Leitsatz (amtlich)

Hat eine KK wegen Nichtschädigungsfolgen Krankenhauspflege gewährt und war der Krankenhausaufenthalt außerdem auch zur Behandlung von anerkannten Schädigungsfolgen erforderlich und durchgeführt worden, ohne daß hierdurch besondere abgrenzbare Kosten entstanden, sind der KK keine Aufwendungen zu ersetzen.

 

Orientierungssatz

1. Für Entstehung, Begründung und Ausmaß des Ersatzanspruchs nach BVG § 19 Abs 1 S 1 ist nicht der erste und vorläufig in Erscheinung getretene äußere Anlaß zur Krankenhauspflege sowie die ärztliche Einweisungsdiagnose, sondern der endgültige Grund der Sachleistung maßgebend. Erst mit dieser Leistung ist der Sachverhalt abgeschlossen, der die Ausgleichsforderung der Krankenkassen hervorruft (vgl für den ähnlichen Tatbestand des BVG § 18c Abs 6 S 2 nF: BSG vom 1976-12-15 3 RK 31/76 = SozR 3100 § 18c Nr 2).

2. BVG § 19 Abs 1 S 1 knüpft nicht nur an die Heilbehandlung wegen derjenigen Krankheit an, die sowohl Versicherungsfall der gesetzlichen Krankenversicherung als auch Schädigungsfolge iS des BVG ist, sondern sie betrifft nach ihrem Wortlaut und ihrem Sinn auch den Fall der Duplizität, nämlich der einer stationären Behandlung wegen eines Kriegsleidens und einer anderen - zweiten - selbständigen Erkrankung. Mit dieser Vorschrift wird, abgesehen von der Bestimmung des BVG § 20, die finanzielle Abwicklung des gesetzlichen Auftragsverhältnisses zwischen Krankenkasse und Versorgungsträger abschließend und erschöpfend normiert. Daneben ist für eine Anwendung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatz- oder Erstattungsanspruchs ebensowenig Raum (vgl BSG vom 1974-04-05 9 RV 80/73 = VersorgB 1974, 107) wie für einen Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern entsprechend BGB § 426 Abs 2 (vgl BSG vom 1975-12-10 8 RU 268/74 = SozR 2200 § 539 Nr 13).

 

Normenkette

BVG § 19 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1975-06-09; BGB § 426 Abs. 2

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 12.01.1977; Aktenzeichen L 15 V 469/75 E)

SG München (Entscheidung vom 16.07.1975; Aktenzeichen S 29 V 726/73 E)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Januar 1977 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen der Klägerin - einer Allgemeinen Ortskrankenkasse - und dem Beklagten - Träger der Kriegsopferversorgung - ist der Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen strittig, die für einen Krankenhausaufenthalt des Kriegsbeschädigten Z in der Zeit vom 13. Januar bis 27. Februar 1970 entstanden sind. Der Beschädigte erhielt Versorgung wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vH. Dafür waren vornehmlich die Auswirkungen eines Bauchdurchschusses mit Blasen- und Dickdarmverletzung sowie Verwachsungen und Anus-Verschluß, ferner eine chronische Prostatitis als Folge der Blasenschußbehandlung maßgebend. In die stationäre Behandlung war der Kriegsbeschädigte durch die praktische Ärztin Dr. G eingewiesen worden; als Diagnose hatte diese Ärztin Herzinsuffizienz und Bronchopneumonie angegeben. In dem Bericht bei Entlassung des Beschädigten aus dem Krankenhaus (Chefarzt der Internist Dr. H und Stationsarzt Dr. F) wurden hingegen als Gesundheitsstörungen chronische Obstipation, Subileus auf der Basis mehrerer Bauchoperationen, chronische Bronchitis, cor pulmonale, Hypertonie und Diabetes mellitus bezeichnet. Die klagende Krankenkasse verfocht die Ansicht, die stationäre Behandlung sei vorwiegend wegen des Versorgungsleidens notwendig gewesen. Dem hielt der Beklagte entgegen, daß die stationäre Therapie allein schon wegen der chronischen Bronchitis, der Hypertonie und dem Diabetes vorzunehmen gewesen sei. An diesen "versorgungsfremden" Krankheiten sei der Beschädigte auch im Jahre darauf (am 25.11.1971) gestorben.

Die erste von der Klägerin erhobene Klage erledigte sich durch Vergleich, mit dem sich der Beklagte verpflichtete, die erhobene Forderung anhand noch beizuziehender Krankenblätter zu prüfen. Nach Auswertung von Fieberkurven, Röntgenaufnahmen und Elektrokardiogrammen hielt er dann an seiner ablehnenden Stellungnahme fest. - Der erneuten Klage wegen eines Ersatzanspruchs in Höhe von 1.930,- DM gab das Sozialgericht (SG) statt (Urteil des SG München vom 16.7.1975). Nach Vernehmung des Internisten Dr. H nahm es an, die Krankenhausbehandlung sei durch die Schädigungsfolgen und die nichtschädigungsbedingten Befunde in annähernd gleichem Maße verursacht worden. Das Landessozialgericht - LSG - (Urteil des Bayerischen LSG vom 12.1.1977) hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klägerin sei, wenn sie die Grenzen ihres Ermessens nicht habe überschreiten wollen (§ 184 RVO aF), verpflichtet gewesen, ihrem Versicherten Krankenhauspflege zu gewähren (BSGE 9, 112, 123 f; 13, 134, 139; 16, 177 f). Hingegen sei der Anspruch gegen den Versorgungsträger auf Krankenhausbehandlung (§ 10 Abs 2 BVG, § 11 Abs 1 Nr 4 BVG aF = § 11 Abs 1 Nr 5 BVG nF) ausgeschlossen gewesen, weil der Sozialversicherungsträger zur entsprechenden Leistung verpflichtet gewesen sei (§ 10 Abs 5 BVG aF). Daß die Krankenhauspflege in der fraglichen Zeit schon wegen der Nichtschädigungsfolgen (Entzündungsvorgänge im Atmungstrakt, Rechtsherzüberlastung im Sinne eines cor pulmonale) erforderlich gewesen sei, hat das LSG einmal der Einweisungsdiagnose der behandelnden Ärztin Dr. G entnommen. Sie hatte den Subileus nicht erwähnt. Zum anderen hat das LSG das Ergebnis aus der Bekundung des Internisten Dr. H gefolgert, der erklärt hatte, der Beschädigte wäre, wenn er nur wegen seiner Kriegsleiden behandelt worden wäre, drei bis vier Tage früher aus dem Krankenhaus entlassen worden. Außerdem hat das Berufungsgericht seine Feststellung durch die Darstellung des Sachverständigen Dr. F bestätigt gesehen. Dieser Sachverständige hatte sich zur Art der Behandlung und zu dem Verlauf des Herzleidens bis zum Tod des Beschädigten geäußert. Er war zu dem Schluß gekommen, daß sowohl die Schädigungsleiden als auch die anderen Gesundheitsstörungen die stationäre Behandlung verlangt hätten; allerdings hätten letztere in ihrer Wertigkeit im Vordergrund gestanden; wegen der Unterleibsbeschwerden würde eine 14-tägige Krankenhausbehandlung ausgereicht haben. Als Resultat der Beweisaufnahme hat das LSG festgehalten, die Subileus-Erscheinungen und die Herzinsuffizienz hätten in keiner ursächlichen Beziehung zueinander gestanden, namentlich nicht im Verhältnis von Grundleiden und nachfolgender Krankheit. Bei dieser Sachlage - so das LSG - komme es nicht auf das Gewicht des einen oder des anderen Leidens an. Ausschlaggebend sei, daß die nicht durch den Wehrdienst bedingten gesundheitlichen Veränderungen allein die Krankenhauspflege nötig gemacht hätten. Durch die gleichzeitige Behandlung der Schädigungsfolgen seien der Klägerin keine zusätzlichen Auslagen erwachsen. Sie habe die Krankenhausleistungen mit der Tagespauschale von 41,- DM abgegolten. Für die letzten 3 bis 4 Tage seien dafür überhaupt nur die Nichtschädigungsleiden Anlaß gewesen. - Das LSG hat die Revision zur Beantwortung der Frage zugelassen, was in bezug auf den Ersatzanspruch zu gelten habe, wenn der Krankenhausaufenthalt nebenher auch der Behandlung von Schädigungsfolgen gedient habe.

Die Klägerin hat das Rechtsmittel eingelegt. Sie tritt der Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil entgegen. Ihres Erachtens waren die Auswirkungen des Bauchschusses und der Subileus die auslösenden Momente für den gesamten stationären Aufenthalt. Das LSG habe dem von der behandelnden Ärztin vermerkten Einweisungsgrund und der Verlängerung der Krankenhauspflege um 3 bis 4 Tage wegen anderer als dem Kriegsleiden eine ungerechtfertigte Bedeutung beigemessen. Demgegenüber hätte das Berufungsgericht den therapeutischen Maßnahmen, die nach der Schilderung des Dr. H während des stationären Aufenthalts ergriffen worden seien, entnehmen müssen, daß die Behandlung wegen der Schädigungsfolgen eingeleitet worden sei. Die Diät-Behandlung wegen des Diabetes habe erst nach Tagen und die Versorgung mit Herzmitteln noch später eingesetzt; Linderungsmittel gegen die aus dem Bauchraum stammenden Schmerzen seien aber als erste und während der ganzen Behandlungsdauer verabreicht worden. - Rechtlich, meint die Klägerin, komme es bloß auf die Faktoren an, die den Krankenhausaufenthalt ausgelöst hätten. Infolgedessen sei unerheblich, daß sowohl die Schädigungsfolgen als auch andere Krankheiten die stationäre Pflege als geboten hätten erscheinen lassen. Aber auch dann, wenn man dieser Auffassung nicht beitrete, sei es nicht richtig, daß die Krankenkasse allein für die Kosten im Betrage des pauschalen Pflegesatzes einzustehen habe. Eine prozentuale Beteiligung des Versorgungsträgers sei angebracht (vgl BSGE 5.4.1974 SozR 3100 § 19 Nr 1).

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung von 1.930,- DM an die Klägerin zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die erhobene Forderung auf Ersatz der Aufwendungen für die Krankenhauspflege des versicherten Beschädigten Z. ist nicht begründet. Dieser Anspruch hätte, wenn er bestünde, seine Stütze in § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der zur Zeit der Entstehung des Anspruchs geltenden Fassung vom 20. Januar 1967 (BGBl I, 141), 27. Februar 1969 (BGBl I, 157) - BVG aF -. Von dieser Rechtsgrundlage ist auszugehen, weil die gewährte Krankenhauspflege eine Heilbehandlung war, die von der klagenden Krankenkasse sowohl nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 182 Abs 1 Nr 1, Abs 2, § 184 RVO; BSGE 9, 112, 123 f; 13, 134, 139; 16, 177, 178 uö) als auch nach dem BVG (§ 18 c Abs 2, § 10 Absätze 1 und 2, § 11 Abs 1 Nr 4 BVG aF) zu bewirken war. Die Doppelfunktion der Krankenkasse, in der sie nicht nur als Träger der Krankenversicherung tätig werden mußte, sondern auch anstelle der Versorgungsverwaltung eigenverantwortlich die Heil- und Krankenbehandlung "durchzuführen" hatte, trifft indessen nur für einen Teil der stationär behandelten Leiden - Unterleibsbeschwerden nach einem Bauchdurchschuß und nach mehreren Bauchoperationen - zu. Nur in bezug auf diese Leiden war der Ursachenzusammenhang mit einer Schädigung iS des § 1 Abs 1 BVG und damit das Recht auf Versorgung anerkannt. Dagegen war für die Krankenhilfe wegen der anderen, davon unabhängigen Befunde - Herzinsuffizienz und Entzündungsvorgänge im Atmungstrakt - die Klägerin zur Leistung allein verantwortlich. Die Krankenhausbehandlung fand gleichzeitig wegen beider Erkrankungskomplexe statt. Es lag also ein Fall einer "Mitbehandlung" vor.

Dies hat das LSG tatsächlich bindend und rechtlich irrtumsfrei festgestellt. Die gegen diese Feststellung gerichteten Revisionsangriffe sind nicht gerechtfertigt. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind für Entstehung, Begründung und Ausmaß des Ersatzanspruchs nach § 19 Abs 1 Satz 1 BVG nicht der erste und vorläufig in Erscheinung getretene äußere Anlaß zur Krankenhauspflege sowie die ärztliche Einweisungsdiagnose, sondern der endgültige Grund der Sachleistung maßgebend. Erst mit dieser Leistung ist der Sachverhalt abgeschlossen, der die Ausgleichsforderung der Krankenkasse hervorruft (vgl für den ähnlichen Tatbestand des § 18 c Abs 6 Satz 2 BVG nF: BSG SozR 3100 § 18 c Nr 2). Soweit die Revision das Berufungsurteil in tatsächlicher Hinsicht beanstandet, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung durch das LSG. Dabei begnügt sie sich mit einer Gegendarstellung des Sachverhalts, ohne jedoch darzutun, inwiefern das Berufungsgericht die Grenzen, die seiner Überzeugungsbildung gesetzt sind, überschritten haben könnte. Um die Urteilserwägungen zu erschüttern, hätte die Revision substantiiert erläutern müssen, daß und in welcher Beziehung die Folgerungen aus den erhobenen Beweisen mit der Art der ärztlichen Betreuung und dem Ablauf des Behandlungsgeschehens unvereinbar sind. An diesem Erfordernis lassen es die Revisionsausführungen fehlen.

Sonach ist in der Streitsache davon auszugehen, daß der Krankenhausaufenthalt aus Anlaß nichtschädigungsbedingter Erkrankung nötig war und außerdem - "nebenher" - auch der Behandlung von Schädigungsfolgen diente (im Hinblick auf eine solche Gegebenheit ist die Bejahung der Frage des Kostenersatzes in BSGE 23, 52, 55 offengeblieben). Dieser Fall der "Mitbehandlung" (zum Begriff im übrigen: Verwaltungsvorschrift Nr 4 zu § 10 BVG) ist dem § 19 Abs 1 Satz 1 BVG unterzuordnen. Das erscheint indessen auf den ersten Blick nicht als selbstverständlich. Im Vordergrund der erwähnten Gesetzesbestimmung steht die Abgeltung von Sachleistungen, welche eine Krankenkasse ihrem Mitglied wegen Schädigungsfolgen erbringt. Nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung wird dabei die Frage des Ursachenzusammenhangs der Krankheit mit einem bestimmten Ereignis nicht gestellt. Deshalb und weil die Krankenkasse zunächst einmal tätig werden - "vorleisten" - muß, ergibt sich, wenn die Kausalität mit einem schädigenden Vorgang im versorgungsrechtlichen Sinne feststeht, die Pflicht des Versorgungsträgers zur Kostenvergütung. Dies ist Inhalt der Regelung des § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG (ebenso wie die des Abs 2 aaO). Denn der Versorgungsträger haftet für die Leistung bei Schädigungsfolgen primär, und zwar in Höhe des vollen Kostenersatzes (BT-Drucksachen IV/1305 S. 16 zu Nr 9; IV/1831 S. 4 zu Nr 15; BSGE 31, 294, 295). "Wenn und soweit" es jedoch um andere - nichtschädigungsbedingte - Tatbestände geht, ist der Versorgungsträger nur unter bestimmten Voraussetzungen, zB gegenüber Schwerbeschädigten, und bloß hilfs- und ersatzweise Anspruchsschuldner (insbesondere § 10 Abs 5 BVG aF). Mit Rücksicht auf diese Zuordnung von Lasten hat das Bundessozialgericht (BSG) selbst dort, wo Leistungen von einer Stelle als ein einheitliches Ganzes zu gewähren waren (zB Sonderanfertigungen von Brillen) eine Verteilung der Kosten auf mehrere Verwaltungsträger für richtig gehalten (BSG SozR 3100 § 19 Nr 1; SozR 3100 § 19 Nr 4; Urteil vom 4.5.1977 - 9 RV 68/76). Dabei hat sich das BSG von einer Verrechnungsweise leiten lassen, die auf eine sachlich und rechnerisch abzugrenzende Teilbarkeit der einheitlichen Sachleistung abstellt. Hingegen hat es - ebenso wie in dieser Sache das LSG - den finanziellen Ausgleich nach dem Kausalitätsprinzip für unzutreffend erklärt. Es wird also nicht derjenige Leistungsträger mit der Gesamtfinanzierung belastet, dessen Leistungspflicht überwiegt (BSG SozR 3100 § 19 Nr 4). Dieser Gesichtspunkt scheidet als Schlüssel für die Lastenaufteilung in einem Falle aus, in dem Schädigungsfolgen und andere Krankheiten in derselben Zeit nebeneinander, aber voneinander zusammenhangslos mit gleichartigen Heilmaßnahmen angegangen wurden. Es hat auch unter den beteiligten Leistungsträgern keine Kostenumlage etwa zu gleichen Anteilen stattzufinden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung die Richtlinie entwickelt worden, daß die auf einen anderen Verantwortlichen abzuwälzenden Auslagen jeweils konkret bestimmt sein müssen.

Allein die durch die Behandlung von Schädigungsfolgen tatsächlich verursachten und im einzelnen nachweisbaren Ausgaben können Gegenstand des Ersatzanspruchs nach § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG sein. Davon kann beispielsweise nicht die Rede sein, wenn durch eine pauschale Gesamtvergütung spezielle Heilbehandlungen mit abgegolten wurden, für die ein zusätzliches, der Zahl nach zu bestimmendes Vermögensopfer nicht erbracht wurde (BSGE 31, 294, 297 f).

Ferner läßt sich nicht dem § 19 Abs 4 BVG entnehmen, daß die Gesamtheit oder ein Teil der Auslagen dem Versorgungsträger aufzubürden wären. Diese Vorschrift ordnet die Rückvergütung einer Geldzahlung an, weil eine Heilbehandlung zu Unrecht gewährt worden war. Dieser Tatbestand ist hier nicht gegeben und mit dem gegenwärtig zu beurteilenden Sachverhalt auch nicht vergleichbar.

Die Lösung folgt vielmehr aus § 19 Abs 1 Satz 1 BVG. Diese Gesetzesnorm knüpft nicht nur an die Heilbehandlung wegen derjenigen Krankheit an, die sowohl Versicherungsfall der gesetzlichen Krankenversicherung als auch Schädigungsfolge iS des BVG ist, sondern sie betrifft nach ihrem Wortlaut und ihrem Sinn auch den Fall der Duplizität, nämlich der einer stationären Behandlung wegen eines Kriegsleidens und einer anderen - zweiten - selbständigen Erkrankung. Mit dieser Vorschrift wird, abgesehen von der hier nicht eingreifenden Bestimmung des § 20 BVG, die finanzielle Abwicklung des gesetzlichen Auftragsverhältnisses zwischen Krankenkasse und Versorgungsträger abschließend und erschöpfend normiert. Daneben ist für eine Anwendung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatz- oder Erstattungsanspruchs ebensowenig Raum (BSG 5.4.1974 - 9 RV 80/73, VersorgB, 74, 107) wie für einen Ausgleichsanspruch unter Gesamtschuldnern entsprechend § 426 Abs 2 BVG (SozR 2200 § 539 Nr 13).

Für den mithin nach § 19 Abs 1 Sätze 1 und 2 BVG zu beurteilenden Ersatzanspruch ist ausschlaggebend, ob die Klägerin im Interesse des Beklagten und für ihn zum Zweck der Krankenhauspflege einen im einzelnen effektiv faßbaren Geldbetrag hingegeben hat (BSGE 31, 294, 295). Dieses Tatbestandserfordernis entspricht dem Begriff "Aufwendungen". Dieser Begriff ist zwar gesetzlich nicht definiert, aber in seinen wesentlichen Grundzügen umschrieben (vgl ua § 256 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) und wird als freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten für die Interessen eines anderen verstanden (BGHZ 59, 328, 329 f). Beträge, die von der Klägerin für Belange der Kriegsopferversorgung gezahlt worden und von Ausgaben zur Erfüllung ihrer eigenen Verpflichtungen real zu unterscheiden wären, sind nach den insoweit von der Revision angegriffenen Feststellungen des LSG nicht zu ermitteln. Mit den Auslagen in Höhe des pauschalen Krankenhauspflegesatzes befriedigte die Klägerin als Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung ihre eigene Schuld; damit nahm sie eine ihr originär und primär obliegende Aufgabe wahr. Daß sie hierbei zugleich, und zwar wie zufällig, auch einen versorgungsrechtlichen Auftrag erledigte, hat demgegenüber keine Bedeutung, weil ihr deswegen keine separaten Unkosten erwuchsen.

Freilich hatte der Versorgungsträger seinen Nutzen davon, daß die Klägerin sein "Geschäft" mitbesorgte. Ein solches Ergebnis widerstreitet aber nicht schlechthin der Vorschrift des § 19 Abs 1 Satz 1 BVG. Dies verdeutlicht ein Vergleich mit § 20 BVG. Dort ist der Ersatz eines entsprechenden Anteils an den Verwaltungskosten ausdrücklich vorgesehen. § 19 BVG enthält hingegen eine solche Anordnung nicht, schließt also eine "unentgeltliche" Zuwendung an den Versorgungsträger nicht aus (BSGE 31, 295). Der Grundsatz der "vollen Kostenerstattung", der im geltenden Recht durch § 19 Abs 1 Satz 1 BVG nicht schlechthin für die entstandenen Kosten ausgesprochen, sondern - einschränkend - in bezug auf bestimmte Aufwendungen für die Behandlung anerkannter Schädigungsfolgen angeordnet ist, erschien selbst in dieser Form dem Gesetzgeber keineswegs immer schon geboten. Der angeführte Grundsatz ist im wesentlichen in der gegenwärtigen Gestalt erst seit dem 2. Neuordnungsgesetz vom 21. Februar 1964 (BGBl I, 85) verwirklicht (BT-Drucks IV/1305 S. 16; IV/1831, S. 4). Vorher war das Ersatzrecht der Krankenkasse zeitlich befristet und dem Umfange nach eingeengt. Bei Heilanstaltspflege standen den Krankenkassen lediglich 3/4 der entstandenen Krankenhauskosten zu (so noch § 19 Abs 1 Satz 1, Abs 3 Satz 1 idF des ersten Neuordnungsgesetzes vom 27.6.1960, BGBl I, 453). Eine solche Drosselung der Ersatzforderung entspricht der Interessenlage, denn die versorgungsrechtlich "beauftragte" Krankenkasse wird in den in Betracht kommenden Fällen stets auch aus der ihr angestammten Zuständigkeit heraus tätig.

Nach allem erscheint es gerechtfertigt, den geltend gemachten Anspruch zu verneinen. Das Berufungsurteil ist richtig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Absätze 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1651342

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