Leitsatz (amtlich)

Für die Zuordnung von Bauarbeiten im Hochbau zum Rohbau oder Ausbau iS von § 1 Nr 1 der Förderungssätze-VO ist entscheidend, welche Schutzvorkehrungen sie erfordern.

 

Normenkette

AFG § 78 Abs 1 Fassung: 1972-05-19, § 78 Abs 2 Fassung: 1972-05-19, § 79 Abs 3 Fassung: 1972-05-19; FöSatzV § 1 Nr 1 Fassung: 1973-07-16

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 22.02.1983; Aktenzeichen L 5 Ar 392/82)

SG Heilbronn (Entscheidung vom 14.12.1981; Aktenzeichen S 10 Ar 331/81)

 

Tatbestand

Die Klägerin führte im Dezember 1980 an fünf verschiedenen Baustellen Bau- bzw. Umbauarbeiten aus. Es handelte sich um Maurer-, Beton-, Estrich- und Stemmarbeiten in Gebäuden, deren tragende Wände und Decken bereits fertiggestellt waren bzw in bestehenden Gebäuden, die mit Fenster und Türen versehen waren, so daß die Schutzvorkehrungen gegen Witterungseinflüsse darauf beschränkt werden konnten, Abdeck- und Heizmaterial bereitzustellen bzw die Baustoffe vorzuwärmen.

Den Anträgen der Klägerin vom 27. November, 1. Dezember und 8. Dezember 1980, ihr für die Bauvorhaben Mehrkostenzuschüsse zu gewähren, entsprach die Beklagte mit vier Bescheiden vom 15. Dezember 1980 und einem vom 9. Januar 1981, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 1981 insoweit, als ein Betrag von 1,-- DM je geleistete Arbeitsstunde zugesagt wurde. Dabei legte das Arbeitsamt den Förderungssatz für Ausbauarbeiten im Hochbau zugrunde. Die Klage, mit der die Klägerin einen Mehrkostenzuschuß von 2,50 DM je geleistete Arbeitsstunde für Rohbau begehrte, hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 14. Dezember 1981). Das SG hat die Berufung zugelassen.

Das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil und die angefochtenen Bescheide abgeändert sowie die Beklagte verurteilt, der Klägerin pro Stunde einen Mehrkostenzuschuß von 2,50 DM zu zahlen mit Ausnahme der Stunden für die Estricharbeiten bei der Firma H.. Zur Begründung seines Urteils vom 22. Februar 1983 hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt: Nach § 1 Nr 1 der Förderungssätze-Verordnung (VO) vom 16. Juli 1973 (BGBl I 481) betrügen die Förderungssätze für den Mehrkostenzuschuß je Arbeitsstunde im Hochbau für den Rohbau 2,50 DM und für den Ausbau 1,-- DM. Die Begriffe Rohbau und Ausbau, auf deren Abgrenzung es hier ankomme, seien in der Verordnung nicht definiert. Der Verordnungsgeber habe jedoch zwei Begriffe verwendet, die auch die damals noch geltende Gebührenordnung für Architekten enthalten habe, und die im Bauwesen allgemein üblich seien. Die Verordnung und ihre Begründung enthielten keinen Hinweis darauf, daß der Verordnungsgeber diese Begriffe im Bereich der Winterbauförderung anders verstanden habe. Dies spreche dafür, daß diese Begriffe in der Förderungssätze-VO das gleiche bedeuteten, wie sie unter Bauleuten verstanden würden. Aus § 79 Abs 3 Satz 3 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ergebe sich, daß schon der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, daß nur eine grobe Abgrenzung möglich sei, denn er sehe nur eine Besserstellung der klimatisch besonders benachteiligten Gebiete, nicht aber eine Schlechterstellung der klimatisch besonders begünstigten Gebiete vor. Das gleiche Ergebnis werde auch in der Kommentar-Literatur vertreten. Selbst die Beklagte sei dieser Ansicht früher in einem einschlägigen Merkblatt gewesen. Hinzu komme, daß der Verordnungsgeber, dem diese Abgrenzung der Begriffe bekannt gewesen sein müsse, keinen Anlaß gesehen habe, sie zu ändern, obwohl er anläßlich der Neufassung der VO vom 15. Juni 1981 (BGBl I 531) dazu Gelegenheit gehabt habe. Die Abgrenzung zwischen Rohbau und Ausbau habe somit nach der allgemeinen Verkehrsauffassung von Bauleuten zu erfolgen. Nach dieser gehörten Maurer- und Betonarbeiten zum Rohbau, wobei es keine Rolle spiele, ob sie an einem Neubau oder an einem bestehenden Haus geleistet würden. Hierunter fielen alle von der Klägerin geltend gemachten Stunden mit Ausnahme der Estricharbeiten bei der Firma H..

Mit der Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 1 Nr 1 der Förderungssätze-VO idF vom 16. Juli 1973 (BGBl I 841) iVm § 79 Abs 3 AFG und führt dazu aus: Eine allgemeingültige Regelung, welche Arbeiten im Hochbau dem Rohbau und welche dem Ausbau zuzurechnen seien, gebe es nicht. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch werde unter dem Rohbau der Teil eines in Ausführung befindlichen Bauwerks, der das statisch-konstruktive Gefüge, die Schornsteine, Brandwände, Treppen und die Dachkonstruktion umfasse, verstanden. Mit dem Begriff Ausbau bezeichne man alle Arbeiten an einem Bauwerk, die nach Beendigung der Rohbauarbeiten erforderlich seien, zB Putz-, Schreiner-, Glaser-, Fliesen- und Malerarbeiten, Installationen und Heizungsanlagen. Folge man diesem Sprachgebrauch, so komme man zu dem Ergebnis, daß die Arbeiten, die dem Ausbau dienten, weitaus überwiegend im inneren, also des im Zustand des fertigen Rohbaues befindlichen Gebäudes verrichtet würden. Sie seien damit nicht so witterungsabhängig wie Rohbauarbeiten, die von der Natur der Sache her den Witterungsverhältnissen ungeschützt ausgesetzt seien. In der Regel verlangten Ausbauarbeiten an Schutzvorkehrungen das Abdichten von Fenstern, Türen und anderen vergleichbaren Öffnungen, Abdecken des Materials oder Lagerung im Inneren des Bauwerks, der Beheizung der betreffenden Räumlichkeiten. Rohbauarbeiten bedürften dagegen sowohl an technischem Umfang als auch an finanziellem Aufwand der aufwendigsten Winterbauinvestitionen (zB Winterbauschutzhallen, aufwendige Heizeinrichtungen, besondere Vorrichtungen zur Beschickung der die Arbeitsplätze eingrenzenden Winterbauschutzhalle). Nach diesen Kriterien müsse sich daher die Zuordnung der jeweiligen Arbeiten richten. Hierfür spreche auch die gegenüber dem Rohbau weitaus geringere Höhe des Mehrkostenzuschusses für den Ausbau. Diese sei dann berechtigt, wenn man davon ausgehe, daß es sich bei den Ausbauarbeiten um Arbeiten handele, die im Inneren von Gebäuden durchgeführt würden, deshalb geringe Schutzvorkehrungen und damit auch einen geringen finanziellen Mehraufwand erforderlich machten. Es biete sich an, alle Arbeiten, die in Gebäuden (fertiggestellter Rohbau, bereits bestehende Altbauten usw) durchgeführt würden, den Ausbauarbeiten zuzurechnen, sofern für ihre Durchführung solche Schutzvorkehrungen erforderlich seien, wie sie in der Regel für Ausbauarbeiten ergriffen werden müßten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Februar 1983 insoweit aufzuheben, als der Berufung stattgegeben worden ist und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14. Dezember 1981 insoweit zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Das LSG sei richtigerweise von der allgemeinen Verkehrsauffassung unter Bauleuten ausgegangen. Selbst wenn man jedoch die Definitionen Rohbau - Ausbau nach dem von der Beklagten zitierten allgemeinen Sprachgebrauch zugrundelege, müsse man nicht zu anderen Begriffen kommen. Es sei nicht einzusehen, daß die maurermäßige Ausführung der gleichen Zwischenwand eines Gebäudes den Rohbauarbeiten zuzurechnen sei, wenn sie gemeinsam mit Außenwänden gemauert werde, daß sie aber andererseits zu den Ausbauarbeiten zu zählen wäre, wenn zunächst die Außenwände und das Dach ausgeführt würden und dann erst die genannte Zwischenwand gemauert werde. Daß es auf die Höhe der im Einzelfalle erforderlichen Aufwendungen des ausführenden Bauunternehmens für die Höhe des Förderungssatzes nicht ankommen könne, ergebe sich ganz klar aus der Förderungssätze-VO. Wenn der Verordnungsgeber etwas anderes gewollt hätte, hätte er nicht die Unterscheidung zwischen Rohbau und Ausbau gewählt, sondern den Zuschuß von der Höhe der Aufwendungen abhängig gemacht. Gerade diese Beziehung zwischen Aufwendungen und Zuschuß habe der Verordnungsgeber aber nicht geschaffen. Es entspreche sogar der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), daß der Zuschuß auch dann zu zahlen sei, wenn dem Bauunternehmer überhaupt keine Aufwendungen entstanden seien. Es komme vielmehr allein auf das Vorhandensein der erforderlichen Schutzvorkehrungen an. Deren Vorliegen sei jedoch nicht im Streit.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Mehrkostenzuschuß in Höhe von 2,50 DM je Stunde. Die Beklagte und das SG haben zutreffend entschieden, daß dieser 1,-- DM beträgt.

Gemäß § 78 Abs 1 AFG werden Arbeitgebern des Baugewerbes Zuschüsse zu den sonstigen witterungsbedingten Mehrkosten der Bauarbeiten gewährt, die sie in der Förderungszeit durchgeführt haben (Mehrkostenzuschuß). Der Mehrkostenzuschuß bemißt sich nach der Zahl der in der Förderungszeit von den Arbeitern geleisteten Arbeitsstunden und dem Förderungssatz (§ 79 Abs 2 AFG). Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung setzt durch Rechtsverordnung die Förderungssätze fest. Diese sollen mindestens ein Drittel und höchstens zwei Drittel der in der Regel für die geförderten Arbeiten entstehenden Mehrkosten betragen. Nach § 1 Nr 1 der hier maßgeblichen VO über die Förderungssätze für den Mehrkostenzuschuß der Produktiven Winterbauförderung vom 16. Juli 1973 - Förderungssätze-VO - (BGBl I 841) betrug der Förderungssatz im Hochbau für den Rohbau 2,50 DM und für den Ausbau 1,-- DM je Arbeitsstunde. Welche Arbeiten dem Rohbau und welche dem Ausbau zuzuordnen sind, ist der VO nicht zu entnehmen. Dies gilt auch für die Änderungs-VO vom 15. Juni 1981 (BGBl I 531), mit der die hier in Betracht kommenden Förderungssätze mit Wirkung vom 1. November 1981 für den Ausbau auf 2,-- DM und für den Rohbau auf 7,-- DM festgesetzt wurden und für die Änderungs-VO vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1661), nach der die Förderungssätze 1,30 DM für den Ausbau und 4,55 DM für den Rohbau betragen. Da auch in den Vorschriften des AFG keine Bestimmungen enthalten sind, die festlegen, welche Arbeiten zum Rohbau gehören, bietet es sich an, nach anderen Bestimmungen zu suchen, die eine solche Zuordnung enthalten. Dies war soweit ersichtlich allein § 9 der VO PR Nr 66/50 über die Gebühren für Architekten (GOA) vom 13. Oktober 1950 (Bundesanzeiger Nr 216 vom 8. November 1950). Hiernach zählen Maurerarbeiten und Betonarbeiten zu den Rohbauarbeiten im Sinne dieser VO. Die letztere Einschränkung zeigt bereits, daß der Verordnungsgeber damit nicht einen allgemein gültigen Begriff übernommen hat oder definieren wollte. Vielmehr sollte diese Bestimmung der Feststellung dienen, in welche Bauklasse ein Bauwerk einzuordnen war. Nach der Bauklasse wiederum richtete sich die Berechnung der Gebühren gemäß §§ 7 und 10 GOA. Die in § 9 GOA getroffene Definition kann daher nicht als allgemein gültige Bestimmung der Arbeiten gelten, die zum Rohbau gehören. Sie kann allenfalls ein Anhalt dafür sein, daß die dort aufgeführten Arbeiten Rohbauarbeiten sein können. Daß sie es ausschließlich sind, kann hieraus nicht gefolgert werden. Dagegen spricht auch, daß § 96 Abs 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Januar 1970 idF vom 15. Juli 1976 (GV NW S. 264) bestimmt, daß die Rohbauabnahme vorzunehmen ist, sobald die tragenden Teile, Schornsteine, Brandwände und die Dachkonstruktion vollendet sind. Mit dem Innenausbau und der Putzarbeit darf erst nach der Rohbauabnahme oder der Teilabnahme begonnen werden. Im wesentlichen gleichlautende Bestimmungen enthalten zB auch § 105 der Hessischen Bauordnung vom 16. Dezember 1977 (GVBl 1978 I S. 1) und § 103 der Landesbauordnung für Baden-Württemberg vom 20. Juni 1972 (GVBl S. 352). Dies bedeutet aber, daß andere Maurer- und Betonarbeiten, die im Inneren des Gebäudes ausgeführt werden, hiernach nicht zu den Rohbauarbeiten gehören. Andererseits kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die in diesen Bestimmungen vorgenommene Eingrenzung deshalb erfolgt ist, damit eine möglichst ungehinderte Überprüfung der tragenden Konstruktionsteile des Gebäudes erfolgen kann. Auch insoweit kann also aus den vorstehend genannten Bestimmungen nicht geschlossen werden, daß zB die Erstellung einer nichttragenden Mauer keine Rohbauarbeit sein kann. Der Verdingungsordnung für Bauleistungen ist lediglich an Hand der DIN-Normen zu entnehmen, daß Maurer- und Betonarbeiten (DIN 18330 und DIN 18331) zu den Rohbauarbeiten gerechnet werden (Schmidt in: Gemeinschaftskommentar zum AFG, § 79 Anm 11a). Hieraus ergibt sich, daß auch unter Bauleuten der Begriff der Rohbauarbeiten durchaus unterschiedliche Bedeutung haben kann und es insoweit keine allgemeingültige Definition gibt. Daher ist die Frage, welche Arbeiten im Hochbau Rohbauarbeiten im Sinne von § 1 Nr 1 Förderungssätze-VO sind, an Hand des Gesetzeszweckes zu klären. Hierbei kann die Zuordnung bestimmter Leistungen in anderen Bestimmungen ein Anhalt dafür sein, welche Arbeiten Rohbauarbeiten und welche Ausbauarbeiten sind (Hennig/Kühl/Heuer, AFG, ErgLfg, 21 § 79 Anm 10; Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, Anm 12 zu § 79; Gemeinschaftskommentar zum AFG, Anm 11a zu § 79). Entscheidend ist aber bei der Auslegung die Orientierung am Gesetzeszweck. Diese geht, wie aus § 79 Abs 3 AFG folgt, dahin, daß mindestens ein Drittel und höchstens zwei Drittel der in der Regel für die geförderten Arbeiten entstehenden Mehrkosten ausgeglichen werden sollen. Zwischen dem Umfang der Mehrkosten und damit dem Umfang der Schutzvorkehrungen, die gemäß § 78 Abs 2 AFG erforderlich sind, besteht somit, wie die Beklagte in ihrer Dienstanweisung (DA) Nr 17.12 zu § 79 zutreffend ausgeführt hat, ein innerer Zusammenhang. Deshalb ist bei der Beantwortung der Frage, ob es sich um Rohbauarbeiten im Sinne von § 1 Nr 1 der Förderungssätze-VO handelt oder ob diese Arbeiten unter den Ausbau fallen, darauf abzustellen, ob sie Schutzvorkehrungen gegen Witterungseinflüsse erfordern, wie sie bei Außenarbeiten in der Regel erforderlich sind oder ob es sich um Arbeiten handelt, die Schutzvorkehrungen erfordern, wie sie in der Regel Arbeiten im Inneren eines Bauwerks verlangen.

Wenn das LSG demgegenüber meint, der Verordnungsgeber habe sich mit der Wahl der beiden Begriffe Rohbau und Ausbau für eine verhältnismäßig einfache praktische Unterscheidung zwischen Arbeiten, die witterungsanfälliger sind als andere, entschieden und deshalb müßten diese Begriffe auch so ausgelegt werden, wie es unter Bauleuten üblich ist, geht es zunächst von der unzutreffenden Voraussetzung aus, die GOA habe allgemeingültige Begriffe für die Rohbauarbeiten und Ausbauarbeiten festgelegt. Zum anderen läßt es außer Acht, daß nach § 78 Abs 3 AFG die Zuschüsse mindestens ein Drittel und höchstens zwei Drittel der in der Regel für die geförderten Arbeiten entstehenden Mehrkosten betragen sollen. Die von dem LSG gewählte Auslegung birgt die Gefahr in sich, daß für Arbeiten, die nach der Definition des LSG Ausbauarbeiten sind, jedoch Schutzvorkehrungen erfordern, wie sie bei Außenarbeiten erforderlich sind, der Zuschuß nicht in der erforderlichen Höhe gezahlt werden kann. Umgekehrt müssen für Arbeiten, die hiernach nicht zum Ausbau gehören, jedoch lediglich Schutzvorkehrungen erfordern, wie sie in der Regel nur beim Ausbau erforderlich sind, Zuschüsse gewährt werden, die höher liegen als zwei Drittel der Mehrkosten. Die Auslegung des LSG würde auch zu dem unbefriedigenden Ergebnis führen, daß Bauarbeiten, die an einem Bauwerk im Inneren durchgeführt werden, nach unterschiedlichen Förderungssätzen gefördert werden, obwohl sie dieselben Schutzvorkehrungen erfordern. Wenn zB im Inneren des Gebäudes die bereits erstellten Mauern verputzt und gleichzeitig Trennwände gemauert werden, dann müßten für die Arbeiten nach der Auslegung des LSG, obwohl sie witterungsbedingte Mehrkosten in derselben Höhe bedingen würden, Zuschüsse nach unterschiedlichen Förderungssätzen gewährt werden. Umgekehrt könnten Arbeiten, die unter Umständen einen Vollschutz gegen Witterungseinflüsse erfordern, wie zB Außenputzarbeiten, nur wie Ausbauarbeiten gefördert werden. Wenn die Klägerin demgegenüber meint, es sei unverständlich, daß bei der Auslegung, die das SG und die Beklagte vorgenommen haben und der sich auch der Senat anschließt, je nach dem Arbeitsablauf Zwischenwände einmal dem Rohbau und ein anderes Mal dem Ausbau zuzuordnen seien, dann verkennt sie, daß der unterschiedliche Ablauf der Arbeiten unterschiedliche Schutzvorkehrungen beim Mauern der Trennwände erfordern kann und darauf auch die Differenzierung des Mehrkostenzuschusses zurückzuführen ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Verordnungsgeber auch die Höhe des Zuschusses von der Höhe der Aufwendungen abhängig gemacht. Er ist davon ausgegangen, daß Rohbaumaßnahmen höhere witterungsbedingte Mehrkosten erfordern als Ausbauarbeiten.

Soweit das LSG seine Auffassung darauf stützt, § 79 Abs 3 Satz 3 AFG lasse nur eine Besserstellung der klimatisch besonders benachteiligten Gebiete, nicht aber eine Schlechterstellung der klimatisch besonders bevorteilten Gebiete zu, übersieht es, daß dies wohl eine Pauschalierung der Förderungssätze an sich im Rahmen des § 79 Abs 3 AFG rechtfertigt, nicht aber eine vom Zweck des Gesetzes abweichende Zuordnung der jeweiligen Bauarbeiten zu den für sie in Betracht kommenden Förderungssätzen.

Unerheblich ist, daß der Verordnungsgeber, obwohl ihm die unterschiedliche Auffassung in der Praxis bei der Abgrenzung der Begriffe Rohbau und Ausbau bekannt sein dürfte, auch bei der Änderung der Förderungssätze-VO durch die Verordnungen vom 15. Juni 1981 und 22. Dezember 1983 keine entsprechende Klarstellung vorgenommen hat. Hieraus kann lediglich geschlossen werden, daß er sich unter Umständen eine Klarstellung durch die Rechtsprechung verspricht. Auch wenn die Beklagte, worauf das LSG hinweist, früher eine gegenteilige Auffassung vertreten hat als heute, dann spricht dies nicht gegen die Richtigkeit ihrer jetzigen Auffassung.

Hiernach ist die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zu Recht davon ausgegangen, daß für die Arbeiten, für die die Klägerin den Mehrkostenzuschuß nach dem Förderungssatz für Rohbauarbeiten verlangt, nur der Förderungssatz für Ausbauarbeiten zu bewilligen ist. Diese Arbeiten sind in Gebäuden vorgenommen worden, deren tragende Wände und Decken bereits fertiggestellt waren, und in Gebäuden, die bereits bestanden. Die Arbeiten erforderten nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG Schutzvorkehrungen, wie sie in der Regel bei Ausbauarbeiten üblich sind. Deshalb kann der Mehrkostenzuschuß auch nur nach dem Förderungssatz für Ausbauarbeiten gewährt werden. Diesen hat die Beklagte offensichtlich richtig berechnet.

Auf die Revision der Beklagten muß daher die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG in vollem Umfange zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1659644

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