Leitsatz (amtlich)
Bei stationärer Heilbehandlung eines landwirtschaftlichen Unternehmers muß die Alterskasse nach GAL § 7 Abs 3 Ersatzleistungen nur dann gewähren, wenn sie selbst die Heilbehandlung gewährt. Sehen die zur Durchführung des GAL § 9 Abs 1 erlassenen Richtlinien der Alterskasse Ersatzleistungen auch bei einer nicht selbst gewährten stationären Heilbehandlung vor, dann hat die Alterskasse im Rahmen ihres pflichtgemäßen Ermessens jedoch zu prüfen, ob sie aufgrund des GAL § 9 Abs 1 Ersatzleistungen gewähren will.
Normenkette
GAL § 9 Abs. 1 Fassung: 1965-09-14, § 7 Abs. 3 Fassung: 1965-09-14
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Bescheide der Beklagten vom 24. Februar und 24. Oktober 1966, das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 27. März 1968 und das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 1. April 1969 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag auf Gewährung von Ersatzgeld neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Rechtsstreit zu einem Drittel zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger, Landwirt von Beruf, begehrt von der Beklagten die Gewährung von Ersatzgeld nach § 7 Abs. 3 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte in der Fassung vom 14. September 1965 (GAL 1965) für die Zeit vom 9. August 1965 bis 28. März 1966. In dieser Zeit wurde er auf Veranlassung des Staatlichen Gesundheitsamtes und auf Kosten der Sozialhilfeverwaltung wegen offener Lungentuberkulose in einem Sanatorium behandelt.
Während der Behandlung beantragte der Kläger am 12. Dezember 1965 bei der Beklagten die Gewährung von Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit. Diesen Antrag wies die Beklagte am 24. Februar 1966 mit der Begründung ab, Ersatzleistungen (Ersatzgeld) könnten nur gewährt werden, wenn die Behandlung auf ihre Veranlassung erfolge. Der Widerspruch des Klägers, mit dem er die Beteiligung der Beklagten an den Behandlungskosten und die Zahlung von Ersatzgeld begehrte, blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 1966). Mit der Klage erstrebt der Kläger nur noch die Zahlung von Ersatzgeld. Er unterlag sowohl beim Sozialgericht (SG) als auch beim Landessozialgericht (LSG). Dieses hielt die Versagung des Ersatzgeldes, weil die Ersatzleistungen nach § 7 Abs. 3 GAL 1965 Ausfluß der Kannvorschrift des § 6 Abs. 1 seien, nur im Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für nachprüfbar. Es verneinte einen Ermessensfehler der Beklagten. Wenn ein anderer Leistungsträger Heilmaßnahmen gewähre, entstehe daraus für die Beklagte keine Verpflichtung zu Ersatzleistungen nach § 7 Abs. 3 GAL. Diese seien vielmehr von den medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen nach § 6 Abs. 1 GAL unmittelbar abhängig. Die Sozialhilfeverwaltung habe dem Kläger nach § 48 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) Tuberkulosehilfe gewähren müssen; diese Hilfe gehe nach § 48 Abs. 3 Satz 2 BSHG den Ermessensleistungen der Beklagten vor.
Mit der zugelassenen Revision beantragt der Kläger,
die Urteile der Vorinstanzen sowie die Bescheide der Beklagten aufzuheben und diese zur Gewährung von Ersatzgeld für die Dauer der stationären Heilbehandlung zu verurteilen.
Er rügt eine Verletzung des § 7 Abs. 3 GAL. Die Vorschrift gebe einen Rechtsanspruch auf die Ersatzleistungen; diese seien nicht von der Gewährung der stationären Heilbehandlung durch die Beklagte abhängig.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einem Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Auf die zulässige Revision des Klägers hatte der Senat zunächst zu prüfen, ob die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG überhaupt statthaft gewesen ist. Die Vorinstanzen haben das bejaht, das SG, weil "Streitgegenstand ... die Ermessensfehlerhaftigkeit der angefochtenen Bescheide" sei, das LSG, weil "ein Anspruch auf Gewährung von Ersatzgeld für eine länger als 3 Monate dauernde Heilbehandlung geltend gemacht" werde. Beide Ausführungen beziehen sich auf § 144 Abs. 1 SGG; danach ist die Berufung bei Ansprüchen auf einmalige Leistungen und Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (3 Monaten) ausgeschlossen. Dabei ist es allerdings unerheblich, ob materiell-rechtlich ein Rechtsanspruch auf das Ersatzgeld besteht; § 144 Abs. 1 SGG stellt vielmehr auf den prozeßrechtlichen Anspruch ab (BSG 4, 206, 208; 18, 266). Der erhobene prozeßrechtliche Anspruch richtet sich hier jedoch auf wiederkehrende Leistungen für mehr als 3 Monate. Er zielt nicht auf eine einmalige Leistung ab, obgleich die Beklagte in § 18 Abs. 2 (und ferner in § 33 Abs. 2) ihrer gemäß § 7 Abs. 4 GAL 1965 am 24. Februar 1966 erlassenen Richtlinien bestimmt hat, daß das Ersatzgeld "nachträglich gezahlt" wird (d.h. nach Abschluß der Heilbehandlung in einer Summe). Denn nach § 7 Abs. 3 GAL 1965 "gewährt" die Alterskasse die Ersatzleistungen "während der stationären Heilbehandlung" durch Gestellung einer Ersatzkraft oder durch Gewährung eines Ersatzgeldes "in Höhe von täglich 20.- DM"; nach dieser gesetzlichen Regelung kann sich demnach die Leistung von Ersatzgeld nicht "in einer einzigen Gewährung erschöpfen" (BSG 2, 135, 136). Das LSG hat deshalb zu Recht einen Ausschluß der Berufung nach § 144 Abs. 1 SGG verneint. Die Berufung war aber auch nicht nach § 145 Nr. 2 SGG i.V.m. § 30 Satz 2 GAL 1965 ausgeschlossen; danach ist die Berufung unzulässig, soweit sie Rente für abgelaufene Zeiträume betrifft. Hier betraf zwar die Berufung eine Geldleistung für einen Zeitraum, der bei ihrer Einlegung schon abgelaufen war; das Ersatzgeld ist jedoch weder eine Rente noch eine rentenähnliche Leistung, die im Rahmen des § 145 Nr. 2 SGG einer Rente gleichbehandelt werden könnte (SozR Nr. 11 zu § 146 SGG; BSG 26, 73, 74; 27, 188, 189); es hat nicht den Charakter eines Lohnersatzes wie die Rente, sondern soll dem landwirtschaftlichen Unternehmer - in erster Linie - die Einstellung einer Ersatzkraft während seiner Abwesenheit vom Hof ermöglichen.
Der Senat hat auf die Revision hin die bisher ergangenen Entscheidungen aufgehoben.
Der Senat konnte allerdings dem Kläger nicht darin zustimmen, daß er nach § 7 Abs. 3 GAL 1965 einen Rechtsanspruch auf Ersatzgeld habe. Diese Auffassung entspricht nicht dem Gesetz.
Das GAL 1965 regelt die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen in den §§ 6 - 8. § 6 Abs. 1 enthält die Grundregel. Die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen steht danach grundsätzlich im Ermessen der Alterskasse; sie kann sie gewähren, wenn die Erwerbsfähigkeit eines nach dem GAL Beitragspflichtigen infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte gefährdet oder gemindert ist und durch die Maßnahmen voraussichtlich erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. § 7 bestimmt das Nähere über die in Betracht kommenden Maßnahmen. Gemäß § 7 Abs. 1 erstrecken sie sich auf stationäre Heilbehandlung und die Gewährung von Ersatzleistungen. Abs. 2 befaßt sich mit der stationären Heilbehandlung und Abs. 3 mit den Ersatzleistungen. Er bestimmt in Satz 1, daß die Alterskasse "während der stationären Heilbehandlung eines landwirtschaftlichen Unternehmers" Ersatzleistungen in der Regel bis zur Dauer von höchstens 3 Monaten "gewährt", und in Satz 2, daß Ersatzleistungen die Gestellung einer Ersatzkraft "oder" die Gewährung eines Ersatzgeldes sind.
Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt zunächst, daß der Kläger nach § 7 Abs. 3 GAL 1965 in keinem Falle einen Rechtsanspruch auf Ersatzgeld haben kann. Er könnte allenfalls einen Rechtsanspruch auf Ersatzleistungen haben. Im Gegensatz zur Gewährung stationärer Heilbehandlung steht die Gewährung von Ersatzleistungen - ähnlich wie beim Übergangsgeld in der gesetzlichen Rentenversicherung, vgl. §§ 1237 Abs. 4 a, 1241 RVO - nicht im Ermessen der Beklagten; wenn stationäre Heilbehandlung gewährt wird, muß sie auch Ersatzleistungen gewähren. Welche Art von Ersatzleistungen sie gewährt, ist jedoch ihrem Ermessen überlassen; sie hat nach pflichtgemäßem Ermessen zu befinden, ob sie den Anspruch auf Ersatzleistungen - wie bei einer Wahlschuld (Noell/Rüller, Die Altershilfe für Landwirte, 6. Auflage S. 112) - durch Gestellung einer Ersatzkraft oder durch Gewährung von Ersatzgeld erfüllt.
Im weiteren folgt aus der gesetzlichen Regelung, daß der Kläger nach § 7 Abs. 3 GAL 1965 aber auch keinen Rechtsanspruch auf Ersatzleistungen hat. Die Beklagte hat die Gewährung von Ersatzleistungen auf Grund des § 7 Abs. 3 GAL 1965 zu Recht abgelehnt, weil die stationäre Heilbehandlung des Klägers von August 1965 bis März 1966 keine stationäre Heilbehandlung im Sinne dieser Vorschrift gewesen ist. Stationäre Heilbehandlung im Sinne des § 7 Abs. 3 GAL 1965 ist nur eine stationäre Heilbehandlung, die die Alterskasse selbst nach § 6 Abs. 1, 7 Abs. 1 und 2 GAL 1965 gewährt. Das ergibt schon die Fassung des § 7 Abs. 3 ("während der stationären Heilbehandlung"), dafür spricht aber auch der Zusammenhang der §§ 6 und 7 und außerdem die Überlegung, daß die Beklagte nicht zu Ersatzleistungen bei einer stationären Heilbehandlung verpflichtet sein kann, die nicht den spezifischen Rehabilitationszwecken des § 6 Abs. 1 GAL 1965 dient. Die Alterskasse muß vielmehr in jedem Falle prüfen können, ob die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 gegeben sind; diese Feststellung darf ihr ebensowenig aus der Hand genommen werden wie die Ermessensentscheidung, ob sie daraufhin stationäre Heilbehandlung gewähren will; sie muß ferner in der Lage sein, die Einzelheiten der stationären Heilbehandlung (Art, Ort, Zeit und Ausmaß) zu regeln, d.h. auch insoweit das nach § 6 Abs. 1 GAL 1965 Erforderliche zu bestimmen. Alle diese Erwägungen sprechen dafür, eine Verpflichtung der Alterskasse zu Ersatzleistungen nach § 7 Abs. 3 GAL 1965 zu verneinen, wenn sie die stationäre Heilbehandlung nicht selbst gewährt.
Es besteht daher eine Akzessorietät zwischen der Gewährung stationärer Heilbehandlung durch die Alterskasse und den Ersatzleistungen als deren Folgeleistung. Diese Akzessorietät wird nicht berührt durch die Pflicht der Alterskasse (§ 8 Abs. 2 GAL 1965 i.V.m. § 1244 RVO), mit anderen Leistungsträgern, darunter den Trägern der Sozialhilfe zusammenzuarbeiten. Die Verpflichtung zur Zusammenarbeit hat nicht zur Folge, daß ein Leistungsträger Leistungen, die das Gesetz nur als Neben- oder Folgeleistungen eigener Rehabilitationsmaßnahmen vorsieht (z.B. Fahrtkosten, Taschengeld bei stationärer Heilbehandlung, in der gesetzlichen Rentenversicherung ferner das Übergangsgeld bei stationärer Heilbehandlung, vgl. BSG 20, 226, § 1241 Abs. 1 RVO), auch dann gewähren müßte, wenn ein anderer Leistungsträger die Grundleistung erbringt (vgl. Ströbel, Die Zusammenarbeit von Rentenversicherungsträgern und landwirtschaftlichen Alterskassen bei der Rehabilitation, Deutsche Rentenversicherung 1969, 304, 307). Ebensowenig steht der hier vertretenen Auffassung die Vorschrift des § 6 Abs. 3 GAL 1965 entgegen, wonach Verpflichtung und Zuständigkeit anderer Stellen zu Maßnahmen gleicher Art unberührt bleiben; auch diese Vorschrift verpflichtet die Beklagte nicht, eine von anderen Stellen gewährte Heilbehandlung (die möglicherweise anderen Zwecken als dem besonderen Rehabilitationszweck des § 6 Abs. 1 dient) wie eine selbst gewährte Heilbehandlung zu behandeln.
Im vorliegenden Fall ist die stationäre Heilbehandlung nicht von der Beklagten gewährt worden. Der Senat kann offenlassen, ob er befugt und verpflichtet ist, im Rahmen der erhobenen Klage die Nichtgewährung stationärer Heilbehandlung durch die Beklagte auf ihre Rechtmäßigkeit nachzuprüfen. Die Beklagte hat jedenfalls nicht rechtswidrig gehandelt, wenn sie dem Kläger die stationäre Heilbehandlung von August 1965 bis März 1966 nicht selbst gewährt hat. Die Gewährung stationärer Heilbehandlung steht in ihrem Ermessen. Sie darf sie ablehnen, wenn schon ein anderer Leistungsträger die Heilbehandlung gewährt. Das gilt auch bei stationärer Tuberkulosehilfe durch den Sozialhilfeträger, weil § 48 Abs. 2 Satz 2 BSHG die Anwendung des § 2 Abs. 2 Satz 2 BSHG ausdrücklich ausschließt. Dahinstehen kann auch, ob die Beklagte befugt wäre, Maßnahmen eines anderen Leistungsträgers, hier der Sozialhilfeverwaltung, mit der Folge zu übernehmen, daß sie ihr daraufhin als eigene zuzurechnen wären (zur Übernahme von Leistungen aus Rehabilitationsgründen vgl. § 1239 RVO). Die Beklagte hat weder von der Sozialhilfeverwaltung die Gewährung der stationären Heilbehandlung übernommen noch war sie dazu verpflichtet.
Gleichwohl hat der Senat die Bescheide der Beklagten als rechtswidrig aufheben müssen, weil die Beklagte ihre Leistungsmöglichkeiten auf Grund des § 9 Abs. 1 GAL 1965 nicht berücksichtigt hat. Das haben auch die Vorinstanzen übersehen. Nach § 9 Satz 1 können die Alterskassen "weitere Mittel aufwenden, um u.a. Einzelmaßnahmen im Interesse der beitragspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer durchzuführen". Die möglichen Einzelmaßnahmen ergeben sich aus den Richtlinien, die die Beklagte gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 GAL 1965 erlassen hat; sie bilden den zweiten Teil der schon erwähnten Richtlinien vom 24. Februar 1966. Der Senat kann offenlassen, ob diese - von der Vertreterversammlung der Beklagten aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Ermächtigung "zur Durchführung" des Gesetzes erlassenen - Richtlinien Rechtssätze sind, was der 4. Senat bei etwa vergleichbaren "Grundsätzen" einer Landesversicherungsanstalt über zusätzliche Leistungen aufgrund des § 1307 Abs. 1 RVO verneint hat (SozR Nr. 1 zu § 1307 RVO). Auch wenn sie keine Rechtssätze sind, muß die Beklagte sie, solange sie bestehen, jedenfalls deshalb anwenden, weil sie die Richtlinien im Sinne einer ständigen Verwaltungspraxis handhaben will; sie würde deshalb den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzen, wenn sie in einem Einzelfall diese Richtlinien nicht anwendet oder ohne triftigen Grund von ihnen abweicht (SozR aaO).
Nach § 22 der Richtlinien erstrecken sich die Einzelmaßnahmen im Interesse der beitragspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer auf a) die Gewährung ergänzender Heilbehandlungsmaßnahmen und b) die Gestellung von Ersatzkräften oder Zahlung von Ersatzgeld. Das Nähere über die auf § 9 Abs. 1 GAL 1965 beruhenden Ersatzleistungen regeln die §§ 30 bis 33 der Richtlinien. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 "kann" die Alterskasse "während der Dauer einer auf Krankheit beruhenden stationären Heilbehandlung eines beitragspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmers" eine Ersatzkraft stellen. Ersatzgeld "kann" nach § 33 Abs. 1 Satz 1 "während der stationären Heilbehandlung eines landwirtschaftlichen Unternehmers nur gezahlt werden, wenn eine Ersatzkraft nicht gestellt wird". Der Inhalt der Richtlinien i.V.m. § 9 Abs. 1 GAL 1965 ergibt, daß sich diese Ersatzleistungen in zweifacher Hinsicht von den Ersatzleistungen aufgrund des § 7 Abs. 3 GAL 1965 unterscheiden: die Beklagte ist zum einen zur Gewährung von Ersatzleistungen gemäß den §§ 30 ff ihrer Richtlinien in keinem Falle verpflichtet, sie entscheidet darüber ausschließlich nach ihrem Ermessen; zum zweiten sind diese Ersatzleistungen nicht davon abhängig, daß die stationäre Heilbehandlung (von der in §§ 30, 33 der Richtlinien die Rede ist) von der Alterskasse gewährt wird (vgl. Ströbel aaO S. 308). Die Beklagte kann hier deshalb dem Umstand Rechnung tragen, daß auch eine ohne ihre Mitwirkung durchgeführte Heilbehandlung die Erwerbsfähigkeit eines landwirtschaftlichen Unternehmers günstig beeinflussen und in diesen Fällen ebenfalls ein Bedürfnis nach Ersatzleistungen (Ersatzkraft, Ersatzgeld) bestehen kann.
Im vorliegenden Fall ist jedoch weder aus den Bescheiden der Beklagten noch aus ihrer Einlassung im Rechtsstreit zu erkennen, daß sie eine Zahlung von Ersatzgeld an den Kläger auf Grund des § 9 Abs. 1 GAL 1965 i.V.m. § 33 ihrer Richtlinien überhaupt erwogen hat. Ihre Bescheide sind aus diesem Grunde ermessensfehlerhaft. Dieser Fehler zwingt zu ihrer Aufhebung. Der Senat kann nicht feststellen, daß die Beklagte bei sachgemäßer Ausübung ihres Ermessens die Zahlung von Ersatzgeld an den Kläger auf Grund des § 9 Abs. 1 GAL 1965 in jedem Falle hätte ablehnen oder umgekehrt hätte vornehmen müssen. Bei der Entscheidung hierüber können vielfältige Erwägungen von Bedeutung sein. Dabei wird die Beklagte möglicherweise zum Nachteil des Klägers berücksichtigen dürfen, daß er die Heilbehandlung am 28. März 1966 eigenmächtig abgebrochen hat, sofern seine Rehabilitation dadurch vereitelt worden wäre. Die Beklagte wird andererseits nicht geltend machen können, daß sie jetzt nach Abschluß der stationären Heilbehandlung zwischen der Gestellung einer Ersatzkraft und der Zahlung von Ersatzgeld nicht mehr wählen kann; darunter darf der Kläger nicht leiden, weil er es nicht zu vertreten hat, daß die Gestellung einer Ersatzkraft heute nicht mehr möglich ist (vgl. § 265 Abs. 1 BGB); er hat seinen Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen noch während der stationären Heilbehandlung gestellt; außerdem ist zu bedenken, daß zu Beginn der Heilbehandlung das Dritte Gesetz zur Änderung und Ergänzung des GAL vom 13. August 1965, das erstmalig den Alterskassen die Möglichkeit zu Rehabilitationsmaßnahmen und zusätzlichen Maßnahmen gab, noch nicht verkündet war.
Die Beklagte hat sonach den Antrag des Klägers auf Gewährung von Ersatzgeld neu zu bescheiden.
Der Senat hielt es für angemessen, nach § 193 SGG der Beklagten 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers aufzuerlegen.
Fundstellen
Haufe-Index 2284785 |
BSGE, 213 |