Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Bindung des LSG an die Nichtzulassung der Berufung durch das SG.
2. Ein Verfahrensmangel nach SGG § 103 kann nicht darin gesehen werden, daß das SG es unterläßt, die "Auffassung" des zuständigen LSG zu einer bestimmten, entscheidungserheblichen Rechtsfrage einzuholen.
Normenkette
SGG § 148 Nr. 4 Fassung: 1953-09-03, § 150 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03, Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 103 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Oktober 1974 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 18. Oktober 1973 werden als unzulässig verworfen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in allen drei Rechtszügen zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger bezieht aufgrund des Erstanerkennungsbescheides vom 25. Oktober 1951 eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v. H. Darin ist ein besonderes berufliches Betroffensein in dem Beruf als Landwirt mit einer MdE um 10 v. H. enthalten.
Aufgrund eines notariellen Übergabevertrages vom 27. August 1964 übernahm der Kläger gemeinsam mit seiner Ehefrau - "je zur ideellen Hälfte" - den von seinen Schwiegereltern stammenden Bauernhof. Die vom Einkommen abhängigen Versorgungsbezüge des Klägers (Ausgleichsrente) wurden vom Versorgungsamt (VersorgA) bis einschließlich Juni 1968 derart bemessen, daß nur die Hälfte des Einkommens aus dem landwirtschaftlichen Betrieb angerechnet wurde. Mit Bescheid vom 8. April 1969 wurde das Einkommen aus der Landwirtschaft dem Kläger ab 1. Juli 1968 voll angerechnet. Dieser Bescheid ist bindend geworden.
Mit Schreiben vom 18. März 1970 stellte der Kläger einen "Antrag auf Zugunstenregelung" und beantragte, die Errechnung des Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft nur aus seinem Besitzanteil vorzunehmen, wie das in den früheren Bescheiden auch geschehen sei. Mit Bescheid vom 25. Oktober 1971 lehnte das VersorgA die Erteilung eines Zugunstenbescheides ab. In den Bescheiden vom 27. Oktober 1971 und 9. März 1972 wurden die Altenteillasten "unter Vorbehalt" angerechnet. Der Beklagte half den Widersprüchen gegen die Bescheide vom 25. und 27. Oktober 1971 nicht ab (Widerspruchsbescheide vom 2. August 1972 und vom 8. Mai 1972).
Während des Klageverfahrens erging der Bescheid vom 14. September 1973, durch den die Altenteillasten vom 1. Juli 1968 an neu berechnet wurden. Der Kläger wurde insoweit klaglos gestellt. Das Sozialgericht (SG) hat beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und den Beklagten durch Urteil vom 18. Oktober 1973 "unter Abänderung des Bescheides vom 14. September 1973 und Aufhebung der Bescheide vom 25. Oktober 1971 und 2. August 1972 verurteilt, dem Kläger die vom Einkommen abhängigen Versorgungsleistungen ab 1. Juli 1968 mit der Maßgabe zu gewähren, daß die Einkünfte aus Landwirtschaft nur von der ihm gehörenden Fläche berechnet werden". Das SG hat die Berufung nicht zugelassen. Gegen dieses Urteil legten der Beklagte Berufung und der Kläger Anschlußberufung ein, nachdem am 14. November 1973 ein weiterer Bescheid (Ergänzungsbescheid zu dem Antrag des Klägers vom 18. März 1970 auf Erteilung eines Zugunstenbescheides) ergangen war. Das Landessozialgericht (LSG) hat auf Berufung und Anschlußberufung durch Urteil vom 22. Oktober 1974 das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten vom 14. November 1973 aufgehoben und die Bescheide vom 25. Oktober 1971 und 2. August 1972 anderweit aufgehoben. Die Revision wurde zugelassen.
In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, ungeachtet des § 148 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei die Berufung zulässig. Das SG habe die Berufung aus Willkür und aus sachfremden Erwägungen nicht zugelassen. Ferner sei ein Verfahrensmangel, nämlich ein Verstoß gegen § 103 SGG, darin zu sehen, daß das LSG es unterlassen habe, die Auffassung des LSG zu der von ihm entschiedenen Frage aufzuklären. Ein weiterer Verfahrensmangel liege darin, daß sich Urteilstenor und Entscheidungsgründe nicht deckten. Im Urteilsspruch habe das SG von der "dem Kläger gehörenden Fläche" gesprochen, während es in den Gründen auf das "anteilige Eigentum" abgestellt habe. Entgegen der Auffassung des SG sei die Bindungswirkung der vorangegangenen Bescheide durch den Bescheid vom 14. September 1973 nicht erfaßt worden. Das SG habe auch nicht zu einer Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von Versorgungsleistungen kommen dürfen, sondern hätte sich damit begnügen müssen, die angefochtenen Bescheide aufzuheben. In Übereinstimmung mit dem SG sei davon auszugehen, daß bei der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau vorliegenden Bruchteilsgemeinschaft jedem Ehegatten nur die Hälfte des Gewinns aus dem gesamten Bauernhof zuwachse. Der Beklagte werde jetzt einen neuen Bescheid entsprechend der Rechtsauffassung des LSG zu erlassen haben.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Revision eingelegt.
Er beantragt,
das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. Oktober 1974 dahin abzuändern, daß die Klage gegen den Bescheid vom 25. Oktober 1971 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. August 1972, gegen den Bescheid vom 27. Oktober 1971 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 1972 sowie gegen die Bescheide vom 14. September 1973 und 14. November 1973 abgewiesen wird;
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Hessische Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, das SG habe nicht über die richtigen Bescheide entschieden. Aus dem Bescheid vom 14. September 1973 gehe eindeutig hervor, daß dieser Bescheid nur die Neufestsetzung der bisher unter Vorbehalt angerechneten Altenteilsleistungen betreffe. Der Bescheid vom 25. Oktober 1971 sei nur zu § 40 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) ergangen. Erst durch den Bescheid vom 14. November 1973 sei über § 40 Abs. 1 VerwVG entschieden worden. Außerdem würden wesentliche Mängel im Verfahren des LSG nach §§ 103, 128 SGG und nach §§ 54, 95, 123 SGG gerügt. Die Revision sei auch sachlich begründet. Das angefochtene Urteil des LSG verletze § 9 i. V. m. § 10 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) i. d. F. vom 9. November 1967. Das LSG gehe stillschweigend von der rechtlich unzutreffenden Vorstellung aus, bei dem nach § 9 DVO errechneten Einkommen aus Landwirtschaft handele es sich um die Früchte des Vermögens; in Wirklichkeit handele es sich um das persönliche Arbeitseinkommen des Betriebsleiters. Für die Zeit ab 1. Januar 1974 könne es aufgrund der Neufassung des § 9 DVO gar keinem Zweifel unterliegen, daß auch dem Mitunternehmer das gesamte nach § 9 festgestellte Einkommen anzurechnen sei, mit Ausnahme des anteiligen Ansatzes beim Reinertrag.
Der Kläger beantragt,
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1. |
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die Revision des Beklagten als unzulässig zu verwerfen; |
hilfsweise, als unbegründet zurückzuweisen;
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2. |
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den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. |
Der Kläger meint, die gegen die Nichtzulassung der Berufung durch das SG erhobenen verfahrensrechtlichen Bedenken des LSG seien nicht geeignet, die Zulässigkeit der Berufung zu begründen. Bei anderer Rechtsauffassung sei die kraft Zulassung statthafte Revision des Beklagten jedoch zumindest unbegründet. Bei der zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau vorliegenden Bruchteilsgemeinschaft wachse jedem Ehegatten nur die Hälfte des Gewinns aus dem Bauernhof zu. Dies werde durch die in der Zwischenzeit erfolgte Neufassung des § 9 DVO bestätigt.
Auf ihren Antrag ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA), beigeladen worden. Nach Auffassung der Beigeladenen entspricht es der durch die grundlegende Neuregelung des § 9 DVO geschaffenen Rechtslage, für Leistungszeiträume nach dem 1. Januar 1967 als Einkünfte von Landwirten, deren Gewinn nach Durchschnittssätzen ermittelt wird, das Bruttoeinkommen auch dann versorgungsrechtlich voll zu berücksichtigen, wenn der schwerbeschädigte Landwirt nicht Alleineigentümer und alleiniger Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebes, sondern lediglich anteilig aufgrund einer bürgerlich-rechtlichen Form der Mitberechtigung mitbeteiligt ist.
Entscheidungsgründe
Der Beklagte hat die vom LSG gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG aF zugelassene Revision frist- und formgerecht eingelegt und begründet (§§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig (§ 169 SGG). Das Urteil des LSG ist am 22. Oktober 1974 verkündet worden; daher ist das SGG in der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung anzuwenden (vgl. Art. III des Gesetzes zur Änderung des SGG vom 30. Juli 1974, BGBl I S. 1625).
Bei einer zugelassenen Revision hat das Revisionsgericht auch die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen zu prüfen, weil andernfalls dem Revisionsverfahren eine entscheidende Grundlage fehlt (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. BSGE 2, 225). Das LSG hat richtig erkannt, daß hier ein Berufungsausschließungsgrund nach § 148 SGG vorliegt. Allerdings kommt dafür nicht Nr. 3 dieser Vorschrift (Neufeststellung der Versorgungsbezüge), sondern Nr. 4 als Spezialvorschrift in Betracht. Im Streit ist die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Ausgleichsrente (vgl. BSG SozR SGG § 148 Nr. 2, 5, 10). Über die Berechnung bzw. Neufeststellung der sonstigen Versorgungsleistungen besteht kein Streit mehr. Der Kläger hatte zwar mit seinem Schreiben vom 18. März 1970 nicht nur eine Zugunstenregelung (betreffend Ausgleichsrente), sondern auch die Gewährung eines Berufsschadensausgleichs beantragt. Diesen letzteren Antrag hat er jedoch im Klageverfahren nicht mehr verfolgt.
Die Berufung ist auch nicht deshalb zulässig, weil sie nicht die Überprüfung eines Erstbescheides, sondern eines (abgelehnten) Zugunstenbescheides betrifft. Wenn schon bei rechtzeitiger Anfechtung eines Bescheides zur Überprüfung des Rechtsanspruchs die Berufung ausgeschlossen ist, so muß dieses Rechtsmittel nach dem Sinn und Zweck des § 148 SGG auch bei einem entsprechenden Zugunstenverfahren ausgeschlossen sein (vgl. BSG SozR SGG § 148 Nr. 34).
Entgegen der Auffassung des LSG ist die Berufung nicht aus besonderen Gründen (vgl. § 150 Nrn. 1 und 2 SGG) zulässig gewesen. Nach der feststehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann die Entscheidung des LSG über die Nichtzulassung der Revision auf ihre Richtigkeit hin nicht überprüft werden; die unrichtige Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision begründet auch keinen Verfahrensmangel (vgl. BSG SozR SGG § 162 Nr. 8, 17, 29, 112, 149, 175). Die gleichen Grundsätze sind für die Entscheidung des SG über die Nichtzulassung der Berufung maßgebend (vgl. BSG SozR SGG § 150 Nr. 8, 12, 38, 39, 40; die abweichende Auffassung aus Nr. 31 ist ausdrücklich aufgegeben worden).
Das Gesetz zur Änderung des SGG vom 30. Juli 1974 bietet - jedenfalls was die Nichtzulassung der Berufung angeht - keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß nach § 160 Abs. 3 SGG nF das BSG an die Zulassung der Revision durch das LSG gebunden ist (vgl. auch BVerwGE 32, 252). Ist aber nunmehr nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift eine Bindung des Revisionsgerichts an die Zulassung des Rechtsmittels gegeben, dann liegt es nahe, auch im umgekehrten Fall - also bei einer Nichtzulassung des Rechtsmittels - eine Überprüfung dieser Entscheidung nur in dem gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen zuzulassen. Das ist für das Revisionsverfahren durch die Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde geschehen (vgl. § 160 a SGG nF). Eine entsprechende oder vergleichbare Regelung ist jedoch für das Berufungsverfahren ausdrücklich nicht in das Gesetz aufgenommen worden, obwohl § 150 Nr. 1 SGG geändert und wesentlich erweitert worden ist. Daraus muß der Schluß gezogen werden, daß im Berufungsverfahren an der Bindung des Rechtsmittelgerichts über den Ausspruch der Nichtzulassung durch das SG grundsätzlich festgehalten wird.
Ob die Rechtsprechung, daß die Nichtzulassung der Berufung durch das nächsthöhere Gericht nicht nachgeprüft werden kann, für den Fall einzuschränken ist, daß das Rechtsmittel aus "Willkür" nicht zugelassen worden ist, kann der erkennende Senat hier offen lassen (vgl. BSG SozR SGG § 162 Nr. 175). Denn entgegen der Annahme des Berufungsgerichts sind im vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür gegeben, daß sich das SG bei seiner Entscheidung über die Nichtzulassung der Berufung von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (vgl. BSG aaO).
Zunächst ist schon nicht erkennbar, inwiefern diese Annahme des LSG gerechtfertigt sein soll, wenn das SG in sachlicher Hinsicht - Anrechnung der Einkünfte aus der Landwirtschaft in voller Höhe oder zur Hälfte - die gleiche Auffassung vertreten hat und zu dem gleichen Ergebnis gekommen ist wie das übergeordnete LSG. Bei dieser Übereinstimmung in der Sachentscheidung kann die "Häufung der gleichgelagerten Fälle" für sich allein nicht dahin gedeutet werden, daß die Nichtzulassung der Berufung in dem vorliegenden Fall auf Willkür beruht. Dem SG kann auch nicht vorgeworfen werden, daß es durch die Nichtzulassung der Berufung eine obergerichtliche, einheitliche Rechtsprechung verhindern wollte. Besteht tatsächlich eine "Häufung" von gleichgelagerten Fällen, dann ist nicht einzusehen, warum die gleiche Rechtsfrage nicht auch vor den anderen Sozialgerichten in Hessen eine Rolle spielen kann. Sollte sie dagegen nur im Bezirk des SG Marburg auftreten können, so hat das SG schon aus diesem räumlichen Gesichtspunkt die grundsätzliche Bedeutung verneinen können.
Das LSG verkennt offenbar auch, daß das SG nicht an die Auffassung des LSG oder eines einzelnen Senatsmitgliedes - sei es auch der Vorsitzende -, sondern nach dem Gesetz lediglich an das Urteil des im Rechtszug übergeordneten LSG (vgl. § 150 Nr. 1 SGG aF) hinsichtlich seiner Verpflichtung zur Zulassung der Berufung bei einer Abweichung gebunden ist. Eine Verpflichtung des SG, die "Ansicht" des übergeordneten LSG auch in anderen Fällen und auf andere Weise festzustellen, kann nicht anerkannt werden. Dem SG ist es jedenfalls verwehrt, das LSG zu einer Art von "Rechtsgutachten" über die ihm vorliegende Rechtsfrage zu veranlassen. Dem Hinweis des LSG auf die in einzelnen Fällen erfolgte Klagerücknahme im Berufungsverfahren kommt für den vorliegenden Fall schon deshalb keine Bedeutung zu, weil das LSG nicht zur Klageabweisung gekommen ist, sondern die nach seiner Auffassung sachlich richtige Auffassung des SG im Ergebnis bestätigt hat.
Die vom LSG erwähnte Einholung einer "dienstlichen Äußerung" des gleichen Kammervorsitzenden in einer anderen Streitsache, warum er die Revision - gemeint ist offenbar die Berufung - nicht zugelassen habe, streift die rechtsstaatlich garantierten Grenzen einer unabhängigen Rechtsprechung (vgl. Art. 97 des Grundgesetzes - GG -), denn der Kammervorsitzende kann eine derartige Auskunft nicht erteilen, ohne das Beratungsgeheimnis (vgl. § 43 Deutsches Richtergesetz) zu verletzen. Liegen aber die vom LSG angenommenen Gründe, das SG habe aus "Willkür" die Berufung nicht zugelassen, nicht vor, dann ist das LSG an die Nichtzulassung der Berufung durch das SG gebunden. Das LSG darf insoweit nicht seine Auffassung über die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache an die Stelle der Auffassung des SG setzen.
Die Zulässigkeit der Berufung kann auch nicht aus einem wesentlichen Mangel im Verfahren des SG hergeleitet werden. Die von dem LSG angenommenen Verfahrensmängel liegen nicht vor.
Eine Verletzung des § 103 SGG kann nicht darin gesehen werden, daß das SG es unterlassen hat, die Auffassung des LSG zu der von ihm entschiedenen Frage aufzuklären. Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Berufung gemäß § 150 Nr. 2 SGG - ungeachtet der §§ 144 bis 149 - nur zulässig ist, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens "gerügt wird". Dem Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren ist jedoch nicht einmal andeutungsweise zu entnehmen, daß er eine entsprechende Verfahrensrüge erhoben hat oder erheben wollte. Das LSG hat hier Argumente verwendet, die vom Beklagten in dieser Sache nicht vorgetragen worden sind. Im übrigen kann eine Verpflichtung des SG, im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG die Auffassung des übergeordneten LSG "festzustellen", keinesfalls anerkannt werden. Diese Auffassung wäre nach dem Gesetz für das SG auch nicht verbindlich. Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht liegt auch nicht darin, daß das SG keine Zeugenvernehmungen entsprechend dem Beweisbeschluß des LSG vom 7. Oktober 1974 durchgeführt hat. Das LSG hat von der zunächst vorgesehenen Zeugenvernehmung selbst abgesehen, da es diese nicht für rechtserheblich gehalten hat (vgl. Beschluß des LSG vom 22. Oktober 1974).
Der Vorwurf des LSG, Urteilstenor und Entscheidungsgründe deckten sich nicht, trifft nicht zu. Sofern die Urteilsformel Anlaß zu Zweifeln über ihren Inhalt gibt, ist sie durch Heranziehung des sonstigen Urteilsinhalts, insbesondere der Entscheidungsgründe, auszulegen (vgl. BSGE 4, 121). Im vorliegenden Fall hat das SG mit seiner Formulierung im Urteilstenor: "nur von der ihm gehörenden Fläche " ersichtlich zum Ausdruck bringen wollen, daß zwischen den Eheleuten keine Gesamthandsgemeinschaft, sondern nach dem Übergabevertrag vom 27. August 1964 eine Gemeinschaft "je zur ideellen Hälfte" (Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741, 1008 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) vorlag. Daß das SG von diesem Übergabevertrag und der darin vereinbarten Rechtskonstruktion ausgegangen ist, wird durch die Entscheidungsgründe (vgl. S. 5, 6 und 7 des Urteils) eindeutig bestätigt. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kam es insbesondere auf die Klärung der Rechtsfrage an, ob die Einkünfte aus der von den Eheleuten gemeinsam betriebenen Landwirtschaft in voller Höhe oder nur teilweise (verhältnismäßig) auf die vom Einkommen abhängigen Leistungen - hier die Ausgleichsrente - des Ehemannes anzurechnen sind. Diese Frage ist vom SG eindeutig im Sinne der anteiligen Anrechnung entschieden worden; ein ernsthafter Zweifel ist insoweit nicht gerechtfertigt.
Soweit das SG den Bescheid vom 14. September 1973 - der nur die endgültige Anrechnung der Altenteilsleistungen regelte und den früheren Vorbehalt beseitigte - als Neufeststellungsbescheid angesehen hat, durch den die früheren Bescheide in ihrer Bindungswirkung aufgehoben worden seien, handelt es sich nicht um einen Verfahrensfehler, sondern um eine fehlerhafte Rechtsauffassung. Ebenso ist die Verurteilung des Beklagten zur Leistungsgewährung - statt zum Erlaß eines neuen Verwaltungsakts - unschädlich und stellt gleichfalls keinen Verfahrensmangel dar, da im vorliegenden Fall auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 40 Abs. 1 VerwVG aufgrund des Rechtsstandpunkts des SG nur eine Lösung, nämlich die anteilige (hälftige) Anrechnung der Einkünfte aus der Landwirtschaft, in Betracht kam (vgl. BSGE 26, 146 = SozR VerwVG § 40 Nr. 10).
Die Berufungsmöglichkeit ist für den Beklagten auch nicht dadurch eröffnet worden, daß dieser nach Erlaß des SG-Urteils (vom 18. Oktober 1973) einen weiteren Bescheid (am 14. November 1973) erlassen hat. Durch diesen Bescheid ist lediglich der Erlaß eines Zugunstenbescheides erneut abgelehnt worden, wie das bereits in dem angefochtenen Bescheid vom 25. Oktober 1971 geschehen war. Dieser Bescheid bezog sich nach seinem Gesamtinhalt nicht nur auf die beantragte Neuregelung nach § 40 Abs. 2 VerwVG, sondern enthielt gleichzeitig die Ablehnung der Erteilung eines Zugunstenbescheides "von Amts wegen" nach § 40 Abs. 1 VerwVG, da "eine tatsächliche und rechtliche Unrichtigkeit" (vgl. BSGE 29, 278, 282) nicht zu erkennen war. Durch den Bescheid vom 14. November 1973 ist somit weder eine neue Regelung getroffen noch eine neue Beschwer des Klägers begründet worden. Dieser Bescheid ist daher auch nicht geeignet, die nach § 148 SGG ausgeschlossene Berufung zulässig zu machen.
War aber die Berufung unzulässig, dann muß auch die (unselbständige) Anschlußberufung des Klägers, die überdies nur gegen den Bescheid vom 14. November 1973 gerichtet war, als unzulässig angesehen werden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Fundstellen