Leitsatz (redaktionell)

1. Die Neubewertung von Sachbezügen rechtfertigt als wesentliche Änderung der Verhältnisse die Neufeststellung der Ausgleichsrente.

2. Die rückwirkende Inkraftsetzung der DV § 33 BVG zum 1957-05-01 ist rechtswirksam.

3. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse iS des BVG § 62 Abs 1 liegt auch vor, wenn die wesentlichen rechtlichen Grundlagen des Anspruchs konkretisiert, präzisiert und authentisch interpretiert worden sind. Das ist hinsichtlich der Bewertung von Sachbezügen durch DV § 33 BVG § 3 aF geschehen.

 

Normenkette

BVG § 33 Abs. 2 Fassung: 1956-06-06, § 41 Abs. 6 Fassung: 1956-06-06, § 62 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20, § 33 DV § 3 Fassung: 1958-08-02, § 33 DV § 20 Fassung: 1958-08-02

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 26. Februar 1959 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Die Klägerin, deren Ehemann verschollen ist, bezieht vom 1. Oktober 1950 an Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG). Bei der Änderung durch Bescheid vom 23. August 1955 wurde bei der Bemessung der Ausgleichsrente erstmals berücksichtigt, daß die Klägerin von ihren Eltern freie Unterkunft und Verpflegung erhielt. Diese Sachbezüge bewertete der Beklagte nach Nr. 6 der damaligen Verwaltungsvorschriften zu § 33 BVG als "sonstiges Einkommen" mit 39,- DM monatlich.

Durch Bescheid vom 27. Dezember 1957 stellte der Beklagte die Rente neu fest, da der Wert der Sachbezüge vom 1. August 1957 an 75,- DM monatlich betrage. Die Richtlinien für die Bewertung der Sachbezüge seien von diesem Zeitpunkt an geändert worden; insoweit liege eine wesentliche Änderung der für die Feststellung der Rente maßgebenden Verhältnisse vor. Der Widerspruch der Klägerin wurde zurückgewiesen. Das Sozialgericht (SG) hob die angefochtenen Bescheide auf und verurteilte den Beklagten, der Klägerin über den 31. Juli 1957 hinaus Ausgleichsrente unter Anrechnung eines sonstigen Einkommens von 80,- DM (41,- DM Invalidenrente und 39,- DM Sachbezüge) zu gewähren. Es ließ die Berufung zu.

Bei der Neufeststellung durch Bescheid vom 29. April 1958 bewertete der Beklagte die Sachbezüge der Klägerin auf Grund einer neuen Änderung der Richtlinien ab 1. Januar 1958 mit 93,- DM monatlich. Durch Bescheid vom 10. September 1958 berechnete der Beklagte, gestützt auf § 3 der Verordnung zu § 33 BVG vom 2. August 1958 (BGBl I 567) auch die Ausgleichsrente vom 1. Mai 1957 an neu, legte jedoch für die Sachbezüge die gleichen Werte wie bisher zugrunde. Von der Rückforderung wurde abgesehen.

Auf die Berufung des Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG auf und wies die Klage ab. Auf die Frage, ob die Bescheide vom 27. Dezember 1957 und 29. April 1958 sowie der Widerspruchsbescheid zur Zeit ihres Erlasses eine ausreichende Rechtsgrundlage gehabt hätten, komme es nicht mehr an; denn sie seien vom 1. Mai 1957 an durch den Bescheid vom 10. September 1958 ersetzt worden, der auf Grund der Verordnung zu § 33 BVG gerechtfertigt sei. Ob diese Verordnung zu Recht rückwirkend vom 1. Mai 1957 an in Kraft gesetzt worden sei, könne offen bleiben; denn selbst wenn die §§ 17 Abs. 2 und 20 dieser Verordnung rechtsunwirksam seien, so komme es darauf nicht an, weil der Beklagte zwar die Rente rückwirkend neu festgestellt, die überzahlten Beträge aber nicht zurückgefordert habe. Im übrigen bestünden gegen die Gültigkeit der Verordnung keine Bedenken. Wenn der Beklagte sich auch nicht durchweg auf von den Oberfinanzdirektionen festgesetzte Sachbezugswerte, sondern für die Zeit vom 1. Juli 1957 bis 1. Januar 1958 auf eine Festsetzung des Hessischen Finanzministers gestützt habe, so entspreche auch diese dem Sinne des § 3 der Verordnung zu § 33 BVG. Sie gründe sich ebenfalls auf § 3 Abs. 2 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung in Verbindung mit den vorläufigen Richtlinien des Bundesministers der Finanzen für die Bewertung der Sachbezüge beim Steuerabzug vom Arbeitslohn (vom 6. Juni 1957; IV B/3 - S 2175 - 17/75) und es handle sich dabei offenbar um die in § 3 der Verordnung zu § 33 BVG genannten Richtlinien. Die Rente sei demnach wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse nach § 62 BVG zu Recht neu festgestellt worden. Wenn sich auch die Verhältnisse der Klägerin nicht geändert hätten, so könne doch kaum mit 93,- DM geschweige denn mit 39,- DM Kost und Wohnung bezahlt werden. Die Änderung der Verhältnisse liege also in der Steigerung der Lebenshaltungskosten, die sich neben der bereits dargelegten Änderung der rechtlichen als Änderung der tatsächlichen Verhältnisse darstelle. Das LSG ließ die Revision zu. Das Urteil wurde der Klägerin am 10. März 1959 zugestellt.

Die Klägerin legte am 20. März 1959 Revision ein und beantragte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Gießen vom 30. April 1958 mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß auch die Bescheide des Beklagten vom 29. April 1958 und vom 10. September 1958 insoweit abgeändert werden. Am 8. April 1959 - nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist - begründete sie die Revision. Sie rügt die Verletzung der §§ 61 Abs. 4 Satz 3, 62 BVG sowie des Art. 82 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) und bezweifelt die Rechtswirksamkeit der §§ 17 und 20 der Verordnung zu § 33 BVG vom 2. August 1958. Der Bescheid über die Neufeststellung der Ausgleichsrente vom 27. Dezember 1957 könne nicht auf § 62 BVG gestützt werden. Obwohl nämlich die Richtlinien für die Bewertung der Sachbezüge schon am 15. Juli 1957 geändert worden seien, sei dem Neufeststellungsbescheid vom 15. August 1957 noch der Wert der Sachbezüge in Höhe von 39,- DM monatlich zugrunde gelegt worden. Wenn die Änderung der Richtlinien überhaupt eine wesentliche Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse bedeute, so sei sie jedenfalls schon vor dem Bescheid vom 15. August 1957 eingetreten und habe deshalb wohl in diesem, nicht aber in dem Bescheid vom 27. Dezember 1957 berücksichtigt werden dürfen.

Auch die Neubewertung der Sachbezüge im Bescheid vom 29. April 1958 sei rechtswidrig. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich nicht geändert, weil die Klägerin nach wie vor Kost und Wohnung erhalten habe. Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse erfordere eine Änderung der Rechtsgrundlage durch Gesetz; die Richtlinien des Finanzministers für die Bewertung der Sachbezüge seien aber weder ein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne noch verbindlich für die Versorgungsverwaltung.

Der Bescheid vom 10. September 1958 sei ebenfalls rechtswidrig. Er werde für die Zeit vor dem 31. August 1958 zu Unrecht auf § 3 der Verordnung zu § 33 BVG gestützt; diese Verordnung habe nicht rückwirkend in Kraft gesetzt werden können, weil § 61 Abs. 4 Satz 3 BVG eine solche Ermächtigung nicht enthalte. Die §§ 17 und 20 der Verordnung seien daher mit Art. 82 Abs. 2 GG nicht vereinbar. Nach dieser Vorschrift sei die Verordnung erst am 23. August 1957 rechtswirksam geworden und die Neufeststellung des Sachbezugswertes sei nach § 61 Abs. 4 Satz 3 BVG erst vom 1. September 1958 an möglich gewesen. Abgesehen davon habe § 3 der Verordnung zu § 33 BVG nicht neue rechtliche Gesichtspunkte für die Berücksichtigung der Sachbezüge aufgestellt, sondern nur normiert, was die Verwaltung nach Nr. 6 der Verwaltungsvorschriften zu § 33 BVG schon bisher zu beachten hatte.

Der Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen.

II

Die Revision ist statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) und, da sie die Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und begründet hat, auch zulässig (§§ 164, 166 SGG). Sachlich ist die Revision aber unbegründet.

Die Berücksichtigung der geänderten Richtlinien über die Bewertung von Sachbezügen in den angefochtenen Bescheiden und die sich daraus ergebenden Neufeststellungen der Rente ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, durch den Bescheid vom 10. September 1958 seien die Bescheide vom 27. Dezember 1957 und 29. April 1958 ersetzt worden, er sei daher Gegenstand des Verfahrens geworden. Das folgt schon aus § 17 der Verordnung zu § 33 BVG, wonach die sich unter Berücksichtigung dieser Verordnung ergebenden Bezüge ab 1. Mai 1957 neu festzustellen waren. Wenn auch der Verfügungssatz des Bescheides vom 10. September 1958 gegenüber den vorhergehenden Bescheiden sachlich nicht geändert worden ist, so sind die in diesen Bescheiden enthaltenen Verfügungen nunmehr doch zusammengefaßt und auf eine neue einheitliche Rechtsgrundlage gestellt. Gleichgeblieben ist der Verfügungssatz, nur die Rechtsgrundlage der Begründung wurde in dem Bescheid vom 10. September 1958 ersetzt. Für die Frage, ob die Änderungen der Richtlinien über die Bewertung der Sachbezüge den Beklagten berechtigt haben, die Ausgleichsrente neu festzustellen, ist deshalb zunächst von der Rechtsgrundlage des Bescheides vom 10. September 1958 auszugehen.

Der Beklagte hat die Neufeststellung der Rente in diesem Bescheid auf § 62 Abs. 1 BVG stützen dürfen. Diese Vorschrift ist anzuwenden, wenn sich die für einen Anspruch wesentlichen rechtlichen Grundlagen geändert haben, sei es auch nur durch Konkretisierung, Präzisierung und authentische Interpretation (BSG 10, 202). Bis zur Verordnung zu § 33 BVG ist für die Berechnung der Ausgleichsrente einer Witwe allein § 41 BVG in Verbindung mit § 33 BVG maßgebend gewesen. Daraus hat sich ergeben, daß und in welchem Umfang "sonstiges Einkommen" bei der Feststellung der Ausgleichsrente zu berücksichtigen ist. Zum sonstigen Einkommen gehören wie aus dem Hinweis auf § 33 BVG folgt, Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Sachbezüge sind danach auszurechnen gewesen. Indessen ist nicht gesetzlich bestimmt gewesen, wie das in Sachbezügen bestehende sonstige Einkommen zu bewerten war. Nach den Verwaltungsvorschriften Nr. 6 zu § 33 BVG sind für die Bewertung von Einkünften, die nicht in Geld bestanden, die von den Oberfinanzdirektionen und den Oberversicherungsämtern gemeinsam auf Grund der Richtlinien für die Bewertung der Sachbezüge beim Steuerabzug vom Arbeitslohn (vom 8. November 1952 - Bundesanzeiger Nr. 222 vom 14. November 1952) festgesetzten Sachbezugswerte maßgebend gewesen. Diese Verwaltungsvorschriften haben insoweit nur zum Ausdruck bringen können, wie nach Meinung der Verwaltung der Geldwert eines "sonstigen Einkommens" zu bestimmen war, das in Sachbezügen bestanden hat. Die Gerichte waren aber an die Verwaltungsvorschriften nicht gebunden (BSG 6, 253). Durch § 3 der Verordnung zu § 33 BVG ist nunmehr normativ geregelt, wie der Wert des "sonstigen Einkommens" zu bestimmen ist, wenn es sich um Sachbezüge (für Kost und Wohnung) handelt. Jetzt müssen sich auch die Gerichte bei der Bewertung von Sachbezügen nach den von den Oberfinanzdirektionen auf Grund der Richtlinien des Bundesministers der Finanzen festgesetzten Werten richten. § 41 Abs. 4 bis 6 BVG ist nunmehr präzisiert, konkretisiert und authentisch interpretiert worden. Darin liegt eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, denn im Gegensatz zu der vor der Verordnung zu § 33 möglichen Bewertung der Sachbezüge unter verschiedenen Gesichtspunkten kann jetzt nur noch die dem § 3 dieser Verordnung entsprechende Bewertung in Betracht kommen. Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 BVG für eine Neufeststellung sind daher gegeben gewesen.

Die Verordnung zu § 33 BVG hat auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden dürfen. Einer ausdrücklichen Ermächtigung hat es dazu nicht bedurft. Die Ermächtigung in Art. 1 Nr. 11b des Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des BVG vom 6. Juni 1956 (BGBl I 463), Näheres über die Berechnung des sonstigen Einkommens zu bestimmen, die am 7. Juni 1956 in Kraft getreten ist (Art. IV Abs. 2 des 5. Änderungs- und Ergänzungsgesetzes zum BVG), hat auch die Befugnis eingeschlossen, von diesem Zeitpunkt an solche Bestimmungen zu treffen. Wenn die Verordnung vom 2. August 1958 (BGBl I 567) insoweit vom 1. Mai 1957 an in Kraft gesetzt worden ist, so verstößt dies jedenfalls nicht gegen die gesetzliche Ermächtigung (aA ohne auf diesen Gesichtspunkt einzugehen: Zeihe in ZfS 1958, 249 und ZfS 1959, 66). Auch soweit die Verordnung zu § 33 BVG Tatbestände erfaßt, die vor ihrer Verkündung eingetreten sind, ist sie rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts findet die Rückwirkung von Rechtsnormen dort ihre Grenze, wo Eingriffe in Rechte oder Rechtslagen des Staatsbürgers vorgenommen werden, mit denen dieser in dem Zeitpunkt, von dem an sie nun gelten sollen, nicht rechnen konnte und die er bei einer verständigen Voraussicht im privaten und beruflichen Bereich nicht zu berücksichtigen brauchte (vgl. BVerfG Bd. 1, 280, Bd. 2, 264 ff, Bd. 7, 92 und 151, Bd. 8, 305). Diese Grenzen überschreitet die Verordnung zu § 33 BVG nicht. Die durch § 3 der Verordnung vorgeschriebene Bewertung der Sachbezüge entspricht jedenfalls der Rechtslage wie sie vorher schon bestanden hat. Sie ist nach Nr. 6 der Verwaltungsvorschriften zu § 33 BVG bereits im Sinne des § 3 der Verordnung zu § 33 BVG gehandhabt worden. Die Klägerin hat mit einer den steigenden Lebenshaltungskosten angepaßten Bewertung der Sachbezüge rechnen müssen. Sie hat aus den Bescheiden vom 27. Dezember 1957 und vom 29. April 1958 ersehen können, daß die steigenden Lebenshaltungskosten auch zu einer höheren Bewertung ihrer Sachbezüge führten. § 3 der Verordnung zu § 33 BVG hat nicht überraschend in ihre Rechte eingegriffen, sondern für die Bewertung der Sachbezüge eine der bisherigen Handhabung entsprechende Rechtsgrundlage geschaffen, mit der seit dem Inkrafttreten des Fünften Änderungs- und Ergänzungsgesetzes zum BVG, d.i. seit 1. April 1956, zu rechnen war. Die Rückwirkung der Verordnung zu § 33 BVG verstößt daher weder gegen die Ermächtigung noch gegen Art. 82 Abs. 2 GG.

Die rückwirkende Geltung der §§ 17 und 20 der Verordnung zu § 33 BVG verstößt auch nicht gegen die §§ 60 und 61 BVG. Diese Vorschriften regeln nicht den Zeitpunkt, von dem an eine Änderung versorgungsrechtlicher Bestimmungen in Kraft tritt, sondern den Zeitpunkt für den Eintritt der Änderungen bei einer Neufeststellung der Rente wegen wesentlicher Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse (so Vorberg "Der Versorgungsbeamte" 1958, 134 und Wilke, KOV 1958, 228). Erst wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse eingetreten und deshalb ein Neufeststellungsbescheid möglich ist, ist nach den §§ 60 und 61 BVG der Zeitpunkt zu bestimmen, an dem dieser Bescheid wirksam wird.

Zwar ordnet § 17 der Verordnung allgemein an, daß die Bezüge vom 1. Mai 1957 an neu festzustellen sind. Das kann aber nicht bedeuten, daß in jedem Falle von diesem Zeitpunkt an auch die Änderungen wirksam werden. Soweit sich aus der Verordnung eine höhere Rente ergibt, stimmt dieser Zeitpunkt überein mit den §§ 60 Abs. 1 und 61 Abs. 4 Satz 1 und 2 BVG. Anders verhält es sich aber, wenn nach der Verordnung die Rente zu mindern oder zu entziehen ist. Trotz des § 17 der Verordnung zu § 33 BVG treten nach den §§ 60 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 und 61 Abs. 4 Satz 3 BVG Minderungen oder Entziehungen der Rente erst mit Ablauf des Monats ein, in dem die Voraussetzungen für die bisher gewährten Bezüge weggefallen sind. Die für den Eintritt solcher Änderungen maßgebenden gesetzlichen Vorschriften könnten nur durch ein Gesetz, aber nicht durch eine Verordnung geändert werden. Darauf erstreckt sich die gesetzliche Ermächtigung nicht. § 17 der Verordnung berührt daher nicht den Zeitpunkt, an dem eine sich aus der Neufeststellung der Bezüge nach der Verordnung ergebende Minderung oder Entziehung der Rente eintritt (vgl. Zeihe aaO und Vorberg aaO, 135 zu 2b). Danach hätte der Bescheid vom 10. September 1958 erst vom 1. Juni 1957 an wirksam werden können, wenn die Rente der Klägerin für Mai 1957 gemindert worden wäre. Da in dem bindenden Bescheid vom 23. August 1955 die Sachbezüge der Klägerin bereits mit 39,- DM bewertet worden waren und im Neufeststellungsbescheid vom 10. September 1958 für Mai 1957 in der gleichen Höhe berücksichtigt worden sind, ist eine Minderung der Rente nicht eingetreten, so daß der Bescheid vom 10. September 1958 insoweit nach § 61 Abs. 4 Satz 3 BVG am 1. Mai 1957 wirksam geworden ist.

Durch den Bescheid vom 10. September 1958 ist die Rente der Klägerin jedoch insofern gemindert worden, als übereinstimmend mit den Bescheiden vom 27. Dezember 1957 und 29. April 1958 die Sachbezüge vom 1. Juli 1957 an mit 75,- DM und vom 1. Januar 1958 an mit 93,- DM bewertet worden sind, und zwar auf Grund der Neufestsetzungen des Werts der Sachbezüge nach § 3 der Verordnung zu § 33 BVG. Zwar ist diese Regelung Bestandteil der Verordnung zu § 33 BVG. Ihr Inkrafttreten richtet sich jedoch nicht nach dieser Verordnung, sondern nach eigenen Bestimmungen der Stellen, die die Sachbezugswerte festzustellen haben. Danach ist die Neufestsetzung des Wertes der Sachbezüge vom 15. Juli 1957 am 1. Juli 1957 und die vom 6. Januar 1958 am 1. Januar 1958 in Kraft getreten. Bei der Feststellung der Rente der Klägerin sind daher vom 1. Juli 1957 an die Sachbezüge mit 75,- DM und vom 1. Januar 1958 an mit 93,- DM monatlich zu bewerten gewesen (vgl. Hess. Staatsanzeiger 1957, 729 und 1958, 113). Demnach traten die sich daraus ergebenden Minderungen der Hinterbliebenenrente gemäß § 61 Abs. 4 Satz 3 BVG erst mit Ablauf der Monate Juli 1957 und Januar 1958 ein. Deshalb sind die angefochtenen Bescheide, welche vom 1. August 1957 den Sachbezugswert auf 75,- DM (Bescheid vom 27. Dezember 1957) und vom 1. Februar 1958 an auf 93,- DM (Bescheid vom 29. April 1958) festgesetzt haben, rechtmäßig.

Auch der Bescheid vom 10. September 1958 ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar stützt er sich auf die Neufestsetzung des Wertes der Sachbezüge durch den Hessischen Finanzminister vom 15. Juli 1957, obwohl § 3 der Verordnung zu § 33 BVG auf die von den Oberfinanzdirektionen festgesetzten Sachbezugswerte verweist und obwohl nach der Rechtslage zur Zeit dieser Festsetzung nach dem Urteil des 3. Senats vom 15. Oktober 1957 (BSG 6, 41, 45) dazu nur die Oberfinanzdirektionen befugt waren (§ 3 Abs. 2 der Lohnsteuerdurchführungsverordnung in der Fassung vom 27. August 1955 - BGBl I 542). Diese Vorschrift ist erst durch die Verordnung vom 26. März 1958 (BGBl I 157) dahin abgeändert worden, daß zur Festsetzung des Wertes der Sachbezüge nunmehr die für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörden ermächtigt wurden, die ihre Ermächtigung an die Oberfinanzdirektionen übertragen konnten. Es kann jedoch dahinstehen, ob die Festsetzung des Wertes der Sachbezüge durch den Hessischen Finanzminister vom 15. Juli 1957 nach § 3 der Verordnung zu § 33 BVG ebenso zu berücksichtigen wäre wie entsprechende Festsetzungen der Oberfinanzdirektion. Jedenfalls erweist sich der Bescheid vom 10. September 1958 aus anderen Gründen als richtig. Der Verfügungssatz des Bescheides vom 10. September 1958 stimmt, soweit er die Zeit vom 1. Juli 1957 bis 1. Januar 1958 betrifft, mit dem des Bescheides vom 27. Dezember 1957 überein. Dieser Bescheid ist aber unmittelbar auf die §§ 41 und 62 BVG mit der Verpflichtung zur Anrechnung sonstigen Einkommens gestützt. Diese Vorschriften überließen es bis zum Inkrafttreten der Verordnung zu § 33 BVG der Verwaltung, den Wert des sonstigen Einkommens zu ermitteln und bei Änderungen des Wertes des Einkommens die Rente neu festzustellen. Die Verwaltung durfte sich bei Feststellung des sonstigen Einkommens der Klägerin nach den vom Hessischen Finanzminister festgesetzten Sachbezugswerten richten, zumal es damals andere Anhaltspunkte nicht gegeben hat. Sie verstieß damit zwar möglicherweise gegen Nr. 6 der Verwaltungsvorschriften zu § 33 BVG in der 1957 geltenden Fassung, die aber als Anordnungen der Verwaltung nicht revisibel im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG sind (vgl. Peters/Sautter/Wolff, Komm. zum SGG § 162 Anm. 5; Baumbach, Komm. zur ZPO, 25. Aufl. § 549 Anm. 4 A; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl., 700 zu III 1a) und daher nicht der Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegen. Die Festsetzung der Sachbezugswerte durch den Hessischen Finanzminister ist zwar eine Rechtsverordnung, gilt jedoch nicht über den Bezirk des LSG hinaus und ist deshalb nach § 162 Abs. 2 SGG nicht revisibel. Das Revisionsgericht ist somit bei Prüfung des Bescheides vom 27. Dezember 1957 an die Feststellung des LSG gebunden, es bestehe eine Festsetzung der Sachbezugswerte und sie sei richtig angewandt worden. Unter dieser Voraussetzung ist der Bescheid vom 27. Dezember 1957 aber richtig und seine Begründung trägt auch den Bescheid vom 10. September 1958, soweit er sich auf den gleichen Zeitraum bezieht. Der Bescheid vom 27. Dezember 1957 kann in der Revisionsinstanz nicht mehr mit der Behauptung angegriffen werden, er sei rechtswidrig, weil der Beklagte diese Neubewertung der Sachbezüge ab 1. Juli 1957 schon im Bescheid vom 15. August 1957 hätte berücksichtigen können; bereits damals sei ihm die Neufestsetzung der Sachbezugswerte durch den Hessischen Finanzminister vom 15. Juli 1957 bekannt gewesen. Insoweit handelt es sich um neue Tatsachen, die in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden dürfen. Es ist auch nicht dargetan, das LSG habe bei der Nachprüfung des Bescheides vom 15. August 1957 seiner Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, nicht genügt (§§ 103, 164 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Die Revision der Klägerin mußte daher als unbegründet zurückgewiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2325576

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