Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammentreffen des Anspruchs auf Krankengeld mit Anspruch auf Übergangsgeld. Wiederentstehung des Anspruchs auf Krankengeld in 2. Blockfrist
Leitsatz (redaktionell)
Das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs nach Ablauf der Drei-JahresFrist des RVO § 183 Abs 2 darf nicht dadurch vereitelt werden, daß dem Versicherten überhaupt nicht die Möglichkeit zu einer freiwilligen Weiterversicherung mit Anspruch auf Krankengeld eingeräumt wird.
Orientierungssatz
1. Der Bezug von Übergangsgeld bewirkt ein Ruhen des Krankengeldanspruches, die Zeit des Übergangsgeldbezuges ist demzufolge auf die Höchstdauer des Krankengeldanspruches anzurechnen (vergleiche Urteil des Senats vom 1977-11-09 3 RK 25/76 = KVRS 2420/21 und vom 1979-03-28 3 RK 14/77 = SozR 2200 § 183 Nr 20).
2. Die Wiedergewährung von Krankengeld bei Beginn einer neuen Blockfrist setzt keine besonders "qualifizierte Mitgliedschaft" voraus (vergleiche Urteil des Senats vom 1979-11-28 3 RK 90/78).
Normenkette
RVO § 183 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1961-07-12, S. 2 Fassung: 1961-07-12, Abs. 6 Fassung: 1974-08-07, § 565 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1963-04-30
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 26.04.1979; Aktenzeichen L 5 K 44/78) |
SG Speyer (Entscheidung vom 22.09.1978; Aktenzeichen S 9 K 13/78) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. April 1979 insoweit aufgehoben, als das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 22. September 1978 abgeändert und die Klage in vollem Umfange abgewiesen worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts wird zurückgewiesen.
Im übrigen wird die Revision des Klägers zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger zwei Drittel der außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld im Anschluß an einen Übergangsgeldbezug.
Der Kläger, ein Mitglied der beklagten Krankenkasse, leidet an Muskelschwund mit Neigung zum Fallen. Bei einem Arbeitsunfall am 18. November 1974 brach er sich den linken Oberschenkel. Die Heilbehandlung übernahm die Berufsgenossenschaft für den Einzelhandel (BG). Auf Anweisung dieser BG erhielt der Kläger von der Beklagten bis zum 28. Februar 1977 Übergangsgeld. Zwischenzeitlich erlitt er am 21. November 1976 erneut einen Unfall mit Bruch des linken Oberschenkels. Da es sich hierbei nicht um einen Arbeitsunfall, insbesondere nicht um eine mittelbare Folge des ersten Unfalls gehandelt haben soll, machte die BG gegenüber der Beklagten hinsichtlich des Übergangsgeldbezuges vom 22. November 1976 bis zum 28. Februar 1977 einen Ersatzanspruch geltend. Sie vertrat die Auffassung, wegen der von ihr übernommenen Heilbehandlung hätten dem Kläger zunächst keine Ansprüche gegen die Beklagte zugestanden, demzufolge schließe sich die auf 78 Wochen innerhalb eines Dreijahreszeitraums begrenzte Krankengeldbezugszeit an das Ende des berufsgenossenschaftlichen Leistungsfalles an, so daß die Beklagte für die Zeit am 22. November 1976 leistungspflichtig sei. Dieses Verlangen wies die Beklagte mit der Begründung zurück, der Anspruch des Klägers auf Krankengeld habe während des Bezuges von Übergangsgeld nur geruht, so daß auf die Höchstdauer des Krankengeldbezuges die Zeit ab 18. November 1974 anzurechnen sei und deshalb dem Kläger ein Anspruch auf Krankengeld nicht mehr zustehe.
Mit der gleichen Begründung lehnte die Beklagte den Antrag des weiterhin für arbeitsunfähig gehaltenen Klägers auf Krankengeldgewährung ab 1. März 1977 ab. In dem nach Klageerhebung erteilten Widerspruchsbescheid verneinte sie auch einen Anspruch auf Krankengeld für die am 18. November 1977 beginnende neue Blockfrist von drei Jahren. Zur Begründung gab sie an, der Kläger sei nun in einer Versicherungsklasse versichert, welche die Gewährung von Krankengeld nicht vorsehe.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte zur Gewährung von Krankengeld ab 18. November 1977 verurteilt. Diese Entscheidung ist jedoch vom Landessozialgericht (LSG) aufgehoben und die Klage in vollem Umfange abgewiesen worden. Beide Gerichtsinstanzen sind wie die Beklagte der Meinung, die Übergangsgeldbezugszeit sei auf die Höchstdauer der Krankengeldbezugszeit anzurechnen. Die Auffassung des SG, für die Wiedergewährung des Krankengeldes bei Beginn der neuen Blockfrist genüge es, daß der Versicherte überhaupt noch Mitglied der Beklagten sei, wird vom LSG nicht geteilt. Es verlangt vielmehr auch für diesen Zeitpunkt eine Versicherung mit Anspruch auf Krankengeld.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 183 Abs 2 und 6 sowie des § 565 der Reichsversicherungsordnung (RVO): Diese Vorschriften besagten nur, daß Krankengeld und Übergangsgeld nicht gleichzeitig bezogen werden könnten, sie bestimmten jedoch nicht, daß der Anspruch auf Krankengeld erlösche. Unter Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld sei vielmehr zu verstehen, daß der Anspruch erst nach dem Übergangsgeldbezug geltend gemacht werden könne. Erst von diesem Zeitpunkt an laufe die auf 78 Wochen begrenzte Krankengeldbezugszeit. Dem LSG könne auch insoweit nicht gefolgt werden, als es einen Anspruch auf Krankengeld deshalb verneint habe, weil der Kläger ab 1. März 1977 nur noch ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei. Das SG habe diesbezüglich zutreffend entschieden, der Bezug von Krankengeld setze nur voraus, daß eine irgend geartete Mitgliedschaft bei dem Krankenversicherungsträger bestehe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. April 1979 aufzuheben, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 22. September 1978 zurückzuweisen und die Beklagte unter Abänderung des sozialgerichtlichen Urteils und Aufhebung ihres Bescheides vom 28. Juli 1977 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. März 1978 zu verurteilen, ihm Krankengeld ab 1. März 1977 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nur zum Teil begründet. Die Beklagte ist - wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben - nicht verpflichtet, dem Kläger für die unmittelbar an den Übergangsgeldbezug anschließende Zeit ab 1. März 1977 Krankengeld zu zahlen, Einen Anspruch auf diese Kassenleistung hat der Kläger aber ab Beginn der neuen Blockfrist von drei Jahren ab 18. November 1977. Das LSG hat insoweit zu Unrecht das Urteil des SG abgeändert.
A
Dem Kläger stand zunächst dem Grunde nach ein Anspruch auf Krankengeld ab 18. November 1974 an zu. An diesem Tage wurde er infolge eines Arbeitsunfalles und eines dabei erlittenen Bruches des linken Oberschenkels arbeitsunfähig (§ 182 Abs 3 RVO). Der Anspruch auf Krankengeld ruhte jedoch, weil die BG für den Einzelhandel bis zum 28. Februar 1977 Übergangsgeld gewährte (§ 183 Abs 6 RVO). Im Anschluß daran hatte der Kläger keinen Anspruch, denn Krankengeld wird bei Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit für höchstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren gewährt (§ 183 Abs 2 Satz 1 RVO). Durch den am 21. November 1976 erlittenen weiteren Unfall, der ebenfalls einen Bruch des linken Oberschenkels und das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte, wurde die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 183 Abs 2 Satz 2 RVO). Entgegen der Auffassung des Klägers sind Krankengeldbezugszeiten auch die Zeiten, während denen der Anspruch auf Krankengeld wegen Übergangsgeldgewährung ganz oder teilweise ruht. Diese Zeiten sind daher auf die Höchstdauer des Krankengeldbezuges von 78 Wochen anzurechnen.
Die Bedeutung des Ruhens eines Anspruchs erschöpft sich darin, daß der Anspruch für die Dauer des Ruhens nicht zu Leistungen führt. Der Anspruch besteht also fort. Durch das Ruhen wird demnach grundsätzlich die Leistungsdauer nicht unterbrochen, sondern um die Zeit, in der der Anspruch ruht, gekürzt. Dies hat der Senat im Anschluß an die Rechtsprechung des ehemaligen Reichsversicherungsamtes (AN 1942, 582 f mwN) schon mit Urteil vom 19. Juni 1963 - 3 RK 37/59 - (BSGE 19, 179, 182) entschieden. Er hat damals vor allem auf § 480 Abs 2 RVO und auf den Ausnahmecharakter dieser Vorschrift hingewiesen. Da hier ausdrücklich bestimmt ist, daß der Zeitraum, während dessen der Anspruch ruht, nicht in die Krankenhilfe einzurechnen ist, muß gefolgert werden, daß in den anderen Fällen des Ruhens, für die eine solche Regelung nicht getroffen worden ist - wie hier beim Ruhen des Krankengeldes wegen Übergangsgeldgewährung nach § 183 Abs 6 RVO -, eine Anrechnung auf die Leistungsdauer zu erfolgen hat. Zu diesem Ergebnis führt auch ein Vergleich mit anderen Ruhensbestimmungen. Gemäß § 189 RVO ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn und soweit der Versicherte während der Krankheit Arbeitsentgelt erhält. Deshalb ist die Höhe des Krankenversicherungsbeitrages auch davon abhängig, ob dem Versicherten ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung - ab 1. Januar 1970 für mindestens sechs Wochen - zusteht (§ 385 Abs 1 Satz 3 RVO idF des am 1. Januar 1970 in Kraft getretenen Gesetzes über die Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfalle und über Änderungen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung vom 27. Juli 1969 - BGBl I 946 - bzw § 189 Abs 1 Satz 2 RVO in der vorher geltenden Fassung). Eine Rechtfertigung hierfür ist unter anderem darin zu sehen, daß das Ruhen des Krankengeldes bei einer Lohnfortzahlung die Krankengeldbezugszeit kürzt und für Versicherte ohne Anspruch auf Lohnfortzahlung ein höherer Krankengeldaufwand erforderlich ist (vgl auch § 313 Abs 4 und 5 RVO). Nach § 216 Abs 3 RVO ruht ein Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Kasse nicht gemeldet ist, auch in diesem Falle ist die Zeit des Ruhens auf die Bezugszeit anzurechnen (Krauskopf/Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand August 1978, Anm 1 zu § 216 RVO). Es besteht daher keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung zur Bedeutung des Ruhens abzuweichen (SozR Nr 60 und Nr 75 zu § 183 RVO).
Die hier maßgebende Ruhensbestimmung des § 183 Abs 6 RVO ist durch das am 1. Oktober 1974 in Kraft getretene Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 - BGBl I 1881 - geltendes Recht geworden (§ 21 Nr 8 RehaAnglG). Nach der bis dahin geltenden Fassung dieser Vorschrift entfiel der Anspruch auf Krankengeld, solange Übergangsgeld von einem Träger der Rentenversicherung gewährt wurde. Die alte Regelung unterschied sich von der jetzigen Regelung in zweifacher Hinsicht, zum einen bezog sie sich nur auf das von einem Rentenversicherungsträger gewährte Übergangsgeld, zum anderen ordnete sie an, daß der Anspruch auf Krankengeld entfiel, also nicht nur ruhte. Für das Verhältnis von Krankengeld zum Verletztengeld (jetzt Übergangsgeld) des Unfallversicherungsträgers war allein § 565 RVO maßgebend. Nach Absatz 2 Satz 2 der heute noch geltenden Vorschrift fallen die Ansprüche gegen die Krankenkasse insoweit weg, als der Träger der Unfallversicherung die Heilbehandlung und die Zahlung der während der Heilbehandlung zu gewährenden Geldleistungen übernimmt. Zur früheren Rechtslage hatte der Senat wiederholt entschieden, daß als Bezugszeiten im Sinne des § 183 Abs 2 RVO nur solche Zeiten anzusehen sind, für die die Krankenkasse im Endergebnis das Krankengeld auch tatsächlich wirtschaftlich erbracht hat. Er hatte dabei aber in der Regel ausdrücklich darauf hingewiesen, daß dies nicht für die Fälle des Ruhens des Krankengeldanspruches gilt (SozR Nr 55 zu § 183 RVO; vgl auch SozR 2200 § 183 RVO Nr 2 mwN). Die Neufassung des § 183 Abs 6 RVO hat bezüglich des Verhältnisses zwischen Krankengeld und berufsgenossenschaftlichem Übergangsgeld eine Änderung der Rechtslage gebracht. Der Anspruch auf Krankengeld entfällt nicht mehr beim Bezug von Übergangsgeld, sondern er ruht nur noch, und das Ruhen des Krankengeldes beschränkt sich nicht mehr auf den Bezug von Übergangsgeld eines Rentenversicherungsträgers, sondern erstreckt sich auch auf den Bezug von Übergangsgeld anderer Versicherungsträger, also auch des Unfallversicherungsträgers. Dem steht nicht entgegen, daß § 565 Abs 2 Satz 2 RVO keine Änderung erfahren hat. Vom 5. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) ist bereits im Urteil vom 25. März 1971 - 5 RKn 58/69 - (BSGE 32, 256, 258 = SozR Nr 59 zu § 183 RVO) die Auffassung vertreten worden, der Gesetzgeber habe sich in dieser Vorschrift insoweit nicht der Systematik und üblichen Terminologie der RVO gemäß ausgedrückt, wenn er hinsichtlich des Krankengeldes von dessen "Wegfall" spreche, obwohl es sich insoweit in Wirklichkeit um ein "Ruhen" handele. Dieser Auffassung hat sich der 2. Senat in seinem Urteil vom 28. April 1977 - 2 RU 139/75 - (SGb 1978, 306 = Berufsgenossenschaft 1978, 198) angeschlossen (ebenso ua Lauterbach, Unfallversicherung, Stand März 1979, Anm 6 zu § 565 RVO). Mit § 183 Abs 6 RVO idF des RehaAnglG hat nun der Gesetzgeber selbst eine Klarstellung vorgenommen. Der Bezug von Übergangsgeld bewirkt ein Ruhen des Krankengeldanspruches, die Zeit des Übergangsgeldbezuges ist demzufolge auf die Höchstdauer des Krankengeldanspruches anzurechnen (vgl Urteil des Senats vom 9. November 1977 - 3 RK 25/76 - KVRS 2420/21 und vom 28. März 1979 - 3 RK 14/77 - SozR 2200 § 183 RVO Nr. 20).
B
Die Beklagte ist jedoch verpflichtet, dem Kläger das Krankengeld vom 18. November 1977 an für die weitere Dauer der Arbeitsunfähigkeit, allerdings für längstens 78 Wochen innerhalb dreier Jahre, wiederzugewähren. Mit dem angegebenen Tag begann eine neue Blockfrist und damit auch eine neue Krankengeldbezugszeit. Diese Rechtsfolge ergibt sich aus dem in § 183 Abs 2 RVO enthaltenen Grundsatz, daß Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung gewährt wird. Die davon gemachte Ausnahme, daß für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit Krankengeld für höchstens 78 Wochen zu gewähren ist, wird auf einen Zeitraum "von je drei Jahren" bezogen. Die Höchstdauer der Krankengeldgewährung wegen derselben Krankheit begrenzt diese Kassenleistung demnach nicht ein für allemal, sondern nur für eine Blockfrist von drei Jahren. Der Anspruch auf Wiedergewährung von Krankengeld setzt jedoch voraus, daß die Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit fortbesteht oder wieder besteht und der Betroffene Mitglied der Krankenkasse ist. Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, daß der Kläger vom 18. November 1974 an und über den 18. November 1977 hinaus arbeitsunfähig gewesen ist. Davon geht auch die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid vom 30. März 1978 aus. Im angefochtenen Urteil des LSG wird ebenfalls festgestellt, daß die durch den Unfall am 18. November 1974 hervorgerufene Arbeitsunfähigkeit ununterbrochen fortbesteht. Diese Feststellung wird nicht mit Revisionsrügen angegriffen. Sie ist deshalb der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen. Die Arbeitsunfähigkeit beruht auf "derselben Krankheit" im Sinne des § 183 Abs 2 Satz 1 RVO, wegen der bereits Anspruch auf Krankengeld in der ersten Blockfrist bestanden hat. Der Kläger erlitt zwar nach dem Unfall vom 18. November 1974 noch einen weiteren Unfall am 21. November 1976, wobei er sich erneut einen Bruch des linken Oberschenkels zuzog. Dieser Unfall ereignete sich jedoch während der Arbeitsunfähigkeit nach dem ersten Unfall. Durch das Hinzutreten einer weiteren Krankheit - hier einer weiteren Unfallverletzung - während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit erfährt die Leistungspflicht der Krankenkasse keine Änderung (§ 183 Abs 2 Satz 2 RVO).
Die Wiedergewährung von Krankengeld bei Beginn einer neuen Blockfrist setzt weiter voraus, daß der Kläger auch zu diesem Zeitpunkt noch Mitglied der Kasse ist. Das hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 5. Oktober 1977 - 3 RK 35/77 - (BSGE 45, 11, 13) klargestellt. Er hat dabei eingehend dargelegt, daß ohne Bestehen einer Mitgliedschaft die Krankenkasse nur ausnahmsweise - nämlich im Falle speziell normierter nachgehender Ansprüche - Krankengeld zu leisten hat. Diesen Grundsatz hat der Senat in seinem Urteil vom 28. November 1979 - 3 RK 90/78 - (zur Veröffentlichung vorgesehen) ausdrücklich bestätigt, jedoch der Auffassung der an jenem Verfahren beteiligten Krankenkasse widersprochen, daß nur eine besonders "qualifizierte Mitgliedschaft" zur Wiedergewährung des Krankengeldes führen könne. Das Gesetz regelt die Mitgliedschaft zur Krankenversicherung im 4. Abschnitt des Zweiten Buches der RVO in den §§ 306 ff, es macht dort jedoch keinen Unterschied zwischen verschiedenartig qualifizierten Mitgliedschaften. Vielmehr ist unter der Mitgliedschaft die Gesamtheit aller versicherungsrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Versicherten und dem Versicherungsträger aus dem Versicherungsverhältnis zu verstehen. Zu diesen Rechtsbeziehungen gehören allerdings auch die einem Versicherten zustehenden Leistungsansprüche, insoweit sieht das Gesetz durchaus Ansprüche unterschiedlichen Umfangs vor und regelt sie im einzelnen in den Leistungsvorschriften.
Im vorliegenden Fall lehnte die Beklagte zu Unrecht die Wiedergewährung von Krankengeld mit der Begründung ab, der Kläger sei jetzt nur noch in einer Versicherungsklasse versichert, welche die Gewährung von Krankengeld nicht vorsehe. Soweit sie sich dabei auf das Urteil des Senats vom 5. Oktober 1977 (aaO) beruft, verkennt sie die dort gemachten Ausführungen. Der Senat hat in dieser Entscheidung bei der Erörterung des Prinzips der Einheit des Versicherungsfalles unter anderem auch den rentenähnlichen Charakter von Intervallzahlungen erwähnt und dargelegt, daß derartige Barleistungen an Nicht-Mitglieder der Kasse schon deshalb nicht zu gewähren sind, weil ihnen kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (§ 183 Abs 1 Satz 2, § 184 Abs 1 Satz 2 RVO) auch die spezifischen Leistungen zur Krankheitsbekämpfung - Krankenpflege sowie Krankenhauspflege - nicht zustehen. Vielmehr begründet gerade die mitgliedschaftliche Zugehörigkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung die Leistungsansprüche (vgl BSGE 45, 11, 16, 17). Diese Ausführungen behalten auch für den vorliegenden Sachverhalt ihre volle Bedeutung. Wollte man die Dauerleistung Krankengeld vom Bestehen der Mitgliedschaft lösen und lediglich auf den Eintritt des Versicherungsfalles abstellen, dürfte allerdings der rentenähnliche Charakter dominieren. Denn die Renten der Rentenversicherung unterscheiden sich vom Krankengeld grundsätzlich dadurch, daß sie begründet sind, wenn ihre Voraussetzungen bei Eintritt des Versicherungsfalles vorliegen, ohne daß der Rentner noch weitere Versicherungsbeziehungen zum Rentenversicherungsträger unterhalten müßte, beim Krankengeld hingegen ist der Eintritt des Versicherungsfalles zwar das für die Leistung maßgebende Ereignis, Rechtsgrund der laufenden Leistungsgewährung ist aber die mitgliedschaftliche Zugehörigkeit des Versicherten zur Solidargemeinschaft.
Der Kläger war bei Eintritt des Versicherungsfalles mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Er gehörte auch bei Beginn der neuen Blockfrist weiterhin als Mitglied der Solidargemeinschaft der Krankenversicherung an. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Anspruch auf Wiedergewährung von Krankengeld beeinträchtigt wird, wenn der Versicherte von einer ihm eingeräumten Möglichkeit der Weiterversicherung mit Anspruch auf Krankengeld keinen Gebrauch macht und freiwillig seine Mitgliedschaft auf eine Versicherungsklasse ohne Anspruch auf Krankengeld beschränkt. Die gesetzlich vorgesehene Wiedergewährung von Krankengeld darf aber auf keinen Fall dadurch vereitelt werden, daß dem Versicherten überhaupt nicht die Möglichkeit zu einer Weiterversicherung mit Anspruch auf Krankengeld eingeräumt ist und ihm während einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit der Wechsel in eine Versicherungsklasse ohne Anspruch auf Krankengeld aufgezwungen wird (Krauskopf/Schroeder-Printzen, aaO § 183 Anm 3). Ein solcher Fall liegt hier vor. Wie die Beklagte zugestehen mußte, war es dem Kläger in der strittigen Zeit unmöglich, sich bei ihr in einer Versicherungsklasse mit Anspruch auf Krankengeld zu versichern.
Da nicht feststeht, wie lange der Anspruch des Klägers auf Krankengeld über den 18. November 1977 hinaus fortbestanden hat - es kommt unter anderem ein Wegfall des Anspruches wegen Rentengewährung oder wegen Behebung der Arbeitsunfähigkeit in Betracht -, hat das SG die Beklagte mit Recht nur dem Grunde nach zur Krankengeldzahlung verurteilt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes. Sie berücksichtigt, daß das Begehren des Klägers nicht in vollem Umfange begründet war.
Fundstellen