Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um einen Erstattungsanspruch der klagenden Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) gegen die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) in Höhe des für die Zeit vom 1. März bis zum 21. Oktober 1975 sowie vom 20. November 1975 bis zum 30. April 1976 der beigeladenen Versicherten gezahlten Krankengeldes.
Die Beigeladene, die rentenversicherungspflichtig als Raumpflegerin beschäftigt gewesen war, wurde am 20. Dezember 1974 arbeitsunfähig krank und erhielt von der Klägerin im Anschluß an die bis 30. Januar 1975 geleistete Lohnfortzahlung Krankengeld. Am 10. März 1975 beantragte sie bei der Beklagten eine medizinische Maßnahme zur Rehabilitation. In dem von ihr unterzeichneten Antragsvordruck hieß es:
"Falls der Antrag auf Heilbehandlung - Berufsförderung - abgelehnt wird, weil Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vorliegt oder weil eine Besserung oder Wiederherstellung des aufgehobenen/erheblich eingeschränkten Leistungsvermögens bis zum Ende der Gesundheitsmaßnahme nicht eingetreten und nicht mehr zu erwarten ist, beantrage ich hiermit vorsorglich … Rente. Falls kein Antrag auf Rente gestellt wird, setzen Sie hier bitte das Wort "keine" ein".
Dieses Wort setzte die Beigeladene ein. Die Kur fand vom 22. Oktober bis zum 19. November 1975 statt. Die Beigeladene wurde als arbeitsunfähig "bis auf weiteres" entlassen.
Während des Heilverfahrens gewährte die Beklagte der Beigeladenen Übergangsgeld. Die Klägerin nahm die Zahlung des Krankengeldes ab 20. November 1975 wieder auf; die Bezugsdauer war am 17. Juni 1976 ausgeschöpft.
Am 6. April 1976 beantragte die Beigeladene Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Der Vertrauensarzt der Beklagten empfahl eine stationäre Beobachtung, die im August 1976 durchgeführt wurde mit dem Ergebnis, daß die Beigeladene wegen eines Spätdumping-Syndroms nach Magenresektion nicht mehr in der Lage sei, einer Tätigkeit mit Regelmäßigkeit nachzugehen. Mit Bescheid vom 22. Oktober 1976 gewährte die Beklagte, ausgehend von einem am 6. April 1976 eingetretenen Versicherungsfall, für die Zeit ab 1. Mai 1976 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Wegen des für die Zeit ab Mai 1976 gezahlten Krankengeldes wurden der Klägerin aus der Rentennachzahlung 514,60 DM erstattet.
Mit Schreiben vom 2. November 1976 bat die Klägerin die Beklagte um Prüfung, ob der Rentenbeginn nach § 1241d Abs. 3 Reichsversicherungsordnung (RVO) auf einen früheren Zeitpunkt festzusetzen sei und ob sich hieraus ein weiterer Ersatzanspruch ergebe. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 28. April 1977 ab, weil die Beigeladene ausdrücklich erklärt habe, daß der Heilverfahrensantrag nicht als Rentenantrag gelten solle.
Auf die am 24. Dezember 1979 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf die Beklagte zur Erstattung des für die Zeit vom 1. März bis zum 21. Oktober 1975 sowie vom 20. November 1975 bis zum 30. April 1976 vorgeleisteten Krankengeldes verurteilt.
Das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen hat die Oberärztin Dr. med. S…, die bereits die stationäre Beobachtung durchgeführt hatte, gutachtlich gehört. Die Sachverständige gab an, daß die Beigeladene schon seit Ende 1974 nicht mehr eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit habe ausüben können. Das LSG hat das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Urteil vom 24. Februar 1983 ausgeführt, der behauptete Übergang von Ansprüchen der Beigeladenen auf die Klägerin habe für die strittigen Zeiten mangels "Zubilligung" i.S. von § 183 Abs. 3 RVO nicht stattgefunden. Das gelte nicht nur, soweit die Klägerin die Auszahlung der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit für die Zeit vom 20. November 1975 bis zum 30. April 1976 begehre; es treffe auch zu, soweit über den Anspruch für die Zeit vom 1. März bis zum 21. Oktober 1975 gestritten werde und die genannte Bestimmung im Rahmen des § 183 Abs. 6 RVO entsprechend anzuwenden sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Der Anspruch der Beigeladenen auf vorgezogenes Übergangsgeld sei kraft gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 183 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift auf die Klägerin übergegangen. Letztere Vorschrift sei auf das Zusammentreffen von Übergangsgeld mit Krankengeld entsprechend anwendbar. Der Übergang dieses Anspruchs hänge nicht davon ab, ob die Beklagte der Beigeladenen die Leistung durch Bescheid zugebilligt habe. Erst recht bestehe nunmehr ein - originärer - Anspruch nach § 103 Abs. 1 Sozialgesetzbuch-Verwaltungsverfahren (SGB X).
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 24. Februar 1983 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für an die Versicherte G… M… für die Zeit vom 1. März 1975 bis 21. Oktober 1975 und vom 20. November 1975 bis 30. April 1976 gezahltes Krankengeld Erstattung bis zur Höhe der Erwerbsunfähigkeitsrente oder des Übergangsgeldes zu leisten.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend, weil es an der Zubilligung i.S. des § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO fehle und die Beigeladene im März 1975 ausdrücklich keinen Rentenantrag gestellt habe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist nur zum Teil begründet.
Der Erstattungsanspruch der Klägerin richtet sich nach den Vorschriften des 3. Kapitels des SGB X vom 4. November 1982 (BGBl I 1450), insbesondere nach den §§ 102 ff. Hierbei ist es unerheblich, ob nach früherem Recht ein besonderer Erstattungsanspruch bestand oder ob ein Leistungsanspruch der Beigeladenen nach § 183 RVO oder in entsprechender Anwendung dieser Norm auf die Klägerin überging. Zur Zeit der Klageerhebung bestanden die Vorschriften des 3. Kapitels SGB X noch nicht. Mit den durch Art. I des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I 1450) mit Wirkung vom 1. Juli 1983 eingeführten §§ 102 ff SGB X hat der Gesetzgeber die Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander neu geregelt und damit das bisherige Recht abgelöst. Dieses neue Recht hat der Senat seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Nach Art. II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 sind bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Diese Vorschrift erfaßt noch nicht zu Ende geführte Gerichtsverfahren, in denen Leistungsträger Erstattungsansprüche geltend machen. Daß die §§ 102 ff SGB X auch in anhängigen Gerichtsverfahren anzuwenden sind, folgt einmal aus einem Umkehrschluß aus Art. II § 22 des Gesetzes vom 4. November 1982; denn dort ist abweichend von Art. II § 21 angeordnet, daß die Erstattungs- und Ersatzansprüche der Leistungsträger gegen Dritte regelnden §§ 116 bis 119 SGB X nur auf Schadensfälle anzuwenden sind, die sich nach dem 30. Juni 1983 ereignen. Der Wortlaut des Art. II § 21 stimmt zudem überein mit der Vorschrift des Art. II § 37 Abs. 1 des Gesetzes vom 18. August 1980 (BGBl I 1469), die für die §§ 1 bis 85 SGB X gilt. Die Frage, ob Art. II § 37 Abs. 1 dieses Gesetzes lediglich für noch laufende Verwaltungsverfahren oder darüber hinaus auch für noch anhängige Rechtsstreitigkeiten aufgrund früherer Verwaltungsverfahren gilt, hat der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 16. September 1981 (4 RJ 107/78 = BSGE 52, 98, 100 = SozR 1200 § 51 Nr. 11 S. 25 ff und 4 RJ 63/80) und vom 1. November 1983 (4 RJ 91/82) dahin beantwortet, daß nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung das in der Überleitungsvorschrift zum SGB X - 1. und 2. Kapitel erwähnte Verfahren nicht schon mit dem Erlaß des Verwaltungsaktes, sondern erst mit dem Eintritt der Bindungswirkung (§ 77 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) abgeschlossen ist. Diese Auffassung vertritt auch der Große Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Beschluß vom 15. Dezember 1982 (GS 2/80 = BSGE 54, 223, 226 = SozR 1300 § 44 Nr. 3).
Diese für Art. II § 37 Abs. 1 des Gesetzes vom 18. September 1980 entwickelten Auslegungsgrundsätze müssen auch für die Anwendung des hier maßgebenden Art. II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 gelten. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats war zwar noch nicht im Zeitpunkt des Regierungsentwurfes (BR-Drucks 526/80), jedoch im Zeitpunkt der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat (BR-Drucks 256/82 vom 16. Juli 1982) bekannt. Im Vermittlungsverfahren wurden verschiedene Vorschriften des Gesetzes geändert, die wörtliche Übereinstimmung des Art. II § 21 SGB X 3. Kapitel mit Art. II § 37 Abs. 1 SGB X 1. und 2. Kapitel blieb jedoch erhalten.
Hiernach ist der eigenständige Erstattungsanspruch der Klägerin, den sie mit der Klage geltend machen kann, nach den §§ 102 ff SGB X zu beurteilen (so auch BSG Urteil vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83). Im vorliegenden Fall stützt die Klägerin ihren Anspruch gegen die Beklagte auf die Begründung, daß sie dem Versicherten Krankengeld für einen Zeitraum gezahlt habe, für den die Beklagte Übergangsgeld oder Rente hätte zahlen müssen. Aufgrund dieser Leistungspflicht der Beklagten sei der Krankengeldanspruch ganz oder teilweise entfallen. Die Klägerin macht damit einen Anspruch nach § 103 Abs. 1 SGB X geltend.
Nach dem bis zum Inkrafttreten der Erstattungsvorschriften des SGB X bestehenden Rechtszustand sah das Gesetz vor, daß die Zubilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente den Anspruch auf Krankengeld zum Wegfall bringt (§ 183 Abs. 3 Satz 1 RVO). Wurde über den Zeitpunkt der Zubilligung der Rente hinaus Krankengeld gezahlt, so ging der Rentenanspruch insoweit auf die Kasse über (§ 183 Abs. 3 Satz 2 RVO a.F.). Der Bezug von Übergangsgeld brachte schon nach früherem Recht den Anspruch auf Krankengeld zum Ruhen (§ 183 Abs. 6 RVO). Welche Rechtsfolgen einzutreten hätten, wenn dem Versicherten zunächst Krankengeld gewährt wurde und sich erst danach herausstellte, daß ihm für die gleiche Zeit Übergangsgeld zustand, hatte das Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Die Rechtsprechung hatte diese Lücke dahingehend ausgefüllt, daß für solche Fälle die Regelung des § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO a.F. entsprechend anzuwenden war und der Anspruch auf Übergangsgeld auf den erstattungsberechtigten Träger der Krankenversicherung überging (BSGE 48, 142; 49, 71). Diese Erstattungsregelung ist, wie bereits dargelegt, seit dem Inkrafttreten des SGB X 3. Kapitel nicht mehr anwendbar, zumal auch seit diesem Zeitpunkt die Vorschrift des § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO aufgehoben ist (Art. II § 3 Nr. 1a des Gesetzes vom 4. November 1982 - BGBl I 1450). Nunmehr findet kein Übergang des dem Versicherten zustehenden Anspruchs mehr statt, sondern § 103 SGB X spricht dem erstattungsberechtigten Träger einen originären Anspruch gegen den erstattungspflichtigen Träger zu.
Dies gilt sowohl für das Übergangsgeld als auch für die Rente. Demgegenüber greift § 104 SGB X für den Erstattungsanspruch der Klägerin nicht ein. Einmal ist die Anwendung dieser Vorschrift, wie der Gesetzestext deutlich macht, schon dann ausgeschlossen, wenn die Voraussetzungen des § 103 SGB X erfüllt sind, und zum anderen wollte der Gesetzgeber die Ansprüche der Krankenkassen aus § 183 Abs. 3 Satz 2 RVO ausdrücklich durch § 103 SGB X ersetzen (so auch Clausing/Dörr/ Herrmann/Schöning, SGB X § 103 Anm. 8.2; Verbandskommentar SGB X § 103 Anm. 6.2.4). Das kommt in den Gesetzesmaterialien deutlich zum Ausdruck (vgl. BT-Drucks 9/95 S. 24 Begründung zu § 108 des Gesetzentwurfs). Auch seinem Inhalt nach erfaßt § 104 SGB X nicht die vorliegenden Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkasse und Rentenversicherungsträger. Die Vorschrift ist in erster Linie für die Fälle bestimmt, in denen für den gleichen Zeitraum ein Anspruch auf mehrere Sozialleistungen besteht, für die das Gesetz eine materiell-rechtliche Regelung der Rangfolge getroffen hat. Hinsichtlich des Anspruchs auf Krankengeld und desjenigen auf Übergangsgeld oder auf Rente besteht aber keine materiell-rechtliche Regelung, die den einen Anspruch als vorrangig und den anderen als nachrangig deklariert. § 103 SGB X setzt hingegen voraus, daß durch die Erfüllung des entsprechenden (zweiten) Leistungsanspruchs der erbrachte (erste) Leistungsanspruch zum Wegfall kommt. Eine solche Regelung trifft das materielle Recht in § 183 Abs. 6 RVO bzw. in § 183 Abs. 3 Satz 1 RVO.
Der Anspruch auf (vorgezogenes) Übergangsgeld nach § 1241d Abs. 4 RVO setzt voraus, daß der Versicherte bei Abschluß von Maßnahmen der Rehabilitation berufsunfähig oder erwerbsunfähig ist. Ob einer dieser Sachverhalte vorliegt, muß grundsätzlich vom Rentenversicherungsträger geprüft und entschieden werden, weil das Übergangsgeld eine Leistung aus dem Rentenversicherungsverhältnis ist. Dies gilt auch für den Rentenanspruch, der das Vorliegen von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit voraussetzt. Insoweit diese Entscheidung den Versicherten berührt, ist sie durch Verwaltungsakt (Übergangsgeld- bzw. Rentenbescheid) zu konkretisieren (§ 31 SGB X); dieser richtet sich an den Versicherten und legt fest, in welchem Umfang sein Anspruch besteht (§ 39 SGB X). Er kann demgemäß auch nur von dem Versicherten angefochten werden, wenn er sich in seinen Rechten verletzt glaubt. Zwar werden durch den Bescheid auch die Interessen des Krankenversicherungsträgers berührt, weil der Krankengeldanspruch in dem Maße ruht bzw. wegfällt, in dem das Übergangsgeld bzw. die Rente zugesprochen wird, doch ist die Krankenkasse weder (Mit-)Adressat des Bescheides noch steht ihr die Möglichkeit zu Gebote, den Bescheid anzufechten, weil dieser, jedenfalls dem Krankenversicherungsträger gegenüber, keine Bindungswirkung i.S. des § 39 SGB X oder § 77 SGG entfalten kann. Zwischen den beiden Versicherungsträgern herrscht kein Über- und Unterordnungsverhältnis, das durch Verwaltungsakt zu regeln wäre. Dennoch bestehen zwischen den Versicherungsträgern Rechtsbeziehungen, weil beide dem Versicherten gegenüber nach materiellem Recht leistungspflichtig sind und die Leistungen sich gegenseitig ausschließen. In dieser durch § 103 SGB X geregelten Rechtsbeziehung stehen wiederum dem Versicherten keine Mitwirkungsrechte zu, weil es sich lediglich um die Verteilung leistungsrechtlicher Verpflichtungen zwischen beiden Versicherungszweigen handelt; demgemäß bedarf es im Falle eines Rechtsstreits auch keiner Beteiligung des Versicherten (§ 75 SGG).
Die Rechtsbeziehungen zwischen den Trägern der beiden Versicherungszweige sind eine Folge des durch die RVO geregelten Sozialversicherungssystems, das eine gegliederte und auf dem Prinzip der Aufgabenteilung beruhende Sozialversicherung vorsieht. Aus ihr ergibt sich, daß zunächst einmal jeder Versicherungsträger zuständig ist für die Regelung der zu ihm bestehenden Versicherungsverhältnisse. Diese Zuständigkeit hat nicht nur eine formale Bedeutung, sondern zeitigt auch materiell-rechtliche Folgen. Die anderen Versicherungsträger haben die Regelungsbefugnis des zuständigen Trägers - auch inhaltlich - zu akzeptieren; eine Mitwirkungsbefugnis bei der Regelung jener Rechtsverhältnisse steht ihnen grundsätzlich nicht zu, sofern nicht das Gesetz ausdrücklich etwas anderes anordnet. Daraus folgt, daß jeder Versicherungsträger primär die Entscheidungen des anderen Versicherungsträgers zu respektieren hat und seinen eigenen Entscheidungen zugrunde legen muß.
Dieser Grundsatz erfährt indes eine Modifizierung in den Fällen, in denen das Gesetz vorsieht, daß sich die Leistungen der beiden Versicherungsträger beeinflussen. In solchen Fällen bedarf es regelmäßig eines Zusammenwirkens der Versicherungsträger, damit die Interessen des Versicherten in sachgerechter Weise erfüllt werden können. Der Gesetzgeber hat die erforderliche Zusammenarbeit der Leistungsträger im 3. Kapitel des SGB X geregelt und dabei in § 86 als Grundsatz festgelegt, daß die Leistungsträger verpflichtet sind, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben eng zusammenzuarbeiten . Das Erfordernis der engen Zusammenarbeit wird zwar für den Fall der sich gegenseitig beeinflussenden Leistungspflichten im Gesetz nicht durch Einzelvorschriften näher konkretisiert, doch kann kein Zweifel daran bestehen, daß es zumindest die Verpflichtung umfaßt, bei widerstreitenden gegenseitigen Interessen auch die Belange des anderen Versicherungsträgers angemessen zu berücksichtigen.
Diese Verpflichtung bewirkt jedenfalls in den Fällen, in denen der andere Versicherungsträger die Leistungsgewährung des zuständigen Versicherungsträgers beanstandet, daß dieser in eine nochmalige Überprüfung der Sachlage eintreten muß. Das bedeutet nicht, daß der zuständige Versicherungsträger erneut ein Verwaltungsverfahren beginnen und eine neuerliche Sachaufklärung über den Anspruch des Versicherten durchführen müßte; jedoch ist es andererseits dem zuständigen Träger auch nicht erlaubt, sich lediglich auf die ihm zustehende Regelungsbefugnis zu berufen und den anderen Versicherungsträger auf die getroffene Entscheidung zu verweisen. Der zuständige Träger muß vielmehr unter Verwendung der vorhandenen tatsächlichen Feststellungen überprüfen, ob eine Änderung der Leistungsgewährung geboten ist; dabei steht ihm im Hinblick auf seine Regelungsbefugnis ein weiter Beurteilungsspielraum zur Verfügung. Das Beharren auf seiner früheren Leistungsgewährung ist ihm allerdings dann versagt, wenn sich die frühere Entscheidung als offensichtlich fehlerhaft erweist und dem anderen Versicherungsträger zum Nachteil gereicht. Ein solches die formale Rechtsposition ausnützendes Verhalten verletzte das gesetzliche Gebot der engen Zusammenarbeit. Die Frage, ob eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit vorliegt, ist unter Zugrundelegung objektiver Gesichtspunkte zu beurteilen.
Im vorliegenden Fall war es auch aus der Sicht der Beklagten offensichtlich fehlerhaft, auf den am 6. April 1976 von der Beigeladenen gestellten Rentenantrag die Erwerbsunfähigkeitsrente erst für die Zeit vom 1. Mai 1976 an zu gewähren und nicht schon mit dem 1. April 1976 beginnen zu lassen. Nach § 1290 Abs. 2 RVO ist Rente wegen (Berufsunfähigkeit oder wegen) Erwerbsunfähigkeit vom Beginn des Antragsmonats an zu gewähren, wenn der Antrag später als drei Monate nach dem Eintritt der (Berufsunfähigkeit oder der) Erwerbsunfähigkeit gestellt wird. Die stationäre Behandlung, die auf Vorschlag des Vertrauensarztes der Beklagten im August 1976 durchgeführt wurde, führte zwar zu einer Beurteilung des verbliebenen Leistungsvermögens, aufgrund deren die Beklagte Erwerbsunfähigkeit anerkannte; die - auch in dem für den Arzt bestimmten Formular enthaltene - Frage, seit wann die Leistungsminderung bestehe, blieb indessen unbeantwortet. War es zumal im Hinblick auf die Art und die den Akten zu entnehmende Vorgeschichte des Hauptleidens, auch unter objektiven Gesichtspunkten nur schwerlich vertretbar, ohne ergänzende ärztliche Stellungnahme den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit auf den Tag der Rentenantragstellung festzusetzen, so erwies sich diese Festsetzung jedenfalls dann als offensichtlich fehlerhaft, als die vom LSG gehörte Gutachterin angegeben hatte, die Beigeladene habe schon seit Ende 1974 keine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit mehr ausüben können. Dementsprechend hat auch das LSG seine Feststellung über den Eintritt des Versicherungsfalles getroffen (S. 14 des Urteils), ohne daß die Beklagte hiergegen Revisionsrügen vorgebracht hätte. Die Beklagte hat sich vielmehr lediglich auf den Zeitpunkt ihrer bescheidmäßigen "Zubilligung" der Erwerbsunfähigkeitsrente gegenüber der Beigeladenen und damit auf eine formale Rechtsposition berufen, die weder mit dem materiellen Recht (§ 1290 Abs. 2 RVO) übereinstimmt, noch dem Gebot der engen Zusammenarbeit zwischen den Trägern (§ 86 SGB X) gerecht wird. Da somit der Versicherungsfall 1974 eingetreten ist und die Beigeladene den Rentenantrag im April 1976 gestellt hat, war der Rentenbeginn auf den 1. April 1976 - anstatt auf den 1. Mai 1976 - festzusetzen. Demgemäß steht der Klägerin ein Erstattungsanspruch für das Krankengeld zu, das sie der Beigeladenen im April 1976 gezahlt hat.
Die weitergehende Revision der Klägerin ist dagegen unbegründet. Was die Erstattungsansprüche für vor April 1976 liegende Zeiträume anlangt, hat sich die Beklagte zumindest nicht nur auf ihre Regelungsbefugnis berufen; vielmehr hat sie ihre eigene Regelungsbefugnis verneint mit dem Hinweis, von der Beigeladenen sei vor April 1976 kein Rentenantrag gestellt worden. Dieses Vorbringen ist relevant. Denn soweit Leistungen - wie in der gesetzlichen Rentenversicherung - vom Antrag abhängen (§ 1545 Abs. 1 Nr. 2 RVO), entfällt beim Fehlen eines entsprechenden Leistungsantrags überhaupt eine Entscheidungsbefugnis des Trägers für die Zubilligung der Rente oder die Gewährung des (vorgezogenen) Übergangsgeldes.
Im vorliegenden Fall hat die Beigeladene vor dem 6. April 1976 nur am 10. März 1975 noch einen Antrag gestellt, der aber auf die Gewährung einer (von der Beklagten vom 22. Oktober bis zum 19. November 1975 durchgeführten) medizinischen Rehabilitationsmaßnahme gerichtet war. Allerdings ist in diesem Zusammenhang § 1241d Abs. 3 RVO zu beachten, wonach der Antrag auf Rehabilitation als Antrag auf Rente gilt, wenn der Versicherte berufs- oder erwerbsunfähig ist und nicht zu erwarten ist, daß seine Erwerbsfähigkeit durch die Rehabilitationsmaßnahme erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann. Die Rechtsprechung hatte den Anwendungsbereich dieser Vorschrift bereits auf diejenigen Fälle ausgedehnt, in denen zunächst eine Maßnahme gewährt, dann aber deren Erfolglosigkeit festgestellt worden war (vgl. BSG, Urteile vom 10. Oktober 1979 - 3 RK 25/79 BSGE 49, 71 = SozR 2200 § 1241d Nr. 1, vom 31. Januar 1980 -11 RA 36/79 = SozR aaO Nr. 2 und vom 21. Februar 1980 - 4 RJ 53/79), bevor mit Wirkung vom 1. Januar 1981 eine entsprechende gesetzliche Regelung mit dem durch Art. II § 4 Nr. 2 SGB X angefügten Abs. 4 geschaffen wurde. Die Frage, ob die dem Wortlaut der Absätze 3 und 4 des § 1241d RVO ("gilt . . . als") zu entnehmende Antragsfiktion durch eine entgegenstehende Erklärung des Versicherten entkräftet werden kann, ist indessen mit dem angefochtenen Urteil des LSG zu bejahen. Der 11. Senat des BSG hat in dem vorerwähnten Urteil vom 31. Januar 1980 (aaO Nr. 2 S 10) bereits (wenngleich dies dort nicht entscheidungserheblich war) ausgeführt, die Antragsfiktion werde dahin einzuschränken sein, daß sie jedenfalls dann nicht gelte, wenn der Versicherte zur Wahrung seiner Interessen erkläre, daß der Rehabilitationsantrag nicht zugleich als Rentenantrag gelten solle; insoweit müsse dem Versicherten die Dispositionsbefugnis erhalten bleiben. Der erkennende Senat hält diese Rechtsauffassung für zutreffend. Wenn es dem Versicherten freisteht zu entscheiden, ob er überhaupt eine Leistung vom Rentenversicherungsträger haben will oder nicht, muß es ihm nach dem argumentum a maiore ad minus auch offenstehen zu entscheiden, daß er nur eine bestimmte Leistung haben will und keine andere. Sonst würde die seit jeher in der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Antragsmaxime zum Nachteil des Versicherten in ihr Gegenteil verkehrt. Dies entspricht im übrigen auch - worauf die Vorinstanz ebenfalls hingewiesen hat - den Intentionen des Gesetzgebers. Im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks 8/4022 S 93) heißt es zu § 4 Nr. 13a (§ 1241d Abs. 2, 4 und 5 RVO) abschließend, der Ausschuß gehe bei der Regelung der Rentenantragsfiktion davon aus, daß hierdurch die Dispositionsbefugnis des Versicherten über die Rentenantragstellung nicht eingeschränkt werde; der Versicherte könne den Antrag zurücknehmen, der Antrag sei dann erledigt.
Besteht hiernach ein Wahlrecht des Versicherten, ob er es bei der Fiktionswirkung der Absätze 3 oder 4 des § 1241d RVO belassen oder von der Rentenantragstellung absehen will, so kann schon deshalb in der Ausübung dieses Rechts auch kein unwirksamer Verzicht i.S. von § 46 Abs. 2 SGB I liegen. Für diese Auffassung spricht auch § 183 Abs. 7 RVO. Dort ist geregelt, unter welchen besonderen Voraussetzungen die Kasse dem Versicherten eine Frist für den Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente setzen kann und welche Folgen sich daraus ergeben, wenn der Antrag nicht oder später gestellt wird. Diese Bestimmung ist nur verständlich, wenn es dem Versicherten grundsätzlich freisteht, ob er - möglicherweise im Hinblick auf die Ausschöpfung des Anspruches auf Krankengeld - Erwerbsunfähigkeitsrente beantragt.
Soweit das LSG die Erklärung der Beigeladenen vom 10. März 1975 dahin ausgelegt hat, daß (neben dem Antrag auf Gewährung einer Rehabilitationsmaßnahme) kein Rentenantrag gestellt worden sei, handelt es sich um tatsächliche Feststellungen, die vom Revisionsgericht nur bedingt überprüfbar sind (§ 163 SGG). Denn insoweit geht es nicht um die vom Revisionsgericht nachprüfbare Würdigung der rechtlichen Bedeutung einer Willenserklärung, sondern um die Erforschung des Erklärungswortlauts und Erklärungsinhalts. Die Feststellung des Berufungsgerichts, gegen die keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe i.S. des § 163 SGG vorgebracht worden sind, binden daher den Senat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen