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmten Grenzen als Berufsausbildung gewertet (vgl dazu die Urteile des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. November 1969 - 4 RJ 495/65 -, SozR Nr 38 zu § 1267 RVO und vom 12. Dezember 1970 - 4 RJ 479/68 -, SozR Nr 42 zu § 1267 RVO sowie des 11. Senats des BSG vom 16. Juni 1982 - 11 RA 44/81 -, SozR 2200 § 1262 Nr 22 mwN). Der Gesetzgeber hat diese Abgrenzung jedoch als zu weitgehend angesehen (vgl die Begründung zum Entwurf des 9. Änderungsgesetzes zum Kindergeldgesetz, BT-Drucks 9/795, S 54) und deshalb in § 2 Abs 2 Satz 4 BKGG (idF der Bekanntmachung vom 21. Januar 1982 - BGBl I, 13 -) eine abschließende Regelung für das zwischen zwei Ausbildungsabschnitten zu zahlende Kindergeld getroffen. Danach wird das Kindergeld für ein Kind, dessen Berufsausbildung mangels eines Ausbildungsplatzes verzögert wird, nur noch dann gewährt, wenn der nächste Ausbildungsabschnitt spätestens im vierten auf die Beendigung des vorherigen Ausbildungsabschnittes folgenden Monats beginnt; auch diese Berücksichtigung endet jedoch mit dem Ablauf des Monats, in dem dem Ausbildungswilligen die Ablehnung der Bewerbung um einen Ausbildungsplatz bekanntgegeben wird. Da die Übergangsregelung des § 2 Abs 2 Satz 4 BKGG nach dem Willen des Gesetzgebers eine abschließende Regelung sein soll (BT-Drucks aaO) und Claudia H. nach den Feststellungen des LSG die Ausbildung zur Erzieherin nicht bis zum Ende des vierten auf die Beendigung der Schulausbildung folgenden Monats begonnen hat, kann die Ableistung des Vorpraktikums auch nicht nach § 2 Abs 2 Satz 4 BKGG zur Weitergewährung des Kindergeldes führen. Die Beklagte ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger in der streitigen Zeit einen Kindergeldanspruch nach § 2 Abs 2 BKGG nicht hatte.
Zu Recht hat die Beklagte auch die Voraussetzungen des § 2 Abs 4 BKGG (in der bis zum 31. Dezember 1984 geltenden Fassung -nF-) als nicht erfüllt angesehen. Diese Vorschrift erweitert den Kindergeldanspruch auf die nicht in Schul- oder Berufsausbildung stehenden Kinder, die das 16., aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, sofern sie im Geltungsbereich des BKGG bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet sind oder nach Beratung durch die Ausbildungsberatung der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen (§ 4 Abs 2 Satz 1 BKGG nF). Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht verstößt diese Vorschrift weder gegen den Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG noch beeinträchtigt sie das Grundrecht der Eltern auf Pflege und Erziehung der Kinder (Art 6 GG). § 2 Abs 4 BKGG (idF der Bekanntmachung vom 21. Januar 1982 - BGBl I S 13 -) hat seinen hier entscheidungserheblichen - gegenüber der bisherigen Fassung des § 2 Abs 4 BKGG völlig anderen - Inhalt auf Empfehlung des 8. Ausschusses des Bundestages (BT-Drucks 9/972, S 7) durch das 9. Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 22. Dezember 1981 (BGBl I, 1566) erhalten. Im Ausschußbericht ist eine bestimmte Zielsetzung dieser Regelung nicht angegeben worden. Nach den gesamten Umständen hat sich der Ausschuß wegen des im Zeitpunkt der Einbringung des Entwurfes zum 9. Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes deutlicher zutage getretenen Überhangs an Ausbildungsbewerbern zu dieser Regelung entschlossen, um die bei Nichterlangung einer Ausbildungsstelle weiterbestehende wirtschaftliche Belastung der Familie durch das nicht in der Ausbildung befindliche, jedoch weiterhin ausbildungswillige Kind für eine Übergangszeit von zwei Jahren durch Weitergewährung des Kindergeldes zu mildern.
Es verstößt weder gegen Art 3 noch gegen Art 6 GG, wenn der Gesetzgeber die Zahlung des Kindergeldes über das 16. Lebensjahr hinaus davon abhängig gemacht hat, daß das Kind als Ausbildungsbewerber gemeldet ist, oder daß es der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen muß (§ 2 Abs 4 Satz 1 BKGG nF). Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) verbietet dem Gesetzgeber nur, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, wenn zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede bestehen, die die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (Bundesverfassungsgericht, Beschluß vom 11. Juni 1982 - 1 BvR 1150/80 -, SozR 4460 § 8 Nr 9 mwN). Eine derartige Ungleichbehandlung liegt hier nicht vor. Dem Gesetzgeber stand es frei, die Gruppe, der das Kindergeld über das 16. Lebensjahr hinaus weiterzuzahlen ist, sowohl altersmäßig zu beschränken als auch die Leistung von dem Vorliegen bestimmter engerer Leistungsvoraussetzungen, wie der fortbestehenden Ausbildungsbereitschaft und eines den Unterhaltsbedarf nicht deckenden geringfügigen Einkommens (§ 2 Abs 4 Satz 2 BKGG) abhängig zu machen. Ebensowenig wird das Erziehungsrecht der Eltern dadurch beeinträchtigt, daß den Erziehungsberechtigten zugemutet wird, die Ernsthaftigkeit der weiterbestehenden Absicht zur Berufsausbildung durch die Aufrechterhaltung einer Bewerbung bei einer Berufsberatung nachzuweisen oder sich andernfalls der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen. Dieses Verlangen des Gesetzgebers führt nicht, wie die Revision meint, dazu, daß die Eltern "zugunsten des staatlichen Vermittlungsmonopols auf die Ausübung ihres persönlichen Weisungsrechts verzichten" müssen.
Da Claudia H. nach den Feststellungen des LSG sich nicht bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet hatte und auch nicht nach Beratung durch die Berufsberatung der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand, steht dem Kläger auch das Kindergeld gemäß § 2 Abs 4 BKGG nF nicht zu. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen