Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. September 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Der Kläger macht die Folgen eines Verkehrsunfalls als Wehrdienstbeschädigung geltend und verlangt Versorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) iVm dem Bundesversorgungsgesetz.
Der Kläger leistete vom 1. April 1993 bis zu seiner Entlassung wegen Dienstunfähigkeit am 15. Februar 1994 (Pflicht-)wehrdienst. Ab 13. September 1993 war er “KzH” (krank zu Hause) geschrieben. Am 7. Oktober 1993 erlitt er einen Verkehrsunfall. Wegen der Unfallfolgen beantragte er am 23. Februar 1994 Ausgleich beim Wehrbereichsgebührnisamt und am 4. März 1994 Beschädigtenversorgung beim Beklagten; der Unfall habe sich auf dem Weg von seinem Wohnort Met… zur Kaserne in Mes… ereignet, wo er sich seinen Wehrsold habe abholen wollen. Dieser Antrag blieb wegen fehlender Mitwirkung ohne Erfolg. Den im November 1995 erneut gestellten Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15. März 1996 (Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 1996) ab, weil der zum Abholen des Wehrsoldes zurückgelegte Weg nicht mit dem Wehrdienst zusammengehangen habe.
Das Sozialgericht (SG) Reutlingen hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 14. September 2000). Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat diese Entscheidung aufgehoben und den Beklagten verurteilt, dem Kläger ab 16. Februar 1994 wegen der am 7. Oktober 1993 erlittenen Wehrdienstbeschädigung Versorgung zu gewähren. Zur Begründung seines Urteils vom 27. September 2001 hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ebenso wie der Weg zum regelmäßigen Lohnempfang in der gesetzlichen Unfallversicherung zur versicherten Tätigkeit gehöre, sei der Weg zum Empfang des Wehrsoldes versorgungsrechtlich geschützt.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte geltend: Das Berufungsurteil verletze § 81 Abs 4 Nr 2 SVG. Die zwischen Wehrsold und Arbeitsentgelt bestehenden grundlegenden Unterschiede erlaubten es nicht, zur gesetzlichen Unfallversicherung entwickelte Grundsätze auf das Soldatenversorgungsrecht zu übertragen.
Der Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 27. September 2001 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Reutlingen vom 14. September 2000 zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Beklagten ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Der Senat kann in der Sache selbst nicht entscheiden, weil die Bundesrepublik Deutschland zu dem Rechtsstreit hätte beigeladen werden müssen (§ 75 Abs 2 SGG). Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung ist bei einer zulässigen Revision von Amts wegen als Verfahrensfehler zu beachten (BSG SozR 1500 § 75 Nr 21 mwN). Dieser Fehler lässt sich hier durch eine Beiladung der Bundesrepublik Deutschland im Revisionsverfahren nicht beheben, weil die Beizuladende die dafür nach § 168 Satz 2 Halbsatz 2 SGG erforderliche Zustimmung nicht erteilt hat.
Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, dass zum Rechtsstreit eines (ehemaligen) Soldaten auf Versorgung wegen einer Wehrdienstbeschädigung für die Zeit nach Beendigung des Wehrdienstes gegen ein Land die Bundesrepublik Deutschland und umgekehrt zu einem Rechtsstreit gegen Letztere auf Ausgleich für die Zeit des Wehrdienstverhältnisses das für die Versorgung zuständige Land nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beizuladen ist (Urteil vom 31. Mai 1989 – 9 RV 36/88 – und Beschluss vom 3. August 1994 – 9 BV 20/94 – beide: Juris). Denn das streitige Rechtsverhältnis (Versorgungsverhältnis) kann nur einheitlich gegenüber Bund und Land festgestellt werden. Das ergibt sich aus § 88 Abs 3 SVG. Danach ist eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über das Vorliegen einer Wehrdienstbeschädigung und über deren ursächlichen Zusammenhang mit einer als Schädigungsfolge geltend gemachten Gesundheitsstörung für die Behörden des jeweils anderen Verwaltungszweiges verbindlich. Durch die Entscheidung über den hier geltend gemachten Anspruch des Klägers auf Versorgung wird mithin – wie für § 75 Abs 2 SGG erforderlich – gleichzeitig unmittelbar und zwangsläufig in die Rechte der Bundesrepublik Deutschland eingegriffen, von der der Kläger – noch im Verwaltungsverfahren – Ausgleich verlangt.
Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiterhin davon ausgehen dürfen, dass unfallversicherungsrechtliche Grundsätze zum Wegeunfall, darunter auch zu den mit der Entgeltzahlung zusammenhängenden Handlungen (Abholen des Entgelts bei Barzahlung) auf das Soldatenversorgungsrecht übertragen werden können (vgl BSG SozR 3200 § 81 Nr 24 mwN; BSGE 75, 180, 182 = SozR 3-3200 § 81 Nr 12 und zuletzt BSGE 88, 247, 248 = SozR 3-3200 § 81 Nr 19; Schulin/Igl, Sozialrecht, 7. Aufl 2002, RdNr 839). Die vom Beklagten dagegen geltend gemachten Bedenken dürften nicht durchschlagen. Der Gesetzgeber hat die Zahlung von Entgelt und Wehrsold insoweit ohne Rücksicht auf die vom Beklagten angeführten Unterschiede gleich behandelt. Das zeigt sich insbesondere daran, dass in der Vergangenheit der Versicherungs- und der Versorgungsschutz gleichförmig und nahezu gleichzeitig auf den Weg zum Abholen eines Geldbetrages bei dem Geldinstitut erstreckt worden war, wohin der Arbeitgeber/Dienstherr den Lohn oder das Gehalt/die Dienstbezüge des Soldaten überwies (vgl § 548 Abs 1 Satz 2 Reichsversicherungsordnung und § 81 Abs 4 Nr 3 SVG aF). Die konzertierte Aufhebung dieser besonderen Vorschriften (durch Nichtübernahme in das SGB VII und durch Streichung des § 81 Abs 4 Nr 3 SVG) lässt die Grundsätze zum Versicherungs-/Versorgungsschutz bei betrieblicher/dienstlicher Barzahlung von Entgelt/Dienstbezügen unberührt (vgl Ricke in Kasseler Komm, Stand Dezember 2000, § 8 SGB VII RdNr 69).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen