Beteiligte
Klägerin und Revisionsklägerin |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 10. Mai 1982 gegenüber dem arbeitslosen Kurt Sch… den Eintritt einer Sperrzeit vom 6. April bis 31. Mai 1982 fest; gleichzeitig hob sie die Arbeitslosengeld-Bewilligung für diese Zeit auf. Am 21. Mai 1982 erlitt Sch… einen Verkehrsunfall, infolgedessen er bis zum 21. Juli 1982 arbeitsunfähig krank war.
Die Klägerin, bei der Sch… gegen Krankheit versichert ist, verlangt von der Beklagten 837,-- DM an Ersatz für Krankengeld, das sie in der Zelt vom 1. Juni bis 1. Juli 1982 (werktäglich 31,-- DM) geleistet hat mit der Begründung, die Beklagte hätte in dieser Zeit gemäß § 105b Arbeitsförderungsgesetz (AFG) Arbeitslosengeld (Alg.) gewähren müssen. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. Juli 1983). Die vom SG zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 20. März 1984).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ausgeführt, Sch… sei nicht notwendig beizuladen, weil ihm ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits fehle. Es handele sich um eine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), als deren Grundlage nach Streichung des § 43 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) § 102 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X) in Betracht komme; diese sei jedoch unbegründet. Die Fortzahlung des Alg. nach § 105b AFG setze voraus, daß Alg. bezogen, d.h. tatsächlich ausgezahlt werde. So werde für den Bezug i.S. des § 155 Abs. 1 AFG gefordert, daß ein Anspruch bestehe oder die Leistung tatsächlich gezahlt werde. Ein Bezug liege daher nicht vor, wenn der Anspruch auf Alg. während der Sperrzeit ruhe und deshalb eine Zahlung nicht erfolge. Die Vorschrift, der zufolge für die 5. bis 8. Woche einer Sperrzeit die Leistung als bezogen gelte (§ 155 Abs. 2 Satz 2 AFG), die erst seit dem 1. Januar 1982 gelte, beschränke sich auf die Krankenversicherung und lasse sich im Rahmen des § 105b AFG nicht entsprechend anwenden. Dagegen spreche schon der Zweck des § 105b AFG, wonach bei Krankheiten von weniger als sechs Wochen ein Wechsel des Sozialleistungsträgers nicht eintreten solle. Da nämlich die Beklagte eine laufende Leistung nicht gewähre, trete bei Aufnahme der Krankengeldzahlung ein Wechsel des Sozialleistungsträgers überhaupt nicht ein.
Die Klägerin rügt mit der Revision eine Verletzung des § 105b AFG. Sie macht geltend, es treffe nicht zu, daß unter Bezug i.S. des § 105b AFG nur die tatsächliche Auszahlung der Leistung zu verstehen sei; selbst die Beklagte gehe davon aus, daß die Zubilligung der Leistung ausreiche (vgl. DBl BA RdErl 301/80 vom 5. Dezember 1980). Das LSG widerspreche seiner eigenen Aussage, wenn es anschließend ausführe, daß Bezug i.S. des § 155 AFG bedeute, daß ein Anspruch auf die Leistung bestehe. Der zuerkannte Anspruch auf Alg. bestehe auch während des Ruhenszeitraums, da das Ruhen das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach voraussetze. Bestehe der Leistungsanspruch während des Ruhens, liege Bezug von Alg. während des Ruhenszeitraums vor. Diese Interpretation entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 105b AFG. Das LSG sehe diesen Zweck zu eng, wenn es ausführe, daß in Fällen wie dem vorliegenden kein Wechsel des Sozialleistungsträgers eintrete, wenn die Krankenkasse die Krankengeldzahlung aufnehme. Dabei werde übersehen, daß nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit, die in vielen Fällen kürzer als sechs Wochen dauern werde, ein Wechsel der Leistungsträger eintreten müsse. Es laufe dem Sinne des Gesetzes zuwider, den Versicherten in einem Falle wie hier zunächst an die Krankenkasse und erst nach seiner Genesung wieder an das Arbeitsamt zu verweisen. Zu berücksichtigen sei ferner, daß mit der Einführung des § 105b AFG auch § 157 Abs. 2 AFG geändert worden sei, so daß nunmehr der Beitragsberechnung in der Krankenversicherung der Arbeitslosen die niedrigeren Beiträge für Versicherte, die für sechs Wochen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben, zugrundezulegen seien. Dieser Beitragssatz berücksichtige, daß die Krankenkasse durch die Lohnfortzahlung entlastet werde. Der Entlastungsgedanke sei bei der Auslegung des § 105b AFG zu beachten. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit sei mithin vorrangig die Bundesanstalt für Arbeit vor den Krankenkassen leistungspflichtig. Der Entlastungsgedanke sei auch deshalb zu berücksichtigen, weil die Einführung des § 105b AFG nicht zu einer Entlastung der Krankenkassen, sondern vielmehr zu einer Belastung geführt habe. Zu verlangen sei daher, daß durch § 105b AFG für die Kassen die gleiche Entlastung wie durch die Vorschriften über die Lohnfortzahlung eintrete, da Beitrags- und Leistungsseite sich entsprechen müßten; im Rahmen der Lohnfortzahlung sei aber anerkannt, daß der Lohn auch dann fortzuzahlen sei, wenn die Arbeitsunfähigkeit während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei.
Die Klägerin beantragt, die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 837,-DM zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und führt ergänzend aus, daß nach dem Urteil des erkennenden Senats vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83 - unter Bezug nicht nur die tatsächliche Zahlung von Alg., sondern auch das Fortbestehen des Anspruchs im Moment der Arbeitsunfähigkeit und dessen Realisierbarkeit zu verstehen sei. Zwar bestehe während der Sperrzeit ein Anspruch auf Alg. dem Grunde nach; der Versicherte könne jedoch zu keinem Zeitpunkt Zahlung verlangen, da der Anspruch ruhe. Sch… sei also nicht, wie dies nach § 105b AFG erforderlich sei, während des Bezuges von Alg. arbeitsunfähig krank geworden. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 105b AFG. Grund für die Einführung der Vorschrift sei gewesen, dem Bezieher von Lohnersatzleistungen einen Wechsel des Leistungsträgers bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu ersparen; vor einem späteren Wechsel habe er nicht geschützt werden sollen. Da der Versicherte bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit keine Leistungen bezogen habe, habe kein Wechsel der Leistungsträgerschaft angestanden. Der Auffassung der Revision, durch die Einführung des § 105b AFG hätten auch die Krankenkassen durch die Leistungsfortzahlung der Arbeitsämter entlastet werden sollen, sei so nicht zu folgen. Zwar hätten sich bei den Krankenkassen dadurch Einsparungen ergeben, diese seien jedoch nur Folge nicht Grund der Gesetzesänderung gewesen; mittelfristig sei nur eine Entlastung der Bundesanstalt und des Bundeshaushalts geplant gewesen (vgl. BT-Drucks 7/5849 S. 21). Mithin sei der von der Klägerin angesprochene Entlastungsgedanke kein Gesichtspunkt bei der Auslegung des § 105b AFG.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Einer sachlich-rechtlichen Entscheidung über den von der Klägerin zutreffend mit der Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG geltend gemachten Erstattungsanspruch durch den Senat steht nicht entgegen, daß Sch… zu dem Rechtsstreit nicht beigeladen worden ist. Daß und warum der Versicherte nicht gemäß § 75 Abs. 2 SGG notwendig zu dem Rechtsstreit beizuladen ist, in dem die Krankenkasse von der Beklagten die Erstattung des dem Versicherten gewährten Krankengeldes verlangte weil die Beklagte für die gleiche Zeit Alg. hätte gewähren müssen, hat der Senat in seinem zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteil vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83 - näher ausgeführt; auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen.
Ob der Klägerin ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zusteht, richtet sich, wie das LSG zutreffend erkannt hat, nach den durch Art. I des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl I 1450)eingeführten und mit Wirkung vom 1. Juli 1983 in Kraft getretenen §§ 102ff. SGB X, durch die der Gesetzgeber die Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander neu geregelt hat. Nach Art. II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 sind bereits begonnene Verfahren nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Damit sind auch noch nicht zu Ende geführte Gerichtsverfahren erfaßt worden, in denen Leistungsträger Erstattungsansprüche geltend machen, wie das Bundessozialgericht (BSG) wiederholt entschieden hat (BSGE 56, 69, 70f. = SozR 1300 Art. II § 21 Nr. 1; vgl. ferner die zur Veröffentlichung vorgesehenen Urteile vom 28. März 1984 - 9a RV 50/82 -, 22. Mai 1984 - 8 RK 45/83 -, 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83 - und 15. November 1984 - 7 RAr 52/84 -).
Allerdings kommt nach den vom LSG getroffenen Feststellungen entgegen dessen Auffassung als Anspruchsgrundlage nicht § 102 SGB X in Betracht. Dieser Erstattungsanspruch, der sich dadurch auszeichnet, daß sich der Umfang der Erstattung nach dem Recht des vorleistenden Leistungsträgers richtet, setzt voraus, daß der vorleistende Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Das LSG hat jedoch weder festgestellt, daß die Klägerin das Krankengeld dem Sch… nur vorläufig geleistet hat, noch ist ersichtlich, aufgrund welcher gesetzlicher Vorschriften die Klägerin befugt gewesen wäre, sich auf vorläufige Leistungen zu beschränken; denn nach dem Recht der Krankenversicherung der Arbeitslosen war die Klägerin zu einer dem Sch… gegenüber endgültigen Gewährung von Krankengeld verpflichtet, und zwar unabhängig von der Frage, ob dem Sch… ein Anspruch auf Alg. für die Tage der Arbeitsunfähigkeit nach dem Ende der Sperrzeit zustand. Die Versicherung des Sch… für den Fall der Krankheit ergibt sich aus § 155 AFG. Nach § 155 Abs. 1 AFG ist für den Fall der Krankheit versichert, wer Alg, Arbeitslosenhilfe (Alhi) oder Unterhaltsgeld bezieht. Maßgebend ist, wie das BSG wiederholt entschieden hat, der tatsächliche Bezug (BSG SozR 4100 § 155 Nrn. 4, 5, 10 und § 159 Nr. 5; SozR 2200 § 311 Nr. 11 und § 381 Nr. 24; BSGE 55, 79, 80f. = SozR 2200 § 1531 Nr. 13). In Zeiten, für die Alg. wegen sperrzeitbedingten Ruhens des Anspruches tatsächlich nicht geleistet wird, ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht nach § 155 AFG für den Fall der Krankheit versichert (Schönfelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, § 155 Rdz. 16, August 1973; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, § 155 Anm. 2, April 1984; Gagel, Komm zum AFG, § 155 Rdz. 10ff.; vgl. für das frühere Recht RVA GrE 3765 AN 1930 IV 259). Jedoch gelten nach § 155 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz AFG (in der seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes - AFKG - vom 22. Dezember 1982, BGBl I 1497) die Leistungen für die fünfte bis achte Woche einer Sperrzeit nach § 119 AFG als bezogen. Danach war Sch… der den zur Arbeitsunfähigkeit führenden Verkehrsunfall in der siebten Woche der Sperrzeit erlitt, für den Fall der Krankheit versichert. Gemäß § 155 Abs. 2 Satz 1 AFG, § 182 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) hatte er in Höhe des Betrages des Alg., das er zuletzt bezogen hat (§ 158 Abs. 1 Satz 1 AFG), vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an Anspruch auf Krankengeld (§ 158 Abs. 1 Satz 2 AFG). Der Anspruch auf Krankengeld ruht zwar gemäß § 183 Abs. 6 RVO (in der seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung des AFKG), solange ein Anspruch des Versicherten auf Alg. wegen einer Sperrzeit ruht, wie das hier bis zum 31. Mai 1982 der Fall war. Nach Ablauf der Sperrzeit hatte die Klägerin den Anspruch auf Krankengeld jedoch zu befriedigen. Zwar ruht nach § 183 Abs. 6 RVO der Anspruch auf Krankengeld auch, solange der Versicherte Alg. bezieht; das setzt jedoch voraus, daß der Anspruch auf Alg. tatsächlich befriedigt wird (vgl. BSGE 43, 68, 70 = SozR 2200 § 1504 Nr. 3). Da Sch… von der Beklagten für die Zeit nach Beginn der Sperrzeit kein Alg. erhalten hat, ist die Klägerin somit ihrer aus der Krankenversicherung der Arbeitslosen folgenden Pflicht nachgekommen, wenn sie den Anspruch auf Krankengeld ab 1. Juni 1982 erfüllt hat.
Als Anspruchsgrundlage für die Erstattungsklage kommt somit nach Lage des Falles lediglich § 104 SGB X in Betracht, wonach der Leistungsträger, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger erstattungspflichtig ist, der Leistungen erbracht hat. Dem Arbeitslosen, dem nach Maßgabe des mit dem 1. Januar 1981 in Kraft getretenen § 105b AFG, eingefügt durch Art. II § 2 Nr. 8 des Gesetzes vom 18. August 1980 (BGBl I 1469), Alg. auch während einer Arbeitsunfähigkeit zu gewähren ist, steht gegen die Beklagte ein Anspruch zu, der gegenüber seinem Anspruch auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung vorrangig ist. Die Nachrangigkeit des Krankengeldes in diesen Fällen ergibt sich allerdings nicht schon daraus, daß die Krankenkassen wegen des Ruhens des Krankengeldes bei Bezug von Alg. (§ 183 Abs. 6 RVO) nicht zur Leistung verpflichtet wären, wenn die Beklagte ihre Leistungsverpflichtung rechtzeitig erfüllt hätte (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X; denn umgekehrt ruht auch der Anspruch auf Alg., sofern bei Arbeitsunfähigkeit überhaupt ein solcher besteht, während der Zeit, für die dem Arbeitslosen Krankengeld zuerkannt ist (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG). Die Nachrangigkeit des Krankengeldes gegenüber dem. aus § 105b AFG gestützten Anspruch auf Alg. bei Arbeitsunfähigkeit ist vielmehr dem Regelungszusammenhang der Vorschrift zu entnehmen. Die Weiterzahlung des Alg. in Anlehnung an die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle sollte nämlich, auch wenn dies nur Folge, nicht Grund der Einführung des § 105b AFG gewesen ist, die Krankenkassen im allgemeinen um die Krankengeldzahlung an Arbeitslose in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit entlasten. Deshalb ist mit der Einführung des § 105b AFG der das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld bei Übergangsgeldgewährung anordnende § 183 Abs. 6 RVO ab 1. Januar 1981 erweitert worden, daß nunmehr der Anspruch auf Krankengeld u.a. auch ruht, solange der Versicherte Alg. bezieht. Der Anspruch auf Alg. ist daher, soweit § 105b AFG Anwendung findet, gegenüber dem Anspruch auf Krankengeld vorrangig, mag dies auch sonst anders zu beurteilen sein (vgl. Gagel, Komm, zum AFG, 1 155 Rdz. 163ff.). Allerdings fehlt es an den Voraussetzungen des § 104 Abs. 1 SGB X, weil die Beklagte auch vor Eintritt des Ruhens eines Anspruchs auf Alg. infolge Zuerkennung des Krankengeldes gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 2 AFG zur Leistung von Alg. an Sch… für die Zeit vom 1. Juni bis 1. Juli 1982 nach Maßgabe des § 105b AFG nicht verpflichtet war.
Nach § 105b Abs. 1 Satz 1 AFG verliert der Arbeitslose den Anspruch auf Alg. für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen nicht dadurch, daß er während des Bezuges von Alg. infolge Krankheit arbeitsunfähig erkrankt. Die Rechtsfolge des § 105b AFG ist daran geknüpft, daß der Arbeitslose "während des Bezuges" arbeitsunfähig wird. Das erfordert zwar nicht, daß dem Arbeitslosen vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit das Alg. schon bewilligt oder gar ausgezahlt. worden war; letzteres kann schon deshalb nicht verlangt, werden, weil Alg. in der Regel nach Ablauf des Zahlungszeitraums überwiesen oder übermittelt wird (§ 122 AFG). Erforderlich ist jedoch, daß es zum Bezug kommt, mag das Alg. auch erst nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bewilligt werden. Es muß daher zumindest ein realisierbarer Anspruch auf Zahlung für eine Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehen. Daran fehlt es hier. Sch… hat für den 21. Mai 1982, den Tag, an dem die Arbeitsunfähigkeit eintrat, kein Alg. erhalten, er hat auch keinen Anspruch, daß ihm Alg. für diesen Tag gewährt wird. Zwar stand dem Sch… ein Anspruch auf Alg. als Stammrecht zu, ihm war jedoch kein Alg. auszuzahlen; denn der Anspruch auf Alg. ruhte gemäß. § 119 Abs. 1 Satz 3 AFG, nachdem Sch… eine Sperrzeit vom 6. April bis 31. Mai 1982 verwirkt hatte. Entsprechend hat die Beklagte, was Sch… hingenommen hat, die Alg.-Bewilligung für die Sperrzeit aufgehoben, und zwar schon vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Es stellt sich daher nicht die Frage, ob es bei der Anwendbarkeit des § 105b AFG bleibt, wenn eine bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestehende Alg.-Bewilligung rückwirkend zurückgenommen, widerrufen oder aufgehoben wird.
Daß während der Sperrzeit der Anspruch auf Alg. lediglich ruht, das Stammrecht also besteht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen im übrigen gegeben sind, vermag die Anwendung des § 105b AFG für den Fall des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit während der Sperrzeit nicht zu begründen. Allerdings wird unter "Bezug" einer Leistung nicht immer nur das tatsächliche Beziehen verstanden, wie dies an sich der Wortlaut nahelegt. Je nach dem Sachzusammenhang der getroffenen Regelung kann schon der zuerkannte oder realisierbare Anspruch Bezug bedeuten. Abweichend von der Wortbedeutung sind nach der Rechtsprechung des BSG selbst Zeiten des Ruhens eines Anspruchs Zeiten des Bezuges, wenn nämlich eine lediglich am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung des Begriffes dem erkennbaren Zweck und damit dem objektiven Willen des Gesetzes zuwiderlaufen würde (vgl. BSGE 28, 117 = SozR Nr. 30 zu § 183 RVO; SozR Nr. 60 zu § 183 RVO; SozR 2200 § 1227 Nr. 27; BSGE 51, 172 = SozR 2200 § 1227 Nr. 33). Das ist jedoch hier nicht der Fall.
Die Vorschrift des § 105b AFG, die weder eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des erkrankten Arbeitslosen noch eine Entlastung der öffentlichen Hände bezweckt, gründet auf praktischen Erwägungen. Die Regelung sollte, wie der Bundestagsausschuß für Arbeit und Sozialordnung, auf den die Einführung der Vorschrift zurückgeht, zu ihrer Begründung ausgeführt hat, den Beziehern von Lohnersatzleislungen nach dem AFG bei kurzfristigen Erkrankungen die Unzuträglichkeiten ersparen, die sich dadurch ergaben, daß Leistungsbezieher im Krankheitsfalle anstelle der Leistungen der Bundesanstalt in gleicher Höhe Krankengeld von den für sie zuständigen Krankenkassen erhielten (vgl. Begründung zu Art. II § 2 des Entwurfs eines SGB X, BT-Drucks 8/4022 S. 89). Dieser Zielsetzung entspricht es, wenn § 105b AFG nur Anwendung, findet, sofern die Beklagte bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Leistungen zu erbringen hat. Folgerichtig hat der Gesetzgeber es nicht für ausreichend angesehen, daß der Arbeitslose infolge Krankheit arbeitsunfähig geworden ist, nachdem er sich arbeitslos gemeldet, Leistungen beantragt oder, wie das hier für den 5. April 1982, gut sechs Wochen vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, der Fall gewesen ist, Leistungen bezogen hat. Das Anknüpfen an den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während des Bezuges und die vom Gesetz gewählte Formulierung, daß der Arbeitslose den Anspruch für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen, nicht verliert, macht deutlich, daß die Fortzahlung von Alg. grundsätzlich nur in Betracht kommen soll, wenn im Zeitpunkt des Eintritts, der Arbeitsunfähigkeit die Leistung zu zahlen ist und weiterzuzahlen wäre, wenn die. Arbeitsunfähigkeit nicht eingetreten wäre, also ohne die Regelung des § 105b AFG bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ein Wechsel der Leistungsträgerschaft von der Beklagten zu einer. gesetzlichen Krankenkasse angestanden hätte. Ein solcher Wechsel kommt aber bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während einer Sperrzeit nicht in Betracht, weil sowohl das Alg. als auch das Krankengeld ruht und infolgedessen weder die Bundesanstalt noch eine gesetzliche Krankenkasse Leistungen zu erbringen hat. Die Beschränkung der getroffenen Regelung auf kurzfristige Erkrankungen und auf Leistungsbezieher zeigt, daß nicht jeglicher Wechsel des zuständigen Trägers verhindert werden sollte, vielmehr in Kauf genommen wurde, daß es weiterhin in bestimmten Fällen zu einem Wechsel der Trägerschaft kommt. Daher gebietet der Zweck der Vorschrift nicht zwingend eine von der Wortbedeutung abweichende Auslegung des Begriffes des Bezuges, um einen Wechsel von der Krankenkasse zur Bundesanstalt zu vermeiden, die erforderlich wird, wenn der Arbeitslose nach der Sperrzeit und Wiedergewinnung seiner Arbeitsfähigkeit weiterhin Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in Anspruch nehmen muß.
Auch der Hinweis der Revision, daß die Beklagte für Bezieher ihrer Leistungen Krankenversicherungsbeiträge nur in der Höhe entrichtet, die für Versicherte gelten, die bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für mindestens sechs Wochen haben § 157 Abs. 2 Satz 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1981 geltenden Fassung), gibt keinen Grund zu einer anderen Beurteilung. Die Leistungspflicht der Beklagten ist schon deshalb nicht wie die eines Arbeitgebers nach dem Lohnfortzahlungsgesetz zu beurteilen, weil § 105b AFG die Leistungspflicht der Beklagten anders bestimmt hat. Der Arbeitgeber hat mit Rücksicht auf die Grenzen der Fürsorgepflicht keine Lohnfortzahlung zu leisten, wenn den Arbeitnehmer an der krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung ein Verschulden trifft oder der Arbeitnehmer erneut wegen dem gleichen Krankheit arbeitsunfähig wird, nachdem der Arbeitgeber für die gleiche Krankheit schon sechs Wochen Lohnfortzahlung geleistet hat. Diese Einschränkungen sind in § 105b AFG nicht übernommen worden, weil die Leistungsweiterzahlung nicht durch den Umfang der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bestimmt wird und andernfalls nur ein anderer Sozialleistungsträger zahlen müßte. Die Beklagte hat daher im Krankheitsfalle Leistungen in einem anderen, insoweit größerem Umfange als der Arbeitgeber weiterzuzahlen. Im übrigen berücksichtigt die Revision nicht, daß der Krankenversicherungsbeitrag, den die Beklagt, für ihre Leistungsbezieher zu erbringen hat, von dem Arbeitsentgelt berechnet wird, das der Bemessung der Leistung zugrunde liegt (§ 157 Abs. 3 Satz 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1981 geltenden Fassung). Die Krankenkassen erhalten somit Beiträge wie vom Bruttoarbeitsentgelt, d.h. als ob der Arbeitslose beschäftigt wäre, während sie das Krankengeld nicht gemäß § 182 Abs. 4 RVO in Höhe von 80 v.H. des regelmäßigen Arbeitsentgelts, höchstens in Höhe des entgangenen Nettoarbeitsentgelts, sondern nur in Höhe der Leistungen der Beklagten zu zahlen haben, die regelmäßig geringer sind.
Ob dies alles für die Krankenkassen ein ausreichender Ausgleich dafür ist, daß § 105b AFG für einen Anspruch auf Alg. bei Arbeitsunfähigkeit, nicht schon genügen läßt, daß die Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, nachdem sich der Arbeitnehmer arbeitslos gemeldet und Leistungen beantragt hat, kann dahingestellt bleiben. Das Ausmaß der Leistungsfortzahlung nach § 105b AFG ist nämlich nicht vom Beitragsrecht her zu bestimmen. Die Weiterzahlung des Alg. in Anlehnung an die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle hat zwar zur Folge, daß die Krankenkassen im allgemeinen in den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit auch an Arbeitslose kein Krankengeld mehr zu zahlen haben. Die dadurch entstehende Entlastung der Krankenkassen, die der Gesetzgeber durch die gleichzeitig erfolgte Herabsetzung der von der Beklagten zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge für ihre Leistungsempfänger berücksichtigt hat, ist jedoch nur Folge, nicht der Grund der Gesetzesänderung gewesen. Wie der Senat in dem erwähnten Urteil vom 24. Mai 1984 näher dargelegt hat, sollte die Übernahme der Leistungsfortzahlung durch die Bundesanstalt und die Herabsetzung der von dem Bundesanstalt zu leistenden Krankenversicherungsbeiträge zudem im Ergebnis mittelfristig die Bundesanstalt und den Bundeshaushalt entlasten, und zwar zu Lasten der Krankenkassen. Das verbietet es, den Umfang der Leistungsweitergewährung durch die Bundesanstalt abweichend vom Wortlaut des § 105b AFG zu bestimmen. Der Senat teilt daher die auch in der Praxis herrschende Ansicht, demzufolge bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit während einer Sperrzeit der § 105b AFG keine Anwendung findet (Besprechungsergebnis Beispiel 1 zu Nr. 9 der Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen, des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit am 26./27. August 1981; Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 2. und 24. Februar 1982 zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld - Fall 4 -, vgl. Ersatzkasse 1982, 256; Freigang Krankenversicherung 1981, 20, 23; Eckert in Gemeinschaftskommentar zum AFG, § 105b Rdz. 5; a.A. Gagel, Komm zum AFG, § 155 Rdz. 49).
Schließlich ist der Sch… nicht deshalb "während des Bezuges von Alg" arbeitsunfähig erkrankt, weil die Arbeitsunfähigkeit in der siebten Woche der Sperrzeit eingetreten ist und nach § 155 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz AFG (in der seit dem 1. Januar 1982 geltenden Fassung) für die fünfte bis achte Woche einer Sperrzeit nach § 119 AFG die Leistungen als bezogen gelten. Wie das LSG zutreffend erkannt hat, findet diese Fiktion des Bezuges von Alg. (bzw. Alhi) für die fünfte bis achte Woche einer Sperrzeit im Rahmen des § 105b AFG keine Anwendung. Das ergibt sich aus der Stellung der Vorschrift in den die Krankenversicherung der Arbeitslosen regelnden Vorschriften des AFG und aus ihrem Zweck. Die gleichzeitig mit der Verlängerung der Sperrzeiten von vier auf acht Wochen durch das AFG getroffene Regelung ist geschaffen worden, weil wegen des Nichtbezuges von Alg. (bzw. Alhi) während der Sperrzeit eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung an sich nicht begründet wird und ein Anspruch auf die Regelleistungen der Krankenkasse nach dem Ausscheiden aus der Versicherung nur gewährleistet Ist, wenn der Versicherungsfall innerhalb von vier Wochen eintritt (§ 214 RVO, § 156 AFG; vgl. dazu jedoch Gagel, Komm zum AFG, § 155 Rdz. 15ff.). Die Vorschrift, die wegen der durch das Arbeitsförderungs- und Rentenversicherungs-Änderungsgesetz vom 20. Dezember 1984 (BGBl I 1713) erfolgten weiteren Verlängerung der Sperrzeiten nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFG auf zwölf Wochen durch § 155 a AFG entsprechend ergänzt worden ist, sollte lediglich den Krankenversicherungsschutz für die über die vierte Woche hinausgehende Dauer einer Sperrzeit gewährleisten. Die Fiktion des Bezuges begründet die Mitgliedschaft des Arbeitslosen in der Krankenversicherung und die Beitragspflicht der Beklagten, betrifft somit nicht die Frage, ob nach dem Ende der Sperrzeit trotz Arbeitsunfähigkeit Alg. (bzw. Alhi) zu zahlen ist, wenn der Arbeitslose während der Sperrzeit arbeitsunfähig erkrankt. Es wäre im übrigen für den Arbeitslosen verwirrend, wenn er sich je nachdem, wann er während der Sperrzeit erkrankt ist, nach deren Ende bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit einmal an seine Krankenkasse, im anderen Falle aber an die Beklagte wenden müßte. Der gegenteiligen Ansicht der Spitzenverbände der Krankenkassen (vgl. Ergebnis der Besprechung vom 2. und 24. Februar 1982 zum Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld, Ersatzkasse 1982, 256f., Fall 6 Beispiel 3) kann nicht beigetreten werden. Das LSG ist daher zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, daß der Klägerin ein Erstattungsanspruch nicht zusteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 4 SGG.
Fundstellen