Tatbestand
I
Streitig ist zwischen den Beteiligten, in welcher Höhe dem Kläger Übergangsgeld während der Arbeitslosigkeit im Anschluß an eine erfolgreich abgeschlossene Maßnahme der beruflichen Rehabilitation gemäß § 1241 e Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zu gewähren ist.
Im Rahmen der berufsfördernden Rehabilitation ließ die Beklagte den Kläger vom 3. August 1981 bis zum 5. Juli 1983 zum Fachangestellten der Sozialversicherung umschulen. Für diese Zeit gewährte sie ihm Übergangsgeld, das zuletzt entsprechend dem Bescheid vom 15. März 1983 in Höhe von 62,11 DM kalendertäglich gezahlt wurde. Nach erfolgreich beendeter Maßnahme meldete sich der Kläger beim Arbeitsamt als arbeitsuchend und beantragte bei der Beklagten, ihm das Übergangsgeld für die Dauer der Arbeitslosigkeit weiterzugewähren. Diese bewilligte ihm mit Bescheid vom 15. Juli 1983 Übergangsgeld für die Zeit vom 6. Juli bis einschließlich 16. August 1983 in Höhe von 42,24 DM täglich. Der dagegen gerichtete Widerspruch des Klägers wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 1983).
Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 1. Juni 1984): Für die Dauer der Arbeitslosigkeit stehe dem Kläger das bisherige Übergangsgeld von 62,11 DM nur noch gemäß § 1241 e Abs. 3 RVO i.d.F. des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung (Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz - AFKG -) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) in Höhe von 68 v.H. (= 42,24 DM) zu. Von der Übergangsregelung des Art. 4 § 2 AFKG werde das streitige Übergangsgeld des Klägers nicht erfaßt, weil sein diesbezüglicher Anspruch erst nach dem Inkrafttreten des AFKG entstanden sei.
Der Kläger hat dieses Urteil mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision angefochten. Er rügt eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung des § 1241 e Abs. 3 RVO und des Art. 4 § 2 AFKG.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil sowie den Bescheid der Beklagten vom 15. Juli 1983 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 1983 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Übergangsgeld für die Zeit vom 6. Juli bis zum 16. August 1983 in der bisherigen Höhe von 62,11 DM weiterzuzahlen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
II
Die zulässige Sprungrevision des Klägers ist begründet. Ihm steht für die streitige Zeit das Übergangsgeld in der bisherigen Höhe zu, in der es ihm zuletzt während der Umschulung gewährt worden ist.
Einem vom Träger der Rehabilitation Betreuten, der im Anschluß an eine abgeschlossene berufsfördernde Maßnahme arbeitslos ist, wird nach § 1241 e Abs. 3 Satz 1 RVO Übergangsgeld während der Arbeitslosigkeit bis zu sechs Wochen weitergewährt, wenn er sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet hat und zur beruflichen Eingliederung zur Verfügung steht. Zwischen den Beteiligten herrscht kein Streit darüber, daß der Kläger diese Voraussetzungen ab 6. Juli 1983 erfüllt hat. Insoweit greift er den ihm das Übergangsgeld bewilligenden Bescheid vom 15. Juli 1983 nicht an. Vor dem Inkrafttreten des AFKG an 1, Januar 1982 (Art. 18 des Gesetzes) betrug das Übergangsgeld auch während der Arbeitslosigkeit 80 v.H. der Berechnungsgrundlage, die für die Zeit maßgebend war, in der die berufsfördernde Maßnahme zur Rehabilitation durchgeführt worden ist (§ 1241 b Abs. 1 i.V.m. §§ 1241 Abs. 1, 2 und 4, 1241 a RVO). Durch Art 4 § 1 Nr. 25 AFKG ist in § 1241 e Abs. RVO das Wort "das" vor "Übergangsgeld" gestrichen und Satz 2 angefügt worden, wonach bei anschließender Arbeitslosigkeit sich das Übergangsgeld nunmehr auf 68 v.H. des sich aus den §§ 1241 Abs. 1, 2 und 4, 1241a, 1241 c RVO ergebenden Betrages beläuft.
Als dem Kläger mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Juli 1983 das Übergangsgeld für die sechs Wochen der Arbeitslosigkeit gewährt wurde, galt § 1241 e Abs. 3 RVO bereits in der Fassung des AFKG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind grundsätzlich Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche entsprechend dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes gegolten hat, sofern nicht das neue Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt (vgl. BSG in SozR 4150 Art 4 § 2 Nr. 1 m.w.N.). Eine Fortgeltung des alten Rechts hat der Gesetzgeber hier in der Übergangsregelung des Art 4 § 2 AFKG angeordnet. Nach dessen Satz 1 ist § 1241 e Abs. 3 RVO in der bis zum 31. Dezember 1981 geltenden Fassung weiter anzuwenden, wenn der Betreute vor dem 1. Januar 1982 in eine Maßnahme eingetreten ist und ihm Leistungen ohne Hinweis auf die Änderungen des AFKG bewilligt worden sind oder er vor dem 2. September 1981 in eine Maßnahme eingetreten ist und Leistungen beantragt hat.
Schon nach dem Wortlaut dieser Übergangsregelung steht dem Kläger das Übergangsgeld für die streitige Zeit nach Maßgabe der vor dem 1. Januar 1982 geltenden Vorschriften zu: Er ist vor den genannten Stichtagen, dem 1. Januar 1982 und dem 2. September 1981, "in eine Maßnahme eingetreten", nämlich am 3. August 1981, als die Umschulung zum Fachangestellten der Sozialversicherung begann. Die Beklagte geht im Falle des Klägers von zwei Maßnahmen aus. Sie meint, zunächst habe er sich neue Kenntnisse und Fähigkeiten aneignen müssen und sodann sei es darum gegangen, ihm einen geeigneten Arbeitsplatz zu vermitteln. Zwar entsteht der an die Maßnahme zur Rehabilitation geknüpfte Anspruch auf Übergangsgeld sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach mit jeder Maßnahme neu und endet damit jeweils (so BSG, Urteil vom 9. Mai 1984 - 4 RJ 65/83 -). Unter einer Maßnahme i.S. des Art 4 § 2 AFKG kann aber nur die eigentliche Umschulung des Klägers als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation (§ 1237 a Abs. 1 Nr. 3 RVO) verstanden werden. § 1241 e Abs. 3 RVO setzt eine abgeschlossene Maßnahme voraus. Die daran geknüpfte Folge, daß Übergangsgeld unter bestimmten Voraussetzungen weitergewährt wird, schließt eine eigene, neue Maßnahme aus, denn beim Übergangsgeld handelt es sich nur um eine ergänzende, unselbständige Leistung (§ 1237b Abs. 1 Nr. 1 RVO, § 12 Nr. 1 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation - RehaAnglG -). Auf Übergangsgeld besteht folglich nur Anspruch, wenn eine medizinische oder eine berufliche Rehabilitation durchgeführt wird (vgl. BSG in SozR 2200 § 1237 Nr. 9) oder ausnahmsweise im Anschluß daran unter den Voraussetzungen des § 1241 e RVO. Im Rahmen der Rehabilitation werden unter Maßnahmen die Veranstaltungen verstanden, an denen der Behinderte auf Veranlassung und Kosten des Trägers der Rehabilitation teilnimmt, hingegen unter Leistungen alle im einzelnen gewährten Hilfen, u.a. Geldleistungen, die während und im Anschluß an eine Maßnahme gewährt werden (so der 4. Senat des BSG in SozR 2200 § 1241 e Nr. 8 unter Hinweis auf die Begründung des Regierungsentwurfs zum RehaAnglG, BT-Drucks. 7/1237 S 54; vgl. auch BSG, a.a.O. Nr. 12).
Die Übergangsregelung erfordert in Art. 4 § 2 Satz 1 AFKG für die Weitergeltung des bisherigen Rechts zusätzlich Leistungen, die bewilligt oder beantragt sind. Damit kann nicht speziell das Übergangsgeld des § 1241 e Abs. 3 RVO gemeint sein. Sind mehrere Leistungen nacheinander gewährt worden, wie hier zunächst das Übergangsgeld während der Maßnahme und dann dasjenige während der anschließenden Arbeitslosigkeit, so muß es auf die erste Leistung ankommen. Das folgt daraus, daß in der genannten Übergangsregelung unbestimmt von Leistungen gesprochen wird, die durch das Wort "und" mit der konkreten Maßnahme verknüpft sind, in die der Betreute eingetreten ist. Das Anschluß-Übergangsgeld des § 1241 e Abs. 3 Satz 1 RVO wird nach beendeter Maßnahme "weitergewährt". Die Stichtage 1. Januar 1982 und 2. September 1981 gelten einheitlich für Maßnahme und Leistung. Weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des Art 4 § 2 AFKG geben eine Handhabe, die Folgeleistung des Anschluß-Übergangsgeldes für sich allein an die Stichtage zu knüpfen. In dieser seiner Auffassung sieht sich der Senat durch die Begründung zum Entwurf des AFKG bestärkt (BT-Drucks. 9/846 S. 51). Danach soll die Übergangsregelung sicherstellen, daß für Leistungszeiträume, in die der Tag des Inkrafttretens des Gesetzes fällt, hinsichtlich des Leistungsumfangs nicht zweierlei Recht gilt, sofern der Träger der Rehabilitation nicht ausdrücklich auf die bevorstehende Gesetzesänderung hinweist.
Das Ubergangsgeld des § 1241 e Abs. 3 RVO wird längstens für die Dauer von sechs Wochen weitergewährt. Folgt man der Auffassung des SG und der Beklagten, so würde die Übergangsregelung nur einen Zeitraum von weniger als sechs Wochen nach dem 1. Januar 1982 betreffen. Wäre das erwähnte Anschluß-Übergangsgeld als eigene Maßnahme i.S. des Art 4 § 2 Satz 1 AFKG zu charakterisieren, so käme die Fortgeltung alten Rechts lediglich für die Zeit in Betracht, die von der vorher begonnenen Arbeitslosigkeit von insgesamt sechs Wochen Dauer auf die Zeit ab 1. Januar 1982 entfiele. Für eine derart begrenzte Anzahl von Fällen hätte der Gesetzgeber kaum eine derartige Übergangsregelung vorgesehen. Der dann eng umgrenzte Zeitraum hätte es als unzweckmäßig erscheinen lassen, für Zahlungen von weniger als sechs Wochen Dauer unterschiedliche Berechnungen für die Zeiträume vor und nach dem 1. Januar 1982 vorzuschreiben. Auch dies spricht dafür, die Leistungen, die an die konkrete berufsfördernde Maßnahme geknüpft sind, hier als Einheit anzusehen. Übergangsgeld im Zusammenhang mit der Umschulung ist vom Kläger indes bereits vor dem 3. August 1181 beantragt und von da ab bewilligt worden.
Zur Höhe der Leistungen für die Zeit nach dem 31. Dezember 1981 bestimmt Art. 4 § 2 Satz 2 AFKG die weitere Anwendung des § 1241 e Abs. 3 RVO mit der Maßgabe, daß die Höhe nach der ab 1. Januar 1982 geltenden Fassung festzusetzen ist, wenn der Betreute vor diesem Tag in eine Maßnahme eingetreten ist und ihm Leistungen mit einem Hinweis auf die Gesetzesänderung bewilligt wurden (Buchst. a), er die Leistungen beantragt hat und diese ihm aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grund vor dem erwähnten Stichtag nicht bewilligt wurden (Buchst. b), dem Betreuten die Leistungen zwar vorher zuerkannt wurden, er aber erst nach dem 31. Dezember 1981 in eine Maßnahme eintritt (Buchst. c). Da sämtliche dieser in der Übergangsregelung enthaltenen Ausnahmen hier nicht erfüllt sind, bleibt es bei der vom Gesetzgeber für alle anderen Fälle angeordneten Weitergeltung des bisherigen Rechts (vgl. BSG in SozR 4150 Art 1 § 2 Nr. 1).
Auf die somit begründete Sprungrevision des Klägers mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Beklagte verurteilt werden, dem Kläger das während der Umschulungsmaßnahme bezogene höhere Übergangsgeld für die Dauer der Arbeitslosigkeit bis zu sechs Wochen weiterzugewähren (§ 170 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.5b RJ 58/84
Bundessozialgericht
Verkündet am
14. März 1985
in dem Rechtsstreit
Kläger und Revisionskläger,
Prozeßbevollmächtigte:
gegen
Beklagte und Revisionsbeklagte.
Der 5b Senat des Bundessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 1985 für Recht erkannt:
Auf die Sprungrevision des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 1. Juni 1984 aufgehoben.
Unter Abänderung ihres Bescheides vom 15. Juli 1983 und des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 1983 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger das Übergangsgeld für die Zeit vom 6. Juli bis einschließlich 16. August 1983 in Höhe von 62,11 DM täglich weiterzugewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Fundstellen