Leitsatz (amtlich)
§ 34 Abs 1 S 1 AFG schließt die Förderung der Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Bildung nicht schon dann gänzlich aus, wenn nur einzelne, für sich unselbständige und im Verhältnis zur inländischen Gesamtmaßnahme unwesentliche Lehrveranstaltungen im Ausland stattfinden.
Normenkette
AFG § 34 Abs 1 S 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Förderung der Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme, die teilweise im Ausland stattgefunden hat.
Die 1957 geborene Klägerin war im Anschluß an ihre dreijährige Ausbildung von September 1978 bis März 1981 als Gymnastiklehrerin beschäftigt. Vom 1. April 1981 bis 30. März 1983 nahm sie an einem Lehrgang der Krankengymnastikschule B. S. teil. Die Ausbildung an dieser staatlich anerkannten Privatschule umfaßte durchschnittlich 40 Wochenstunden, gliederte sich in theoretischen Unterricht und praktische Übungen und wurde in Zusammenarbeit mit umliegenden Krankenhäusern und Kureinrichtungen durchgeführt. Im Rahmen des von der Klägerin besuchten Lehrgangs wurde ein Teil der praktischen Ausbildung aus personellen und organisatorischen Gründen im benachbarten R./Schweiz abgewickelt. Es handelte sich dabei um ein klinisches Praktikum in Neurologie von insgesamt 180 Stunden Dauer, die sich mit jeweils 15 Wochenstunden auf einen Zeitraum von drei Monaten verteilten. Nach erfolgreicher Abschlußprüfung absolvierte die Klägerin das für die Anerkennung als Krankengymnastin vorgeschriebene einjährige Berufspraktikum.
Den Antrag der Klägerin vom 3. Februar 1981 auf Förderung der Teilnahme an dem Krankengymnastiklehrgang lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. April 1981 ab, weil ein Teil der Ausbildung im Ausland durchgeführt werde. Mit Rücksicht darauf sei die Förderung der Teilnahme an der Maßnahme nach § 34 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) iVm § 4 der Anordnung über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (AFuU) insgesamt nicht möglich. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 1981, Urteil des Sozialgerichts -SG- vom 30. September 1981).
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Besuch der Krankengymnastikschule B. S. vom 1. April 1981 bis 30. März 1983 durch Gewährung von Unterhaltsgeld (Uhg) und Lehrgangsgebühren zu fördern. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt:
Es könne dahingestellt bleiben, ob die Teilnahme an der Maßnahme für die Klägerin eine Fortbildung oder eine Umschulung gewesen sei, da die Förderungsvoraussetzungen in beiden Fällen erfüllt seien.
Die zwischen den Beteiligten allein streitige Frage, ob und wie sich die Durchführung von Lehrveranstaltungen in der Schweiz auf die Förderungsfähigkeit des Lehrgangs auswirke, sei für die Maßnahme als Ganzes einheitlich zu beantworten. Eine Teilförderung der im Geltungsbereich des AFG durchgeführten Maßnahmeabschnitte komme hingegen nicht in Betracht. Die Notwendigkeit, grenzübergreifende Bildungsveranstaltungen insgesamt entweder dem Inland oder dem Ausland zuzuordnen, zwinge indessen nicht zu der Folgerung, eine Maßnahme werde bereits dann nicht mehr iS des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG "im Geltungsbereich des Gesetzes durchgeführt", wenn lediglich ein Maßnahmeabschnitt oder gar nur einzelne Lehrveranstaltungen innerhalb eines solchen Abschnitts im Ausland abgehalten würden. Die Beschränkung der Förderung auf Inlandsmaßnahmen sei erst durch das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des Arbeitsförderungs- und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) in das AFG eingefügt worden. Die für diese Neuregelung maßgebenden Erwägungen (ausreichendes inländisches Bildungsangebot, Mehrkosten bei Besuch ausländischer Bildungseinrichtungen) bezögen sich unabhängig von ihrer sachlichen Berechtigung in erster Linie auf Bildungsveranstaltungen, die ganz oder überwiegend im Ausland durchgeführt würden. Für Sachverhalte der vorliegenden Art, bei denen im Rahmen einer Inlandsmaßnahme aus inhaltlichen oder organisatorischen Gründen Maßnahmeteile oder Lehrveranstaltungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland abgewickelt würden, träfen sie nicht zu. Die strikte Durchführung des Territorialitätsgrundsatzes in derartigen Fällen könne bei bestimmten Bildungsgängen, wie etwa einer Fremdsprachenausbildung, und auch für Bewohner grenznaher Gebiete zu sachlich nicht gerechtfertigten Unzuträglichkeiten führen.
Gesichtspunkte, die eine sachgerechte Abgrenzung zwischen noch förderungsfähigen und nicht mehr förderbaren Maßnahmen ermöglichten, ließen sich sowohl dem § 34 Abs 1 AFG selbst als auch den die Auslandsförderung betreffenden Vorschriften des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) entnehmen. Der Schwerpunkt der Gesamtmaßnahme habe in der Bundesrepublik Deutschland gelegen, wo der Maßnahmeträger seinen Sitz gehabt habe und wo mehr als 95 % der Lehrveranstaltungen abgehalten worden seien. Für die Verlagerung der praktischen Ausbildung im Bereich Neurologie in die Schweizer Klinik habe es zwingende sachliche Gründe gegeben, denn auf deutschem Gebiet habe in zumutbarer Entfernung vom Maßnahmeort keine neurologische Krankenhausabteilung zur Verfügung gestanden. Fest stehe ferner, daß das genannte Praktikum weder qualitativ schlechter noch teurer als eine vergleichbare Ausbildung an einem Krankenhaus in der Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. Schließlich sei von Bedeutung, daß die Klägerin die Ausbildungsstätte in der Schweiz täglich von ihrem ständigen Wohnsitz im Geltungsbereich des AFG aus habe erreichen können und erreicht habe. Der § 5 Abs 1 BAföG lasse in Fällen dieser Art die Förderung einer Schul- oder Hochschulausbildung im benachbarten Ausland uneingeschränkt zu. Da bei Beibehaltung des Inlandswohnsitzes durch den Besuch von Lehrveranstaltungen im Ausland in der Regel keine Mehraufwendungen entstünden, erscheine es unbedenklich, solche Lehrveranstaltungen auch im Rahmen des AFG für die Belange des Förderungsrechts als Bestandteil der Inlandsmaßnahme zu behandeln. Der Klägerin stehe daher die beantragte Förderung zu.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 34 Abs 1 Satz 1 AFG und führt hierzu insbesondere aus: Dem richtigen Ausgangspunkt des LSG, daß es auf die gebietliche Zuordnung der Maßnahme als Ganzes ankomme, widerspreche die von ihm vertretene Auffassung, daß es unter den von ihm aufgestellten Kriterien für die Förderungsfähigkeit unschädlich sei, wenn ein Teil der Maßnahme im Ausland abgewickelt werde. Ebenso wie eine Überschreitung des vom Gesetz vorgegebenen zeitlichen Rahmens der Bildungsmaßnahme den Charakter einer förderungsfähigen Maßnahme nehme, müsse jede Maßnahme auch in allen ihren Teilen den Anforderungen des § 34 Abs 1 AFG entsprechen. Für eine Ausnahmeregelung, wie sie das LSG sehen möchte, hätte es in der genannten Vorschrift eines Zusatzes wie "überwiegend" oder ähnlich bedurft.
Die Begründung des LSG für seine abweichende Auffassung sei nicht überzeugend. Der allgemeine Hinweis auf Schwierigkeiten bei der Fremdsprachenausbildung biete dafür keine Argumente, denn es handele sich dabei vielfach um Bildungsgänge, die nicht nach dem AFG gefördert werden könnten, weil sie nicht zu den beruflichen Bildungsmaßnahmen zählten (§ 34 Abs 4 AFG, §§ 1a, 2 AFuU). Außerdem machten auch in diesem Bereich die modernen Lehrmittel (zB Sprachlabor) eine Auslandsmaßnahme zum Erreichen des Maßnahmezieles nicht "unerläßlich". Schließlich seien für förderbare Maßnahmen keine Ausbildungsordnungen bekannt, die zwingend eine Auslandsmaßnahme vorschrieben. Auch der Hinweis des LSG auf mögliche Nachteile für Grenzlandbewohner führe nicht weiter; denn auch andere Bildungsinteressenten im Inland hätten nicht immer die geeignete Maßnahme "vor der Tür".
Im übrigen würden die vom LSG aufgestellten Kriterien auch keine sinnvolle einheitliche Handhabung für Ausnahmen sicherstellen. Bei der Beurteilung der Bedeutung eines Maßnahmeabschnitts komme es nicht nur auf die Stundenzahl, sondern auch auf den Zeitraum an, der hier mit 13 Wochen bei einer Maßnahme von zwei Jahren mehr als geringfügig sei. Die Merkmale "sachlich geboten" und "förderlich" seien sehr unbestimmt und manipulierbar entsprechend den Interessen des Maßnahmeträgers. Fraglich sei auch, wie eine Qualitäts- und Kostenprüfung des Auslandsteils generell durch das Arbeitsamt erfolgen solle. Die Forderung nach der täglichen Erreichbarkeit der im Ausland durchgeführten Lehrveranstaltung sei unrealistisch und könne je nach dem Wohnsitz der Teilnehmer bei einer Maßnahme zu unterschiedlichen Entscheidungen führen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 31. August 1983 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Freiburg vom 30. September 1981 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen für eine Förderung der Teilnahme der Klägerin an dem Krankengymnastiklehrgang vorlagen, der in der Zeit vom 1. April 1981 bis 30. März 1983 von der Krankengymnastikschule B. S. veranstaltet wurde.
Im vorliegenden Falle sind die §§ 33 bis 49 AFG, soweit sie hier einschlägig sind, noch in der Fassung des am 1. August 1979 in Kraft getretenen Fünften Gesetzes zur Änderung des AFG (5. AFG- ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I 1189) anzuwenden. Da die Maßnahme der Klägerin vor dem 2. September 1981 begonnen hat, gilt diese Fassung hier auch in Ansehung des Art 1 § 1 Nrn 4 ff des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG-) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) weiter (Art 1 § 2 Nrn 1 und 3 AFKG).
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob sich die Teilnahme an dem Krankengymnastiklehrgang für die Klägerin als Fortbildung oder als Umschulung darstellt, zu Recht offengelassen; denn die Förderungsvoraussetzungen sind unter beiden Gesichtspunkten gegeben. Insbesondere entsprach der betreffende Lehrgang den allgemeinen Anforderungen, die an berufliche Bildungsmaßnahmen jedweder Art zu stellen sind. Nach § 34 Abs 1 Satz 1 AFG erstreckt sich die Förderung allerdings nur auf Maßnahmen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes durchgeführt werden. Diese räumliche Beschränkung auf das Bundesgebiet, einschließlich das Land Berlin (§ 250 AFG), ist auch hier maßgebend, da eine ausnahmsweise Erweiterung auf in der Schweiz durchgeführte Maßnahmen durch zwischenstaatliches Vertragsrecht nicht erfolgt ist. Dennoch steht es einer Förderung nicht entgegen, daß ein Teil des von der Klägerin besuchten Lehrgangs, nämlich das neurologische Praktikum, in R. /Schweiz stattgefunden hat.
Dieses Ergebnis läßt sich entgegen der Ansicht der Beklagten durchaus mit dem Wortlaut des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG vereinbaren. Der Halbsatz "die im Geltungsbereich dieses Gesetzes durchgeführt werden" könnte zwar möglicherweise durch nähere Bestimmungen wie zB "überwiegend" deutlicher gefaßt werden. Ohne derartige Zusätze besagt er jedoch nicht, daß ausnahmslos alle Lehrveranstaltungen einer Maßnahme im Inland stattfinden müßten. Vielmehr ist die fragliche Formulierung des Gesetzes der vom Senat für richtig gehaltenen Auslegung des LSG zugänglich. Sie bezieht sich nämlich nur auf die Maßnahme als Ganzes und nicht auf einzelne unselbständige Teile. Da das Wort "durchführen" hier iS von "veranstalten" gebraucht wird, erscheint es zudem naheliegend, für die Frage der räumlichen Zuordnung der Maßnahme auf den organisatorischen Zusammenhang zwischen einer bestimmten Lehrveranstaltung und dem Maßnahmeträger ("Veranstalter") abzustellen.
Die Entwicklung des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG bestätigt diese Annahme. Der Territorialitätsgrundsatz ist erst durch Art 1 § 1 Nr 1 Buchst a HStruktG-AFG in diese Vorschrift aufgenommen worden. Davor gab es nur gewisse satzungsmäßige Beschränkungen. Nach § 6 Abs 3 AFuU vom 18. Dezember 1969 (ANBA 1970, 85; in späteren Fassungen gleichlautend: § 6 Abs 5 bzw Abs 7) wurde die Teilnahme an Maßnahmen außerhalb des Geltungsbereichs des AFG nur gefördert, wenn dafür ein den arbeitsmarktpolitischen Bedürfnissen entsprechendes berufliches Bildungsangebot im Inland nicht vorlag. Ein prinzipieller Ausschluß jeder Förderung von Maßnahmen im Ausland bestand hingegen nicht. Die Ergänzung des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG durch das HStruktG-AFG ist dann damit begründet worden, daß angesichts des ausreichenden inländischen Angebots an Bildungsplätzen und der hohen Nebenkosten beim Besuch ausländischer Bildungseinrichtungen kein Anlaß bestehe, im Ausland durchgeführte Maßnahmen zu fördern (vgl Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur -Haushaltsstrukturgesetz- -HStruktG-, BT-Drucks 7/4127, S 48). Durch eine derartige generelle Regelung wurde die im Einzelfall uU recht schwierige Vergleichsprüfung überflüssig, die nach § 6 Abs 3 (später Abs 5 bzw Abs 7) AFuU aF erforderlich war (vgl Hoppe, SF 1976, 25, 26).
Diese gesetzgeberischen Motive deuten darauf hin, daß - jedenfalls in erster Linie - die Förderung von vollständig im Ausland durchgeführten Maßnahmen ausländischer Träger ausgeschlossen werden sollte. Es wird nämlich einerseits auf das "inländische Angebot an Bildungsplätzen" Bezug genommen. Als Anbieter sind damit alle Maßnahmeträger gemeint, die im Inland berufliche Bildungsplätze zur Verfügung stellen. Letztere verlieren ihre Inlandbezogenheit nach allgemeinem Sprachgebrauch nicht bereits dadurch, daß einzelne Lehrveranstaltungen im Ausland stattfinden. Andererseits wird man von einem "Besuch ausländischer Bildungseinrichtungen" im wesentlichen dann sprechen, wenn sich der Träger dieser Maßnahme im Ausland befindet. Insbesondere ist eine Bildungseinrichtung nicht mit einer einzelnen Lehrveranstaltung gleichzusetzen, da sie begrifflich das Vorhandensein einer gewissen Organisation verlangt.
Wie bereits das LSG in Übereinstimmung mit der Ansicht der Beteiligten zutreffend erkannt hat, ergibt sich aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes, daß die territoriale Zuordnung iS des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG für die Maßnahme als Ganzes zu erfolgen hat. Eine Teilförderung der im Inland absolvierten Lehrveranstaltungen scheidet aus, da die Durchführung der Maßnahme im Geltungsbereich des AFG ebenso wie die Dauer der zu fördernden Maßnahme (vgl dazu BSGE 36, 1, 3 = SozR Nr 1 zu § 47 AFG; BSGE 37, 223, 229 = SozR 4100 § 47 Nr 2; BSG SozR 4100 § 47 Nr 15) ein Merkmal ist, welches von Lehrgangsbeginn bis -ende den gesetzlichen Anforderungen zu entsprechen hat (vgl dazu allgemein BSG Urteil vom 15. Februar 1979 - 7 RAr 68/78 -, DBlR 2431a, AFG/ § 42; BSG Urteil vom 10. Mai 1979 - 7 RAr 104/78 -, DBlR 2431a, AFG/§ 42). Der Durchführungsort ist nämlich eine wesentliche Eigenschaft der jeweiligen Maßnahme, welche nach dem Gesetz für die Förderungsfähigkeit überhaupt entscheidend ist.
Aus diesem Grundsatz folgt jedoch nicht, daß jede einzelne Unterrichtseinheit eines Ausbildungsganges im Inland abgehalten werden muß. Vielmehr sind unwesentliche, dem Ziel der Maßnahme entsprechende Abweichungen insoweit unschädlich. Wie das BSG mehrfach entschieden hat, greift nämlich bei der Prüfung des Charakters und der näheren Ausgestaltung einer beruflichen Bildungsmaßnahme eine Gesamtbetrachtung Platz (BSG Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 56/73 -, DBlR 1948a, AFG/§ 47; BSG Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 116/73 -; BSG SozR 4460 § 11 Nr 6). Wenn diese Betrachtungsweise in zeitlicher Hinsicht (betr Vollzeitunterricht, Prüfungszeiten, Ferienzeiten) gilt, darf sie auch für die Frage der örtlichen Abwicklung des Lehrgangs nicht außer acht gelassen werden. So hat es der Senat in anderem Zusammenhang für möglich gehalten, daß es als Besuch einer Schule im Geltungsbereich des AFG angesehen werden kann, wenn die im Ausland gelegene Ausbildungsstätte der im wesentlichen unselbständige Teil einer inländischen Schule und nur ihre Außenstelle ist (BSG Urteil vom 19. Juni 1980 - 7 RAr 54/79 -, DBlR 2584a, AFG/ § 134).
Die danach erforderliche nähere Abgrenzung zwischen im Inland und im Ausland durchgeführten Maßnahmen hat das Berufungsgericht in dem hier zu entscheidenden Falle zutreffend vorgenommen. Ob dabei immer alle vom LSG herangezogenen Kriterien gleichzeitig vorliegen müssen, um einen Lehrgang als Ganzes dem Inland zuordnen zu können, braucht hier nicht entschieden zu werden; denn bereits eine allgemeine Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß sich die Förderung nach § 34 Abs 1 Satz 1 AFG auf die Teilnahme der Klägerin an dem Krankengymnastiklehrgang erstreckt.
Das von der Klägerin in R./Schweiz besuchte neurologische Praktikum bildete mit den übrigen Lehrgangsteilen eine einheitliche Maßnahme, da es in einem engen zeitlichen, inhaltlichen und organisatorischen Zusammenhang mit diesem ablief (vgl BSGE 36, 296, 298; BSG Urteil vom 3. Juni 1975 - 7 RAr 116/73 -; BSGE 40, 29, 31 = SozR 4100 § 44 Nr 4; BSG Urteil vom 27. Januar 1977 - 7 RAr 36/75 -, DBlR 2150, AFG/§ 47; BSG SozR 4100 § 39 Nr 16). Es handelte sich um einen integrierten, unselbständigen Bestandteil des im einzelnen vorgeschriebenen Krankengymnastiklehrgangs (vgl § 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankengymnasten -KGAPrO- vom 7. Dezember 1960, BGBl I S 885, iVm der Anlage 1 "Lehrplan für den Lehrgang in der Krankengymnastik"). Da R. nur wenige Kilometer von B.S. entfernt liegt, bestand darüber hinaus eine enge räumliche Beziehung zu dem Ort, an dem der Maßnahmeträger seinen Sitz hatte und wo im wesentlichen die übrigen Lehrveranstaltungen stattfanden. Hierbei kann offenbleiben, ob eine solche Beziehung stets vorliegen muß. Entscheidend ist, daß das neurologische Praktikum einer Bildungsmaßnahme zuzuordnen ist, die von einem inländischen Träger im übrigen im Inland durchgeführt wird. Schon mit Rücksicht auf seinen relativ geringen zeitlichen Umfang - ob man nun auf die Zahl von 180 (von insgesamt 3680) Unterrichtsstunden oder auf den Zeitraum von drei Monaten abstellt - ist dieser Lehrgangsteil, jedenfalls für sich allein genommen, nicht geeignet, den Krankengymnastikkurs - insgesamt betrachtet - zu einer außerhalb des Geltungsbereichs des AFG durchgeführten Maßnahme zu machen.
Zwar sind das AFG im allgemeinen (vgl zB §§ 1, 2, 18, 19 AFG) und die Regelungen zur Förderung der beruflichen Bildung im besonderen (§ 36 Nr 1, § 40 Abs 2 Nrn 3 bis 5 AFG; vgl auch BSG SozR 4100 § 41 Nr 33; BSG SozR 4100 § 36 Nr 19; BSG SozR 4460 § 2 Nr 5; BSG SozR 4460 § 8 Nr 7) auf den inländischen Arbeitsmarkt ausgerichtet; unter diesem Gesichtspunkt bestehen jedoch gegen eine Förderung der Teilnahme der Klägerin an dem Krankengymnastikkurs keine Bedenken, da er von einer staatlich anerkannten Schule mit dem Ausbildungsziel "staatlich anerkannter Krankengymnast" veranstaltet wird. Dieser bundesdeutschen Rechtsvorschriften (§ 2 Abs 1 des Gesetzes über die Ausbildung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten -MBKG- vom 21. Dezember 1958, BGBl I S 985) entsprechende berufliche Abschluß ermöglicht naturgemäß in erster Linie eine Tätigkeit im Inland.
Eine positive Förderungsentscheidung stimmt auch mit dem Sinn und Zweck des § 34 Abs 1 Satz 1 AFG überein. Die vom Gesetzgeber angestrebte Beschränkung auf vorhandene inländische Ausbildungskapazitäten ist bei dem von der Klägerin besuchten Lehrgang gewahrt. Nach den Feststellungen des LSG war es nämlich in der fraglichen Zeit nicht möglich, das vorgeschriebene neurologische Praktikum in zumutbarer Entfernung von B.S. auf deutschem Boden abzuleisten. Da der Lehrgang von einem inländischen Maßnahmeträger durchgeführt wurde, dient eine Förderung der Teilnahme zugleich der Erhaltung eines intakten beruflichen Bildungssystems gerade auch im grenznahen Bereich, wo regelmäßig ungünstigere Ausbildungsbedingungen bestehen. Der in der Begründung des Regierungsentwurfs zu einem HStruktG (BT-Drucks 7/4127, S 48) ebenfalls angesprochene Kostengesichtspunkt kommt hier nicht zum Tragen, da das Praktikum in R./Schweiz - wie vom LSG festgestellt - weder qualitativ schlechter noch teurer war als eine vergleichbare Lehrveranstaltung in der Bundesrepublik Deutschland. Den Prüfungs- und Kontrollerfordernissen, denen die Beklagte ggfs nachzugehen hatte, genügte schließlich der Umstand, daß der inländische Maßnahmeträger für die gesamte Maßnahme verantwortlich und auskunftspflichtig war. Jedenfalls bestehen insoweit, wie die alte Rechtslage (§ 6 Abs 3, später Abs 5 bzw Abs 7 AFuU aF) und auch andere Regelungen (zB § 80 Abs 2 AFG) zeigen, keine unüberbrückbaren Leistungshindernisse. Bloße Verwaltungserschwernisse müssen jedenfalls angesichts der Erwägung zurücktreten, daß die Einbeziehung einzelner im Ausland stattfindender Lehrveranstaltungen nicht nur eine sinnvolle Bereicherung des Ausbildungsplanes (zB durch Exkursionen) bedeuten, sondern uU sogar - wie hier - die Durchführung einer inländischen Maßnahme überhaupt erst ermöglichen kann.
Für den Fall, daß der Lehrgangsbesuch der Klägerin als berufliche Fortbildung anzusehen ist, entsprach die Maßnahme, wie das LSG überzeugend und von den Beteiligten unangefochten ausgeführt hat, den besonderen Anforderungen des § 41 AFG. Der betreffende Krankengymnastikkurs setzte zwar nicht eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung iS von § 41 Abs 1 AFG voraus, er war für die Klägerin jedoch nach § 41 Abs 2 AFG förderbar. Die zeitliche Begrenzung der Maßnahmedauer auf zwei Jahre (§ 41 Abs 3 Satz 2 AFG), die im wesentlichen mit der für eine Umschulung übereinstimmt (§ 47 Abs 3 Satz 2 AFG), ist ebenfalls eingehalten, da die auf den viersemestrigen Lehrgang folgende praktische Tätigkeit von einem Jahr, die für die staatliche Anerkennung erforderlich war (§ 2 Abs 1 Nr 3, § 10 MBKG idF des Gesetzes zur Änderung des MBKG vom 22. Mai 1968, BGBl I S 470), gem § 34 Abs 2 Satz 2 AFG nicht Bestandteil der Maßnahme war (BSG Urteile vom 16. Februar 1983 - 7 RAr 78/79 - und vom 16. März 1983 - 7 RAr 5/83 -).
Die Klägerin gehört zum förderungsfähigen Personenkreis (§§ 42, 47 Abs 1 AFG), auch wenn sie nach Abschluß ihrer Berufsausbildung als Gymnastiklehrerin nur 2 1/2 und damit nicht die erforderlichen drei Jahre beruflich tätig gewesen ist. Ihre Teilnahme an dem Krankengymnastiklehrgang war nämlich iS von § 44 Abs 2 Nr 1 AFG notwendig (§ 42 Abs 1 Satz 3 1. Halbsatz AFG). Die Klägerin war arbeitslos und im übrigen auch arbeitsuchend (§ 47 Abs 1 Satz 1 AFG). Während sie als Gymnastiklehrerin in absehbarer Zeit nicht hätte vermittelt werden können, ist nach den Feststellungen des LSG mit ihrer beruflichen Eingliederung als staatlich anerkannte Krankengymnastin zu rechnen (vgl BSGE 48, 176, 178 ff = SozR 4100 § 44 Nr 21). Schließlich erfüllt die Klägerin auch die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragte Gewährung von Uhg und Tragung der Lehrgangsgebühren durch die Beklagte, da sie unmittelbar vor Beginn der Maßnahme über zwei Jahre lang eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat (§ 46 Abs 1 Satz 1 AFG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen