Leitsatz (amtlich)
Der Vertrag zwischen der BRD und dem Großherzogtum Luxemburg vom 1959-07-11 trifft nur für jene luxemburgischen Staatsangehörigen eine dem BVG § 8 entsprechende Regelung, die nicht schon nach BVG § 7 Nr 3 aF einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach dem BVG geltend machen konnten. Hat ein in der BRD wohnhafter luxemburgischer Staatsangehöriger Anspruch auf Versorgung nach BVG § 7 Abs 1 Nr 3 nF, dann ist der luxemburgische Staat nach dem Vertrag vom 1959-07-11 von den gesetzlichen Versorgungsansprüchen eines solchen Staatsangehörigen befreit. Ihm gegenüber kommt ein Ausschluß von der Versorgung iS des BVG § 7 Abs 2 nF nicht in Betracht.
Normenkette
BVG § 8 Fassung: 1957-07-01, § 7 Nr. 3 Fassung: 1950-12-20, § 7 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1964-02-21, Abs. 2 Fassung: 1964-02-21; Vtr LUX Teil 1 Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1959-07-11
Tenor
Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 30. Januar 1969 werden als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte und die Beigeladene haben dem Kläger zu je 1/2 die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Der am 27. Mai 1925 in K geborene Kläger ist luxemburgischer Staatsangehöriger. Er wurde in seiner Geburtsstadt im Jahre 1943 zur deutschen Wehrmacht einberufen und erlitt als Soldat im April 1945 eine Granatsplitterverletzung, die zur Amputation des rechten Beines im Oberschenkel führte. Das Versorgungsamt (VersorgA) D anerkannte mit Umanerkennungsbescheid vom 13. August 1951 den "Verlust des rechten Beines" als Schädigungsfolge im Sinne des § 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und gewährte dem Kläger wegen der hierdurch bedingten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 70 v. H. ab 1. Oktober 1950 Rente. Im Hinblick auf den damaligen Auslandsaufenthalt des Klägers wurde in demselben Bescheid jedoch das Ruhen des Versorgungsanspruchs ab 1. September 1951 für die weitere Dauer des Auslandsaufenthaltes angeordnet. Mit Schreiben vom 16. Januar 1959 teilte die luxemburgische Dienststelle für Kriegsopfer dem Kläger mit, er erhalte auf Grund eines ministeriellen Beschlusses ab 1. Januar 1958 bis auf weiteres eine monatliche Entschädigung von Fr. 1373, die freiwillig und ohne jeglichen Rechtsanspruch zuerkannt werde und zu jeder Zeit wieder entzogen werden könne. Mit Bescheid vom 10. August 1960 hat das VersorgA A einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Heilbehandlung (Teilnahme an einem Gehkursus) unter Hinweis auf § 7 BVG abgelehnt; der Kläger sei luxemburgischer Staatsangehöriger und wohne nicht im Geltungsbereich des BVG; überdies habe er aus gleicher Ursache auch einen Anspruch auf Versorgung gegen den Staat Luxemburg. Dieser Bescheid ist nicht angefochten worden.
Im März 1965 verlegte der Kläger seinen Wohnsitz nach Berlin (West) und beantragte im April 1965 die Wiedergewährung der Rente. Diesen Antrag hat das VersorgA II Berlin, nachdem von der Versorgungsverwaltung eine Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung - BMA - (vom 21. Dezember 1965) eingeholt worden war, durch Bescheid vom 26. Januar 1966 mit der Begründung abgelehnt, der Kläger sei luxemburgischer Staatsangehöriger und habe aus gleicher Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen sein Heimatland; dieser gründe sich auf eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Großherzogtum Luxemburg und der Bundesrepublik Deutschland (BRD) vom 11. Juli 1959. Damit sei aber gemäß § 7 Abs. 2 BVG ein Anspruch auf Leistungen nach dem BVG ausgeschlossen. Nach erfolglosem Widerspruch hat das Sozialgericht (SG) den Beklagten nach Beiladung der BRD, vertreten durch den BMA, mit Urteil vom 5. Januar 1968 antragsgemäß unter Aufhebung des Bescheides des VersorgA II B vom 26. Januar 1966 und des Widerspruchsbescheides des Landesversorgungsamts (LVersorgA) B vom 25. Juli 1966 verurteilt, dem Kläger Beschädigtenversorgung nach Maßgabe des Bundesversorgungsgesetzes wegen der als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung anzuerkennenden Gesundheitsstörung "Verlust des rechten Oberschenkels im mittleren Drittel" nach dem Grad der MdE in Höhe von 70 v. H. abzüglich der dem Kläger von Seiten des Großherzogtum Luxemburg gewährten Versorgungsleistungen mit Wirkung vom 1. April 1965 zu gewähren.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die hiergegen von dem Beklagten und der Beigeladenen eingelegten Berufungen mit Urteil vom 30. Januar 1969 zurückgewiesen. Es hat, wie bereits das SG, die Auffassung vertreten, der Kläger habe weder nach dem deutsch-luxemburgischen Vertrag vom 11. Juli 1959 noch aufgrund des luxemburgischen Kriegsschädengesetzes einen "Anspruch" auf Versorgung im Sinne des § 7 Abs. 2 BVG; letzteres setze voraus, daß er am 10. Mai 1940 in Luxemburg gewohnt habe, was nicht zutreffe. Sein mit Bescheid vom 13. August 1951 rechtsverbindlich anerkannter Versorgungsanspruch nach dem BVG bestehe unverändert weiter, der Beklagte sei deshalb nach Beendigung des Auslandsaufenthalts nach § 62 Abs. 1 BVG wieder zur Zahlung der früher gewährten, zuletzt ruhenden Rente im beantragten Umfang verpflichtet. Der Umstand, daß der Kläger nach Art. 30 des luxemburgischen Kriegsschädengesetzes eine monatliche Rente als Härteleistung erhalte, genüge den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BVG nicht, da das Wort "Anspruch" im Sinne dieser Vorschrift nur solche Versorgungsleistungen umfasse, die der Beschädigte von dem anderen Staat verlangen könne und die in ihrer Höhe geregelt und nicht als freiwillige Leistungen jederzeit widerruflich seien. Der Wiedergewährung der Rente - in dem beantragten Umfang - stehe auch der Bescheid vom 10. August 1960 nicht entgegen, da dieser lediglich einen Antrag des Klägers auf Gewährung von Heilbehandlung betroffen habe.
Das LSG hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen, wie das Wort "Anspruch" in § 7 Abs. 2 BVG auszulegen ist.
Mit ihren Revisionen rügen der Beklagte und die Beigeladene eine unzutreffende Auslegung und Anwendung des deutschluxemburgischen Vertrags vom 11. Juli 1959 und des § 7 Abs. 2 BVG durch das LSG. Durch die pauschale Abgeltung nach Art. 2 Abs. 3 des Vertrages, bei der gerade auch die Berentung des Klägers berücksichtigt sei, seien gemäß Art. 21 sämtliche Ansprüche auch des Klägers gegen die BRD nach dem BVG (§ 8) abgegolten. Im übrigen schließe die Versorgung nach luxemburgischem Recht gemäß § 7 Abs. 2 BVG eine weitere Versorgung nach dem BVG aus, auch wenn es sich hierbei nur um eine im Vergleich zu den Leistungen nach dem BVG geringere Kannleistung handele. Sinn und Zweck der vertraglichen wie der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 2 BVG sei die Vermeidung einer Doppelversorgung der Beschädigten aus gleicher Ursache durch zwei Staaten; diesem Sinn und Zweck könne nur Rechnung getragen werden, wenn der Kläger im vorliegenden Fall Leistungen nach dem BVG solange nicht beziehe, wie ihm solche von seinem Heimatland erbracht würden. Wenn diese jederzeit widerruflich seien, so sei die Rechtsposition des Klägers dadurch doch nicht geschwächt, weil im gleichen Zeitpunkt der Anspruch auf Versorgung nach § 7 Abs. 1 BVG, der dem ehemaligen § 7 Abs. 3 BVG entspreche, wieder aufleben würde. Der Begriff "Anspruch" im Sinne des § 7 Abs. 2 BVG decke sich mit dem in § 64 Abs. 2 Satz 1 BVG genannten; er umfasse jede Art von Leistungen wie zB Rechtsansprüche, Kannleistungen und Härteausgleiche. Da die ausländischen Systeme in der Regel von den Begriffen des deutschen Kriegsopferrechts abwichen, könne es nicht auf den Rechtscharakter der Leistungen des anderen Staates ankommen. Infolge Gewährung der luxemburgischen Rente vom 1. Januar 1958 an sei das BVG nach § 7 Abs. 2 BVG nicht mehr auf den Kläger anwendbar gewesen; durch den nachträglichen Fortfall der Voraussetzungen zur Anwendbarkeit des BVG sei eine wesentliche Änderung im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG eingetreten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage unter Abänderung der Urteile des LSG und des SG Berlin abzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG Berlin und des Urteils des SG Berlin vom 5. Januar 1968 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
Die Revision des Beklagten vom 11. April 1969 und die der Beigeladenen vom 31. März 1969 gegen das Urteil des LSG Berlin vom 30. Januar 1969 zurückzuweisen,
äußerstenfalls: die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Berlin zurückzuverweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist hinsichtlich des Begriffs "Anspruch" auf den Beschluß des Großen Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9. Juni 1961 - GS 2/59 (BSG 14, 238, 240). Eine Zurückverweisung komme evtl. in Betracht, damit das LSG diese Sache gemäß Art. 23 des Vertrags vom 11. Juli 1959 der "Ständigen Kommission" zur Entscheidung vorlegen könne, sofern dies nicht Sache des erkennenden Senats sein sollte.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten sowie der im Revisionsverfahren eingereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Die durch Zulassung statthaften Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 162 Abs. 1 Ziff. 1, 164, 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und daher zulässig. Sie konnten jedoch keinen Erfolg haben.
Der Ansicht der Vorinstanzen, dem Kläger seien nach Beendigung seines Auslandsaufenthalts antragsgemäß ab 1. April 1965 Versorgungsleistungen nach dem BVG wiederzugewähren, ist im Ergebnis zuzustimmen. Der Versorgungsanspruch des Klägers ist mit Umanerkennungsbescheid des VersorgA D vom 13. August 1951 rechtsverbindlich anerkannt worden. Es handelte sich dabei um einen Rechtsanspruch auf Versorgung, der lediglich während des Auslandsaufenthalts ab 1. September 1951 geruht hat (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 BVG aF) und mit Begründung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts in B im März 1965 zumindest ab 1. April 1965 in dem vom Kläger beantragten Umfang wiederaufgelebt ist. Dem steht der Bescheid des VersorgA A vom 10. August 1960 nicht entgegen, da mit diesem lediglich eine beantragte Heilbehandlungsmaßnahme - wegen des Aufenthalts im Ausland - verweigert worden ist. An der durch die Wohnsitzänderung begründeten Rechtsfolge ändern auch der Vertrag zwischen der BRD und dem Großherzogtum Luxemburg vom 11. Juli 1959, in Kraft getreten durch Gesetz vom 8. August 1960 (BGBl 1960 II S. 2077) sowie die Vorschrift des § 7 Abs. 2 BVG nichts.
Der Vertrag vom 11. Juli 1959 (BGBl 1960 II 2079) bestimmt in seinem Teil I, Art. 2 Abs. 1 Ziff. 1, daß die BRD unter Anwendung des § 8 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (BVG) den luxemburgischen Kriegsopfern, die als luxemburgische Staatsangehörige zwangsweise militärischen oder militärähnlichen Dienst im Sinne des vorerwähnten Gesetzes geleistet haben, und ihren Hinterbliebenen Versorgung gewähren wird. Gestützt auf die gesetzliche Ermächtigung des § 8 BVG in der damals geltenden Fassung vom 1. Juli 1957 (BGBl I 661), die vorsah, daß "in anderen als den in § 7 Nr. 2 und 3 bezeichneten, besonders begründeten Fällen" Versorgung gewährt werden "kann", wurde also aus besonderen Gründen der Anwendungsbereich des BVG über seinen § 7 hinaus erweitert und für den im Vertrag bestimmten Personenkreis, aber auch nur für diesen, Versorgung durch eine an den luxemburgischen Staat zu leistende Kapitalabfindung zugesichert (siehe hierzu die Denkschrift zum Vertrag, Deutscher Bundestag, 3. Wahlperiode, Drucks. 1831, S. 34 linke Spalte). Der Vertrag betraf daher insoweit nur jene luxemburgischen Staatsangehörigen, die nicht schon nach § 7 Nr. 3 BVG aF einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach dem BVG geltend machen konnten, d. h. alle im Sinne des § 7 Nr. 3 BVG Beschädigten, die nicht auf Grund eines ständigen Aufenthalts im Bundesgebiet oder im Land Berlin (West) einen Anspruch auf Versorgung erlangt hatten oder erlangen konnten. Einen die Rechte des Klägers beschränkenden Einfluß auf den mit Umanerkennungsbescheid vom 13. August 1951 anerkannten, seit dem 1. September 1951 ruhenden Versorgungsanspruch des Klägers nach dem BVG gegen die BRD hat der Vertrag deshalb nicht haben können. Denn die einmal verbindlich getroffene Feststellung des Rechts auf Versorgung ist, wie das Wort "ruht" in § 64 Abs. 1 BVG besagt, weiterhin unverändert geblieben. Für die Versorgungsverwaltung hatte lediglich kraft Gesetzes die Pflicht zur Rentenzahlung in dem Zeitpunkt geendet, in dem der Tatbestand, der das Ruhen zur Folge hatte, eingetreten war (BSG 4, 281, 285). Es handelt sich deshalb bei einem Ruhensbescheid immer nur um eine deklaratorische Feststellung einer bereits kraft Gesetzes eingetretenen Rechtsfolge und nicht um eine "Neufeststellung" der Versorgungsbezüge im Sinne des § 62 BVG (BSG, Urteil des 8. Senats vom 13. November 1958 - 8 RV 811/56 - in SozR Nr. 4 zu VerwVG § 47). Mit dem Wegfall des Ruhenstatbestandes sind dann die jeweiligen Leistungen wieder zu bewirken, sie werden zahlbar, ohne daß es hierfür eines besonderen Antrages oder einer besonderen Entscheidung bedarf (BSG, Urteil des 11. Senats vom 13. Oktober 1959 - 11/10 RV 141/57). Das bedeutet, daß - entgegen der Auffassung des LSG - im Falle des Klägers nach Wegfall der Ruhensvoraussetzungen keine Neufeststellung im Sinne des § 62 Abs. 1 BVG erforderlich war. Eine solche wäre nur in Betracht gekommen, wenn sich die für die frühere Feststellung des Anspruches maßgebend gewesenen Verhältnisse wesentlich geändert hätten. Dies war aber hier nicht der Fall, denn geändert haben sich lediglich die Ruhensvoraussetzungen.
Der Anspruch des Klägers auf Versorgung ab 1. April 1965 beruht auf § 7 Abs. 1 Ziff. 3 BVG idF des Zweiten Neuordnungsgesetzes (2. NOG) vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) - nF - (das 3. NOG hat insoweit keine Änderung gebracht), ohne daß es zu seinem Entstehen oder Fortbestehen einer Anwendung des § 8 BVG bedurft hätte. Der Vertrag vom 11. Juli 1959 hat nach seinem Wortlaut und nach seiner Gesamtkonzeption keine von § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG nF abweichende Rechtsgrundlage geschaffen (s. auch hierzu die Denkschrift zu dem Vertrag aaO); er hat mit seinem Art. 2 dem Großherzogtum Luxemburg einen völkerrechtlichen Anspruch gegen die BRD auf Zahlung einer Gesamtsumme in noch zu bestimmender Höhe (s. Verbalnote 1 Ziff. 2-4 vom 11. Juli 1959 - BGBl II 1960 S. 2088 -) zur Entschädigung einer bestimmten Gruppe luxemburgischer Kriegsopfer zugesichert. Durch diese Zahlung sollten alle Forderungen, die Gegenstand der Regelung waren (vgl. Schlußerklärung in Art. 21), abgegolten und dem luxemburgischen Staat die Geldmittel insbesondere zur Erfüllung der Verpflichtungen zur Verfügung gestellt werden, die dieser im Rahmen des luxemburgischen Kriegsschädengesetzes vom 25. Februar 1950 übernommen hatte. Die damit bewirkte Besserstellung eines bestimmten Personenkreises, zu dem der Kläger nicht gehört, war nicht geeignet, bereits vor Inkrafttreten des Vertrages entstandene Ansprüche anderer Versorgungsberechtigter zu ersetzen, hinfällig zu machen oder abzuändern. Die Möglichkeit einer Einflußnahme der BRD auf die Verwendung dieser Mittel im einzelnen und einen Anspruch der unter Art. 2 des Vertrages fallenden Beschädigten gegen den luxemburgischen Staat hat der Vertrag auch nicht eröffnet. Art und Umfang der Versorgung richteten sich vielmehr - auch nach Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen - allein nach dem vertragsunabhängigen luxemburgischen Recht. In der Denkschrift zu dem Vertrag ist deshalb auch hervorgehoben, daß die luxemburgische Regierung berechtigt sein sollte, den Betrag mit den von ihr "nach luxemburgischen Recht gewährten und zu gewährenden Versorgungsleistungen" zu verrechnen.
Dem Wiederaufleben des Versorgungsanspruches des Klägers ab 1. April 1965 im beantragten Umfang steht deshalb nach Auffassung des Senats nicht die Regelung des Art. 21 des Vertrages entgegen.
Der Vertrag vom 11. Juli 1959 hat jedoch insoweit auch auf den Versorgungsanspruch des Klägers nach dem BVG eine Wirkung gehabt, als er in Art. 2 Abs. 2 eine zwischenstaatliche Vereinbarung im Sinne des § 7 Abs. 2 letzter Halbsatz BVG nF enthält. Nach dieser Vereinbarung stimmen die Vertragsstaaten darin überein, daß ein Anspruch - Beschädigter oder Hinterbliebener - gegen den luxemburgischen Staat insoweit nicht besteht, als die BRD Versorgung gewährt (d. h. nach deutschem Versorgungsrecht zu gewähren hat). Durch diese Klausel wird mit unmittelbarer Rückwirkung auf das deutsche materielle Versorgungsrecht gesetzestechnisch erreicht, daß die Frage einer Anspruchsberechtigung des luxemburgischen Staatsangehörigen gegen seinen Heimatstaat (und damit einer Doppelversorgung) im Sinne des § 7 Nr. 3 BVG aF und des § 7 Abs. 2 BVG in der seit dem Ersten Neuordnungsgesetz (1. NOG) vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) geltenden Fassung für luxemburgische, im Geltungsbereich des BVG wohnende Empfänger deutscher Versorgungsleistungen gar nicht mehr auftauchen kann. Art. 2 Abs. 2 des Vertrags setzt unabhängig von der in Art. 2 Abs. 1 getroffenen Regelung versorgungsrechtliche Leistungen der BRD an luxemburgische Staatsangehörige voraus und betrifft schon deshalb nicht die nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 und Art. 2 Abs. 3 kapitalisierten Leistungen, die zwar den luxemburgischen Kriegsopfern zugute kommen sollen, auf die aber nur das Großherzogtum Luxemburg - auf Grund des Staatsvertrages - Anspruch gegen die BRD erheben kann. Durch die Aufnahme des Art. 2 Abs. 2 in den Vertrag ist somit im Hinblick auf die Fälle eine Regelung getroffen, in denen der Staat Luxemburg nach seinem Kriegsschädengesetz vom 25. Februar 1950 an sich Versorgung zu gewähren hätte. Von diesen gesetzlichen Ansprüchen gegen ihn wird der luxemburgische Staat - im Verhältnis der beiden Staaten zueinander - ausdrücklich durch den Vertrag vom 11. Juli 1959 in dem Umfang frei gestellt, in dem die BRD Versorgung gewährt. Mindestens soll es - zwischenstaatlich - so angesehen werden, als würden von dem luxemburgischen Staat an diese Staatsangehörigen keine Versorgungsleistungen gewährt. Soweit jedoch schon nach luxemburgischen Recht ein solcher Anspruch nicht besteht, ist auf Grund dieses zwischenstaatlichen Abkommens erst recht kein Raum für einen Ausschluß der Versorgung nach § 7 Abs. 2 BVG. Damit wirkt der Vertrag als zwischenstaatliche Vereinbarung im Sinne des § 7 Abs. 2 letzter Halbsatz BVG nF auf den anerkannten Versorgungsanspruch des Klägers nach dem BVG insoweit ein, als der Kläger nach Wegfall der Ruhensvoraussetzungen des § 64 Abs. 2 BVG keinen Anspruch auf Versorgung gegen sein Heimatland hat und das BVG auch weiterhin auf ihn Anwendung findet. Schon deshalb steht nach Auffassung des Senats dem Versorgungsanspruch des Klägers nicht entgegen, daß er auch über den 1. April 1965 hinaus "Versorgungsleistungen" seines Heimatlandes bezogen hat und bezieht. Im übrigen handelt es sich hierbei nach dem Schreiben des luxemburgischen "Service des Dommages des Guerre" vom 27. Juni 1966 offensichtlich um eine Unterstützung, die dem Kläger - im Härteausgleich - nur wegen seiner schweren Verletzung und seiner bescheidenen finanziellen Lage gewährt worden ist. Im Vordergrund hat dabei wohl auch der Umstand gestanden, daß die BRD im Hinblick auf die Ruhensvorschrift des § 64 Abs. 2 BVG keine Versorgungsleistung an den im Ausland befindlichen Kläger erbracht hat. Schließlich ist auch unbeachtlich, daß bei der Errechnung der von der BRD an das Großherzogtum Luxemburg zu leistenden Entschädigungssumme der Fall des Klägers mitberücksichtigt worden ist; denn hierbei ist wahrscheinlich übersehen worden, daß der Kläger einen Anspruch auf Versorgung gegen sein Heimatland nicht hatte, weil er am 10. Mai 1940 nicht in Luxemburg gewohnt hat, und daß, selbst wenn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären, der Kläger auf jeden Fall nach Wegfall der Ruhensvoraussetzungen gemäß Art. 2 Abs. 2 des Vertrages nicht wie ein Empfänger luxemburgischer Versorgungsleistungen behandelt werden durfte.
Bei dieser Auslegung des Vertrages und im Hinblick auf die hinsichtlich der Höhe des Zahlbetrages der Rente beschränkten Anträge des Klägers in den Vorinstanzen kam es im Rahmen der Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen darauf, ob unter einem "Anspruch" gegen einen anderen Staat im Sinne des § 7 Abs. 2 BVG nur ein solcher auf Pflicht- oder auch auf Kannleistungen zu verstehen ist, und ob die vom luxemburgischen Staat an den Kläger erbrachten Leistungen bei der Versorgung nach dem BVG durch Anrechnung zu berücksichtigen sind, nicht mehr an.
Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen waren somit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 193, 194 SGG.
Fundstellen