Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung des Berichtigungsrechts
Orientierungssatz
Gegenüber dem Grundsatz, daß der Versorgungsempfänger, auf den die Voraussetzungen des tatbestandlich eng begrenzten KOV-VfG § 41 zutreffen, die Berichtigung der ihn begünstigenden Bescheide nach dem Willen des Gesetzgebers hinnehmen muß, kann die Verwirkung nur in außerordentlich gelagerten Fällen eingreifen. An die Prüfung ihrer Voraussetzungen muß demgemäß ein strenger Maßstab gelegt werden.
Normenkette
KOVVfG § 41 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1960-06-27; BGB § 242 Fassung: 1896-08-18
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 1975 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger beantragte 1953 wegen einer Granatsplitterverwundung am rechten Handgelenk mit nachfolgender Blutvergiftung und einer Verletzung des rechten Unterschenkels in der Gefangenschaft Versorgung. Hierzu legte er eine ärztliche Bescheinigung vor. Nach versorgungsärztlicher Begutachtung wurden durch Bescheid vom 5. April 1954 als Schädigungsfolgen mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 v.H. anerkannt: "Trümmerschußbruch des distalen rechten Ellenendes, Teilverrenkung desselben und degenerative Veränderungen des Erbsenbeines nach Splitterverletzung und Eiterung; mit mäßigen arthrotischen Veränderungen abgeheilter Bruch des rechten inneren Knöchels".
Der Kläger übersandte dem Versorgungsamt die im wesentlichen gleichlaufenden Erklärungen vom 21. September 1963, 22. Februar 1965 und 11. Juli 1967 zu seinen Beschädigungen und sonstigen Krankheiten. Darin teilte er mit, seine Granatsplitterverwundung am rechten Handgelenk sei so minimal gewesen, daß er nicht ins Lazarett gekommen, sondern bei der Truppe verblieben und nur wegen der durch Verschmutzung entstandenen kleinen Eiterung behandelt worden sei. In dem zuletzt genannten Schreiben bat der Kläger, seine "im Kriege zugezogene Nervenkrankheit (Dystonie) gerecht anzuerkennen" und meinte dazu, die irrtümliche Anerkennung eines Trümmerschußbruches am rechten Handgelenk und eines Knöchelbruches sei mit anormalem Verhalten der Muskeln und Gefäße verwechselt worden. Daraufhin stellte das Versorgungsamt mit Bescheid vom 28. August 1969 fest, aus den bei der versorgungsärztlichen Nachuntersuchung gefertigten Röntgenaufnahmen der Sprunggelenke und der Handgelenke des Klägers gehe eine wesentliche Änderung der Verhältnisse gegenüber den vorausgegangenen Gutachten nicht hervor; gleichzeitig erkannte es ohne Erhöhung der MdE auch degenerative Veränderungen des Handgelenks nach Splitterverletzung und Eiterung als Schädigungsfolgen an.
In einer weiteren Erklärung vom 3. November 1969 betonte der Kläger ausdrücklich, er habe seinem behandelnden Arzt persönlich gesagt, daß ihm von einem Trümmerschußbruch und ebenso auch davon, daß er seinen Fuß gebrochen habe, nichts bekannt sei. Nunmehr stellte das Versorgungsamt ab 1. Januar 1970 die Zahlung der Rente vorläufig ein und veranlaßte nach fachärztlicher Beurteilung der Röntgenaufnahmen vom 25. Juni 1969 eine Stellungnahme seines ärztlichen Dienstes zu der Frage, ob mit zweifelsfreier Sicherheit, die als Schädigungsfolgen bezeichneten Gesundheitsstörungen zu Unrecht anerkannt worden seien. Als Medizinaldirektor Dr. M... dies unter Bezugnahme auf den Befundbericht des Röntgenfacharztes Dr. P. und auf den Akteninhalt bejahte, hob das Versorgungsamt Landshut mit Berichtigungsbescheid vom 29. März 1972 seine Bescheide vom 5. April 1954 und 28. August 1969 auf, erkannte als Schädigungsfolgen nur noch "leichte verformende Veränderungen an der Gelenkfläche des rechten Innenknöchels nach Prellung" mit einer MdE um weniger als 10 v.H. an und forderte die gewährten Versorgungsbezüge zurück. Den Widerspruch wies das Landesversorgungsamt (LVersorgA) Bayern durch Bescheid vom 23. Mai 1972 zurück.
Im Klageverfahren gelangte der Röntgenfacharzt Dr. E... in seinem dem Sozialgericht (SG) Landshut erstatteten Gutachten zu dem Ergebnis, eine traumatische Entstehung der degenerativen Veränderungen im Bereich des rechten Innenknöchels in der Kriegsgefangenschaft sei wahrscheinlich; dagegen stehe außer Zweifel fest, daß es sich am rechten Handgelenk nicht um Veränderungen durch einen Trümmerschußbruch oder nach einer Eiterung handele, auch nicht i.S. der Verschlimmerung. Mit Urteil vom 29. März 1974 hat das SG zwar die angefochtene Rückforderung aufgehoben, die gegen die Berichtigung gerichtete Klage aber abgewiesen.
Die Berufung des Klägers hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 31. Juli 1975 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Es hat festgestellt, nach der übereinstimmenden ärztlichen Beurteilung seien die erheblichen arthrotischen Veränderungen im Bereich des rechten Unterarms und Handgelenks mit Sicherheit nicht Folgen der vom Kläger selbst als geringfügig angesehenen Splitterverletzung und nachfolgenden Eiterung. Deshalb seien die Bescheide vom 5. April 1954 und 28. August 1969 zu Recht als tatsächlich und rechtlich unrichtig berichtigt worden. Das Recht zur Berichtigung sei auch nicht verwirkt, obwohl der Kläger nach dem Inhalt des Bescheides vom 28. August 1969 auf den Fortbestand seines Rentenanspruchs vertraut habe und die Weiterzahlung der Rente bis zum Ablauf des Jahres 1969 eindeutig in den Verantwortungsbereich des Beklagten falle. Der Kläger habe sich nämlich auf den Bezug der Rente nicht derart eingestellt und entsprechende Maßnahmen für seine Lebensführung getroffen, daß ihm der Rentenentzug außer dem Verlust der Rente noch einen zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteil bringe. Denn es habe sich um die Mindestrente gehandelt, die so gering gewesen sei, daß sie die Lebenshaltung des Klägers nicht entscheidend zu beeinflussen vermocht habe, zumal er in der Zeit von Februar 1969 bis 1973 ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 900,-- DM erzielt habe.
Die Revision gegen das ihm am 26. August 1975 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. September 1975 eingelegt und am 9. September 1975 begründet. Er meint, das LSG hätte sich zu weiterer Sachaufklärung durch Einholung eines orthopädischen Klinikgutachtens darüber gedrängt sehen müssen, ob der jetzt festgestellte Ablauf der seinerzeitigen Verwundung zweifelsfrei ergebe, daß die daraus hergeleiteten Schädigungsfolgen tatsächlich und rechtlich zu Unrecht anerkannt worden seien. Die Voraussetzungen der Berichtigung seien nicht gegeben, weil nach den Feststellungen des LSG nicht jede aus dem festgestellten Sachverhalt sich ergehende - wenn auch fernliegende - Möglichkeit als ausgeschlossen anzusehen sei, daß dem Kläger die Schädigungsfolgen seinerzeit zu Recht anerkannt worden seien. Auf das Gutachten des Dr. M. habe sich das LSG nicht stützen dürfen, weil es dessen Annahme eines vorwehrdienstlichen Unfalls des Klägers nicht für erwiesen gehalten habe. Aber auch Dr. E. habe mit der Vermutung jugendlicher Wachstumsstörungen die Verwundung am rechten Handgelenk als Ursache der hier aufgetretenen Veränderungen nicht ausschließen können. Das Recht der Berichtigung sei hier aber auch verwirkt. Von 1959 bis 1969 sei der Lebensunterhalt des Klägers hauptsächlich aus den Einkommen seiner Ehefrau gekommen. Deshalb habe er sich in dieser Zeit und auch später bei einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von rund 900,-- DM in seinen finanziellen Überlegungen und Planungen fest auf den Bezug der Grundrente eingerichtet. Wenn das LSG für die Verwirkung noch einen durch die Berichtigung beim Kläger eingetretenen zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteil fordere, dann benachteilige es den wirtschaftlich Schwächeren ungebührlich, zumal er sich mehrfach vergeblich um die Berichtigung des fehlerhaften Verwaltungshandelns bemüht habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts, vom 31. Juli 1975, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 1975 sowie den Bescheid des Versorgungsamts Landshut vom 29. März 1972 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 1972 aufzuheben;
hilfsweise,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II.
Mit dem Einverständnis der Beteiligten ergeht das Urteil gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung.
Die durch Zulassung statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision kann in der Sache nicht zum Erfolg führen.
Die mit der Revision erhobene Sachaufklärungsrüge geht fehl. Zu weiterer Aufklärung darüber, ob der festgestellte Ablauf der seinerzeitigen Verwundung des Klägers zweifelsfrei ergab, daß die daraus hergeleiteten Schädigungsfolgen tatsächlich und rechtlich zu Unrecht anerkannt worden waren, mußte sich das LSG nicht gedrängt sehen. Denn in der Frage, ob die erheblichen arthrotischen Veränderungen im Bereich des rechten Unterarms und Handgelenks des Klägers auf die von ihm selbst als geringfügig angesehene Splitterverletzung mit nachfolgender Eiterung zurückzuführen waren, lagen dem LSG zwei ärztliche Stellungnahmen vor, die dies übereinstimmend verneinten. Medizinaldirektor Dr. M. hatte sich dahin geäußert, aus dem Befundbericht des Röntgenfacharztes Dr. P. und aus den Aktenunterlagen gehe mit zweifelsfreier Sicherheit hervor, daß die Veränderungen an den Unterarmknochen rechts und am rechten Handgelenk nicht Folgen einer Schußverletzung bzw. einer Knocheneiterung seien. Mit dieser Beurteilung stimmte in der entscheidenden Frage des Zusammenhangs der Deformierung des rechten Handgelenks mit der Splitterverletzung und Eiterung die Beurteilung durch Dr. E. überein. Dieser Sachverständige hat zwar ausdrücklich die Entstehungsursache der Veränderungen am rechten Handgelenk des Klägers unentschieden gelassen; er hat aber ausdrücklich betont, es stehe für ihn außer Zweifel fest, daß es sich hier nicht um posttraumatische Veränderungen und auch, nicht um Veränderungen nach einer Eiterung handele, daß also ein Trümmerschußbruch des rechten distalen Ellenendes mit Teilverrenkung nicht vorliege und daß die Splitterverletzung des rechten Handgelenks auch nicht im Sinne einer Verschlimmerung gewirkt habe. Da es nach der zutreffenden Auffassung des LSG für die Rechtmäßigkeit der Berichtigung nicht auf die wahre Ursache der Veränderungen am rechten Handgelenk des Klägers, sondern allein darauf ankam, ob diese Veränderungen außer Zweifel nicht wehrdienstbedingt waren, durfte sich das LSG mit dem Gutachten des Dr. E. begnügen, weil darin die entscheidende Frage übereinstimmend mit der Beurteilung durch Dr. M. und ohne einen medizinisch näher begründeten Widerspruch des Klägers verneint worden war.
Gemäß § 163 SGG ist somit der Senat an die Feststellung des LSG gebunden, daß die erheblichen arthrotischen Veränderungen im Bereich des rechten Unterarms und Handgelenks mit Sicherheit nicht Folgen der vom Kläger selbst als geringfügig angesehenen Splitterverletzung und nachfolgenden Eiterung sind. Deshalb erweist sich die Anerkennung eines Trümmerschußbruchs des distalen rechten Ellenendes und einer Teilverrenkung desselben mit degenerativen Veränderungen des Erbsenbeins und des Handgelenks nach Splitterverletzung und Eiterung in den Bescheiden vom 5. April 1954 und 28. August 1969 als tatsächlich unrichtig. Denn die Feststellung, daß eine Tatsache (schädigendes Ereignis, hier: Verwendung und Eiterung) wahrscheinlich in ursächlichem Zusammenhang mit einem Erfolg (Gesundheitsstörung, hier: Arthrotische Veränderungen am rechten Unterarm und Handgelenk) steht, ist eine Tatsachenfeststellung (vgl. BSG 7, 288). Aus der tatsächlichen folgt auch die rechtliche Unrichtigkeit der berichtigten Bescheide. Denn in der Anerkennung des erwähnten Zusammenhangs als wesentlich im Sinne der für die Kriegsopferversorgung geltenden Kausalitätsnorm liegt eine Rechtsanwendung, die deshalb unrichtig ist, weil sie nicht mit der wahren Sachlage und daher auch nicht mit der wahren Rechtslage übereinstimmt (vgl. BSG 13, 227, 229).
Die Unrichtigkeit steht auch außer Zweifel i.S. von § 41 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG), weil das LSG, wie bereits dargelegt, von der tatsächlichen und rechtlichen Unrichtigkeit der berichtigten Bescheide ohne Verfahrensverstoß soweit überzeugt sein durfte, daß es jede aus dem festgestellten Sachverhalt sich ergebende, wenn auch fernliegende Möglichkeit, es könne sich doch um Folgen der Verwundung oder der nachfolgenden Eiterung gehandelt haben, als ausgeschlossen ansehen durfte (vgl. BSG 6, 106). Der Beklagte war somit berechtigt und bei Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auch verpflichtet, die Berichtigung vorzunehmen, zumal er bereits durch bindenden Bescheid vom 16. Mai 1961 die Anerkennung der Kreislaufstörungen abgelehnt hatte, auf die der Kläger unter der Bezeichnung "neurovegetative Dystonie" seine sämtlichen Gesundheitsstörungen zurückführt.
Von der Ausübung des Berichtigungsrechts hätte der Beklagte nur dann absehen müssen, wenn er das Recht zur Berichtigung verwirkt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall.
Gegenüber dem Grundsatz, daß der Versorgungsempfänger, auf den die Voraussetzungen des tatbestandlich eng begrenzten § 41 VerwVG zutreffen, die Berichtigung der ihn begünstigenden Bescheide nach dem Willen des Gesetzgebers hinnehmen muß, kann die Verwirkung nur in außerordentlich gelagerten Fällen eingreifen. An die Prüfung ihrer Voraussetzungen muß demgemäß ein strenger Maßstab gelegt werden (vgl. Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., 2. Halbband, S. 1395; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl., Randnote D 45 zu § 242 BGB; BSG 2, 284, 288). Es kann sich stets nur darum handeln, daß ausnahmsweise die Ausübung eines nach der Rechtsordnung bestehenden Rechts wegen der Besonderheiten des Einzelfalls und ihrer Bedeutung in dem hierfür einschlägigen Rechtsgebiet als illoyal erscheint. Die für die Verwirkung rechtserheblichen Merkmale hat die Rechtsprechung in den zu einem längeren Zeitablauf hinzutretenden Umständen erblickt, aus denen der Schuldner auf ein dem bisherigen Verhalten entsprechendes Verhalten des Gläubigers vertraute und vertrauen durfte, daß er sich darauf einrichtete, dieser werde sein Recht nicht mehr gegen ihn ausüben, entsprechende Maßnahmen für seine Lebensführung traf und nun wegen dieser Maßnahmen durch die verspätete Geltendmachung des Rechts noch einen zusätzlichen Nachteil erleiden würde (vgl. BSG in BVBl 1972, 74; BSG 35, 95). An diesen Anforderungen, insbesondere auch an der letzteren, ist festzuhalten (vgl. hierzu auch den neuerdings in § 48 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 25. Mai 1976 zum Ausdruck gekommenen, bereits in BSG 10, 76 angedeuteten und mit weiteren Hinweisen belegten allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes bei Vermögensdispositionen). Denn nur auf diese Weise bleibt die Verwirkung auf die ihr von der Rechtsprechung zugedachte Funktion beschränkt, äußerste Unbilligkeiten bei verspäteter Ausübung bestehender Rechte zu vermeiden. Der Revision ist zuzugeben, daß die Rechtsprechung des BSG zur Verwirkung der Rückforderung von Versorgungsleistungen den Anschein erwecken mag, als werde hier auf das Erfordernis eines neben der Rückzahlung auftretenden zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteils verzichtet (vgl. hierzu BSG 35, 94 mit weiteren Hinweisen sowie die Urteile vom 14. März 1975 - 10 RV 341/74 - und vom 9. November 1975 - 9 RV 30/75 - SozR 3900 Nr. 3 zu § 47 VerwVG). Sachlich ist das jedoch nicht der Fall. Denn bei einer über vier Jahre hinaus auf weit zurückliegende Zeiträume erstreckten Rückforderung würde den Rückzahlungspflichtigen regelmäßig auch die zusätzliche Belastung mit der Finanzierung des Rückzahlungsbetrages treffen.
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Annahme der Verwirkung des Berichtigungsrechts nicht erfüllt, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat. Die mit Bescheid vom 28. August 1969 vorgenommene Erweiterung der Bezeichnung der Schädigungsfolgen war zwar geeignet, das Vertrauen des Klägers in den Fortbestand seines Rentenanspruchs zu stützen. Andererseits hat der Kläger nach Erlaß des Bescheides vom 28. August 1969 - im November 1969 - seine früheren Erklärungen über den Hergang der Verwundung und des Unfalls in der Kriegsgefangenschaft durch den Hinweis ergänzt, von einem Trümmerschußbruch des rechten Handgelenks und von einem Bruch des rechten Fußes sei ihm nichts bekannt; das habe er auch den ihn seinerzeit behandelnden Ärzten gesagt. Damit zog der Kläger aber die tatsächliche Grundlage seiner Versorgung in Zweifel und gab zu erkennen, daß er jedenfalls den bescheidmäßig anerkannten Grundlagen seiner Versorgung nicht voll vertraute. Es kam ihm zwar, wie seinem Schreiben vom 3. November 1969 zu entnehmen ist, darauf an, die Veränderungen am rechten Handgelenk und am rechten Fuß als Folgen einer Dystonie anerkannt zu erhalten; er konnte jedoch nicht damit rechnen, daß dieses bislang bindend abgelehnte Anliegen nunmehr Erfolg haben würde. Denn es gab keinerlei neue medizinische Unterlagen, die diese Erwartung hätten rechtfertigen können. Schon darin unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von dem mit Urteil des Senats vom 5. Dezember 1972 (BSG 35, 91, 97) entschiedenen Fall.
Wie das LSG zutreffend festgestellt hat, fehlt es aber auch daran, daß der Kläger, selbst wenn er sich auf den Bezug der Mindestrente eingestellt und diesen bei seiner Lebensführung wirtschaftlich eingeplant hatte, durch den Berichtigungsbescheid nicht nur in Gestalt des Wegfalls der Versorgung, sondern darüber hinaus noch mit einem besonderen wirtschaftlichen Nachteil betroffen ist. Die verspätete Rentenentziehung hat dem Kläger nämlich neben dem Rentenverlust nach den gemäß § 163 SGG bindenden Feststellungen des LSG keinen zusätzlichen Nachteil gebracht. Er hat vielmehr bis zum 31. Dezember 1969 ihm an sich nicht zustehende Rentenbeträge erhalten und braucht sie wegen des insoweit rechtskräftig gewordenen Urteils des SG nicht zurückzuzahlen. Es fehlt somit nicht nur an einem dem Kläger aus der Rentenentziehung entstandenen zusätzlichen wirtschaftlichen Nachteil, sondern es ist hier die Rentenentziehung in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung durch den Wegfall der Rückforderung erheblich gemildert worden (vgl. BSG 2, 284, 289). Mithin sind die hier gegebenen Umstände nicht geeignet, die Rentenentziehung mit Wirkung für die Zukunft als einen unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben wegen Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers unzulässigen Gebrauch des Berichtigungsrechts nach § 41 VerwVG erscheinen zu lassen. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen