Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von Leistungen. Revisionsbegründung
Orientierungssatz
1. Beruht die Unrichtigkeit von Leistungsbescheiden in erster Linie darauf, daß die Versorgungsbehörde ihr bekannte Tatsachen unvollständig oder falsch würdigt, so besteht keine Verpflichtung des Leistungsempfängers, die zu Unrecht erhaltenen Leistungen zurück zu geben.
2. Bringt der Revisionskläger nur zum Ausdruck, daß er anderer Auffassung sei als das LSG und daß er dessen Feststellung nicht billige; er hat aber weder behauptet, daß und wodurch diese Feststellung fehlerhaft zustande gekommen sein soll, noch hat er Tatsachen und Beweismittel vorgebracht, die erkennen lassen, daß das LSG die Grenzen seines Rechts zur freien Beweiswürdigung überschritten hat und zwangsläufig zu einer anderweitigen Feststellung hätte kommen müssen, so erfüllt dieses Vorbringen nicht die Voraussetzung des § 164 Abs 2 S 2 SGG.
Normenkette
KOVVfG § 47 Abs. 3 Buchst. a Fassung: 1960-07-27; SGG §§ 128, 164 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 11.06.1964) |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 1964 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin bezog schon während des Krieges eine Elternrente nach ihrem im Jahre 1943 gefallenen Sohn E.. Im September 1945 beantragte sie die Weiterzahlung dieser Rente. Dabei gab sie an, sie habe einen aus 6 Morgen Eigenland und 7 Morgen Pachtland bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb und ein Kolonialwarengeschäft und verfüge über ein monatliches Einkommen von 120 RM. In den Versorgungsakten ist daraufhin am 15. September 1949 vermerkt, daß die Voraussetzungen für die Gewährung einer Elternversorgung nach § 10 des Landesversorgungsgesetzes für Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 1949 nicht erfüllt sind.
Im März 1950 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung der Elternrente, wobei sie angab, sie habe sich 1947 einer Operation unterziehen müssen und könne keine schweren Arbeiten mehr verrichten. In dem ihr daraufhin vorgelegten Fragebogen gab sie als Einkünfte den Mietwert ihrer eigenen Wohnung mit monatlich 15,-- DM und Unterhaltsleistungen ihres noch lebenden Sohnes im Betrage von 20,-- DM monatlich an. Alle übrigen Fragen, insbesondere die Fragen nach eigenen und gepachteten Liegenschaften sowie nach Einkünften aus einem Gewerbebetrieb wurden verneint oder es wurde hinter die Frage ein Strich gesetzt. Der Bürgermeister hatte die Angaben im Fragebogen durch seine Unterschrift bestätigt. In dem daraufhin übersandten Antragsvordruck gab die Klägerin an, sie erhalte für Mithilfe im elterlichen Betrieb W. W. monatlich 20,-- DM und der Mietwert ihrer eigenen Wohnung betrage monatlich 10,-- DM. Die Frage, ob sie zur Einkommensteuer veranlagt werde, wurde von ihr verneint. Der Bürgermeister bestätigte, daß diese Angaben geprüft und für richtig oder glaubhaft befunden worden seien. Auf die Frage nach der Größe des Betriebes und den Einkünften der Familienangehörigen berichtete der Bürgermeister zur Ergänzung des beigefügten Fragebogens am 30. März 1952, der genannte Betrieb laufe noch auf den Namen der verstorbenen Frau W. W., Witwe, deren Schwiegertochter die Klägerin sei; eine Erbauseinandersetzung habe noch nicht stattgefunden. Aus der Landwirtschaft und dem Geschäft würden die Klägerin und der in ihrem Haushalt lebende Sohn O.. versorgt. Der Betrieb bestehe aus 1,58 ha Eigenland und 1,94 ha Pachtland, der Einheitswert betrage 2.800,-- DM und für das Geschäft 690,-- DM. Als Pachtzins seien jährlich 90,-- DM zu zahlen. Daraufhin gewährte das Versorgungsamt (VersorgA) mit Bescheid vom 30. April 1952 der Klägerin vom 1. Oktober 1950 an Elternrente unter Berücksichtigung eines sonstigen Einkommens von monatlich 30,-- DM. Die Rente wurde jeweils entsprechend den Änderungen der für die Elternrente im Gesetz vorgesehenen Beträge neu festgestellt. In den am 20. April 1955 und 28. Januar 1959 ausgefüllten Fragebogen verneinte die Klägerin wiederum die Frage nach Einkünften aus Gewerbebetrieb und Landwirtschaft. Der Aufforderung, den letzten Steuerbescheid oder eine Bescheinigung des Finanzamts beizufügen, kam die Klägerin nicht nach. Weitere durch eine Anfrage im Februar 1959 ausgelöste Nachforschungen, insbesondere beim Finanzamt ergaben, daß die Klägerin für die Jahre 1951 bis 1957 mit einem Einkommen aus Landwirtschaft und Gewerbebetrieb im Betrage zwischen 3.000,-- und 5.000,-- DM jährlich zur Einkommensteuer veranlagt worden war. Das VersorgA stellte nunmehr mit Schreiben vom 1. Juli 1959 die Zahlung der Elternrente mit Ende Juli ein. Zu ihren Einkommensverhältnissen erklärte die Klägerin in den Schreiben vom 10. August und 4. November 1959, daß die Landwirtschaft und auch der Gewerbebetrieb seit Jahren von ihrem Sohn O. betrieben würden. Das Finanzamt habe von dieser Tatsache auch Kenntnis gehabt. Es habe sie aber nicht anerkannt, weil die Firma auf ihren Namen gelautet habe. Sie habe nun die Ummeldung beantragt, nachdem die Landwirtschaft bereits seit Anfang 1958 durch notariellen Vollzug der Erbfolge auf ihren Sohn übergegangen sei. Sie selbst besitze nur 1/2 ha Eigenland, das übrige gehöre ihrem Sohn O., der das Land auch bewirtschafte, wozu sie schon aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sei. Die Umschreibung im Grundbuch habe sich wegen der in der Gemeinde durchgeführten Umlegung bis 1958 verzögert. Ihre Veranlagung durch das Finanzamt sei bisher falsch gewesen, von ihr aber nicht angefochten worden, weil sie die Eintragung im Grundbuch für maßgebend gehalten habe.
Mit Zustimmung des Landesversorgungsamts (LVersorgA) erließ das VersorgA am 6. Januar 1961 einen Berichtigungsbescheid gemäß § 41 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG), in dem die in den Bescheiden vom 30. April 1952, 28. Januar und 17. September 1953, 28. April 1955, 4. September 1956 und 16. August 1957 ausgesprochene Bewilligung der Elternrente als zweifelsfrei unrichtig aufgehoben und die Elternrente unter Zugrundelegung der Einkünfte aus dem Lebensmittelgeschäft versagt wurde. Begründet wurde die Berichtigung damit, daß die Einkünfte der Klägerin seit 1951 weit höher gewesen seien, als sie angegeben habe, und die tatsächlichen Einkünfte aus ihrem Geschäft schon bei der erstmaligen Feststellung hätten berücksichtigt werden müssen. Die Elternrente sei nur bewilligt worden, weil die Klägerin ihr tatsächliches Einkommen verschwiegen habe, obwohl sie in allen Bescheiden auf die Anzeigepflicht hingewiesen worden sei. Auch für die Zeit nach dem im März 1960 vollzogenen Übergang des Lebensmittelgeschäfts auf ihren Sohn O. bestehe kein Versorgungsanspruch, da dieses Geschäft einen nicht unerheblichen Gewinn abwerfe und der Einkommensverordnung zugunsten des Sohnes gemäß § 16 der Durchführungsverordnung zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) bei der Feststellung der Elternrente nicht berücksichtigt werden könne. Gleichzeitig wurde gemäß § 47 Abs. 3 VerwVG die Erstattung der zu Unrecht empfangenen Leistungen in Höhe von 7.120,-- DM angeordnet, weil die Klägerin der Versorgungsbehörde ihr tatsächliches Einkommen verschwiegen habe. Der Widerspruch und die Klage, mit der nur noch die Aufhebung des Erstattungsbescheides begehrt worden war, hatten keinen Erfolg.
Auf die Berufung der Klägerin hat jedoch das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 11. Juni 1964 das Urteil des Sozialgerichts (SG) und den Bescheid des VersorgA Koblenz vom 6. Januar 1961 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1961 aufgehoben, soweit er die Rückforderung von 7.120,-- DM betrifft. Das LSG hat die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG nicht als erfüllt angesehen. Nach der ersten Alternative bestehe nur dann eine Rückerstattungspflicht, wenn die Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides darauf beruhe, daß der Empfänger für die Entscheidung wesentliche Tatsachen wissentlich falsch angegeben oder verschwiegen habe; dessen Verhalten müsse also die Ursache für die Unrichtigkeit des erteilten Bescheides sein. Im vorliegenden Falle beruhe die Nichtanrechnung des Einkommens aus dem Lebensmittelgeschäft, die zur Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides geführt habe, aber nicht auf dem Verhalten der Klägerin, sondern ausschließlich auf einer unzutreffenden Würdigung des dem VersorgA bereits damals bekannten Sachverhalts. Die Klägerin habe bei der Antragstellung im September 1945 den landwirtschaftlichen Betrieb und das Kolonialwarengeschäft ausdrücklich erwähnt. Zwar habe sie in dem späteren Antrag nur noch ein aus dem Mietwert der eigenen Wohnung und der Unterhaltsleistung ihres Sohnes bestehendes Einkommen im Werte von 35.-- DM angegeben, jedoch ergebe sich eindeutig aus dem von dem Bürgermeister zur Ergänzung dieses Antrages vorgelegten Bericht, in dem die Größe des landwirtschaftlichen Betriebes eingehend dargelegt und auch die Einheitswerte für den landwirtschaftlichen Betrieb und das Geschäft ausdrücklich angegeben worden seien, daß die Klägerin und ihr Sohn O. weiterhin aus dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem Lebensmittelgeschäft versorgt worden seien. Dem VersorgA sei sonach schon zur Zeit der Feststellung der Elternrente bekannt gewesen, daß für die Versorgung der Klägerin damals noch Einkünfte aus beiden Betrieben zur Verfügung standen. Unter diesen Umständen könne ihrer Angabe über das nur aus dem Mietwert der eigenen Wohnung und der Unterhaltsleistung ihres Sohnes bestehende Einkommen in Höhe von 30,-- DM, später 35,--DM monatlich, keine Bedeutung beigemessen werden, die offensichtliche Unrichtigkeit dieser Angabe sei erkennbar gewesen. Daß es sich nur um die unzulängliche Würdigung des dem VersorgA bekannten Sachverhalts handelt, folge auch aus der im Februar 1959 an die Gemeindeverwaltung gerichteten Anfrage, in der das VersorgA unter Hinweis auf den landwirtschaftlichen Betrieb und das Kolonialwarengeschäft der Klägerin um Feststellung des hieraus erzielten Einkommens gebeten habe.
Eine Rückzahlungspflicht bestehe auch nicht nach der zweiten Alternative des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG; denn die Klägerin habe auch nicht gewußt, daß ihr die Elternrente nicht zugestanden habe. Unerheblich sei, daß sie vom Finanzamt sowohl wegen des landwirtschaftlichen Betriebes als auch wegen des Lebensmittelgeschäfts zur Einkommensteuer veranlagt worden sei, wobei berücksichtigt werden müsse, daß das LVersorgA trotzdem die vom Finanzamt der Klägerin zugerechneten Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb als nicht anrechenbar bezeichnet habe. Um so mehr habe die Klägerin annehmen dürfen, daß die Einkünfte aus der Landwirtschaft und aus dem Kolonialwarengeschäft nicht als ihre Einkünfte, sondern als Einkünfte ihres Sohnes O. zu betrachten seien. Diese Folgerung stütze sich einerseits darauf, daß nach Ansicht der Klägerin das ursprünglich ihrem Ehemann gehörende Lebensmittelgeschäft nach dessen Tode im Jahre 1933 aufgrund gesetzlicher Erbfolge überwiegend ihrem Sohn zugefallen sei, andererseits darauf, daß die Klägerin auch wegen ihrer erheblich eingeschränkten Arbeitsfähigkeit habe annehmen dürfen, die Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem Lebensmittelgeschäft gehörten ihrem Sohn O., der die wesentliche Arbeit geleistet habe. Schließlich sei die Erbauseinandersetzung bezüglich des Nachlasses der Schwiegermutter, des 1933 verstorbenen Ehemannes und des 1943 gefallenen Sohnes der Klägerin erst im November 1959 möglich gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Klägerin nicht erkennen können, welche Rechte ihr zustehen und wie sich diese auf ihre Ansprüche nach dem BVG auswirken. Die für sie nicht überschaubare tatsächliche und rechtliche Situation lasse nicht die Feststellung zu, sie habe beim Empfang der Elternrente gewußt, daß ihr diese nicht zugestanden habe. Es bestehe sonach kein Anspruch auf Erstattung der Elternrente nach § 47 Abs. 3 VerwVG und der angefochtene Bescheid sei insoweit nicht rechtmäßig.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Gegen das am 1. Juli 1964 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 15. Juli 1964, beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen am 16. Juli 1964, Revision eingelegt und diese auch gleichzeitig begründet.
Er beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 1964 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Koblenz vom 18. Oktober 1961 als unbegründet zurückzuweisen.
In der Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügt der Beklagte eine unrichtige Anwendung des § 47 Abs. 3 VerwVG. Er meint, die Unrichtigkeit des Bescheides beruhe eindeutig auf dem Verhalten der Klägerin und nicht auf einer unzutreffenden Würdigung des Sachverhalts durch das VersorgA. Es stehe fest, daß die Klägerin Alleinerbin des Lebensmittelgeschäfts gewesen und mit den Einkünften aus diesem Geschäft zur Einkommensteuer veranlagt worden sei. Sie sei sich also der Tatsache des Einkommensbezugs aus diesem Geschäft bewußt gewesen und sie müsse sich auch "als nur beschränkt am Rechtsleben teilnehmende Person" der Bedeutung dieses Einkommens für die Entscheidung der Versorgungsbehörde im Klaren gewesen sein, wie sich insbesondere aus ihrem Schreiben vom 22. März 1950 ergebe. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben habe für die Klägerin eine Rechtspflicht bestanden, die wesentlichen Tatsachen offenzulegen. Sie sei dieser gesetzlichen Anzeigepflicht aber nicht nachgekommen, sondern habe die ausdrückliche Frage nach dem Einkommen aus dem Gewerbebetrieb mit "nein" beantwortet. Schon dieser Umstand rechtfertige die Feststellung, daß die Klägerin wesentliche Tatsachen im Sinne des § 47 Abs. 3 VerwVG wissentlich verschwiegen habe. Es sei nicht zu verkennen, daß sie solche Tatsachen in dem Bewußtsein, sie zu verheimlichen, nicht angegeben habe. Sie habe das Einkommen aus dem Gewerbebetrieb zur Erlangung eines Vorteils verschwiegen. Dieser Feststellung könne das vom LSG überbewertete Schreiben des Bürgermeisters vom 30. März 1952 nicht entgegenstehen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie schließt sich der Begründung des LSG an, welches die Anwendbarkeit des § 47 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a VerwVG zutreffend verneint habe.
Die zugelassene Revision ist nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist somit zulässig; sie ist aber nicht begründet.
Streit besteht nur noch über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 6. Januar 1961 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1961, soweit er die Rückforderung der in der Zeit vom 1. Oktober 1950 bis zum 31. Juli 1959 gewährten Elternrente in Höhe von 7.120,--DM betrifft. Soweit in dem erwähnten Bescheid die früher erlassenen Bescheide gemäß § 41 VerwVG aufgehoben und die Elternrente versagt worden sind, ist er nämlich nicht angefochten und damit verbindlich geworden.
Bei der im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Verpflichtung zur Rückerstattung der 7.120,-- DM handelt es sich um einen Verwaltungsakt ohne Dauerwirkung, dessen Rechtmäßigkeit sich nach dem Recht richtet, das zur Zeit der letzten Verwaltungsentscheidung, nämlich des Widerspruchsbescheides vom 17. Juli 1961, gegolten hat (vgl. BSG 7, 8, 13 mit weiteren Hinweisen; SozR VerwVG § 47 Nr. 11). Maßgebend ist somit § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG idF des Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (1. NOG) vom 27. Juli 1960 (BGBl I 453). Nach dieser Vorschrift besteht im Falle einer Berichtigung nach § 41 VerwVG nur dann eine Pflicht zur Rückerstattung der gewährten Leistungen, wenn die Unrichtigkeit darauf beruht, daß der Empfänger Tatsachen, die für die Entscheidung von wesentlicher Bedeutung gewesen sind, wissentlich falsch angegeben oder verschwiegen hat oder wenn er beim Empfang der Bezüge gewußt hat, daß sie ihm nicht oder nicht in dieser Höhe zustanden. Die gleichen Voraussetzungen haben für die Rückerstattungspflicht auch schon vor dem 1. NOG, seit Inkrafttreten des VerwVG am 1. April 1955 gegolten.
Das LSG hat die Voraussetzungen des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG nicht als erfüllt angesehen. Es hat zur ersten Alternative dieser Vorschrift festgestellt, daß die Unrichtigkeit der vom VersorgA erlassenen Bescheide nicht auf den von der Klägerin angegebenen Tatsachen beruht, sondern auf einer unzulänglichen Würdigung der dem VersorgA bekannten Tatsachen. Es hat bei dieser Feststellung nicht übersehen, daß die Klägerin bei ihrer Antragstellung im März 1950 und später in den beiden Fragebogen nur den Mietwert der Wohnung und die Unterhaltsleistung des Sohnes als Einkünfte angegeben hat. Seine Überzeugung hat es vornehmlich aus den Tatsachen gewonnen, daß die Klägerin bereits im September 1945 den landwirtschaftlichen Betrieb und das Kolonialwarengeschäft angegeben hat, aus denen sie ein Einkommen von monatlich 120,-- RM beziehe, daß in dem Bericht des Bürgermeisters vom 30. März 1952 das Geschäft und der landwirtschaftliche Betrieb erwähnt und beschrieben ist, aus dem die Klägerin und ihr Sohn ''versorgt" würden, und daß die Beklagte all diese Tatsachen auch gekannt hat, wie aus der im Februar 1959 an die Gemeindeverwaltung gerichteten Anfrage hervorgehe. Aus diesen Gründen hat das LSG die Überzeugung gewonnen, daß die Unrichtigkeit der früheren Bescheide nicht auf den falschen Angaben der Klägerin bei der Antragstellung und später in den Fragebögen beruht. Zur zweiten Alternative im § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG hat das LSG festgestellt, daß die Klägerin nicht gewußt hat, daß ihr die Versorgungsbezüge nicht zustanden. Diese Feststellung ist insbesondere darauf gestützt, daß die beiden Betriebe nach dem Tode des Ehemannes und der Schwiegermutter der Klägerin in der Hauptsache deren Sohn zugefallen sind, daß dieser wegen der seit 1947 erheblich eingeschränkten Arbeitsfähigkeit der Klägerin die wesentlichen Arbeiten geleistet hat und daß die Klägerin unter diesen Umständen die in den verschiedenen Betrieben erzielten Einkünfte als ihrem Sohn gehörig betrachtet hat, zumal selbst das LVersorgA die vom Finanzamt bis zur Erbauseinandersetzung der Klägerin zugerechneten Einkünfte aus der Landwirtschaft als nicht anrechenbar bezeichnet habe.
Diese zu den beiden Alternativen des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG getroffenen Feststellungen hat der Beklagte nicht wirksam angegriffen. Mögen auch Bedenken angebracht sein, soweit das LSG festgestellt hat, daß der Bescheid vom 30. April 1952 nicht auf den falschen Angaben beruht, und mögen diese Bedenken auch insbesondere gegenüber der Feststellung bestehen, daß auch die späteren Bescheide nicht auf den Angaben der Klägerin beruhen, obwohl diese wiederum in dem Fragebogen vom April 1955 falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat, so müssen diese Bedenken dahingestellt bleiben, denn die Revisionsbegründung des Beklagten läßt auch bei noch so wohlwollender Auslegung keine wirksamen Verfahrensrügen gegen die vom LSG getroffenen Feststellungen erkennen. Der Beklagte hat in der Revisionsbegründung als verletzte Vorschrift nur den § 47 Abs. 3 VerwVG bezeichnet und dazu vorgebracht, er vertrete nach wie vor die Auffassung, daß die Ursache der Unrichtigkeit der Feststellungsbescheide eindeutig in dem Verhalten der Klägerin und nicht, wie vom Berufungsgericht zu Unrecht festgestellt, in der unzutreffenden Würdigung des bereits zur Zeit der Bewilligung bekannten Sachverhalts durch die Versorgungsverwaltung zu erblicken sei. Die in diesen Ausführungen angedeutete Rüge einer fehlerhaften Beweiswürdigung durch das LSG (§ 128 SGG) kann aber schon mangels jeglicher Substantiierung (§ 164 Abs. 2 Satz 2 SGG) nicht durchgreifen. Der Beklagte hat nur zum Ausdruck gebracht, daß er anderer Auffassung sei als das LSG und daß er dessen Feststellung nicht billige; er hat aber weder behauptet, daß und wodurch diese Feststellung fehlerhaft zustande gekommen sein soll, noch hat er Tatsachen und Beweismittel vorgebracht, die erkennen lassen, daß das LSG die Grenzen seines Rechts zur freien Beweiswürdigung überschritten hat und zwangsläufig zu einer anderweitigen Feststellung hätte kommen müssen. Die Ausführungen des Beklagten erschöpfen sich in der Aufzählung von Umständen, die seiner Ansicht nach gegen die Feststellung des LSG sprechen, jedoch hat der Beklagte nicht dargelegt, daß das LSG diese Umstände nicht beachtet hätte, so daß insofern schon seine Beweiswürdigung fehlerhaft gewesen wäre, oder daß das LSG aus den erwähnten Umständen zwingend zu einer anderen Feststellung hätte kommen müssen. Das gilt insbesondere insoweit, als der Beklagte darauf hinweist, daß die Klägerin Alleininhaberin des Lebensmittelgeschäftes gewesen und in den Jahren 1951 bis 1957 zur Einkommensteuer veranlagt worden sei. Im übrigen verkennt der Beklagte, daß das LSG gar nicht die Falschheit der Angaben der Klägerin bezw. das Verschweigen von Angaben bei der Antragstellung im Jahre 1950 und zu den Fragebogen in Zweifel gezogen, sondern unterstellt hat. Soweit der Beklagte daher Ausführungen zur Offenbarungspflicht und dem Verschweigen der Klägerin macht, sind diese überhaupt nicht geeignet, die Feststellung des LSG anzugreifen, daß trotz dieses Verhaltens der Klägerin darauf die Unrichtigkeit des Bescheides vom 30. April 1952 nicht beruht, sondern auf der Nichtbeachtung und unrichtigen Würdigung derjenigen Tatsachen, die der Verwaltungsbehörde aus früheren Angaben der Klägerin und späteren Bekundungen des Bürgermeisters bekannt geworden waren. Gegen die zur zweiten Alternative des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG getroffene Feststellung des LSG, daß die Klägerin auch nicht gewußt hat, daß ihr die Elternrente nicht zusteht, hat die Beklagte sich überhaupt nicht gewendet. Sind aber die zu den beiden Alternativen des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG getroffenen Feststellungen des LSG nicht oder ohne Erfolg angegriffen, so sind sie für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Danach aber beruht die Unrichtigkeit des von der Versorgungsverwaltung erlassenen Bescheides vom 30. April 1952 und der Nachfolgebescheide nicht auf den Angaben der Klägerin, sondern auf einer unzulänglichen Würdigung eines bekannten Sachverhalts, und ferner hat die Klägerin beim Empfang der Bezüge auch nicht gewußt, daß sie ihr nicht zustehen. Mit diesen Feststellungen entfallen jedoch die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Anwendung des § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG. Insoweit ist die Rechtslage eindeutig und auch von keinem Beteiligten in Zweifel gezogen worden.
Bei der Nachprüfung des Erstattungsbescheides hat das LSG jedoch nur § 47 Abs. 3 Buchst. a VerwVG in Betracht gezogen, obwohl dieser Bescheid sich auch auf die vom 1. Oktober 1950 bis zum 31. März 1955 gewährte Elternrente erstreckt und die genannte Vorschrift erst am 1. April 1955 in Kraft getreten ist. Ob nun nach dieser Vorschrift auch die Rückerstattungspflicht für die vor dem 1. April 1955 zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezüge zu beurteilen ist (so BSG 3, 234) oder ob sich diese nach den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts richtet (vgl. hierzu Urteil des erkennenden Senats vom 6. Oktober 1965 - 10 RV 215/63 - mit weiteren Hinweisen), kann dahinstehen. Denn auch bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Rückforderungsanspruch für die erwähnte Zeit unbegründet und der Rückforderungsbescheid auch insoweit nicht rechtmäßig. Nach diesen Grundsätzen ist als Voraussetzung für eine Rückerstattungspflicht u.a. erforderlich, daß die Unrichtigkeit der der Überzahlung zugrunde liegenden Entscheidung nicht ausschließlich in den Verantwortungsbereich der Versorgungsverwaltung fällt. Das trifft aber nach den bindenden Feststellungen des LSG deshalb nicht zu, weil die Unrichtigkeit des Bescheides vom 30. April 1952 und der Nachfolgebescheide nicht auf dem Verhalten der Klägerin, sondern auf der unzutreffenden Würdigung der auch der Verwaltungsbehörde bekannten Tatsachen beruht. Unbeschadet der Auffassung über die Rechtsgrundlage für die Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Versorgungsbezügen für die Zeit vor dem 1. April 1955 war im vorliegenden Fall also ein Rückforderungsanspruch des Beklagten nicht begründet und der angefochtene Bescheid mithin auch insoweit rechtswidrig. Das LSG hat diesen daher mit Recht aufgehoben.
Die Revision des Beklagten ist somit nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen