Leitsatz (amtlich)

Die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Umschulung (AFG § 47) und damit der Anspruch auf Förderungsleistungen nach AFG §§ 44, 45 endet mit der Ablegung der für den Bildungsgang vorgesehenen ordnungsgemäßen Abschlußprüfung jedenfalls dann, wenn nach diesem Zeitpunkt weitere Unterrichtsveranstaltungen als Bestandteil der beruflichen Umschulung weder als erforderlich vorgesehen sind noch stattfinden (Fortführung BSG 1975-12-17 7 RAr 39/74).

 

Normenkette

AFG § 44 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, Abs. 5 Fassung: 1969-06-25, § 45 Fassung: 1969-06-25, § 47 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 151 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; KrPflG §§ 14f, 9 Nr. 1

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 3. April 1974 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Fortzahlung von Förderungsleistungen für eine Zeit nach Ablegung ihrer Prüfung als Krankenpflegegehilfin.

Die 1936 geborene Klägerin ist angelernte Verkäuferin und hat diese Tätigkeit in der Zeit von 1951 bis 1968 für insgesamt rund acht Jahre ausgeübt. Danach war sie nicht beschäftigt. Ab 4. Oktober 1971 besuchte sie einen Lehrgang für Krankenpflegehilfe an den Universitätskliniken H. Nach dem Ausbildungsvertrag vom 28. September 1971 verpflichtete sich der Schulträger, die Klägerin nach Maßgabe des Krankenpflegegesetzes (KrPflG) in der Fassung vom 20. September 1965 (BGBl, I 1443) und der Rechtsverordnung über die Ausbildung und die Prüfung in der Krankenpflegehilfe für den Beruf der Krankenpflegehelferin auszubilden. Nach § 2 des Ausbildungsvertrages begann die Ausbildung am 4. Oktober 1971 und sollte "voraussichtlich" am 3. Oktober 1972 enden. Während der Dauer der Ausbildung erhielt die Klägerin eine monatliche Bruttovergütung von 404,- DM zuzüglich 150,- DM Kinderzuschlag. Dies ergab eine monatliche Nettovergütung von 395,59 DM.

Wegen des Aufwandes für Lernmittel und Fahrkosten aus Anlaß des Lehrganges bewilligte die Beklagte der Klägerin einmalig den Betrag von 386,- DM, den sie mit Rücksicht auf die vorgesehene Dauer des Lehrganges in zwölf Monatsbeträge zu je 32,16 DM aufteilte und beginnend ab Oktober 1971 monatlich auszahlte (Bescheid vom 5. Oktober 1971). Durch Bescheid vom 19. Oktober 1971 bewilligte die Beklagte in gleicher Weise die Gewährung von Unterhaltsgeld (Uhg); sie stellte hierzu unter Anrechnung der der Klägerin gewährten Ausbildungsvergütung einen Zahlbetrag von wöchentlich 85,31 DM fest und zahlte diesen Betrag beginnend ab 4. Oktober 1971 an die Klägerin aus. Die Bewilligung der vorstehenden Leistungen war in beiden Bescheiden bis Ende September 1972 ausgesprochen.

Die Klägerin legte am 24. August 1972 die nach den §§ 14 b, KrPflG vorgesehene Prüfung ab. Seit dem 4. Oktober 1972 ist sie bei den Universitätskliniken in H angestellt.

Erst im September 1972 erhielt die Beklagte davon Kenntnis, daß die Klägerin die Prüfung bereits am 24. August 1972 abgelegt hat. Mit Bescheid vom 21. September 1972 hob sie daraufhin ihre Entscheidungen vom 5. und 10. Oktober 1971 mit Wirkung ab 25. August 1972 auf. Sie begründete dies damit, daß der Bildungsgang mit dem Ablegen der Prüfung beendet sei und danach Leistungen aufgrund des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) der Klägerin nicht mehr zustünden. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 1972 zurück.

Mit Urteil vom 18. Oktober 1973 hat das Sozialgericht (SG) für das Saarland die Beklagte antragsgemäß verurteilt, der Klägerin auch über den 24. August 1972 bis zum 3. Oktober 1972 Förderungsleistungen zu gewähren. Das SG hat die Berufung nach § 150 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugelassen. Es hat seine Entscheidung insbesondere mit der Erwägung begründet, daß nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen eine Ausbildung wie die der Klägerin erst dann abgeschlossen sei, wenn einmal die Prüfung abgelegt und zum anderen der Lehrgang von der Dauer eines vollen Jahres absolviert sei. Daraus folge, daß die Umschulung der Klägerin erst am 3. Oktober 1972 beendet, gewesen sei.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) für das Saarland im Urteil vom 3. April 1974 die Entscheidung des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat die Revision zugelassen. Zur Begründung hat das LSG insbesondere folgendes ausgeführt:

Nach den Vorschriften des AFG werde Uhg nur den Teilnehmern an Maßnahmen zur beruflichen Bildung mit ganztägigem Unterricht gewährt (§ 34 in Verbindung mit § 47 Abs. 1 und 2, § 44 Abs. 1 AFG). Entsprechendes gelte für die Kosten nach § 45 AFG. Unterricht in diesem Sinne sei die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und die praktische Unterweisung durch Lehrkräfte. Im vorliegenden Fall sei Unterricht an die Lehrgangsteilnehmer nach Ablegen der Prüfung nicht mehr erteilt worden. Der Klägerin sei nach Bestehen der Abschlußprüfung im übrigen zeitweise Urlaub gewährt worden. Ihr stehe daher schon deswegen ein Förderungsanspruch für diese Zeit nicht mehr zu, um so mehr, als auch den Teilnehmern, die keinen Urlaub erhalten hätten, diese Zeit nur als ein nicht förderungsfähiges Nachpraktikum angerechnet werden könne. - Die von der Klägerin besuchte Maßnahme sei daher für sie mit dem Prüfungstage beendet gewesen. Dies ergebe sich auch aus der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankenpflegehelferinnen und Krankenpflegehelfer vom 2. August 1966. Insbesondere aus deren §§ 4 und 11 sei zu folgern, daß die Abschlußprüfung als entscheidenden Nachweis dafür diene, daß die Umschulung beendet ist. Danach habe die Klägerin mit der Prüfung das Ziel der Umschulungsmaßnahme erreicht gehabt, nämlich den endgültigen Nachweis dafür, daß sie nunmehr die für die Ausübung der als Krankenpflegegehilfin notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten besitze. Dem stehe nicht entgegen, daß der Lehrgang nach § 14 f KrPflG in der Krankenpflegehilfe ein Jahr dauert. Wenn dies die Regelung einer Mindestdauer wäre, hätte die Prüfung nicht vor Ablauf des Jahreszeitraumes anberaumt werden dürfen. Aus § 14 h KrPflG folge vielmehr, daß die erfolgreiche Teilnahme an dem Lehrgang durch die Prüfung nachgewiesen werde. Die Folgebeschäftigung sei deshalb nicht mehr Lehrgangsteilnahme, sondern allenfalls ein nicht förderungsfähiges Nachpraktikum. Soweit dem Lehrgangsteilnehmer, wie der Klägerin, nach der Prüfung Urlaub gewährt worden ist, liege eine Folgebeschäftigung überhaupt nicht einmal vor. - Ob die Vorschrift des § 14 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) vom 14. August 1969 (BGBl I, 1112) durch § 107 BBiG außer Kraft gesetzt werde, könne dahinstehen. Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten sei nämlich nicht von Bedeutung, wann das Ausbildungsverhältnis voraussichtlich enden werde, sondern maßgeblich sei allein der Zeitpunkt der Beendigung des Unterrichts und damit der Teilnahme an der Maßnahme.

Nach dem AFG sei nämlich nicht die voraussichtliche Dauer einer Bildungsmaßnahme für die Förderung maßgeblich, sondern die tatsächliche Zeit des Unterrichts, die erforderlich sei, um den Teilnehmern die benötigten beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Unerheblich sei ferner, ob die Erteilung der Erlaubnis nach § 14 b KrPflG erst nach einem Jahr der Ausbildung erfolgen dürfe. Insoweit liege bei einer vorgezogenen Abschlußprüfung lediglich eine Formalteilnahme an einem Lehrgang vor, in dem keinerlei Unterricht mehr stattfinde; dies könne nicht zu Lasten der Beklagten gefördert werden. Die Klägerin könne sich nach Auffassung des LSG schließlich nicht auf einen Vertrauensschutz durch die Bewilligungsbescheide vom 5. und 19. Oktober 1971 berufen, weil in ihnen der Vorbehalt gleichbleibender Verhältnisse enthalten sei. Im übrigen enthielten sie den Zusatz, daß der Geförderte jede Änderung der Verhältnisse unverzüglich anzuzeigen habe. Die Beklagte könne auch nach § 151 AFG Entscheidungen aufheben, sofern die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen seien.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 151 in Verbindung mit §§ 44, 45 und 47 AFG und führt hierzu insbesondere aus: Es liege eine berufliche Umschulung im Sinne § 47 AFG vor. Um die Qualifikation für den neuen Beruf zu erlangen, habe die Klägerin einen Ausbildungsvertrag abschließen müssen, demzufolge sie vom 4. Oktober 1971 bis 3. Oktober 1972 Schülerin der Schule für Krankenpflege gewesen sei. Infolgedessen sei sie auch gehindert gewesen, in dieser Zeit Arbeitseinkommen zu erzielen. Das Vertragsverhältnis habe sich nach dem Krankenpflegegesetz in der Fassung vom 20. September 1965 zu richten, welches in § 14 f eine Ausbildungsdauer von mindestens einem Jahr vorschreiben. An dem Status der Klägerin als Schülerin habe sich daher trotz der am 24. August 1972 abgelegten Prüfung solange nichts geändert, als der Ausbildungsvertrag weitergelaufen sei. Der Klägerin sei es daher weder rechtlich noch tatsächlich möglich gewesen, schon am 25. August 1972 den neuen Beruf auszuüben.

Infolgedessen könne auch nicht von dem Abschluß der Umschulungsmaßnahme von diesem Tag an die Rede sein. Die Klägerin hätte ab 25. August 1972 auch nicht einen Anspruch nach § 44 Abs. 5 AFG geltend machen können. Hierzu hätte es ihrer Arbeitslosigkeit bedurft, die aber nur über einen Vertragsbruch von Seiten der Klägerin herbeizuführen gewesen wäre. Wenn die Beklagte die Umschulung nicht in eigenen Ausbildungsstätten durchführe, müsse sie die Regeln anderer Träger beachten und gegen sich gelten lassen. Es würde dem Zweck der Arbeitsförderung widersprechen, wenn wirtschaftliche Nachteile, die sich aus der Einhaltung von Ausbildungsverträgen ergeben können, dem zu Fördernden aufgebürdet würden. Im übrigen hätte die Klägerin während ihrer einjährigen Ausbildung einen Anspruch auf Ferien gehabt. Nach § 11 Abs. 4 der Anordnung der Beklagten über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) laufe die Zahlung des Uhg für die Dauer der Ferien weiter. Im Unterschied zu anderen Schulen fänden in Krankenpflegeschulen keine gemeinsamen Schulferien statt. Die einzelnen Schülerinnen hätten die Ferien nach den Belangen des Krankenhauses zu nehmen. Es habe somit nicht in der freien Entscheidung der Klägerin gestanden, die zustehenden Ferien vor oder nach der Prüfung in Anspruch zu nehmen. Hätte sie die Ferien vor der Prüfung erhalten und sich dadurch die Ablegung der Prüfung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben, so hätte die Beklagte Uhg weiterzahlen müssen. Der Klägerin dürfe aber kein Rechtsnachteil daraus erwachsen, daß ihr die zustehenden Ferien erst nach Ablegung der Prüfung, aber noch während der Vertragsdauer, von der Schule gewährt worden seien. Die Ferien seien Bestandteil des Ausbildungsverhältnisses gewesen. Sie hätten dieses nicht verlängert. Ein Beschäftigungsverhältnis als Arbeitnehmerin habe die Klägerin erst ab 4. Oktober 1972 eingehen können. Sollte die Rechtsauffassung des LSG zutreffen, hätte das die Folge, daß der Klägerin 1 1/2 Jahre lang keine angemessen vergüteten Ferien zuständen. Ein solches Ergebnis ließe sich auch nicht mit dem sozialen Gehalt der Vorschriften des AFG in Einklang bringen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 18. Oktober 1973 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und führt ergänzend insbesondere aus: Eine Förderung nach dem AFG sei ausschließlich für die Zeit der Teilnahme an der Maßnahme möglich. Die Teilnahme sei im vorliegenden Fall mit dem Prüfungstag beendet worden, da nachher kein Unterricht mehr erteilt worden sei. Auch nach § 14 f Abs. 1 Nr. 1 KrPflG würden auf die Dauer des Lehrgangs lediglich Unterbrechungen durch Ferien bis zu vier Wochen angerechnet werden. Ähnlich sei die Regelung in § 11 Abs. 4 AFuU. Beide Vorschriften bezögen sich also nur auf solche Fälle, in denen Unterrichtsveranstaltungen durch Ferien unterbrochen, danach aber wieder fortgesetzt würden. Der vorliegende Fall ließe sich hier nicht einordnen da die Ferien nach Beendigung des Lehrganges gelegen hätten. Für den Anspruch auf Förderung nach dem AFG sei es im übrigen unmaßgeblich, wie das Vertragsverhältnis zwischen dem Maßnahmeträger und dem Teilnehmer gestaltet sei. Es löse keine Drittwirkungen zum Nachteil der Beklagten aus. Insbesondere könne es nicht dazu herangezogen werden, die Beklagte zur Gewährung von Förderungsleistungen über die tatsächliche Beendigung der Maßnahme hinaus zu verpflichten.

 

Entscheidungsgründe

Die durch Zulassung statthafte Revision der Klägerin ist nicht begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Uhg gemäß § 44 AFG oder auf Leistungen gemäß § 45 AFG für die Zeit ab 25. August 1972 nicht mehr zu.

Das LSG hat zu Recht in der Sache entschieden; denn die nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG ausgeschlossene Berufung (wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen) war durch Zulassung der Berufung durch das SG gemäß § 150 Nr. 1 SGG zulässig.

Die Teilnahme der Klägerin an dem Lehrgang in der Krankenpflegehilfe stellt für sie eine berufliche Umschulung im Sinne von § 47 AFG dar. Nach den Feststellungen des LSG besitzt die Klägerin zwar keinen förmlichen Abschluß in einem anderen Beruf. Gleichwohl ist die Teilnahme an dem Krankenpflegelehrgang für sie nicht eine berufliche Ausbildung im Sinne von § 40 AFG. Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. Urteil vom 30. September 1975 - 7 RAr 96/73 -), ist das Vorliegen eines förmlichen Abschlusses in einem anderen Beruf kein für die Abgrenzung von Ausbildung einerseits und Umschulung andererseits wesentliches Merkmal. Nach dem Grundgedanken des Gesetzes kommt eine Ausbildungsförderung nach § 40 AFG grundsätzlich nicht mehr in Betracht, wenn der Bildungswillige vor Eintritt in die Maßnahme in einer bestimmten Berufsrichtung bereits einen Status erlangt hat, der ihn zur verantwortlichen Ausübung des gewählten Berufs befähigt. Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin vor Eintritt in die hier streitige Maßnahme den Beruf der Verkäuferin für einen Zeitraum von nahezu acht Jahren ausgeübt. Sie hatte damit im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung die erforderliche berufliche Qualifikation erreicht, so daß sich die Teilnahme an dem Krankenpflegelehrgang für sie als die Erlernung eines Berufs mit neuem Inhalt darstellt, somit als eine berufliche Umschulung im Sinne von § 47 AFG. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) lagen auch die übrigen Voraussetzungen für eine Förderung der Klägerin während ihrer Teilnahme an diesem Lehrgang vor, insbesondere nach §§ 36 ff AFG. Die Klägerin war auch als Arbeitsuchende im Sinne von § 47 AFG anzusehen (vgl. BSGE 38, 138 = SozR 4100 § 43 Nr. 9).

Der Anspruch der Klägerin auf Förderungsleistungen durch die Beklagte nach §§ 44, 45 AFG endete mit dem Tag der Ablegung ihrer Prüfung, dem 24. August 1972. Von diesem Zeitpunkt an war sie nämlich nicht mehr Teilnehmerin an einer Maßnahme im Sinne des AFG. Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 39/74 -), umschreibt das Gesetz mit dem Begriff der "Teilnahme an einer Maßnahme" den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Uhg und demgemäß auch auf Leistungen nach § 45 AFG gegeben sein kann, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen. In dieser Entscheidung hat der Senat ausgesprochen, daß der Beginn der Teilnahme an einer Maßnahme als der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn des Anspruchs auf Uhg bereits zu einem Zeitpunkt einsetzen kann, an dem noch keine Unterrichtsveranstaltung stattfindet. Der Senat hat das Fehlen von Unterrichtserteilung am Beginn einer Maßnahme jedoch nur dann für unschädlich im Sinne des Beginns des Anspruchs auf Uhg angesehen, wenn hierfür sachgerechte Gründe vorliegen. Das war in jenem Fall deswegen zu bejahen, weil der Träger der Maßnahme an staatlich festgesetzte Ferienzeiten gebunden war und die Festsetzung des Maßnahmebeginns durch ihn auf sachgerechten Erwägungen beruht. Die Entscheidung beruht auf dem Grundgedanken, daß das Hinausschieben des Beginns einer Bildungsmaßnahme in Form tatsächlicher Unterrichtserteilung den Berechtigten nicht benachteiligen soll, wenn weder er noch der Lehrgangsträger dies zu vertreten hat. Wenn hiernach der tatsächliche Beginn von Unterrichtserteilung nicht das entscheidende Merkmal für den Beginn einer Bildungsmaßnahme im Rechtssinne ist, so bleibt davon der Grundsatz unberührt, daß die Erteilung von Unterricht im Sinne von § 34 AFG das entscheidende Merkmal dafür bleibt, ob überhaupt eine Maßnahme im Sinne des AFG vorliegt, deren Teilnahme die Beklagte zu fördern hat. Infolgedessen ist es - anders als für den Beginn einer Maßnahme, bei der (früher oder später) noch Unterrichtsveranstaltungen einsetzen werden, für die Feststellung des Endzeitpunktes einer Maßnahme von entscheidender Bedeutung, wann die Unterrichtsveranstaltung endgültig ihr Ende gefunden hat. Dies war hier spätestens am 24. August 1972 der Fall, um so mehr, als an diesem Tage die nach dem Ausbildungsvertrag vorgesehene abschließende Prüfung stattgefunden hat. Für die Zeit nach dem 24. August 1972 war weder nach dem Vorbringen der Klägerin noch nach den Feststellungen des LSG in irgendeiner Form eine "Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung" als erforderlich vorgesehen noch hat eine solche stattgefunden. Soweit die Klägerin mit der Klage für diesen Zeitraum Anspruch auf anteilige Lehrgangsgebühren und Fahrkosten geltend macht (§ 45 AFG), fehlt es infolgedessen schon deshalb an dem Rechtsgrund, weil derartige Kosten gar nicht mehr angefallen sind.

Die Klägerin verkennt demgegenüber, daß sich ihr Anspruch auf Förderung über die im AFG geregelten Voraussetzungen hinaus nicht durch besondere vertragliche Gestaltung zwischen dem Teilnehmer und dem Lehrgangsträger erweitern läßt. Ebenso ist die arbeitsrechtliche Frage der Gewährung von Ferien an einen Lehrgangsteilnehmer durch die besondere Gestaltung des Vertragsverhältnisses zwischen ihm und dem Maßnahmeträger für den Umfang der Förderungspflicht der Bundesanstalt für Arbeit (BA) unbehelflich. Es trifft zwar zu, daß der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme den Anspruch auf Uhg im Prinzip auch für gewisse unterrichtsfreie Zeiten (Ferien) im Verlauf einer Bildungsmaßnahme beanspruchen darf (vgl. BSG vom 17. Dezember 1975 - 7 RAr 39/74 -). Die Klägerin kann sich hierauf jedoch nicht berufen, denn der "unterrichtsfreie" Zeitraum, für den sie Leistungen begehrt, liegt gerade nicht zwischen Beginn und Ende einer Maßnahme im Sinne des § 47 AFG, sondern erst nach deren Abschluß. Es mag sein, daß der Klägerin ein entsprechender Anspruch zugestanden hätte, wenn sie entsprechend Ferien vor Abschluß der Maßnahme erhalten hätte. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, ihr einen Uhg-Anspruch für die Zeit nach Abschluß einer Maßnahme zuzubilligen, auch wenn sie die danach liegende Zeit als Ferienzeit in Anspruch genommen hat. Dabei kann es dahinstehen, ob man eine Zeit nach Abschluß einer Bildungsmaßnahme begrifflich noch als "unterrichtsfreie Zeit" oder als "Ferien" in diesem Sinne bezeichnen kann.

Die Rechtsauffassung des Senats stimmt überein mit der Regelung in § 14 Abs. 2 BBiG. Danach endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bestehen der Abschlußprüfung, wenn der Auszubildende vor Ablauf der Ausbildungszeit die Abschlußprüfung besteht. Hierin kommt der allgemeine Rechtsgedanke zum Ausdruck, daß ein Ausbildungsverhältnis nicht fortbestehen kann, welches durch Bestehen der Abschlußprüfung nicht nur formell, sondern auch tatsächlich seinen Abschluß gefunden hat. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Regelung des § 14 Abs. 2 BBiG durch die Vorschrift des § 107 Abs. 1 BBiG für die Berufsbildung in Heil- und Heilhilfsberufen keine Anwendung findet; denn die Vorschriften des KrPflG vom 15. Juli 1957 (BGBl I, 716) in der Fassung vom 20. September 1965 (BGBl I, 1443) stehen - entgegen der Auffassung der Klägerin - dieser Regelung nicht entgegen. Zwar bestimmt § 14 f Abs. 1 KrPflG, daß der Lehrgang in der Krankenpflegehilfe ein Jahr dauert. Das Gesetz gibt aber keinen Aufschluß darüber, ob es sich hierbei um eine Mindestdauer handelt. Dagegen spricht schon die Regelung in Abs. 2 des § 14 KrPflG, wonach auf die Dauer des Lehrgangs Unterbrechungen durch Ferien bis zu vier Wochen und wegen Erkrankung oder Schwangerschaft bis zur Gesamtdauer von vier Wochen angerechnet werden. Ferner ist die Regelung des § 14 b Abs. 1 KrPflG heranzuziehen, wonach die Erlaubnis. die Krankenpflegehilfe unter der Bezeichnung Krankenpflegehelferin auszuüben (vgl. § 14 a Abs. 1 KrPflG), erteilt wird an Personen, die 1.) an dem Lehrgang teilgenommen und 2.) die Prüfung bestanden haben. Das Gesetz geht also ersichtlich davon aus, daß die Teilnahme an dem Lehrgang und das Bestehen der Prüfung die beiden wesentlichen Merkmale dafür sind, daß die Ausbildung beendet ist. Demgemäß bestimmt § 14 h KrPflG, daß die erfolgreiche Teilnahme an dem Lehrgang durch eine Prüfung vor staatlichen Prüfungsausschüssen nachzuweisen ist. Dem LSG ist darin beizupflichten, daß der Nachweis durch die Prüfung hiernach also nur möglich ist, wenn der Lehrgang abgeschlossen worden ist. Folgerichtig sieht demgemäß der Ausbildungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Ausbildungsträger vom 28. September 1971 in § 2 vor, daß die Ausbildung am 4. Oktober 1971 beginnt und voraussichtlich am 3. Oktober 1972 endet. Der Lehrgangsträger hat dazu dem LSG auf Anfrage zwar mitgeteilt, daß die Angabe eines voraussichtlichen Endes der Ausbildung nur bedeute, daß die Ausbildung mindestens bis zu dem angegebenen Zeitpunkt dauern soll, gegebenenfalls aber Verlängerungen möglich sind. Insoweit handelt es sich jedoch nur um eine Auslegung dieses Wortlautes des Ausbildungsvertrages durch den Lehrgangsträger, nicht aber um eine tatsächliche Feststellung, an die das Revisionsgericht gebunden wäre.

Die Klägerin hat auch nicht nach § 44 Abs. 5 AFG einen Anspruch auf Uhg für die streitige Zeit. Für einen derartigen Anspruch gelten nach § 44 Abs. 7 AFG die Vorschriften des 4. Abschnittes über Arbeitslosengeld (Alg) entsprechend. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin in dieser Zeit die weiteren Voraussetzungen für einen derartigen Anspruch wie Arbeitslosigkeit (§ 101 AFG) und persönliche Antragstellung (§ 128 AFG) erfüllt. Jedenfalls stand sie nach den Feststellungen des LSG und nach ihrer eigenen Darstellung in dieser Zeit nicht im Sinne von § 103 AFG der Arbeitsvermittlung zur Verfügung.

Es soll nicht verkannt werden, daß die Entscheidung über die Gewährung von Uhg für Lehrgänge dieser Art in ihrem zeitlichen Umfang von der tatsächlichen Gestaltung der Bildungsmaßnahme abhängig ist. Dies ist aber auch bei allen anderen Bildungsmaßnahmen der Fall. Nur nach der tatsächlichen Gestaltung einer Bildungsmaßnahme kann im übrigen die Beklagte beurteilen, ob und in welchem Umfang ihre Förderungspflicht - der Höhe und der Dauer nach - besteht. Werden danach - wie im vorliegenden Fall - der Beginn einer Maßnahme durch die tatsächliche Erteilung von Unterricht und das Ende durch die erfolgreiche Ablegung der Abschlußprüfung gekennzeichnet, so ist damit der Rahmen festgestellt, innerhalb dessen die Maßnahme zu fördern ist; nur für diesen Zeitraum ist der Antragsteller Teilnehmer an einer Maßnahme im Sinne des AFG. Demgemäß war die Beklagte berechtigt, ihre eine weitergehende Bewilligung aussprechenden Verwaltungsakte nach Maßgabe des § 151 AFG zu korrigieren. Infolgedessen kann die Revision des Klägerin gegen das Urteil des LSG keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 224

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