Leitsatz (amtlich)
Nr 4 des Ersten Durchführungserlasses des Präsidenten des Zentralamts für Arbeit in der britischen Zone vom 1947-10-08 (Arbeitsblatt 1947, 390) zu AVAVG 1927 § 113 Abs 1 Nr 2 in der Fassung der MRV 111 Brt stellt keine Einschränkung dieser Gesetzesvorschrift dar. (Vergleiche BSG 1955-07-12 7 RAr 36/54).
Normenkette
AVAVG § 113 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1947-10-08; AVAVG 1927 § 113 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1947-10-08; KSchG §§ 7-8; MRV BrZ 111
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Celle vom 30. November 1954 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander Kosten nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Die Klägerin war vom 1. Februar 1941 bis zum 17. Oktober 1952 beim Obereichamt und Eichamt Braunschweig und bei der Landeseichdirektion Hannover als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Ihr Dienstverhältnis war am 29. April 1952 fristgemäß zum 30. September 1952 gekündigt worden. Durch Klage vor dem Arbeitsgericht Hannover beantragte sie festzustellen, daß diese Kündigung gemäß § 1 Abs. 1 u. 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) rechtsunwirksam sei. Das Arbeitsgericht stellte durch Urteil vom 24. Juni 1952 fest, daß durch die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst worden sei. Im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hannover wurde am 17. Oktober 1952 ein Vergleich geschlossen, wonach der Beklagte an die Klägerin als Abfindung im Sinne des § 7 KSchG einmalig 1.500.- DM zahlte und die Parteien sich darüber einig waren, daß das Arbeitsverhältnis am 17. Oktober 1952 beendet worden war.
II. Die Klägerin meldete sich am 22. November 1952 beim Arbeitsamt Braunschweig arbeitslos und beantragte Arbeitslosenunterstützung (Alu). Das Arbeitsamt stellte durch Verfügung vom 12. Dezember 1952 fest, daß angesichts der Abfindung ihrem Antrage gemäß § 113 Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) erst vom 8. März 1953 ab entsprochen werden könne. Ihr Einspruch wurde durch Entscheidung des Spruchausschusses des Arbeitsamts vom 17. Februar 1953 zurückgewiesen. Ihre Berufung bei der Spruchkammer des Oberversicherungsamts Hannover wurde gemäß § 215 Abs. 2 des am 1. Januar 1954 in Kraft getretenen Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Klage vor dem Sozialgericht Braunschweig behandelt und diese durch Urteil vom 12. Mai 1954 abgewiesen. Das Sozialgericht hielt den § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG nach der Grundsätzlichen Entscheidung des früheren Reichsversicherungsamts (RVA) Nr. 4164 vom 12.6.1931 (RABl. 1931 IV S. 350) für anwendbar, da die Abfindung durch das Ausscheiden aus der früheren Beschäftigung ausgelöst worden und dieser äußere Zusammenhang zwischen Beendigung der Beschäftigung und Gewährung der Abfindung die ausreichende Voraussetzung für die Berücksichtigung der Abfindung sei.
Die Berufung der Klägerin hiergegen wurde vom Landessozialgericht Celle durch Urteil vom 30.11.1954 zurückgewiesen, da es sich nicht um eine Abfindung nach § 7 KSchG handele; denn diese setze einen Richterspruch voraus, könne aber nicht durch Vergleich vereinbart werden. Abgesehen davon sei allerdings weder im KSchG noch im AVAVG eine Vorschrift darüber enthalten, daß auf Abfindungen aus § 7 KSchG der § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG nicht anzuwenden sei. Zwar komme nach Ziff. 4 der Ersten Durchführungsverordnung des Präsidenten des Zentralamtes für Arbeit zur Verordnung Nr. 111 der Militärregierung Deutschland - Britisches Kontrollgebiet - vom 8.10.1947 (Arb. Bl. für die britische Zone S. 390), die eine bindende materiell-rechtliche Einschränkung darstelle, § 113 Abs. 1 Nr. 2 nur für solche Abfindungen und Entschädigungen in Betracht, die zum Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Arbeitsentgelt dienten. Aber da die Klägerin im arbeitsgerichtlichen Verfahren die Feststellung begehrt habe, daß die Kündigung unwirksam sei, habe sie damit eine Weiterbeschäftigung und Weiterzahlung ihres Gehaltes erreichen wollen. Die Entschädigung diene somit zur Abgeltung ihres Anspruchs auf Weiterzahlung des Gehaltes.
III. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat das Landessozialgericht die Revision zugelassen. Das Urteil ist der Klägerin am 6. Januar 1955 zugestellt, Revision dagegen von ihr am 28. Januar 1955 - beim Bundessozialgericht eingegangen am 29. Januar - eingelegt worden mit dem Antrage,
1. die Urteile des Landessozialgerichts Celle und des Sozialgerichts Braunschweig aufzuheben,
2. festzustellen, daß die der Revisionsklägerin zuerkannte Abfindung der Anwendung des § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG nicht unterliege,
3. die Revisionsbeklagte zu verurteilen, der Revisionsklägerin die Alu unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wartezeit für die Zeit vom 22. November 1952 bis 8. März 1953 nachzuzahlen.
In der Revisionsbegründung vom 8. Februar 1955 - beim Bundessozialgericht eingegangen am 9. Februar - wurde ausgeführt, die MRVO Nr. 111 der Britischen Militärregierung sei durch Ziff. 4 des 1. Durchführungserlasses authentisch interpretiert worden. Deshalb könnten nur solche Abfindungen unter § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG fallen, die eindeutig und zweifelsfrei zweckbestimmter Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Arbeitsentgelt seien. Die tatsächlichen Feststellungen des Landessozialgerichts hätten aber ergeben, daß die Kündigung vom 29.4.1952 betriebsbedingt und daher sozial gerechtfertigt gewesen sei. Der Klageantrag auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung sei unbegründet gewesen. Die Abfindung habe deshalb mit einem Ausgleich für entgehendes Arbeitsentgelt nichts zu tun. Die mit der Rechtsprechung des früheren RVA übereinstimmende Ansicht des Landessozialgerichts, daß Abfindungen stets unter § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG fielen, wenn sie wirtschaftlich dem Arbeitsentgelt gleichstünden, sei im Hinblick auf Ziff. 4 des 1. Durchführungserlasses rechtsirrig. Das Landessozialgericht übersehe, daß die Regelung des früheren § 113 Abs. 4 AVAVG durch die Ziff. 4 des 1. Durchführungserlasses zur MRVO Nr. 111 materiell-rechtlich übernommen worden sei. Die wirtschaftliche Gleichstellung einer Abfindung mit Arbeitsentgelt sei eine in der Arbeitslosenversicherung unzulässige Prüfung der Bedürftigkeit. Im übrigen sei es gleichgültig, ob die Abfindung durch Richterspruch nach § 7 KSchG festgesetzt oder frei vereinbart werde.
Die Bundesanstalt hat demgegenüber in ihrem Schriftsatz vom 21. April 1955, auf den im einzelnen Bezug genommen wird, geltend gemacht:
Da die Klägerin nur beantragt habe, die Urteile des Landessozialgerichts Celle und des Sozialgerichts Braunschweig aufzuheben, nicht aber den Verwaltungsakt des Arbeitsamts Braunschweig und die Entscheidung des Spruchausschusses, seien diese "nach wie vor existent". Für eine Feststellungsklage im Sinne der Nr. 2 des Revisionsantrages fehle das Rechtsschutzinteresse, da die Möglichkeit der Anfechtungs- und Leistungsklage gegeben sei. Wenn die Klägerin weiter beantrage, die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Alu - unter Berücksichtigung der gesetzlichen Wartezeit - für die Zeit vom 22. November 1952 bis zum 8. März 1953 nachzuzahlen, so entspreche dieser Antrag nicht den Erfordernissen des § 54 Abs. 4 SGG. Hiernach müsse der Antrag auf Verurteilung mit dem Antrag auf Aufhebung des ablehnenden Verwaltungsaktes verbunden sein. Außerdem müsse der Antrag auf Leistung zahlenmäßig genau bestimmt sein, da sonst die Vollstreckung aus den §§ 198 ff SGG nicht möglich sei. Einer etwaigen Erweiterung des Revisionsantrages bzw. einer Klageänderung werde widersprochen (§§ 164 Abs. 2 Satz 1, 168 SGG).
Auch materiell-rechtlich sei die Revision nicht begründet. Dies legt die Bundesanstalt anhand der gesetzlichen Entwicklung und der Rechtsprechung des RVA dar. Die für diesen Rechtsstreit geltende MRVO Nr. 111 enthalte keine Einschränkung wie der Abs. 4 im § 113 AVAVG in der Fassung vom 16. Juli 1927. Der 1. Durchführungserlaß des Präsidenten des Zentralamtes für Arbeit vom 23. August 1948 sei lediglich eine erläuternde Verwaltungsanweisung.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 28. April 1955 ergänzend beantragt, auch die Entscheidung des Spruchausschusses des Arbeitsamtes Braunschweig vom 17. Februar 1953 sowie den Bescheid des Arbeitsamtes Braunschweig vom 12. Dezember 1952 aufzuheben. Sie begründet die Zulässigkeit damit, daß die Erweiterung des Klageantrages ohne Änderung des Klagegrundes gemäß §§ 268 ZPO, 202 SGG bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung (§ 297 ZPO) möglich sei und das Verbot der Klageänderung nach § 168 SGG nicht berühre. Im übrigen bestreitet sie die Auffassung der Beklagten. Insoweit wird auf diesen Schriftsatz Bezug genommen.
IV. Die Revision ist statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden, konnte aber keinen Erfolg haben.
Was zunächst die Einwendung der Beklagten betrifft, die Klägerin habe nicht auch die Aufhebung des Verwaltungsaktes des Arbeitsamts und der Entscheidung des Spruchausschusses beantragt, einer etwaigen Klageänderung werde jedoch widersprochen, so ist sie unbeachtlich. Die Klägerin hat den Mangel durch ihren Schriftsatz vom 28. April 1955 behoben. Dies war statthaft; denn es handelt sich insoweit nur um eine Erweiterung des Klageantrages, die nach § 99 Abs. 3 Nr. 1 SGG zulässig und nicht als eine Änderung der Klage anzusehen ist. Der Klagegrund selbst blieb hierbei unverändert.
Den Antrag auf Feststellung hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.
V. Die Klägerin wohnt in der ehem. britischen Besatzungszone der Bundesrepublik. Durch die von der Britischen Militärregierung erlassene VO Nr. 111 vom 6. Oktober 1947 (MRVO Nr. 111, Amtsbl. der Militärregierung Deutschland - Britisches Kontrollgebiet - S. 614) ist für deren Gebiet das AVAVG vom 16. Juli 1927 in zum Teil geänderter Fassung in Kraft gesetzt worden. Nach § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG erhält danach der Arbeitslose keine Alu, wenn er anläßlich des Ausscheidens aus seiner früheren Beschäftigung eine Abfindung oder Entschädigung erhalten hat, solange aus der Abfindung oder Entschädigung für jeden dem Ausscheiden aus der Beschäftigung folgenden Tag der Arbeitslosigkeit ein Betrag in Höhe des Arbeitsentgelts aufgewendet werden kann, das der Arbeitslose für die in seiner Arbeitsstätte übliche Zahl von Arbeitsstunden beziehen würde, wenn er aus seiner Arbeitsstelle nicht ausgeschieden wäre.
Diese Vorschrift stimmt in ihrem Wortlaut mit der Fassung des AVAVG vom 16. Juli 1927 überein. Sie unterscheidet sich von ihr aber insofern, als in der damaligen Fassung des § 113 ein Abs. 4 enthalten war, wonach Ersatz für besondere Leistungen und Aufwendungen nicht als Abfindung oder Entschädigung im Sinne dieser Vorschriften galt, "desgleichen Entschädigungen aus § 87 Abs. 2 des Betriebsrätegesetzes ...".
Abs. 4 ist jedoch durch die Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 (RGBl. I S. 279) mit Wirkung vom 29. Juni 1931 gestrichen und seitdem nicht wieder in Kraft gesetzt, auch in die Fassung der Militärregierung nicht aufgenommen worden.
VI. Im Art. V der MRVO Nr. 111 hat sich die Militärregierung Ausführungsbestimmungen zu der Verordnung vorbehalten. Sie hat davon aber keinen Gebrauch gemacht. Dagegen hat mit ihrer Ermächtigung der Präsident des Zentralamtes für Arbeit für die britische Zone unter dem 8. Oktober 1947 in Nr. 4 eines "Ersten Durchführungserlasses" (veröffentlicht im Arbeitsbl . für die britische Zone 1947 S. 390) bestimmt:
"Abfindungen und Entschädigungen im Sinne des § 113 Abs. 1 Nr. 2 schließen den Bezug von Arbeitslosenunterstützung nur insoweit aus, als sie zum Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Arbeitsentgelt gewährt werden".
Das Landessozialgericht irrt, wenn es in dieser Vorschrift eine Durchführungsverordnung sieht, die als Rechtsverordnung auch die Gerichte binde. Ein Durchführungserlaß - um einen solchen handelt es sich nicht nur der Bezeichnung, sondern auch dem rechtlichen Gewicht nach, weil keine Bestimmung ersichtlich ist, die ihm eine stärkere Ermächtigung verleihen könnte - stellt die rechtlich schwächste Form einer Kundgebung des obrigkeitlichen Willens für die Durchführung gesetzlicher Vorschriften dar. Ein solcher Durchführungserlaß kann ein Gesetz oder - wie hier - eine Militärregierungsverordnung mit Gesetzescharakter weder erweitern noch einschränken oder sonst abändern, sondern nur Verwaltungsanweisungen für ihre Durchführung geben, sie also nur erläutern. Zu verweisen ist hierzu u. a. auf die Entscheidung des Bayer. LVA vom 16.7.1953 (Amtsbl. des Bayer. Min. f. Arb. u. soz. Fürsorge 1953 S. 154 B). Dort wird für die bayerische VO Nr. 146 vom 16. Januar 1948 (GVBl. S. 23), die in ihrem § 10 ähnlich wie die erwähnte Nr. 4 a. a. O. anordnet, daß Abfindungen und Entschädigungen den Bezug der Arbeitslosenunterstützung gemäß § 113 Abs. 1 Nr. 2 nur insoweit ausschließen, als sie ... einen Ausgleich für das nach dem Ausscheiden entgehende Arbeitsentgelt darstellen, die gleiche Auffassung vertreten und ferner darauf hingewiesen, die VO habe schon aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Abänderung des § 113 Abs. 1 Nr. 2 vornehmen können. Dasselbe gilt übrigens für § 10 der in Württemberg-Baden erlassenen VO Nr. 1023 vom 8. September 1948 (Reg. Bl. S. 146), der wie der Durchführungserlaß des Zentralamts für Arbeit die Formulierung "zum Ausgleich für entgangenes oder entgehendes Arbeitsentgelt" aufweist.
An diesen Gedankengängen ändert auch nichts, daß der primäre obrigkeitliche Wille - die Wiederinkraftsetzung des AVAVG - auf Besatzungsrecht beruht; denn der Durchführungserlaß des Zentralamts für Arbeit ist der Akt einer deutschen Verwaltungsbehörde. Mag diese auch von der Besatzungsmacht seinerzeit eingesetzt worden sein und mag die Besatzungsmacht dem Erlaß zugestimmt haben, es gilt für ihn das gleiche Recht wie für andere deutsche Behördenakte. Nicht zu prüfen war also hier u. a. die Problematik des "verdeckten Besatzungsaktes", wie sie in Frage gekommen wäre, wenn die Besatzungsmacht konkrete Anweisungen zum Erlaß entsprechender Vorschriften erteilt hätte. Wie sich aber aus den Eingangsworten des Durchführungserlasses ("mit Ermächtigung der Militärregierung") ergibt, lagen solche Weisungen hier weder im Sinne von general licences oder general orders noch für den Einzelfall vor (vgl. dazu von Schmoller-Maier-Tobler, Handbuch des Besatzungsrechts, § 24 a Nr. 3, § 25 Nr. 3 c und BVerfGE 2 S. 199). Der Inhalt des Ersten Durchführungserlasses ist deshalb nur insoweit allgemein bindend, als er sich im Rahmen der geltenden Gesetze, hier im Rahmen des § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG hält. Nr. 4 des Erlasses kann infolgedessen den § 113 nicht in Richtung des früheren § 113 Abs. 4 authentisch interpretieren.
Damit entfallen alle Erwägungen, welche die Revision auf einen angeblich den Abs. 1 Nr. 2 des § 113 AVAVG abändernden Inhalt der Nr. 4 des Durchführungserlasses vom 8. Oktober 1947 zu stützen versuchen.
VII. Für die Frage nun, wie Abfindungen oder Entschädigungen aus den §§ 7, 8 KSchG im Rahmen des § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG zu behandeln sind, kann zum Grundsätzlichen auf die Ausführungen des Urteils des erkennenden Senats 7 RAr 36/54 vom 12. Juli 1955 Bezug genommen werden. Dort ist ausführlich dargelegt, daß solche Abfindungen nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinn des § 113 Abs. 1 Nr. 2 (früher Nr. 3) den Beginn der Wartezeit bzw. des Unterstützungsbezuges hinausschieben. Ausgenommen von der Anwendung des § 113 sind nur - im vorliegenden Falle nicht in Betracht kommende - Zuwendungen, die in keinem oder nur in losem Zusammenhang mit dem Ausscheiden aus der Beschäftigung stehen.
VIII. Nach dem Wortlaut des Vergleiches vom 17.10.1952 hat das beklagte Land Niedersachsen an die Klägerin den Betrag von 1.500 DM "als Abfindung im Sinne des § 7 KSchG" gezahlt. Die Auffassung des Landessozialgerichts, daß diese Abfindung keine solche nach § 7 KSchG sei, da sie nicht durch Richterspruch festgesetzt, sondern von den Parteien im Vergleichswege vereinbart worden sei, ist unzutreffend. Zwar stellt § 7 KSchG grundsätzlich auf ein arbeitsgerichtliches Urteil ab. Wie der erkennende Senat aber bereits in dem oben erwähnten Urteil 7 RAr 36/54 ausgeführt hat, genießt im arbeitsgerichtlichen Prozeß das Güteverfahren den Vorzug (vgl. § 54 des Arbeitsgerichtsgesetzes). Da ein sehr erheblicher Teil aller arbeitsrechtlichen Streitfälle dadurch zum rechtskräftigen Abschluß gebracht wird, - darauf kommt es entscheidend an -, würde es einer wesentlichen Abschwächung des Güteverfahrens gleichkommen, wollte man solche Vergleiche nicht als abschließende Regelung im Sinne des § 7 KSchG ansehen. Im übrigen ergibt sich weder aus § 113 Abs. 1 Nr. 2 AVAVG noch aus § 7 KSchG etwas Gegenteiliges.
IX. Nach alledem war die Revision unbegründet und gemäß § 170 Abs. 1 Satz 1 SGG zurückzuweisen.
Eine Abschrift des Urteils 7 RAr 36/54 vom 12.7.1955 ist beigefügt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen