Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuzahlung zu Aufwendungen einer gewährten stationären Heilbehandlung
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Landesversicherungsanstalt Württemberg, Stuttgart 40, Adalbert-Stifter-Straße 105, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Streitig ist, ob der Kläger zu den Aufwendungen einer von der Beklagten gewährten stationären Heilbehandlung eine Zuzahlung nach § 1243 Abs 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder (nur) nach § 1243 Abs 2 RVO iVm § 184 Abs 3 RVO (in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung) zu leisten hat.
Die Beklagte bewilligte und gewährte dem Kläger eine stationäre Heilbehandlung in der Zeit vom 17. Oktober bis 14. November 1985 in dem "Klinikum J. GmbH". Die Beklagte stellte fest, daß der Kläger zu den Kosten der stationären Heilbehandlung eine Zuzahlung in Höhe von insgesamt DM 280,-- (= 28 Tage zu je DM 10,--) zu leisten habe. Den Widerspruch des Klägers wies sie zurück. Die Klage, mit der der Kläger geltend machte, die ihm gewährte stationäre Heilbehandlung sei einer Krankenhauspflege vergleichbar, so daß er nur für 14 Tage eine Zuzahlung in Höhe von täglich DM 5,-- zu leisten habe, wies das Sozialgericht (SG) ab. Die Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers.
Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechts. Er meint, eine Heilbehandlung sei immer dann mit einer Krankenhauspflege vergleichbar, wenn mit ihr eine schwere Erkrankung beeinflußt werden solle, die eine intensive Behandlung erfordere, die über dem Maß der "normalen" (typischen) Behandlungsmaßnahme der medizinischen Rehabilitation liegt. Das Kriterium der Vergleichbarkeit könne nicht schwerpunktmäßig auf die Frage abgestellt werden, ob die ärztliche Betreuung den übrigen intensiven Behandlungsmethoden übergeordnet war.
Der Kläger beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. September 1989 sowie das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. März 1987 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 28. November 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 1986 insoweit aufzuheben, als darin die Zuzahlung des Klägers für die in der Zeit vom 17. Oktober bis 14. November 1985 durchgeführte stationäre Heilbehandlung auf mehr als DM 70,-- festgesetzt ist.
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten, mit denen diese eine Zuzahlung zu den Kosten der stationären Heilbehandlung in Höhe von 10,-- DM kalendertäglich gefordert hat, sind rechtmäßig.
Die Beklagte hat ihre Forderungen auf Zuzahlung von 10,-- DM kalendertäglich zu Recht auf § 1243 Abs 1 RVO gestützt. Nach § 1243 Abs 1 Satz 1 RVO (idF durch Art 20 Nr 5 des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 - BGBl I 1857 -) zahlt der Versicherte zu den Aufwendungen einer stationären Heilbehandlung, die der Rentenversicherungsträger für ihn durchführt, für jeden Kalendertag der Heilbehandlung 10,-- DM zu. Nach § 1243 Abs 2 iVm § 184 Abs 3 RVO (in der bis zum 31. Dezember 1988 gültigen Fassung) verringert sich die Zuzahlung auf 5,-- DM je Kalendertag für höchstens 14 Tage pro Jahr, wenn sich der Betreute in einer stationären Heilbehandlung befindet, die der Krankenhauspflege vergleichbar ist. Die Rehabilitationsleistungen müssen der Krankenhauspflege nur vergleichbar sein und ihr nicht entsprechen, da der Gesetzgeber davon ausging, daß die Rentenversicherungsträger derartige Leistungen nur in Kur-und Spezialeinrichtungen erbringen und eine Krankenhauspflege als Leistungsart nicht kennen (vgl BT-Drucks 9/2074, S 101 Nr 25). Unzutreffend ist die Ansicht des Klägers, Vergleichbarkeit in diesem Sinne liege immer schon dann vor, wenn eine schwere Erkrankung beeinflußt werden soll, die eine intensive Behandlung erfordert, die über dem Maß der "normalen" Behandlungsmaßnahmen der medizinischen Rehabilitation liegt. Damit wird ein unbestimmter Begriff durch zwei andere unbestimmte Begriffe ersetzt. Was eine schwere Erkrankung ist, ist ebenso unbestimmt wie das, was eine über das "normale" Maß der medizinischen Rehabilitation hinausgehende Behandlung ist. Die Ungeeignetheit dieses Maßstabs zeigt sich auch schon darin, daß die Beklagte auch ausgehend von diesem Maßstab die Klage für unbegründet hält.
Als entscheidendes Kriterium für die Vergleichbarkeit mit der Krankenhauspflege bietet sich vielmehr die Betreuungsform an, die spezifisch für das Krankenhaus ist. Dies ist die ärztliche Behandlung. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist eine Vergleichbarkeit nur gegeben, wenn "die ärztliche Behandlung im Vordergrund steht" (BSG, Urteil vom 11. Dezember 1990 - 1 RA 3/89 -) bzw die Intensität der ärztlichen Behandlung der bei der Krankenhauspflege gleicht (BSG, Urteil vom 29. Januar 1991 - 4 RA 56/89 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die stationäre Heilbehandlung ist deshalb nur dann mit der Krankenhauspflege vergleichbar, wenn Art oder Schwere der Erkrankung des Betreuten wöchentlich mehrfach, dh also mindestens zweimal, eine ärztliche Behandlung erforderlich macht und diese auch durchgeführt worden ist (BSG, Urteil vom 29. Januar 1991 aaO). Unter Anwendung dieser Kriterien, von denen abzuweichen der Senat keinen Anlaß sieht, ist die dem Kläger gewährte Rehabilitationsmaßnahme einer Krankenhauspflege nicht vergleichbar. Nach den Feststellungen des LSG ist der Kläger während der vierwöchigen Kur mit Ausnahme der Eingangs- und Abschlußuntersuchung lediglich viermal ärztlich untersucht worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.BUNDESSOZIALGERICHTAz: 5 RJ 78/89
Fundstellen