Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.09.1991) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 25. September 1991 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist sog Arbeitslosenruhegeld iS von § 25 Abs 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG).
Der im Mai 1930 geborene Kläger ist antragsgemäß seit dem 1. Januar 1968 von der Angestelltenversicherungspflicht befreit (Art 2 § 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes ≪AnVNG≫). Er hat bis zum 31. Dezember 1987 42,42 anrechnungsfähige Versicherungsjahre, hiervon 404 – überwiegend mit freiwillig (nach-)entrichteten Beiträgen belegte – Beitragsmonate zurückgelegt. Seit dem 1. Januar 1988 ist er beim Arbeitsamt Frankfurt arbeitssuchend gemeldet. Er bezog Arbeitslosengeld (Alg). Die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) lehnte seinen Antrag, ihm Altersruhegeld (ARG) nach § 25 Abs 2 AVG zu zahlen, mit dem streitigen Bescheid vom 23. November 1989 ab.
Das Sozialgericht (SG) Frankfurt/Main hat die Klage durch Urteil vom 25. September 1991 abgewiesen und die (Sprung-)Revision durch Beschluß vom 25. März 1992 zugelassen. Das SG hat ausgeführt: Da der Kläger im maßgeblichen Zeitraum der letzten zehn Jahre keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet habe, stehe ihm Arbeitslosenruhegeld nicht zu.
Zur Begründung seiner Revision trägt der Kläger vor, es genüge iS von § 25 Abs 2 Satz 2 AVG, daß er bis zum 31. Dezember 1987 eine dem Grunde nach angestelltenversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung ausgeübt habe. Die Annahme des SG, zusätzlich sei die tatsächliche Entrichtung von Pflichtbeiträgen zu fordern, finde in Wortlaut und Zweck des Gesetzes keine Stütze. Daran ändere auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nichts, zumal § 38 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab Januar 1992 – anders als das bisherige Recht – ausdrücklich „Pflichtbeitragszeiten” voraussetze, zu denen nach § 55 SGB VI auch Zeiten gehörten, in denen keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt worden sei. In der vom SG vorgenommenen Auslegung verstoße § 25 Abs 2 Satz 2 AVG gegen Art 14 des Grundgesetzes (GG). Denn er habe schon bei Inkrafttreten von Satz 2 aaO am 1. Januar 1982 die Wartezeit für das vorgezogene Arbeitslosenruhegeld zurückgelegt und dadurch eine Anwartschaft auf diese Leistung erworben gehabt (Hinweis auf den Beschluß nach Art 100 Abs 1 GG des 1. Senats des BSG vom 27. Februar 1986 – 1 RA 47/84, der zu dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫ 1 BvL 22/86 führte, das durch den Aufhebungsbeschluß des 1. Senats des BSG vom 8. August 1990 – 1 RA 45/90 – abgeschlossen worden ist; ferner Hinweis auf BVerfGE 69, 272, 298). Da er die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art 2 § 7a Abs 2 AnVNG nicht mehr habe erfüllen können, liege ein vollständiger Entzug seiner durch eigene Beitragsleistung erworbenen Anwartschaft und somit eine entschädigungslose Enteignung vor. Dies treffe ihn um so härter, weil er seit Januar 1988 arbeitslos sei und die Bezugsdauer für das Alg (§ 106 des Arbeitsförderungsgesetzes ≪AFG≫) abgelaufen sei. Der Intention des Gesetzgebers, die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, komme allenfalls nachrangige Bedeutung zu, zumal der Personenkreis, dem der Kläger angehöre, vermutlich nur noch sehr klein sei. Da es verfassungsrechtlich nicht eine einheitliche Anwartschaft auf ARG gebe, vielmehr Schutzgut die Anwartschaft auf ARG ab einem bestimmten Rentenbeginn in der bisher erworbenen Höhe sei, greife – auch unter Abwägung mit den öffentlichen Interessen – das berechtigte Interesse des Versicherten an der Verläßlichkeit der von ihm längst finanzierten Rentenanwartschaft durch. Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers wird auf dessen Schriftsätze vom 4. Mai 1992 und vom 14. August 1992 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. September 1991 und den Bescheid der Beklagten vom 23. November 1989 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersruhegeld nach § 25 Abs 2 AVG ab 1. Mai 1990 im gesetzlichen Umfang zu gewähren,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 25 Abs 2 Satz 2 AVG idF des Art 6 § 1 Nr 9 des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) iVm Art 2 § 7a AnVNG mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Auf ihren Schriftsatz vom 3. Juli 1992 nebst der beigefügten Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (BMA) vom 23. Oktober 1986, die dieser im og Verfahren vor dem BVerfG (1 BvL 22/86) abgegeben hatte, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
Die (Sprung-)Revision des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf Gewährung eines sog Arbeitslosenruhegeldes.
Rechtsgrundlage ist § 25 Abs 2 Satz 1 (idF durch Art 1 § 2 Nr 7 des Rentenreformgesetzes vom 16. Oktober 1972 ≪BGBl I S 1965≫ – RRG 1972) und Satz 2 (in der mit Wirkung ab 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Fassung durch Art 6 § 1 Nr 9 AFKG) AVG iVm § 7a Abs 2 AnVNG (idF durch Art 5 Nr 4 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 ≪BGBl 1983 I S 1532≫). § 38 SGB VI ist gemäß § 300 Abs 2 SGB VI nicht anzuwenden.
Danach hat ein Versicherter, der das 60. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf (monatliche) Zahlung von ARG, falls er dies beantragt und soweit der Anspruch nach § 67 Abs 1 Satz 2 AVG nicht erloschen ist, wenn
- er die Wartezeit nach § 25 Abs 7 Satz 2 AVG, dh eine Versicherungszeit von 180 Kalendermonaten, zurückgelegt hat und
- nach einer Arbeitslosigkeit von mindestens zweiundfünfzig Wochen innerhalb der letzten eineinhalb Jahre arbeitslos ist sowie
- in den letzten zehn Jahren mindestens acht Jahre eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat oder
- spätestens am 1. Januar 1982 arbeitslos geworden oder
- sein Arbeitsverhältnis aufgrund einer spätestens am 2. September 1981 erfolgten Kündigung oder Vereinbarung beendet worden ist und er daran anschließend arbeitslos geworden ist und durch diese Arbeitslosigkeit die Voraussetzungen des § 25 Abs 2 AVG in der am 31. Dezember 1981 geltenden Fassung (= Abs 2 Satz 1 nF) erfüllt werden.
Der Kläger hat im Mai 1990 sein 60. Lebensjahr vollendet. Die og Wartezeit ist erfüllt. Er ist frühestens zum 1. Januar 1988 arbeitslos geworden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die tatsächlichen Feststellungen des SG dafür ausreichen zu entscheiden, ob er innerhalb der letzten eineinhalb Jahre vor Erreichen der Altersgrenze mindestens zweiundfünfzig Wochen arbeitslos iS von § 25 Abs 2 Satz 1 AVG gewesen ist. Dem Anspruch des Klägers steht nämlich schon entgegen, daß er entgegen (dem seit dem 1. Januar 1982 geltenden) Abs 2 Satz 2 aaO in den letzten zehn Jahren nicht mindestens acht Jahre „eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt” hat. Gemäß §§ 2 ff,
4f, 7 ff AVG wird nämlich nur dann eine „versicherungspflichtige” Beschäftigung/Tätigkeit ausgeübt, wenn sie ihrer Art nach von der Versicherungspflicht nach § 2 AVG erfaßt wird und der Beschäftigte/Erwerbstätige weder kraft Gesetzes versicherungsfrei (§§ 4f AVG) noch auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit ist (§§ 7 ff AVG). Der Kläger war seit dem 1. Januar 1968 auf seinen Antrag gemäß Art 2 § 1 AnVNG von der Versicherungspflicht befreit und konnte allein schon aus diesem Grunde in der Folgezeit keine angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung/Tätigkeit mehr ausüben.
Da § 25 Abs 2 Satz 2 AVG gerade zu dem Zweck eingeführt worden ist, den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschriften über das Arbeitslosenruhegeld auf den Kreis der aktuell und regelmäßig versicherungspflichtig Beschäftigten/Erwerbstätigen zu begrenzen (BT-Drucks 9/846 S 55), ergeben sich aus Wortlaut, Systematik, Zweck und Entstehungsgeschichte der Vorschrift keine Anhaltspunkte für die vom Kläger begehrte Ausdehnung des begünstigten Personenkreises auf Versicherte, die zwar nach der Art ihrer Beschäftigung hätten versicherungspflichtig sein können, die jedoch aufgrund eigener Entscheidung den Schutz der gesetzlichen Pflichtversicherung ausgeschlagen haben und deshalb nicht versicherungspflichtig tätig sein können. Weil somit § 25 Abs 2 Satz 2 AVG eine im konkreten Fall versicherungspflichtige Beschäftigung/Tätigkeit voraussetzt (BSG SozR 5750 Art 2 § 7 Nr 1), kann dahingestellt bleiben, daß die tatsächlichen Feststellungen des SG nicht ausreichen zu beurteilen, ob der Kläger bis zum 31. Dezember 1987 überhaupt eine ihrer Art nach (§§ 2, 3 AVG) angestelltenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat. Keiner weiteren Darlegung bedarf auch, daß Satz 2 aaO darauf abzielt, nur noch Versicherte zu begünstigen, die Pflichtbeiträge leisten mußten und dieser Verpflichtung nachgekommen sind (vgl Beschluß des 1. Senats des BSG vom 27. Februar 1986 S 16 bis 22, mwN; BVerfG in: SozR 5755 Art 2 § 7a Nr 2; Maier ZfS 1983, 141, 144 mwN).
Das begehrte vorzeitige Altersruhegeld bei Arbeitslosigkeit steht dem Kläger also schon deswegen nicht zu, weil er im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze nicht zu dem gesetzlich geschützten Personenkreis der regelmäßig und aktuell versicherungspflichtigen Versicherten gehörte.
Der Senat hat sich im wesentlichen aus folgenden Gründen iS von Art 100 Abs 1 GG nicht davon überzeugen können, daß § 25 Abs 2 Satz 2 AVG allein oder iVm § 7a Abs 2 AnVNG gegen Art 14 Abs 1 oder gegen andere Vorschriften des GG verstößt:
Keiner Darlegung bedarf, daß
- Ansprüche (Vollrechte) auf ARG nach § 25 Abs 1 bis 3 und Abs 5 AVG, die dem Kläger im Jahr 1981 freilich noch nicht zustanden, als auf eigener Beitragsleistung beruhende, privatnützige und der Existenzsicherung der Versicherten dienende vermögenswerte Rechtspositionen „Eigentum” iS von Art 14 Abs 1 Satz 1 GG sind,
- die Einfügung von ua Satz 2 in § 25 Abs 2 AVG mit Wirkung vom 1. Januar 1982 eine Inhalts- und Schrankenbestimmung iS von Art 14 Abs 1 Satz 2 GG, jedoch keine Enteignung iS von Art 14 Abs 3 Satz 1 GG enthielt (zur Abgrenzung: BVerfGE 70, 191, 199 f mwN), da sie auf eine generelle Änderung des objektiven Rechts, nicht auf die Beseitigung bestehender Rechte abzielte,
- diese neue Inhaltsbestimmung im Blick auf (aus damaliger Sicht) zukünftige Versicherungsverhältnisse keinen eigentumsrechtlichen Bedenken unterliegt,
- das in § 25 AVG ausgestaltete Recht auf ARG – für damals bereits Versicherte – zwar in einem Teilbezirk eingeengt (Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 25 Abs 2 AVG auf bestimmte Pflichtversicherte), aber nicht grundlegend eingeschränkt oder gar total entzogen worden ist,
- die Übergangsregelung in § 7a Abs 2 AnVNG auch alle Versicherten vor Rechtsverlust schützt, die beim Inkrafttreten der neuen Inhaltsbestimmung bereits arbeitslos oder (stichtagsabhängig) rechtsverbindlich von Arbeitslosigkeit bedroht waren, so daß die Entstehung des Vollrechts auf ARG nach § 25 Abs 2 AVG aF damals in Gang gesetzt war.
Bei dieser Sachlage stünde Art 14 Abs 1 Satz 1 GG im Blick auf Fälle der vorliegenden Art (befreite freiwillig Versicherte mit erfüllter Wartezeit vor Erreichen der Altersgrenze in Beschäftigung/Erwerbstätigkeit) der neuen Inhaltsbestimmung nebst Übergangsregelung nur entgegen, wenn sie ein dem Kläger (schon 1981) individual-grundrechtlich als Eigentum zugeordnetes „Anwartschaftsrecht” auf Arbeitslosenruhegeld ohne hinreichende Gründe des öffentlichen Interesses, unverhältnismäßig oder unzumutbar eingeschränkt oder entzogen hätte (zum vorstehenden sowie zum Meinungsstand: BVerfGE 53, 257, 289 ff; 58, 81, 109 ff; 64, 87, 97 ff; 69, 272, 298 ff; 71, 1, 11 ff; 72, 9, 18 ff; 72, 141, 152 ff; 75, 78, 96 ff; 76, 220, 235 ff; BVerfG SozR 2200 § 1303 Nr 34; SozR 5755 Art 2 § 7a Nr 2; vgl dazu und zum folgenden stellvertretend: Söllner, Zum Eigentumsschutz sozialrechtlicher Positionen, in: Verantwortlichkeit und Freiheit, Festschrift für Willi Geiger zum 80. Geburtstag, 1989, S 262 ff; Stober, Verfassungsrechtlicher Eigentumsschutz sozialer Rechtspositionen, Schriftenreihe des deutschen Sozialrechtsverbandes Band XXIII, 1982, S 12 ff; Rüfner, Die Differenziertheit sozialrechtlicher Positionen und der Anspruch der Eigentumsgarantie, Schriftenreihe des deutschen Sozialrechtsverbandes Band XXIII, S 169 ff; Papier, Korreferat zu Rüfner, ebendort, S 193; Grimm, Eigentumsschutz sozialpolitischer Positionen und rechtlich-politisches System, ebendort, S 226 ff; Unger, ZfS 1985, 225 ff; Michaelis, DAngVers 1988, 218 ff; Wallerath, Rentenversicherung und Verfassungsrecht, in: VdR/Ruland, Handbuch der gesetzlichen Rentenversicherung, 1990, S 281 ff; jeweils mwN). Dies ist jedoch nicht der Fall:
Nach der bis Ende 1981 gültigen Gesetzeslage unterliegt schon erheblichen Zweifeln, ob der Kläger damals eine ihm ausschließlich zustehende Rechtsposition im Sinne einer „Anwartschaft” auf Arbeitslosenruhegeld erworben hatte, die (erst) dann vorliegt, wenn die subjetive Berechtigung allein durch Erfüllung weiterer Voraussetzungen, etwa Ablaufs einer Wartezeit und des Eintritts des Versicherungsfalles, zum Vollrecht erstarken kann (vgl zur Abgrenzung einer „Anwartschaft” von einer Erwerbsaussicht stellvertretend: BVerfGE 69, 272, 300 f, 307 f; E 72, 141, 153 f mwN). Bei Inkrafttreten der Gesetzesänderung war nämlich die Entstehung eines Anspruchs auf Arbeitslosenruhegeld für den Kläger schon deswegen ungewiß, weil in keiner Weise abzusehen war, ob und ggf wann er vor Erreichen der Altersgrenze arbeitslos werden und für welchen Zeitraum er es bleiben würde. Ferner konnte seine Rechtsposition – trotz erfüllter Wartezeit – nicht zum Vollrecht erstarken, weil die Zeitgrenze (Vollendung des 60. Lebensjahres) für die frühestmögliche Entstehung eines Anspruchs auf ARG, die den Beginn des Versicherungsschutzes der rentenversicherungsrechtlichen Alterssicherung markiert, noch nicht überschritten war. Anders als bei Anwartschaften auf Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, die nach – uU vorzeitiger – Erfüllung der Wartezeit durch Eintritt des Versicherungsfalles zum Vollrecht erwachsen können, ist nämlich die Entstehung eines auf konkrete Leistungsansprüche bezogenen subjetiven Rechts auf ARG (in einer der Ausprägungen von § 25 AVG) vor Erreichen der Altersgrenze sogar bei erfüllter Wartezeit gesetzlich unmöglich; erst nach diesem Zeitpunkt kann überhaupt der Versicherungsfall eintreten. Schließlich gibt es nach dem Regelungskonzept von § 25 AVG (dazu: BSG SozR 2200 § 1248 Nr 48 mwN) nur einen (einzigen) Versicherungsfall, der dann eingetreten ist, wenn dem Versicherten eine seinen Lebensunterhalt sicherstellende Erwerbstätigkeit aus Altersgründen nicht mehr zugemutet wird; dabei gestaltet § 25 Abs 1 bis 3 und Abs 5 und 6 AVG die Frage dieser Zumutbarkeit differenzierend aus (vgl BSG aaO). Auch dies spricht eher dafür, daß dem Kläger damals gesetzlich kein subjektives Recht darauf zugeordnet war, Arbeitslosenruhegeld nach der 1981 gültigen Gesetzeslage zu erhalten, falls er später bei oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres innerhalb der Rahmenfrist für 52 Wochen arbeitslos werden würde. Vielmehr bestand damals seine gesetzlich ausgestaltete und nur insoweit vertrauensschutzwürdige Rechtsstellung allein darin, nach Erreichen der Altersgrenze nach Maßgabe der dann gültigen gesetzlichen Bestimmungen bei Eintritt des Versicherungsfalls einen (iS der Globaläquivalenz und unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes) angemessenen Versicherungsschutz zu erhalten. Daß § 25 AVG in der im Mai 1990 (Erreichen der Altersgrenze) maßgeblichen Fassung einen solchen Schutz nicht bietet, ist weder dargetan noch ersichtlich.
Aber auch dann, wenn die vorgenannte, vom Kläger bereits 1981 erworbene Rechtsstellung als eine dem individual-grundrechtlichen Eigentumsschutz unterliegende „Anwartschaft” auf – sogar speziell – Arbeitslosenruhegeld zu qualifizieren und die neue Inhaltsbestimmung auch unter diesem Blickwinkel an Art 14 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 GG, der den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes als speziellere Norm verdrängt, zu messen wäre, hat der Senat hiergegen keine ihn von der Verfassungswidrigkeit der Neuregelung überzeugenden Bedenken:
Zweck der Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs von § 25 Abs 2 AVG auf bestimmte Pflichtversicherte war und ist es, in einer erheblich angespannten finanziellen Lage sowohl in der gesetzlichen Rentenversicherung als auch in der Arbeitslosenversicherung die sozialrechtlichen Instrumente effektiver auszugestalten, sie an die aktuelle Finanzsituation anzupassen und als „Leistungsmißbrauch” (vgl dazu stellvertretend Eichenhofer SGb 1982, 182, 137, 139 mwN) beurteilte Inanspruchnahmen von ua Versicherungsschutz einzudämmen. Gegen diese Zielsetzungen sprechen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. § 25 Abs 2 (jetzt: § 25 Abs 2 Satz 1) AVG in der 1981 gültigen Fassung bezweckte nämlich immer schon den Schutz derjenigen älteren Versicherten, die am Ende ihres Versicherungslebens „schicksalhaft” arbeitslos geworden waren und – trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit -wegen der Eigenarten des Arbeitsmarktes im Blick auf ihr Alter nur noch schwer vermittelbar waren (vgl Ludwig DVZ 1967, 188 ff, 189); jedoch ermöglichte die Ausgestaltung der gesetzlichen Voraussetzungen eine mit dem Zweck der Vorschrift (und dem Gedanken des Versicherungs-”Risikos”) kaum vereinbare individuell geplante „gewillkürte” Inanspruchnahme des Arbeitslosenruhegeldes. Schon deshalb lag eine Korrektur nahe. Nicht darzulegen ist, daß § 25 Abs 2 Satz 2 AVG geeignet ist, der individuell-geplanten Arbeitslosigkeit (mit Bezug von Alg) zwecks möglichst frühzeitiger Inanspruchnahme des Arbeitslosenruhegeldes entgegenzuwirken und diese Leistung stärker auf die schicksalhaft arbeitslosen und – auch unter Beachtung von § 7a Abs 4 Satz 1 AnVNG – arbeitswilligen Versicherten zu konzentrieren, die bis in die Nähe der Altersgrenze durch stetige und für die Versichertengemeinschaft verläßliche Pflichtbeiträge zu den Lasten auch der Alterssicherung zeitnah beigetragen haben. Eine gleich zweckmäßige, jedoch die Betroffenen weniger belastende Begrenzung dieser Teilübernahme von Arbeitsmarktrisiken in die rentenversicherungsrechtliche Alterssicherung ist nicht ersichtlich. Insbesondere kann die zur „Mißbrauchsabwehr” erforderliche Begrenzung des Schutzes auf im wesentlichen „schicksalhafte” Altersarbeitslosigkeit nicht dadurch erreicht werden, daß – bei Vollendung des 60. Lebensjahres rückschauend – freiwillige Beiträge wie Pflichtbeiträge behandelt werden. Dies könnte nur dann gerechtfertigt werden, wenn freiwillige Beiträge von vornherein, dh mit einer nach Dichte und Höhe für den Versicherungsträger gleichwertigen Verläßlichkeit wie Pflichtbeiträge, zu leisten gewesen wären; das aber ist mit der Natur freiwilliger Beiträge unvereinbar.
Die bis 1981 bestehende Aussicht des Klägers, 1990 unter weiteren Voraussetzungen Arbeitslosenruhegeld erhalten zu können, ist nach Auffassung des Senats auch unter Berücksichtigung der für die Lebensplanung des Klägers und seine Dispositionen für die Alterssicherung erforderlichen Verläßlichkeit und Berechenbarkeit des Rentenversicherungsrechts nicht derart gewichtig, daß das öffentliche Interesse an einer zweckmäßigen und finanziell tragbaren Konkretisierung des Alterssicherungsschutzes demgegenüber zurücktreten müßte. Seit Januar 1982 konnte der Kläger – gerade im Blick auf die Gestaltung seiner freiwilligen Beiträge – berücksichtigen, daß die gesetzliche Alterssicherung ihm für den Fall nicht geplanter Arbeitslosigkeit vor Vollendung des 60. Lebensjahres keinen Schutz mehr gewähren würde. Soweit er die verbliebenen Erwerbsaussichten auf ARG nicht mehr als Äquivalent seiner freiwilligen Beiträge erachten wollte, lag es in seiner Hand, sich um anderweitigen Schutz für dieses „Risiko” zu bemühen.
Hingegen verlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz keine über § 7a Abs 2 AnVNG hinausgehende Fälle der vorliegenden Art erfassende Übergangsregelung. Diese Vorschrift vermeidet von vornherein den Entzug eines Vollrechts oder Anwartschaftsrechts auf ARG bei (arbeitslosen) Versicherten, die bereits das 60. Lebensjahr vollendet hatten und schützt sogar die Erwerbsaussicht von damals im og Sinn bereits arbeitslosen Versicherten, die trotz Arbeitswilligkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres keinen Arbeitsplatz mehr finden konnten (bzw können). Zwar wäre es denkbar gewesen, ua für die vom Kläger repräsentierte Gruppe der Versicherten einen befristeten „Verzicht” auf die Befreiung von der Versicherungspflicht vorzusehen (vgl Art 2 § 1 Abs 4 AnVNG). Dies war aber verfassungsrechtlich nicht geboten. Es lag nämlich 1967/1968 in der freien Disposition des Klägers, an den Veränderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe der für die Pflichtversicherten geltenden Bestimmungen oder aber ausschließlich als freiwillig Versicherter teilzunehmen. Er hat sich damals endgültig gegen die Teilhabe an den mit einer Pflichtversicherung verbundenen Lasten und für die Vorteile einer freiwilligen Versicherung entschieden. Vor diesem Hintergrund verlangt Art 14 Abs 1 Satz 2 GG nicht, daß ihm dann, wenn die Rentenversicherung die subjektiv-rechtliche Stellung von Pflichtversicherten weniger stark beschränkt als die von freiwilligen Versicherten, die Rechtsmacht eröffnet, sich wieder den Pflichtversicherten zuzureihen.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder ersichtlich, der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) oder andere Bestimmungen des GG könnten verletzt sein.
Nach alledem war die (Sprung-)Revision des Klägers gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Fundstellen