Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Erweiterte Honorarverteilung. Einführung eines Systems von Beitragsklassen zur Ermittlung der Umlage. Einhaltung des Gestaltungsspielraums. Reduzierung des Beitrags zum Versorgungswerk der hessischen Ärztekammer bei Entrichtung der Beiträge zum Versorgungswerk einer anderen Ärztekammer
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Einführung eines Systems von Beitragsklassen zur Ermittlung der Umlage der Vertragsärzte für die Erweiterte Honorarverteilung (EHV) in den Jahren 2010 bis 2016 hat die Kassenärztliche Vereinigung Hessen ihren Gestaltungsspielraum als Normgeber eingehalten.
2. Soweit die normativen "Grundsätze für die Erweiterte Honorarverteilung" allein deshalb rechtswidrig sind, weil besondere Kostenbelastungen einzelner Arztgruppen nicht berücksichtigt werden können, führt das nicht zur Rechtswidrigkeit der Bescheide über die Höhe der Umlage gegenüber Ärzten, deren Kostenbelastung allenfalls durchschnittlich ist.
3. Ärzten, die in Hessen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen und deshalb eine Umlage zur EHV leisten, muss auch dann ermöglicht werden, ihren Beitrag zum Versorgungswerk der Ärztekammer entsprechend der Regelung der Versorgungsordnung der hessischen Ärztekammer zu reduzieren, wenn sie Beiträge zum Versorgungswerk einer anderen Ärztekammer entrichten.
Normenkette
KÄV/KZÄVG HE § 8 Abs. 1 S. 2; ErwHVGrs HE § 3 Abs. 1 S. 1; SGB V § 87b Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. Februar 2019 sowie des Sozialgerichts Marburg vom 10. Dezember 2014 vollständig aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Die Revision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits für alle Rechtszüge zu tragen.
Tatbestand
Umstritten ist die Höhe des Abzugs vom vertragsärztlichen Honorar, den die Klägerin in der Zeit vom 1.7.2012 bis zum 30.6.2013 für die Zwecke der Erweiterten Honorarverteilung (EHV) hinzunehmen hat. Vornehmlich streiten die Beteiligten darüber, ob der Beitrag der Klägerin für die EHV der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) richtig berechnet und die Klägerin in die zutreffende Beitragsklasse eingestuft worden ist.
Die Klägerin ist seit dem 2.5.2001 als Ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in K. zugelassen. Die Beklagte stufte sie mit Bescheid vom 31.8.2012 für den Zeitraum vom 1.7.2012 bis zum 30.6.2013 in die Beitragsklasse 2 ein und setzte die Umlage der Klägerin für die EHV je Quartal auf 1254 Euro und für den streitbefangenen Zeitraum auf 5016 Euro fest.
Als einzige KÄV in der Bundesrepublik Deutschland gewährleistet die Beklagte im Wege der EHV in begrenztem Umfang auch die Versorgung ehemaliger Vertragsärzte und ihrer Hinterbliebenen. In Hessen wird die Altersversorgung der Vertragsärzte - anders als in allen anderen KÄV-Bezirken - sowohl über das Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen als auch über die KÄV sichergestellt. Nach § 8 des Gesetzes über die KÄV und KZÄV Hessen (KVHG - vom 22.12.1953, GVBl für das Land Hessen S 206; in der Neufassung durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die KÄV und KZÄV Hessen vom 14.12.2009, GVBl für das Land Hessen I S 662) sorgt die KÄV Hessen "im Rahmen ihrer Satzung für eine wirtschaftliche Sicherung der invaliden und alten Vertragsärztinnen oder Vertragsärzte und Hinterbliebenen von Vertragsärztinnen oder Vertragsärzten. Diese Sicherung kann auch durch besondere Honorarverteilungsgrundsätze geregelt werden". Bundesgesetzliche Grundlage für die landesrechtliche Vorschrift des § 8 KVHG ist die nach wie vor geltende Regelung des Art 4 § 1 Abs 2 Satz 2 des Gesetzes über das Kassenarztrecht (GKAR) vom 17.8.1955 (BGBl I 513). Danach bleiben die landesrechtlichen Regelungen über die "Altersversorgung der Kassenärzte" unberührt. Diese Vorschrift schützt die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits bestehenden Versorgungseinrichtungen von Vertragsärzten.
Satzungsrechtliche Grundlage der auf § 8 Abs 1 Satz 2 KVHG beruhenden EHV sind die "Grundsätze der erweiterten Honorarverteilung (GEHV)", die die Vertreterversammlung (VV) der beklagten KÄV beschließt. Diese waren bereits wiederholt Gegenstand der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 24.10.1984 - 6 RKa 25/83 - USK 84267; Urteil vom 9.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2; Urteil vom 16.7.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr 43; Urteil vom 19.2.2014 - B 6 KA 10/13 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 79; Urteil vom 12.12.2018 - B 6 KA 53/17 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 87b Nr 19 vorgesehen).
In der Vergangenheit und wieder ab dem 1.1.2017 wurde bzw wird der für die Leistungen aus der EHV an die früheren Vertragsärzte erforderliche Finanzbedarf durch eine Umlage der Vertragsärzte aufgebracht, die sich nach einem variablen Vomhundertsatz des über die Beklagte abgerechneten Umsatzes aus der vertragsärztlichen Tätigkeit ergibt. Der Vomhundertsatz hat sich jahrelang um 5 % bewegt und ist 2019 auf 6,92 % angestiegen. Für die Zeit vom 1.7.2012 bis zum 31.12.2016 hat die Beklagte das System eines prozentualen Abzugs vom Umsatz durch ein System von neun Beitragsklassen ersetzt. Die Einstufung in eine der Beitragsklassen erfolgt nach dem Verhältnis zwischen dem Umsatz des einzelnen Arztes zum Durchschnittsumsatz der hessischen Vertragsärzte, der sich im für den hier streitbefangenen Zeitraum maßgeblichen Referenzjahr 2010 auf ca 205 389 Euro und im Quartalsdurchschnitt auf ca 51 347 Euro belief. Der Honorarumsatz der Klägerin betrug im Jahr 2010 ca 56 591 Euro, was 27,55 % des Durchschnitts entsprach und zu einer Einstufung in die Beitragsklasse 2 führte; diese erfasst Ärzte, deren Umsatz sich oberhalb von 25 % und unterhalb von 50 % des Durchschnittsumsatzes bewegt. Der Beitrag in Klasse 2 betrugt 1254 Euro im Quartal und 5016 Euro im Jahr. Damit erlangte der Arzt im Jahr eine Gutschrift von 200 Punkten für die EHV. Mit dieser Punktzahl würde ein Arzt theoretisch nach 70 Jahren die Höchstpunktzahl von 14 000 erreichen. Diese führte 2015/2016 zu einer monatlichen Zahlung aus der EHV von ca 2753 Euro an einen Vertragsarzt im Ruhestand (vgl Urteil vom 12.12.2018 - B 6 KA 53/17 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 19 RdNr 5).
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Belastung mit Beiträgen für ihre Absicherung im Falle der Invalidität und des Alters durch die KÄV bedeuteten im Hinblick auf die Beiträge von ca 1850 Euro an das Versorgungswerk und von ca 1660 Euro an die Krankenkasse (jeweils im Quartal 3/2012) eine unzumutbare Härte. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Hinweis auf die Systematik der GEHV und deren - von der Klägerin nicht in Frage gestellte - korrekte Anwendung zurück.
Das SG hat der Klage nur teilweise stattgeben. Den Hauptantrag der Klägerin auf Feststellung, dass sie nicht gehalten sei, Beiträge zu Gunsten der EHV zu leisten, hat es abgewiesen. Die Beklagte sei aber verpflichtet, über die Eingruppierung der Klägerin und die Festsetzung des Jahresbeitrags zur EHV unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die grobe Einteilung der Beitragsklassen verstoße gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 GG. Es bestünden zwar aufgrund der Einteilung in die neun Beitragsklassen keine Bedenken gegen die Einhaltung des Äquivalenzprinzips. Der Gleichheitssatz sei aber gleichwohl verletzt, weil die Ärzte, die in die unteren Beitragsklassen eingestuft seien, für den Aufbau einer Anwartschaft mehr Anteile ihres Honorars aufwenden müssten als Ärzte in höheren Beitragsklassen. Der Beitrag der Klägerin sei im Zuge des Systems der Beitragsklassen gegenüber dem noch für 2011 maßgeblichen Betrag massiv um 56,4 % und in Bezug auf den Umsatz von 5 % auf 8,9 % gestiegen. Das gehe weit über die Umsatzanteile hinaus, die bisher im Rahmen des Umlagesystems für die EHV aufzuwenden gewesen seien.
Das LSG hat durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin, die ihrerseits zunächst selbst Berufung eingelegt hatte, hat ihre Berufung vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Das LSG hat seine Entscheidung allein mit der Erwägung begründet, § 3 Abs 1 GEHV biete derzeit keine Grundlage für die Festsetzung der Umlage für die Zwecke der EHV. Die Norm ermögliche keine angemessene Berücksichtigung von besonders hohen Kosten für einzelne Arztgruppen und bestimmte ärztliche Leistungen. Zwar sei die Klägerin grundsätzlich verpflichtet, Abzüge für die EHV hinzunehmen, und auch das Beitragsklassensystem sei - soweit es auf die Klägerin anzuwenden sei - mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Klägerin könne jedoch nur auf der Basis einer insgesamt verfassungskonformen Rechtslage zur Duldung von Honorarabzügen für die EHV verpflichtet werden. Dies gewährleiste § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV im Hinblick auf die fehlende Berücksichtigung besonderer Kosten nicht. Dass sich das auf die Klägerin als Ärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie nicht auswirke, sei ohne Bedeutung (Urteil vom 27.2.2019).
Beide Beteiligte greifen das Urteil mit der vom LSG zugelassenen Revision an.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei nicht verpflichtet, bei Ermittlung des für die EHV relevanten vertragsärztlichen Umsatzes Sachkosten vom Bruttoumsatz abzuziehen und die Unterschiede bei den Kostenanteilen der Praxen und insbesondere der Arztgruppen zu berücksichtigen. Soweit die Klägerin mit ihrer Revision im Anschluss an die Auffassung des SG die Billigung der Beitragsklassensystematik durch das LSG in Frage stelle, könne dem nicht gefolgt werden.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Hessischen LSG vom 27.2.2019 und des SG Marburg vom 10.12.2014 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Hessischen LSG vom 27.2.2019 und des SG Marburg vom 10.12.2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.8.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.3.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden und die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie macht geltend, das LSG habe sich zu Unrecht auf den Ausspruch beschränkt, die fehlende Berücksichtigung der besonders kostenintensiven Leistungen nach § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV sei verfehlt. In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des SG sei vielmehr davon auszugehen, dass insbesondere die Ausgestaltung der beiden unteren Beitragsklassen zu Lasten der Klägerin rechtswidrig sei. Dem Gleichbehandlungs- bzw Äquivalenzgebot sei nicht ansatzweise entsprochen, weil die Klägerin mit einem Umsatz von wenigen Tausend Euro oberhalb der Grenze von 25 % im Verhältnis zum Durchschnittsumsatz überproportional stark zur Abführung von Beiträgen verpflichtet sei. Sowohl der Beitragsanstieg (56,4 % gegenüber der Zeit bis Ende Juni 2012) wie der Vomhundertsatz ihres Umsatzes (8,9 %), der für Zwecke der EHV zu verwenden sei, sei nicht rechtmäßig.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten sind die angefochtenen Urteile in vollem Umfang aufzuheben; die Klage ist insgesamt abzuweisen.
1. Der Senat ist an einer Entscheidung in der Sache nicht deshalb gehindert, weil das LSG im Einverständnis der Beteiligten durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin unter Zulassung der Revision entschieden hat. In seinem Urteil vom 12.12.2018 (B 6 KA 50/17 R - BSGE 127, 109 = SozR 4-2500 § 95 Nr 35, RdNr 19) hat der Senat auf die unterschiedlichen Rechtsauffassungen zu der Frage hingewiesen, ob die Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters allein nach § 155 Abs 3 und 4 SGG zu beurteilen oder ob im Revisionsverfahren weitergehend zu prüfen ist, ob wegen der Bedeutung der Sache eine Entscheidung des gesamten Senates des LSG unter Einbeziehung der ehrenamtlichen Richter geboten war. Das bedarf hier indessen keiner Klärung, weil auch die - vom Senat nicht geteilte - letztgenannte Auffassung eine Ausnahme für den Fall anerkennt, dass der Einzelrichter wie hier von einer Entscheidung durch das Kollegium im Interesse einer zügigen Abwicklung des Verfahrens abgesehen hat, weil er der Sache nicht nur Einzelfallbedeutung, aber auch keine nennenswerte Breitenwirkung beigemessen hat und die Beteiligten ihr Einverständnis mit der Entscheidung durch den Einzelrichter ausdrücklich auch für den Fall der Zulassung der Revision erklärt haben (Senatsurteil aaO RdNr 20 und etwa BSG vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14). Hier haben beide Beteiligten sogar um Zulassung der Revision gebeten, und das LSG ist in seinem Urteil vom 27.2.2019 zu den Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung in Ergebnis und Begründung den beiden Urteilen desselben Senats vom 11.4.2018 (vgl nachfolgend B 6 KA 12/18 R und B 6 KA 16/18 R) gefolgt, die in voller Senatsbesetzung unter Zulassung der Revision ergangen sind. Zudem hat die Entscheidung Bedeutung allein im Bezirk des Berufungsgerichts, weil es in den Bezirken anderer LSG kein der EHV vergleichbares Alterssicherungssystem für Vertragsärzte gibt.
2. Die Revision der Klägerin ist in vollem Umfang zulässig, obwohl sie ihre Berufung gegen das Urteil des SG zurückgenommen hat. Nach dem ihrem Antrag zugrunde liegenden Vorbringen erstrebt sie im Revisionsverfahren Maßgaben für die bereits vom SG ausgesprochene und vom LSG bestätigte Neubescheidung durch die Beklagte, die in der Sache nicht hinter denen zurückbleiben, die das SG ausgeurteilt hat. Sie ist durch das Berufungsurteil beschwert, weil das LSG die Beanstandungen der Beitragsklassensystematik und ihrer eigenen Einstufung in die Klasse 2 durch das SG ausdrücklich nicht geteilt hat. Würde das Urteil des LSG rechtskräftig, könnte die Klägerin davon allenfalls insoweit profitieren, als eine besondere Kostenbelastung ihrer Praxis bei der Ermittlung des EHV-relevanten Umsatzes zu berücksichtigen wäre. Eine solche besteht indessen bei einer Ärztin für Psychosomatische Medizin/Psychotherapie nicht, was die Klägerin auch nicht geltend macht. Deshalb ist sie - in deutlich stärkerem Umfang als die Beklagte - durch die Maßgaben des LSG iS des § 131 Abs 3 SGG beschwert.
3. Soweit die Klägerin im Anschluss an die Ausführungen des SG die Umstellung der Bemessung der Umlage für die EHV auf ein System von neun Beitragsklassen und ihre Einstufung in die Beitragsklasse 2 rügt, hat ihre Revision keinen Erfolg. Das LSG hat mit zutreffender Begründung entschieden, dass der Systemwechsel bei der Beitragserhebung und deren konkrete Umsetzung durch die GEHV in der ab 1.7.2012 geltenden Fassung mit Bundesrecht vereinbar ist.
a. Nach dem zur Beitragsseite der EHV ergangenen Senatsurteil vom 9.12.2004 kommt der VV der Beklagten als Normgeber der GEHV ein Gestaltungsspielraum zu (B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 50, 110, 113). Die EHV ist vom Senat wie ein berufsständisches Versorgungssystem behandelt worden, sodass die Grundsätze der Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG zur Beitragsgestaltung in berufsständischen Versorgungseinrichtungen sinngemäß angewandt werden können. Der Gestaltungsspielraum der VV als Normgeber wird demzufolge durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt; unbillige Härten müssen vermieden werden, und das für jede Beitragserhebung prägende Äquivalenzprinzip muss ebenso beachtet werden wie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Betroffenen. Danach liegt die Entscheidung der VV, ab Juli 2012 abweichend von der eigenen Praxis der Beklagten in den letzten Jahrzehnten und den Grundsätzen der Beitragserhebung in der gesetzlichen Rentenversicherung und in allen berufsständischen Versorgungswerken von einem prozentualen Beitrag zu einem System umsatzbezogener Beitragsklassen mit jeweils festen Beiträgen zu wechseln, nicht nahe. Die Beklagte sieht das wohl selbst nicht anders und ist mit Beginn des Jahres 2017 zu dem bis zum 30.6.2012 praktizierten System zurückgekehrt. Das in der Zwischenzeit geltende Regime der Beitragsklassen ist jedoch mit höherrangigem Recht vereinbar. Der zentrale Einwand der Klägerin und des SG, die hier zu prüfende Fassung der GEHV benachteiligte vor allem Ärzte mit unterdurchschnittlichen Umsätzen, trifft nicht zu.
b. Die im Urteil des SG angeführten Tabellen, die das LSG in sein Urteil übernommen hat, zeigen deutlich, dass der "Preis pro Punkt" im Beitragsklassensystem gerade mit wachsenden Umsätzen ansteigt. In den ersten vier Beitragsklassen muss der Arzt jeden der 100 bis 400 erarbeiteten Punkte rechnerisch mit 25,08 Euro an Beiträgen im Quartal "bezahlen", in der obersten Beitragsklasse mit 33,39 Euro. Zu diesem Effekt kommt hinzu, dass ein Vertragsarzt maximal 14 000 Punkte erreichen kann und Ärzte in der obersten Beitragsklasse 9 diese Höchstpunktzahl schon nach 20,7 Jahren der Zahlung von Höchstbeiträgen erreichen, aber gleichwohl bis zur Beendigung ihrer Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung weiter Höchstbeiträge abführen müssen (dazu näher Senatsurteil vom heutigen Tag im Parallelverfahren B 6 KA 12/18 R). Das könnte eher zu der Wertung führen, dass der Aspekt der Solidarität zu Lasten der Praxen mit hohen Umsätzen überbetont wird, als dass das System auf Kosten der Praxen mit geringen Umsätzen ausgestaltet wäre.
Die Erhebung von Beiträgen nach Beitragsklassen mit jeweils festen Beiträgen pro Klasse ist heute in Alterssicherungssystemen nicht mehr üblich, diesen aber auch nicht fremd. In der Rentenversicherung der Arbeiter wurde von Beginn an ein Lohn- bzw Beitragsklassensystem praktiziert (zunächst vier Lohnklassen gemäß § 22 des Gesetzes betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung vom 22.6.1889, RGBl 97; später fünf Lohnklassen nach § 1392 RVO idF vom 19.7.1911, RGBl 509; zuletzt ab 4.4.1938 neun Beitragsklassen gemäß § 1387 RVO idF des Gesetzes über den Ausbau der Rentenversicherung vom 21.12.1937, RGBl I 361). Erst ab 29.6.1942 wurden die Beiträge als Vomhundertsatz vom erzielten Grundlohn bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben (§ 6 Zweite Lohnabzugs-Verordnung vom 24.4.1942, RGBl I 252). Das System der Beitragsklassen wurde für freiwillig versicherte Selbstständige bis 1977 im Recht der RVO beibehalten. Das ergibt sich aus §§ 1387, 1388 RVO in der bis Ende 1976 geltenden Fassung generell für die freiwillige Weiterversicherung sowie aus § 1407 Abs 2 RVO hinsichtlich der freien Wahl der Beitragsklasse für die Weiterversicherung.
Ein System von Beitragsklassen führt in der EHV dazu, dass zwar die Vomhundertsätze des für die Umlage maßgeblichen Umsatzes innerhalb jeder Beitragsklasse schwanken, bewirkt aber auch, dass dem System eine Bemessungsgrenze implementiert wird, hier durch die Beitragsklasse 9. Alle Ärzte, die mehr als 200 % des Durchschnittsumsatzes der hessischen Vertragsärzte erzielen, sind der Beitragsklasse 9 zugeordnet, entrichten einen Jahresbetrag von 22 536 Euro (im Beitragsjahr 2012/2013) und können damit maximal 675 Punkte pro Jahr erarbeiten. Höhere Umsätze ändern weder an der Höhe der Umlage noch an der erreichbaren Punktzahl etwas. Die Einführung einer Beitragsbemessungsgrenze ist generell in einem umlagefinanzierten Alterssicherungssystem typisch; der Senat hat in seinem Urteil vom 9.12.2004 deshalb eingehend begründet, weshalb das Fehlen einer solchen Grenze in der 1997 geltenden Fassung der GEHV gleichwohl vertretbar war (B 6 KA 44/03 R - BSGE 94, 50 = SozR 4-2500 § 72 Nr 2, RdNr 111). Daraus hat die Beklagte zu Recht geschlossen, dass die Implementation einer Bemessungsgrenze näher gelegen hätte.
c. Dass die Verwendung von Beitragsklassen zur Ermittlung der Beiträge der Ärzte für die EHV zu Härten führen kann, insbesondere wenn die Grenze zur jeweils nächst höheren Beitragsklasse nur knapp überschritten wird, ist nicht zu bezweifeln. Der Fall der Klägerin zeigt das deutlich. Mit ihrem Umsatz liegt sie um 2,5 Prozentpunkte über der untersten Grenze von 25 %. Innerhalb ihrer Beitragsklasse 2 schwankt die Belastung durch die Umlage für die EHV im Verhältnis zum Jahresumsatz zwischen 4,8 % und 9,7 %. Mit 4,8 % ist der Beitragssatz von 5 %, der bis Ende Juni 2012 im langjährigen Mittel stets zu entrichten war, sogar unterschritten. Mit 9,7 % des Umsatzes ist ein sehr hoher Wert erreicht, der insbesondere Ärzte trifft, die gerade die Grenze von ca 51 347 Euro Jahresumsatz überschritten haben. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass die Klägerin im Zuge ihrer Einstufung in die Beitragsklasse 2 pro Jahr 200 Punkte und damit das Doppelte der Punktzahl erreicht, die sie bei Einstufung in die von ihr für richtig gehaltene Beitragsklasse 1 erreicht hätte. Damit kann von einer Störung der Äquivalenz von vornherein nicht ausgegangen werden. Im System der neun Beitragsklassen gibt es keinen ansatzweise so hohen Sprung - in Prozenten berechnet - wie zwischen der 1. und der 2. Beitragsklasse. Die zu erwerbende Punktzahl verdoppelt sich von 100 auf 200, während sie im Folgenden zunächst in Hunderterschritten steigt und dann später in sehr viel kleineren Schritten. Da sich bei der Klägerin mit hoher Wahrscheinlichkeit jeder erworbene Punkt unmittelbar in einer Erhöhung der Anwartschaft aus der EHV auswirkt (dh ohne Kappung bei 14 000 Punkten) und zudem angesichts der relativ geringen Höhe der Umsätze der Klägerin aus vertragsärztlicher Tätigkeit eher mit einem Sicherungsdefizit im Alter zu rechnen ist, ist bei einer Gesamtbetrachtung der Vor- und Nachteile im Ergebnis eine Beschwer der Klägerin infolge ihrer Einstufung zu verneinen.
d. Zutreffend ist das LSG der Auffassung des SG entgegengetreten, die KÄV müsse bei der Schaffung und Ausgestaltung der Beitragsklassen den Auftrag, für eine angemessene Alterssicherung der Vertragsärzte zu sorgen, außer Acht lassen. Das ergibt sich schon aus der Systematik des Ineinandergreifens der Versorgung der hessischen Vertragsärzte einerseits durch das Versorgungswerk der Ärztekammer und andererseits durch die KÄV im Rahmen der EHV. Hessische Vertragsärzte, die Mitglieder des Versorgungswerks der hessischen Landesärztekammer sind, entrichten generell nur die Hälfte des Beitrags an das Versorgungswerk. Dem liegt typischerweise die Erwartung zugrunde, dass damit auch nur die Hälfte der Versorgung aufgebaut werden kann und muss, weil die andere Hälfte durch Zahlungen aus der EHV erwirtschaftet wird. Dieses Ziel ist in den unteren Beitragsklassen in der Systematik der Beklagten nur sehr schwer erreichbar. Eine Ärztin, die dauerhaft in die Beitragsklasse 2 eingestuft ist, erwirbt in 30 Jahren ärztlicher Tätigkeit 6000 Punkte, was nicht einmal der Hälfte der erreichbaren Höchstpunktzahl von 14 000 Punkten entspricht. Ein Arzt, der 14 000 Punkte erreicht hat, erhielt daraus im Jahr 2015/2016 einen monatlichen Rentenzahlbetrag von ca 2753 Euro, wie sich aus dem Sachverhalt im Verfahren B 6 KA 53/17 R (Urteil vom 12.12.2018 - SozR 4-2500 § 87b Nr 19 RdNr 5) ergibt. Die Klägerin würde bei Einstufung in die Beitragsklasse 2 nach einem Berufsleben als Vertragsärztin nicht einmal einen Betrag von 1300 Euro monatlich aus der EHV erreichen, was hinter dem hälftigen Rentenhöchstbetrag bei Beendigung der Tätigkeit mit 65 Jahren aus dem Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen zurückbleibt. Deshalb ist die Befürchtung der Beklagten, dass Ärzte bei zu niedriger Anwartschaft auf Punkte für die EHV das Ziel einer angemessenen Alterssicherung nicht erreichen können, nicht von der Hand zu weisen.
Die Klägerin bestätigt das Sicherungsproblem, wenn sie selbst vorträgt, dass sie im Quartal 3/2012 ca 1850 Euro an Beiträgen an das Versorgungswerk habe zahlen müssen. Der hälftige Höchstbeitrag der Klägerin zum Versorgungswerk der Landesärztekammer Hessen im Quartal 3/2012 hätte ca 1644 Euro betragen (Beitragsbemessungsgrenze von 69 600 Euro im Jahr, Höchstbeitrag im Monat ca 1096 Euro bei einem Beitragssatz von 18,9 %, Halbierung wegen der Zugehörigkeit zur EHV auf ca 548 Euro), also deutlich mehr als der Beitrag zur EHV in Höhe von 1254 Euro in diesem Quartal.
Die Differenz zwischen dem Betrag von ca 1850 Euro, den die Klägerin nach ihren Angaben entrichtet hat, und dem Betrag von ca 1644 Euro, den sie maximal an das Versorgungswerk der hessischen Landesärztekammer hätte entrichten müssen, führt auf ein Problem, das die Beklagte im Rahmen der EHV nicht lösen kann, das aber gelöst werden muss. Die Klägerin ist als in Hessen niedergelassene Ärztin zwar Mitglied der hessischen Landesärztekammer, entrichtet aber nach eigenen Angaben weiterhin Beiträge zur Altersversorgung an das Versorgungswerk der Ärztekammer Hamburg, der sie früher angehört hat. § 8 der Satzung des Versorgungswerks der hessischen Landesärztekammer sieht nach den Feststellungen des LSG vor, dass die Beiträge für Vertragsärzte im Hinblick auf deren Einbeziehung in die EHV halbiert werden. Entsprechende Regelungen existieren nach Angaben der Beklagten in einigen, aber nicht in allen Satzungen der anderen ärztlichen Versorgungswerke im Bundesgebiet. Da nicht nur in äußerst seltenen Einzelfällen infolge der örtlichen Mobilität von Ärzten Niederlassungsort und Zugehörigkeit zu einem Versorgungswerk auseinanderfallen können und eventuell in Zukunft noch häufiger auseinanderfallen werden, müssen auch diejenigen hessischen Vertragsärzte, die Beiträge zu einem anderen Versorgungswerk als dem der hessischen Landesärztekammer entrichten, ihre Beiträge dort im Hinblick auf ihre Einbeziehung in die EHV vermindern können. Ob das eine Ergänzung der normativen Vorgaben für die betroffenen Versorgungswerke erfordert oder über eine Härteregelung realisiert werden kann, wie sie § 13 der Versorgungsordnung in Hessen nach den Feststellungen des LSG enthält, bedarf an dieser Stelle keiner Vertiefung. Der Senat stellt lediglich klar, dass die Einbeziehung der Ärzte, die in Hessen an der vertragsärztlichen Versorgung als Vertragsärzte oder als im MVZ oder in vertragsärztlichen Praxen angestellte Ärzte mitwirken, in die EHV bundesrechtlich zugelassen ist. Die landesrechtlichen Bestimmungen in den Heilberuf- und Kammergesetzen sowie in den Satzungen der Versorgungswerke müssen dem (auch) im Hinblick auf Art 31 GG Rechnung tragen.
e. Bei der Kritik an der im Fall der Klägerin vergleichsweise hohen Belastung mit Beiträgen beachtet das SG schließlich nicht hinreichend, dass ein Versicherungs- bzw Versorgungssystem in eine Legitimationskrise gerät, wenn trotz kontinuierlicher Beitragsentrichtung ein relevanter Beitrag für die Altersversorgung nicht erreicht werden kann. Das mag bei zu erwartenden Alterseinkünften der Klägerin nach der eben angestellten Modellrechnung (dauerhafte Einstufung in Klasse 2 und fiktive Hochrechnung auf das Berufsleben) insgesamt nicht zu besorgen sein, doch muss jeweils die Relation zwischen den Einkünften aus der beruflichen Tätigkeit und der Alterssicherung gesehen werden. Jedenfalls ist die Entscheidung der Beklagten, die Beiträge in der ersten für den Erwerb einer Anwartschaft auf Leistungen aus der EHV relevanten Umsatzgruppe oberhalb von 50 000 Euro im Jahr (Beitragsklasse 3) zumindest in deren unteren Bereich deutlich höher anzusetzen als es der bisherigen Belastung mit ca 5 % vom Umsatz entsprach, nicht in der Weise rechtswidrig, dass der Gestaltungsspielraum der Beklagten bei der Ausgestaltung der EHV verlassen worden wäre. Es würden sich zumindest auch Probleme stellen, wenn konsequent an einem 5%igen bzw 5,62%igen Abzug festgehalten wird, der bei niedrigen Umsätzen in der Größenordnung von 50 000 Euro im Jahr nur zu einem sehr geringen Punkterwerb führt. Unterstellt man, ein Arzt erreicht pro Jahr seiner Tätigkeit eine Anwartschaft aus der EHV von 100 Punkten, kommen nach 30-jähriger Berufstätigkeit 3000 Punkte zusammen, was vereinfacht gerechnet derzeit eine Leistung aus der EHV im Bereich von knapp 500 Euro im Monat ergäbe. Dass eine derart geringe Absicherung rechtfertigt, nur den hälftigen Beitrag zur Ärzteversorgung zu leisten, liegt zumindest nicht auf der Hand.
4. Die Revision der Beklagten ist begründet. Zwar hat der Senat im Verfahren B 6 KA 12/18 R mit Urteil ebenfalls vom heutigen Tage entschieden, dass § 3 Abs 1 GEHV insoweit mit höherrangigem Recht unvereinbar ist, als besonders hohe Kosten bei der Ermittlung der Umlage zur EHV generell nicht berücksichtigt werden. Das verhilft der Klage indessen entgegen der Auffassung des LSG nicht zum Erfolg.
a. § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV ist nicht in vollem Umfang rechtswidrig und damit als Norm unanwendbar, sondern nur in den Fällen, in denen die strikt umsatzbezogene Einstufung in Beitragsklassen eine gegenüber der Durchschnittssituation der Vertragsärzte nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellt. Es liegt auf der Hand, dass eine Ärztin, die einen durchschnittlichen Umsatz mit durchschnittlichen Praxiskosten erzielt, nicht dadurch beschwert ist, dass ihr Beitrag nach dem Umsatz ihrer Praxis berechnet wird. Eine Berechnung nach dem individuellen Ertrag könnte sie von vornherein nicht verlangen, weil es für die Zwecke der EHV nicht auf den wirtschaftlichen Erfolg der einzelnen Ärztin und die ganz spezielle Kostenstruktur ihrer Praxis ankommt. Unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebotes des Art 3 Abs 1 GG kann eine Ärztin lediglich verlangen, dass sie im Hinblick auf die durchschnittlichen Arztkosten ihrer Arztgruppe nicht ungleich gegenüber Ärzten anderer Arztgruppen behandelt wird, die bei gleichem Umsatz typischerweise einen sehr viel höheren Gewinn erzielen können. Lediglich die Berücksichtigung von (weit) überdurchschnittlichen Kostenanteilen bzw Anteilen von Kostenerstattungen an dem vertragsärztlichen Gesamtumsatz führt danach zur Unanwendbarkeit des § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV. In Bezug auf Ärzte und Arztgruppen, die von dem Sonderproblem der signifikant abweichenden Kostenanteile am Umsatz nicht betroffen sind, bietet § 3 GEHV auch in der zwischen dem 1.7.2012 und dem 31.12.2016 geltenden Fassung eine gesetzeskonforme Grundlage für den Abzug vom vertragsärztlichen Honorar für die Zwecke der EHV.
b. Das LSG hat seine abweichende Auffassung zunächst auf eine Entscheidung des BVerfG vom 12.7.2017 (1 BvR 2222/12 ua - BVerfGE 146, 164) gestützt. Dort war zu klären, ob einzelne Unternehmer bzw Unternehmen verpflichtet werden können, als Mitglieder einer Industrie- und Handelskammer entsprechende Kammerbeiträge zu leisten. An der vom LSG für seine Auffassung von der unheilbaren Gesamtnichtigkeit des § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV zitierten Stelle (BVerfG aaO RdNr 78, 81) führt der 1. Senat des BVerfG allerdings lediglich aus, dass Art 2 Abs 1 GG davor schütze, Beiträge für "unnötige" Körperschaften zu leisten. Dem schließt sich der Senat uneingeschränkt an, doch hat das für die hier zu beurteilende Frage keine Bedeutung. Es steht nicht in Frage und wird vom LSG nicht in Frage gestellt, dass die beklagte KÄV eine notwendige und gesetzeskonforme Körperschaft ist, und es kann nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats auch nicht zweifelhaft sein, dass die hessischen Vertragsärzte im Hinblick auf § 8 KVHG das System der EHV zur Sicherung der Versorgungsansprüche der alten und invaliden Vertragsärzte weiterhin mit "Beiträgen" finanzieren müssen.
Auch der Hinweis des LSG auf das Urteil des BVerwG vom 11.7.2012 (9 CN 1.11 - BVerwGE 143, 301) trägt das Berufungsurteil nicht. Gegenstand der Entscheidung des BVerwG ist die Unwirksamkeit einer kommunalen Satzung, mit der zur Kultur- und Tourismusförderung eine Abgabe für entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben gefordert wurde. An der für die hier zu entscheidende Rechtsfrage maßgeblichen Stelle führt das BVerwG aus, Voraussetzung für die Teilbarkeit einer Satzung sei, dass die ohne den nichtigen Teil bestehende Restregelung sinnvoll bleibe (§ 139 BGB analog) und darüber hinaus mit Sicherheit anzunehmen sei, dass sie auch ohne den zur Unwirksamkeit führenden Teil erlassen worden wäre (aaO RdNr 30). Genau das entspricht der Rechtsauffassung des Senats. Der Senat hat keinen Zweifel, dass die Beitragserhebung insgesamt auf der Grundlage des § 3 GEHV bei den Arztgruppen, auf die sich der Grund für die teilweise Rechtswidrigkeit des § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV in keiner Weise auswirkt, nach wie vor, wie von der VV für die Jahre 2012 bis 2016 vorgeschrieben, erfolgen kann. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte, wenn sie von vornherein eine besondere Berücksichtigung der technischen Leistungen bzw überdurchschnittlich hohen Kosten ermöglicht hätte, ein gänzlich anderes System der Erhebung von "Beiträgen" zur EHV vorgeschrieben hätte. Die Trennbarkeit der Problematik der Berücksichtigung von besonders hohen Kosten und der Einstufung der Ärzte in Beitragsklassen wird im Übrigen schon daran deutlich, dass die Beklagte für die Zeit ab dem 1.1.2017 das Beitragsklassensystem aufgegeben, an der Nichtberücksichtigung von besonderen Kostenbelastungen einzelner Ärzte und Arztgruppen indessen festgehalten hat.
c. Danach ergibt sich, dass die rechtlichen Erwägungen, die den Senat zur Bestätigung der Rechtsauffassung des LSG hinsichtlich der teilweisen Rechtswidrigkeit des § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV veranlasst haben, im Fall der Klägerin von vornherein nicht durchgreifen. Ihre Einstufung in die Beitragsklasse 2 ist nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die gesetzliche Verpflichtung der Beklagten, im Rahmen eines Umlagesystems lückenlos alle Vertragsärzte zur Finanzierung der laufenden EHV-Zahlungen an die inaktiven Vertragsärzte heranzuziehen, kann ausgeschlossen werden, dass die Beklagte allein wegen des "Fehlers" bei der Berücksichtigung der besonders kostenintensiven Leistungen von einer Heranziehung der Klägerin abgesehen hätte. Ob generell Kostenanteile bei Ermittlung der EHV-relevanten Umsätze abgezogen wurden oder nicht, erweist sich für Ärzte mit durchschnittlichen Praxiskosten als im Ergebnis unerheblich: Es ergibt insoweit unter Gleichbehandlungsaspekten keinen Unterschied, ob der Honorarumsatz des einzelnen Arztes um einen für alle Ärzte gleichen Durchschnittskostensatz vermindert wird oder der Abzug unmittelbar vom Bruttoumsatz erfolgt. Je stärker der Bruttoumsatz vermindert wird, desto höher muss der Vomhundertsatz für die EHV-Umlage ausfallen.
d. Im Übrigen greift auch das Argument des LSG nicht durch, dass sich der Fehler der Beklagten bei Ausgestaltung des § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV notwendig auf die Gesamtkalkulation auswirke. Das mag für sich genommen zutreffen, hat jedoch keine Auswirkungen auf die Heranziehung der Klägerin. Zudem berücksichtigt das LSG nicht hinreichend, dass der Beklagten nunmehr sieben Jahre nach dem maßgeblichen Zeitraum ohnehin kein Raum für eine "neue Gesamtkalkulation" bleibt. Die Einstufungsbescheide zu Gunsten und zu Lasten aller Ärzte, die von der besonderen Kostenbelastung einzelner Arztgruppen nicht betroffen sind, sind bestandskräftig geworden und dürfen - selbst soweit sie im Rechtsmittelverfahren noch anhängig sind - nicht zu Lasten der rechtsmittelführenden Ärztinnen und Ärzte verschlechtert werden. Damit steht der Beklagten für eine umfassende Neukonzeption des § 3 Abs 1 Satz 1 GEHV für die Zeit vom 1.7.2012 bis zum 31.12.2016 ohnehin keine wirtschaftliche Verfügungsmasse in größerem Umfang zur Verfügung, weil sie die durch das bisherige System mittelbar begünstigten Ärztinnen und Ärzte mit (nur) durchschnittlicher Kostenbelastung - wie die Klägerin - nicht nachträglich höher belasten kann, um damit die nach Auffassung des Senats erforderliche Entlastung der Arztgruppen zu finanzieren, die mit hohen Kostenbelastungen ihre vertragsärztliche Tätigkeit verrichten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Klägerin ist insgesamt unterlegen und hat deshalb die Kosten des Rechtsstreits in vollem Umfang für alle Rechtszüge zu tragen.
Fundstellen
Haufe-Index 13692188 |
NZS 2020, 517 |
SGb 2020, 228 |