Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich irrtümlich gewährter Leistungen zwischen Unfallversicherung und Wehrbereichsverwaltung nach dem Institut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
Leitsatz (amtlich)
1. Erleidet ein Wehrpflichtiger während eines ihm von der Truppe gewährten Urlaubs einen Arbeitsunfall, so steht ihm ein Anspruch auf Heilbehandlung sowohl gegen den Träger der Unfallversicherung als auch gegen die Bundeswehr zu. Keiner dieser Ansprüche ist gegenüber dem anderen nachrangig.
2. Hat die Bundeswehr in ihrem Sanitätsbereich dem Verletzten Heilbehandlung gewährt, die wegen der Unfallfolgen notwendig war, so kann sie nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (Abwälzungsanspruchs) grundsätzlich Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen. Dies gilt nicht, wenn und soweit für die Aufnahme des Verletzten in den Sanitätsbereich vorwiegend militärische Interessen maßgebend waren.
Leitsatz (redaktionell)
Der Ausgleich irrtümlich gewährter Leistungen zwischen einem Träger der Sozialversicherung und der Wehrbereichsverwaltung kann sich mangels entsprechender gesetzlicher Vorschriften nur nach dem Institut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs vollziehen. Sind sowohl der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung als auch die Wehrbereichsverwaltung zur Gewährung von Heilbehandlung bzw Heilfürsorge verpflichtet, ohne daß bei Vorhandensein gleichartiger Ansprüche eine nachrangige Eintrittspflicht vorgesehen ist, kann gleichwohl ein Ausgleich für eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zugunsten des leistenden Trägers vorzunehmen sein, wenn die medizinischen Maßnahmen überwiegend im Interesse des anderen Leistungsträgers durchgeführt werden.
Normenkette
RVO § 539 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, § 541 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1963-04-30, § 547 Fassung: 1963-04-30, § 557 Fassung: 1963-04-30; SG § 30 Abs. 1; WSG § 1 Abs. 1, § 6; SoldUrlV § 8 Abs. 3 Fassung: 1967-05-22
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 23. Oktober 1974 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin berechtigt ist, von der Beklagten Ersatz von Aufwendungen für Krankenbehandlung zu verlangen.
Der 1946 geborene Klaus-Peter H (H.) leistete ab 2. Oktober 1967 in B Grundwehrdienst. Für die Zeit vom 13. bis 19. Dezember 1968 war ihm Sonderurlaub für die Instandsetzung seiner Wohnung in B gewährt worden. Am Dienstag, dem 17. Dezember 1968, begann H. um 7.00 Uhr eine Tätigkeit als Kraftfahrer zur Aushilfe bei der Firma Hermann W, Fachgroßhandlung für Zentralheizungs- und Industriebedarf, in R. Als er sich gegen 11.50 Uhr während einer Auslieferungsfahrt auf der Landstraße 289 zwischen W und G befand, kam er von der Fahrbahn ab und überschlug sich. H. wurde im Kreiskrankenhaus G aufgenommen. Chefarzt Dr. S-H leitete, nachdem die röntgenologische Untersuchung einen Kompressionsbruch des 12. Brustwirbelkörpers ergeben hatte, stationäre berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung ein.
Am 5. März 1969 wurde H. ohne Unterrichtung der Beklagten zu seiner Truppe in B entlassen. Er hielt sich dort im Sanitätsbereich auf. Geröntgt und von Dozent Dr. B ärztlich betreut wurde er in der Evangelischen Diakonissenanstalt in B. Hierfür zahlte die Wehrbereichsverwaltung II 32,- DM und 26,- DM. Am 24. März 1969 suchte H. weisungsgemäß den Facharzt für Chirurgie, Dr. P, B, auf (siehe Nachschaubericht von diesem Tage). Am 21. April 1969 begann H. eine Tätigkeit als Kraftfahrer.
Mit Schreiben vom 14. April 1969 teilte die Wehrbereichsverwaltung II der Beklagten mit, durch die stationäre Behandlung des H. im Sanitätsbereich in der Zeit vom 5. bis 21. März 1969 seien Kosten in Höhe von 17 x 12,- DM = 204,- DM entstanden. Diese mache sie als ihren Ersatzanspruch geltend.
Nachdem die Wehrbereichsverwaltung II die ihr erteilten Rechnungen des Kreiskrankenhauses in G über die dortige stationäre Behandlung des H. in Höhe von insgesamt 2.531,90 DM bezahlt hatte, begehrte sie Ersatz auch für diese Aufwendungen; für die stationäre Behandlung des H. im Sanitätsbereich in der Zeit vom 5. bis 31. März 1969 verlangte sie weiter 27 x 18,- DM = 486,- DM (Schreiben vom 18. Juni 1969). Die Beklagte, die dem H. für die Zeit vom 18. Dezember 1968 bis zum 20. April 1969 Verletztengeld gewährt hatte, überwies 2.531,90 DM an die Klägerin. Im übrigen lehnte sie den Ersatzanspruch ab. Während des anschließenden Klageverfahrens hat die Klägerin 486,- DM + 32,- DM und 26,- DM = 544,- DM nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit begehrt.
Das Sozialgericht (SG) Hannover hat die Beklagte am 20. November 1973 dem Grunde nach verurteilt, der Klägerin die Aufwendungen für die stationäre Krankenhausbehandlung des verletzten H. vom 5. März bis 31. März 1969 zu ersetzen. Die Berufung hat es zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Durch die Übernahme der Behandlungskosten für die genannte Zeit habe die Klägerin eine Leistung erbracht, deren wirtschaftlicher Wert nicht ihr, sondern der Beklagten zur Last fallen müsse. Das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren habe Vorrang vor der truppenärztlichen Versorgung.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachen hat das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, für die Zeit vom 22. bis 31. März 1969 könne schon deshalb Ersatz nicht verlangt werden, weil sich H. nicht - nämlich nur bis zum 21. März 1969 - im Sanitätsbereich aufgehalten habe. Das gelte auch für die Zeit vom 8., 9., 15., 16. und 17. März 1969. Auch für die Dauer des Aufenthalts des H. im Sanitätsbereich vom 5. bis zum 7., vom 10. bis zum 14. und vom 18. bis zum 21. März 1969 stehe der Klägerin ein Ersatzanspruch nicht zu. Die Ansprüche des berechtigten H. aus dem Wehrsoldgesetz (WSG) gegenüber der Klägerin und nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) gegenüber der Beklagten seien gleichrangig. Es könne nicht festgestellt werden, daß die Klägerin dem H. ab 5. März 1969 an Stelle der Beklagten Heilfürsorge ohne rechtlichen Grund gewährt habe. Der Anspruch auf Gewährung dieser nach §§ 1,6 WSG entstehe unabhängig von anderen Ansprüchen des Berechtigten gegenüber anderen Kostenträgern. Nachdem H. am 5. März 1969 zu seiner Truppe entlassen worden sei, habe er wieder der Befehlsgewalt der Bundeswehr unterstanden. Dadurch sei es der Beklagten verwehrt gewesen, eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung ordnungsgemäß durchzuführen. Im übrigen sei es nach der Krankengeschichte auch zweifelhaft, ob ab 5. März 1969 überhaupt stationäre Behandlung erforderlich gewesen sei, da H. praktisch beschwerdefrei aus dem Kreiskrankenhaus entlassen worden sei.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die zugelassene Revision eingelegt und zur Begründung u.a. ausgeführt, die Beklagte habe begonnen, H. nach seinem Unfall die benötigte Heilfürsorge zu gewähren. Damit werde ein Anspruch gegen die Bundeswehr ausgeschlossen. Daß das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren am 5. März 1969 beendet gewesen wäre, als der Verletzte aus dem Kreiskrankenhaus in Gifhorn - ohne Wissen der Beklagten - zur Truppe entlassen worden sei, sei nicht festgestellt. Infolgedessen sei allein die Beklagte für die Gewährung weiterer Heilfürsorgemaßnahmen bis zur Gesundung des Verunglückten zuständig geblieben. Der Unfall des H. sei in einem Bereich erfolgt, dessen Risiko die Berufsgenossenschaften abzudecken hätten. Es sei mit dem auch das öffentliche Recht beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar, wenn die aus Beiträgen der Arbeitgeber finanzierten Berufsgenossenschaften bei Gewährung truppenärztlicher Heilfürsorge von ihrer Pflicht zur Tragung gerade der finanziellen Folgen von Arbeitsunfällen zu Lasten der Steuerzahler befreit würden. Aus der entsprechenden Anwendung des § 426 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) folge, daß im Innenverhältnis derjenige die Kosten allein zu tragen habe, in dessen Risikosphäre die Heilfürsorge typischerweise gehöre. Der Anspruch sei aber auch nach dem Institut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs begründet. Da das Berufungsgericht keine eigenen Feststellungen über die Höhe der geltend gemachten Ersatzansprüche getroffen habe, müsse der Rechtsstreit zurückverwiesen werden.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil, nach dem allenfalls ein Ersatz von 274,- DM hätte geltend gemacht werden dürfen, für zutreffend und führt zusätzlich aus, die Beklagte sei schon aus praktischen Gründen nicht in der Lage gewesen, berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung zu gewähren, da H. sich im Befehlsbereich der Bundeswehr befunden habe. Im übrigen sei die Klägerin ihrerseits selber zur ärztlichen Betreuung des H. verpflichtet gewesen. Nach alledem habe keine Zweckgemeinschaft i.S. des Revisionsvorbringens bestanden, auch komme § 426 Abs. 2 BGB nicht zum Zuge.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Revision (§§ 160, 164, 166 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig; sie ist auch im Sinne einer Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet.
Einer Sachprüfung stehen keine Rechtsmittelausschließungsgründe entgegen; das SG hat die Berufung zugelassen (§ 150 Nr. 1 SGG).
Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen ebenfalls keine Bedenken, zumal die Beklagte bis 30. Juni 1971 auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat (vgl. Bl. 148 der Unfallakten). Es handelt sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 51 SGG (vgl. BSG 16, 151, 152; 29, 44, 45, Urteil vom 12. Febr. 1975 - Az. 9 RV 376/74 - unveröffentlicht).
Die Klägerin hat auch zutreffend eine reine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG erhoben, weil die Beklagte nicht der Hoheitsgewalt der Klägerin unterworfen ist und demzufolge das streitige Rechtsverhältnis nicht einseitig durch einen Verwaltungsakt der Klägerin geregelt werden konnte (vgl. BSG, Urteil vom 12. Febr. 1975 aaO; 5, 140, 143).
Die Klägerin könnte einen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die durch den Aufenthalt des H. im Sanitätsbereich der Klägerin in B während der Zeit vom 5. bis 21. März 1969 entstanden sind, erfolgreich nicht auf einschlägige Ersatz- oder Erstattungsvorschriften stützen.
Weder die RVO noch das Soldatengesetz (SG) noch das WSG enthalten eine Rechtsgrundlage für das Klagebegehren. Da es sich im vorliegenden Fall um eine "reine" Leistungsklage handelt, die eine Leistung betrifft, welche zu einem Zeitpunkt bewirkt worden ist, der - wie vorliegend - vor der gerichtlichen Geltendmachung liegt, sind die zur Zeit der Entstehung des Anspruchs - März 1969 - geltenden Gesetzesfassungen anzuwenden (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand März 1975, Bd. I/2, S. 240 d I). Für das SG kommen mithin seine Fassungen vom 19. März 1956 (BGBl I, 114) und 28. März 1960 (BGBl I, 206) sowie für das WSG die Fassung der Bekanntmachung vom 28. August 1965 (BGBl I, 1051) zur Anwendung.
Ersatz- und Erstattungsstreitigkeiten der hier in Frage stehenden Art sind zwar in der RVO für die Beziehungen der Versicherungsträger zueinander (vgl. §§ 1504, 1509 a, 1510 Abs. 2, 1524, 1525 RVO) sowie zu den Trägern der Sozialhilfe (§§ 1531 ff RVO) und anderen Schadensersatzpflichtigen (§ 1542 RVO) normiert, jedoch betreffen sämtliche Vorschriften nicht das Verhältnis eines Sozialversicherungsträgers zum Träger der KOV oder der Wehrbereichsverwaltung, nachdem die Vorschrift des § 1738 a RVO mit Wirkung vom 1. Januar 1954 aufgehoben worden ist (§ 224 Abs. 3 Nr. 1 SGG; s. dazu auch das Urteil des BSG vom 11. Sept. 1975 - Az. 9 RV 170/74 -; vgl. auch Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Bd. III, 3. Aufl., Stand Mai 1975, § 1504 RVO Anm. 9; der dortige Hinweis auf § 81 b BVG führt nicht weiter, weil keine Einrichtung der Kriegsopferversorgung die streitigen Leistungen erbracht hat).
Die nach § 30 Abs. 2 - später Abs. 3 - SG entsprechend geltende Bestimmung des § 87 a Bundesbeamtengesetz (BBG), die durch das Dritte Gesetz zur Änderung des SG (BGBl I 1960, 206) eingefügt wurde, kann hier ebenfalls nicht angewandt werden, da sie nur den Übergang gesetzlicher Schadensersatzansprüche regelt. Um einen solchen handelt es sich bei dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen aus Anlaß eines Arbeitsunfalles gegen die beklagte Berufsgenossenschaft aber nicht, weil diese kein "Schädiger" ist und den zum Schadensersatz verpflichtenden Vorgang weder im Sinne eines Verschuldens noch aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung zu vertreten hat (s. dazu Plog/Wiedow/Beck, Komm. zum Bundesbeamtengesetz, Bd. I, Stand 26. Mai 1975, § 87 a BBG Anm. 7).
Die Klägerin könnte ihren Anspruch jedoch auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungs- (oder Ersatz- bzw. Abwälzungs-) Anspruch gründen. Dieser im allgemeinen Verwaltungsrecht entwickelte Grundsatz besagt, daß ein nicht verpflichteter Leistungsträger, der anstelle des eigentlich Verpflichteten geleistet hat, von diesem Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann (vgl. BSG 16, 151, 156, 157; 16, 222, 225; 36, 43, 44; Urteil vom 12. Dez. 1974 - Az. 10 RV 553/73 - unveröffentlicht; Urteil vom 12. Febr. 1975 - Az. 9 RV 376/74 - unveröffentlicht; Brackmann aaO, Bd. III, Stand März 1975, S. 730 f; Haueisen in WzS 1962, S. 1, 2; Langkeit in DOK 1971, S. 341). Er bezweckt also, - im Sinne einer Abwälzung - einen Ausgleich für eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zwischen zwei Trägern der öffentlichen Verwaltung herbeizuführen (vgl. Urteil des BSG vom 12. Febr. 1975 aaO).
Vorliegend stand dem Soldaten H. ein Anspruch auf umfassende kostenlose Heilfürsorge sowohl gegen die Beklagte nach §§ 539 Abs. 1, 547 RVO aus Anlaß des während der Aushilfstätigkeit als Kraftfahrer erlittenen Unfalls als auch gegen die Klägerin nach § 30 SG iVm §§ 1, 6 WSG zu.
Dem steht nicht die Vorschrift des § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO entgegen, nach der Personen hinsichtlich der Unfälle im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, für das beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze gelten, versicherungsfrei sind.
Denn H. hat den Unfall nicht im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, für das beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze gelten, erlitten, sondern während einer außerhalb seines Dienstverhältnisses als aktiver Soldat ausgeübten Tätigkeit als Aushilfskraftfahrer bei einem bei der Beklagten versicherten Unternehmen; während einer Tätigkeit also, die mit seiner Stellung als wehrpflichtiger Soldat in keinem inneren ursächlichen Zusammenhang stand und für die beamtenrechtliche Unfallfürsorgevorschriften oder entsprechende Grundsätze nicht galten. Die Versicherungsfreiheit nach § 541 Abs. 1 Nr. 1 RVO umfaßt aber bei Personengruppen, deren Versicherungsfreiheit von bestimmten Voraussetzungen abhängt, nur die Tätigkeit, bei der diese Voraussetzungen vorliegen (vgl. Lauterbach aaO Bd. I, § 541 RVO Anm. 3; s. auch Brackmann aaO Bd. II, S. 478 d I). Wird darüber hinaus eine solche Person - wie vorliegend H. - als Versicherter nach § 539 RVO tätig, ohne daß dieser anderweitige Schutz besteht, so ist sie versichert (vgl. Lauterbach aaO mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Aus denselben Gründen kommt im vorliegenden Fall auch die Bestimmung des § 541 Abs. 1 Nr. 2 RVO nicht zum Zuge, da der Unfall des H. kein Arbeitsunfall war, für den H. Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) oder solchen Gesetzen gewährt wurde, die das BVG für anwendbar erklären. Eine Vorschrift wie § 209 a Abs. 1 S. 2 RVO, die ganz allgemein für die Dauer des Wehrdienstes ein Ruhen der Ansprüche des Versicherten auf Krankenhilfe gegen einen Träger der Krankenversicherung anordnet, ist in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht enthalten.
Daneben konnte H. auch einen Anspruch gegenüber der Klägerin gemäß § 30 SG auf umfassende Heilfürsorge geltend machen. Denn nach § 30 Abs. 1 SG hat ein Soldat u.a. Anspruch auf Heilfürsorge und Versorgung nach Maßgabe besonderer Gesetze. Die nach § 30 Abs. 1 SG gewährleistete Heilfürsorge ist für Soldaten, die - wie H. - aufgrund des Wehrpflichtgesetzes Dienst leisten (Wehrpflichtige), in §§ 1 und 6 WSG geregelt. Gemäß §§ 1 und 6 WSG erhalten Soldaten, die aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, während der Dauer ihrer Dienstzeit Heilfürsorge. Die Heilfürsorge besteht nach § 6 WSG in unentgeltlicher truppenärztlicher Versorgung, ohne daß, wie nach § 82 Soldatenversorgungsgesetz vom 26. Juli 1957 (BGBl I, 785) oder § 28 BVG aF eine Subsidiaritätsklausel enthalten ist, nach der die Heilbehandlung nicht gewährt wird, wenn und soweit ein Sozialversicherungsträger zu einer entsprechenden Leistung verpflichtet oder ein entsprechender Anspruch gegen einen Dritten vorhanden, die Heilbehandlung also anderweitig sichergestellt ist. Eine etwaige Nachrangigkeit des Anspruchs des Soldaten auf Heilfürsorge ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 6 WSG, wo im wesentlichen nur die einzelnen zu gewährenden Leistungen aufgezählt sind (s. Püllmann/Binz, Wehrdienst und Sozialversicherung, Bd. 2, S. 105), bzw. aus der allgemeinen Verwaltungsvorschrift Nr. 1 Abs. 1 zu § 36 Abs. 2 Bundesbesoldungsgesetz (VMBl 1962, S. 446; 1965, S. 521; vgl. Bölts, in Der Versorgungsbeamte 1968, S. 124).
In dieser wird bestimmt, daß der Soldat unentgeltliche truppenärztliche Versorgung erhält, solange er Anspruch auf Dienstbezüge hat. Mithin ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut der einschlägigen Vorschriften der RVO (§§ 539, 541) noch des SG (§ 30 Abs. 1), des WSG (§§ 1, 6) noch aus den zum WSG erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften für den vorliegenden Fall eine Nachrangigkeit des Anspruchs des Soldaten H. gegen die klagende Bundeswehrverwaltung bei Vorhandensein eines gleichartigen Anspruchs gegen einen Unfallversicherungsträger.
Da im übrigen zwischen der Klägerin und der Beklagten auch keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen bestehen, wäre der geltend gemachte Anspruch allenfalls nach dem allgemein anerkannten Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungs- (oder Ersatz- bzw. Abwälzungs-) Anspruchs begründet, sofern die Klägerin als nicht verpflichteter Rechtsträger des öffentlichen Rechts an Stelle der verpflichteten Beklagten geleistet hat (vgl. BSG 16, 151, 156).
Die vom LSG getroffenen Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um zur Frage einer solchen rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung abschließend Stellung nehmen zu können. Denn aus den Feststellungen im Urteil des LSG ergibt sich lediglich, daß H., ohne daß die Beklagte unterrichtet wurde, aus dem Kreiskrankenhaus Gifhorn zu seiner Truppe in Bremen-Grohn entlassen wurde, sich dort im Sanitätsbereich aufgehalten und im Diakonissenkrankenhaus in Bremen von Dozent Dr. B geröntgt sowie ärztlich betreut wurde. Für letzteres hat die Klägerin 32,- DM und 26,- DM gezahlt (Bl. 2 LSG-Urteil). Des weiteren geht aus dem Urteil des Berufungsgerichts hervor, daß die Beklagte die Kosten der stationären Behandlung des H. im Kreiskrankenhaus Gifhorn in Höhe von 2.531,90 DM der Klägerin erstattet und dem H. für die Zeit vom 18. Dezember 1968 bis zum 20. April 1969 Verletztengeld gezahlt hat (Bl. 3 LSG-Urteil). Schließlich hat das LSG festgestellt, daß H. am 21. März 1969 aus dem Sanitätsbereich entlassen, vorzeitig ausgekleidet und "ab heute krank zu Hause geschrieben" worden ist (Bl. 5 des Urteils).
Diese Feststellungen genügen jedoch nicht, um die Frage abschließend zu klären, ob die Klägerin die durch die Aufnahme des H. in ihrem Sanitätsbereich entstandenen Kosten sowie die Zahlung von 32,- DM und 26,- DM anstelle der verpflichteten Beklagten geleistet hat. Vielmehr wird das LSG, um zu dieser Rechtsfrage abschließend Stellung nehmen zu können, u.a. noch folgende Feststellungen zu treffen haben:
Unter welchen Voraussetzungen (reine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung oder truppenärztliche Versorgung) wurde H. bis zum 5. März 1969 im Kreiskrankenhaus G behandelt und weshalb wurde die stationäre Behandlung dort am 5. März 1969 beendet und H. im Sanitätsbereich der Klägerin aufgenommen? War die wegen der Unfallfolgen bedingte stationäre Behandlung des H. mit der Entlassung aus dem Kreiskrankenhaus G nach Ansicht der behandelnden Ärzte abgeschlossen (vgl. Bl. 82 der SG-Akte, wonach H. "praktisch beschwerdefrei" ... entlassen worden sein soll), oder waren noch weitere durch den Arbeitsunfall bedingte Heilbehandlungsmaßnahmen erforderlich und ggf. wenn ja welche? Des weiteren, aus welchen Gründen hat die Klägerin zunächst die Kosten der stationären Behandlung im Kreiskrankenhaus G selbst übernommen? Schließlich, welche Heilbehandlungen wurden während des - zwischendurch unterbrochenen - Aufenthalts des H. im Sanitätsbereich der Klägerin vom 5. März bis zum 21. März 1969 durchgeführt, insbesondere hat es sich dabei um eine notwendige Weiterbehandlung der Unfallfolgen gehandelt oder vorwiegend um Maßnahmen, die im alleinigen Interesse der klagenden Bundeswehr vorgenommen wurden, wie z.B. Feststellung der Dienstfähigkeit des aktiven Soldaten H. oder eventuell Untersuchungen zum Zwecke seiner vorzeitigen Entlassung aus der Bundeswehr wegen dauernder Dienstunfähigkeit? Wurde er im wesentlichen etwa nur deshalb in den Sanitätsbereich aufgenommen, weil seine Unterbringung in der Soldaten-Unterkunft mit den militärischen Belangen nicht in Einklang stand? Hätte er nicht schon vor dem 21. März 1969 "krank zu Hause" geschrieben werden können?
Weiter wird noch zu klären sein, ob die Klägerin die Beklagte von der Weiterbehandlung in ihrem Sanitätsbereich unterrichtet und wenn ja, wie diese auf die Benachrichtigung reagiert hat. Schließlich wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob es sich bei dem Sonderurlaub des H. evtl. um einen Urlaub nach § 8 Abs. 3 der Soldatenurlaubsverordnung (SUV) vom 20. Mai 1957 (BGBl I, 529) i.d. Neufassung vom 22. Mai 1967 (BGBl I, 541, 542) - aF - gehandelt haben könnte, nach dem einem wehrpflichtigen Soldaten aus wichtigem Grunde Urlaub unter Fortfall der Geld- und Sachbezüge einschließlich der Heilfürsorge gewährt werden kann. In diesem Fall könnte sonach die unentgeltliche truppenärztliche Versorgung versagt werden (vgl. Bölts, Der Versorgungsbeamte 1972, S. 103, 105; siehe dazu ferner die Neufassung der SUV vom 23. Nov. 1972 (BGBl I, 2151) § 10).
Sollten die weiteren Ermittlungen ergeben, daß der Aufenthalt im Sanitätsbereich nicht in erster Linie aus den oben angedeuteten militärischen Gesichtspunkten, sondern wegen behandlungsbedürftiger Unfallfolgen tatsächlich erforderlich war, so wäre der geltend gemachte Ersatzanspruch grundsätzlich zu bejahen. Ob etwas anderes gilt, wenn die Wehrbehörde die weitere notwendige Behandlung unter Hervorkehrung militärischer Interessen ohne gebotene Fühlungnahme mit der beklagten Berufsgenossenschaft durchgeführt haben sollte, war bei dem jetzigen Verfahrensstand nicht abschließend zu entscheiden.
Ob die Klägerin - wie die Revision meint - aus § 426 Abs. 2 BGB einen Ausgleichsanspruch gegen die Beklagte hat, kann dahinstehen. Zwar sind die Vorschriften über eine Gesamtschuldnerschaft (§§ 421 ff BGB) im öffentlichen Recht entsprechend anwendbar (vgl. BSG 24, 293, 296; Urteil vom 12. Dez. 1974 - Az. 10 RV 553/73 -). Doch gilt dies grundsätzlich insoweit nicht, als für das anzuwendende Recht besondere Ersatz- oder Erstattungsvorschriften bestehen; dazu gehört auch das Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs wie die Revision im späteren Schriftsatz vom 27. Nov. 1975 wohl einräumen will.
Demgemäß verneint auch Brackmann für das Verhältnis der Unfall- und Rentenversicherungsträger und zu § 1542 RVO die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft (vgl. Brackmann aaO Bd. III, S. 982 b u. c). Abgesehen hiervon könnte eine Ausgleichspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin hier nur aus einem zwischen ihnen eventuell bestehenden Innenverhältnis einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) in Betracht gezogen werden (s. hierzu die bei Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 33. Aufl., 1974, § 426 BGB Anm. 1 aufgeführten Gründe eines Ausgleichs nach § 426 BGB). Ob aber die Klägerin mit der Aufnahme des H. ins Lazarett und der dort durchgeführten Heilbehandlung und mit der Zahlung der genannten 58,- DM eine GoA für die Beklagte geführt hat, kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden.
Nach alledem war die Sache an das LSG zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.
Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Fundstellen