Orientierungssatz

1. Ausbildung iS des AFG § 40 Abs 1 ist nur die erste zu einem Berufsabschluß führende Bildungsmaßnahme.

2. Hat ein Bildungswilliger zur Überbrückung der Zeit zwischen Erfüllung der Schulpflicht und der Zulassung als Auszubildender in dem angestrebten Beruf eine andere Berufsausbildung abgeschlossen, kann die zweite Ausbildung im angestrebten Beruf nicht mit Berufsausbildungsbeihilfe gefördert werden; möglich ist jedoch eine Förderung als Fortbildung oder Umschulung, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.

 

Normenkette

AFG § 40 Fassung: 1975-12-18; AusbFöAnO § 3 Abs. 2 Fassung: 1969-10-31; AusbFöAnO Abs. 3 Fassung: 1969-10-31; AFG §§ 41, 47

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 14. März 1978 sowie das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 12. Juli 1977 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch der Klägerin auf Förderung ihrer Ausbildung zur Arzthelferin nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) deshalb ausgeschlossen ist, weil sie bereits eine abgeschlossene Ausbildung als Hauswirtschaftsgehilfin hat.

Die 1959 geborene Klägerin hatte nach der Schulentlassung im Jahre 1973 den Wunsch, Arzthelferin zu werden, konnte eine entsprechende Lehre aber noch nicht beginnen, weil sie das für diese Ausbildung neben dem erfolgreichen Abschluß mindestens der Volksschule vorgesehene Mindestalter von 16 Jahren noch nicht erreicht hatte. Sie glaubte, die Zeit bis zur Erreichung dieses Alters am besten durch eine hauswirtschaftliche Lehre zu überbrücken, und zwar in einem Altersheim, weil sie dort Kost und Wohnung erhielt und sozialpflegerische Erfahrungen gewinnen konnte, die ihr von Nutzen für den angestrebten Beruf als Arzthelferin sein sollten. Mitte 1973 begann die Klägerin ihre Ausbildung. Mitte 1975 legte sie die Abschlußprüfung ab.

Auf einen Antrag vom Januar 1974 hin gewährte ihr das Arbeitsamt Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) in Höhe von 6,00 DM monatlich für die Zeit von Januar bis Juni 1974. Für die Zeit danach stellte die Klägerin keinen Weiterbewilligungsantrag.

Am 1. Juli 1975 nahm die Klägerin die auf zwei Jahre vorgesehene Ausbildung zur Arzthelferin auf.

Ihren Antrag, ihr BAB für die Ausbildung als Arzthelferin zu gewähren, lehnte die Beklagte ab, weil eine zweite Berufsausbildung nur bei fachlichem Zusammenhang mit der ersten Berufsausbildung gefördert werden könne (Bescheid vom 29. September 1975; Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 1976). Das Sozialgericht (SG) hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Ausbildung der Klägerin als Arzthelferin zu fördern, soweit anzurechnendes Einkommen eine Förderung zulasse (Urteil vom 12. Juli 1977).

Mit Urteil vom 14. März 1978 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen. Es hat ausgeführt:

Die Lehre als Arzthelferin sei für die Klägerin berufliche Ausbildung. Ausbildung iS des § 40 AFG sei allerdings grundsätzlich nur die erste zu einem Abschluß führende berufliche Bildungsmaßnahme in ein und derselben Berufsrichtung. Alle späteren Schritte zur weiteren beruflichen Bildung seien entweder Fortbildung, wenn sie beruflich erworbene Kenntnisse voraussetzten oder Umschulung, wenn sie in eine wesentlich andere Berufsausbildung führten. Diese Regelung könne und wolle den Anspruch auf Förderung einer weiteren Berufsausbildung aber nicht ausnahmslos ausschließen. Das ergebe sich aus § 3 Abs 2 und 3 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung (A-Ausb) vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, 213). Nach § 3 Abs 2 A-Ausb sei BAB bei begründeter vorzeitiger Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses auch für eine neue Ausbildung zu gewähren. Außerdem könne nach § 3 Abs 3 A-Ausb die Ausbildung in einem anderen anerkannten Ausbildungsberuf, die sich an eine abgeschlossene Berufsausbildung anschließe, auch dann nach § 40 AFG gefördert werden, wenn der neue Beruf mit dem vorher erlernten in einem fachlichen Zusammenhang stehe und die neue Ausbildung die Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbessere. Diese Ausnahmeregelungen seien von der Ermächtigung des § 39 AFG gedeckt. Für den hier vorliegenden Fall, daß das ursprüngliche Ausbildungsverhältnis von vornherein nur zur Überbrückung einer längeren Wartezeit bis zur Erreichung des für die von Anfang an erstrebte Berufsausbildung erforderlichen Mindestalter begonnen worden sei, sehe weder das AFG noch die A-Ausb eine ausdrückliche Regelung vor. Die vom Anordnungsgeber als abschließend gedachte Ausnahmeregelung in § 3 Abs 2 und 3 A-Ausb enthalte deshalb eine Lücke. Es könne vom Gesetzgeber und Anordnungsgeber nicht gewollt sein, daß die Beklagte in Fällen nachträglicher Korrektur einer unüberlegten ersten Berufswahl mehr Förderung gewähren müsse, als in den Fällen einer wohlüberlegten sinnvollen Überbrückung der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeit durch eine andere Ausbildung. Hätte die Klägerin sich zunächst entschlossen, Hauswirtschaftsgehilfin zu werden und diese Ausbildung wenige Monate vor ihrem Abschluß abgebrochen, weil sich im Laufe der Ausbildung ihre Neigung geändert habe, so hätte sie nach § 3 Abs 2 A-Ausb Anspruch auf Förderung der ersten und der zweiten Ausbildung gehabt. Die Tatsache, daß die Klägerin, was vernünftig gewesen sei, ihre bei Vollendung des 16. Lebensjahres nahezu abgeschlossene Hauswirtschaftslehre, für die sie zu diesem Zeitpunkt keine Förderung mehr erhalten habe, nicht abgebrochen habe, dürfe ihr nicht zum Nachteil gereichen. Es könne auch nicht im Interesse der Beklagten liegen, die Klägerin auf die Möglichkeit einer späteren Umschulung zu verweisen, für die unter Umständen wesentliche höhere Leistungen erforderlich wären.

Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 40, 39 AFG iVm § 3 der A-Ausb. Sie bringt hierzu insbesondere vor: Die weitere Ausbildung der Klägerin könne von der Beklagten weder als Ausbildung noch als Fortbildung oder Umschulung gefördert werden. Ausbildung iS des § 40 AFG sei stets nur die erste zum Abschluß führende Maßnahme der beruflichen Bildung. Alle späteren Schritte seien demgemäß nur als Fortbildung (§ 41 AFG) oder als Umschulung (§ 47 AFG) förderbar. Die Klägerin habe aber nach der Schulentlassung eine Ausbildung zur Hauswirtschaftsgehilfin erfolgreich abgeschlossen und somit einen Status erlangt, der sie zur verantwortlichen Ausübung des gewählten Berufs befähige. Eine Ausbildung benötige sie deshalb nicht mehr, allenfalls eine Fortbildung oder eine Umschulung.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil und das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 12. Juli 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Förderung ihrer Ausbildung als Arzthelferin. Gem § 33 Abs 1 AFG fördert die Bundesanstalt (BA) die berufliche Ausbildung, berufliche Fortbildung und berufliche Umschulung. Für keine dieser Förderungsmaßnahmen liegen die gesetzlichen Voraussetzungen bei der Klägerin vor.

Nach § 40 Abs 1 AFG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten des Haushaltsstrukturgesetzes zum AFG vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) gewährt die BA Zuschüsse und Darlehen für eine geeignete berufliche Ausbildung in Betrieben, soweit die Auszubildenden die hierfür erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können und ihren Unterhaltsverpflichteten die Aufbringung üblicherweise nicht zugemutet wird. § 3 der A-Ausb vom 31. Oktober 1969 (ANBA 1970, S 213) idF der 8. Änderungsanordnung zur A-Ausb vom 11. Dezember 1974 (ANBA 1975 S 103) bestimmt in seinem Abs 1, daß BAB grundsätzlich für die erstmalige Berufsausbildung gewährt wird. Bei begründeter vorzeitiger Lösung eines Berufsausbildungsverhältnisses ist gem § 3 Abs 2 A-Ausb BAB für eine neue Ausbildung zu gewähren. Ferner bestimmt § 3 Abs 3 A-Ausb, daß auch BAB gewährt werden kann, wenn sich die Ausbildung an eine abgeschlossene Berufsausbildung anschließt und wenn der neue Beruf mit dem vorher erlernten in einem sachlichen Zusammenhang steht und die neue Ausbildung die Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbessert.

Nach keiner dieser Alternativen ist der Anspruch der Klägerin begründet. Unter Ausbildung im weiteren Sinne ist jede Maßnahme der beruflichen Bildung zu verstehen (BSG SozR 4100 § 41 Nr 1). Infolge dieser weiten Begriffsbezeichnung ist mit ihr allein eine Abgrenzung der Maßnahmeart nach dem AFG nicht möglich. Vielmehr kommt es auf die Abgrenzungsmerkmale im Einzelnen an, die das Gesetz für die einzelnen Bildungsmaßnahmen bestimmt. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß Ausbildung iS des § 40 AFG stets nur die erste zum Abschluß führende Maßnahme der beruflichen Bildung ist und alle späteren Schritte demgemäß nur als Fortbildung oder Umschulung zu werten sind (vgl BSG SozR 4100 § 40 Nr 12 mit weiteren Nachweisen). Der § 3 Abs 1 A-Ausb legt den Begriff der Ausbildung ebenso aus, wenn er davon ausgeht, daß grundsätzlich nur für die erstmalige Berufsausbildung eine BAB zu leisten ist. Auch § 3 Abs 2 A-Ausb hält sich in diesem Rahmen. Ist nämlich ein Berufsausbildungsverhältnis vorzeitig gelöst worden, so fehlt es an einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluß, so daß neue Schritte zum Erlernen eines Berufes eine Ausbildung iS des § 40 AFG darstellen. § 3 Abs 2 A-Ausb schränkt in diesem Falle den Leistungsanspruch des Auszubildenden allerdings insoweit ein, als Leistungen nur gewährt werden, wenn die Lösung des vorigen Berufsausbildungsverhältnisses unbegründet gewesen ist. Auf diese Bestimmung braucht vorliegend nicht eingegangen zu werden, weil ein solcher Fall bei der Klägerin nicht vorliegt.

Die Klägerin hatte, als sie ihre Ausbildung (Ausbildung im weiteren Sinne) als Arzthelferin begann, eine abgeschlossene berufliche Lehre hinter sich. Ihre Lehre als Arzthelferin war damit nicht mehr "Ausbildung" iS des § 40 Abs 1 AFG, § 3 Abs 1 und 2 der A-Ausb.

Jedoch läßt § 3 Abs 3 A-Ausb in einem Ausnahmefall die Förderung einer beruflichen Bildung durch Gewährung von BAB zu, obwohl begrifflich "Ausbildung" iS des § 40 Abs 1 AFG nicht mehr vorliegt. Diese Vorschrift setzt voraus, daß sich an eine abgeschlossene Berufsausbildung eine Ausbildung in einem anderen anerkannten Ausbildungsberuf anschließt und der neue Beruf mit dem vorher erlernten in einem fachlichen Zusammenhang steht und die neue Ausbildung die Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt verbessert. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift wegen Verletzung des § 39 AFG nicht überhaupt unwirksam ist (BSG SozR 4100 § 40 Nr 12). Sie sieht nämlich nur Kann-Leistungen vor, obwohl die Leistungsansprüche im Rahmen der beruflichen Bildung nach dem AFG ausnahmslos als Rechtsansprüche ausgestaltet sind. Außerdem geht § 3 Abs 3 A-Ausb nur von anerkannten Ausbildungsberufen aus und schränkt die Förderung einer "Zweit-" Ausbildung auf den fachlichen Zusammenhang ein. Die Voraussetzungen des § 3 Abs 3 A-Ausb liegen bei der Klägerin auf jeden Fall nicht vor. Der Beruf der Arzthelferin steht nämlich mit dem der Hauswirtschaftsgehilfin in keinem fachlichen Zusammenhang.

Anders als das LSG angenommen hat, ist dem § 40 AFG und § 3 A-Ausb auch nicht eine Regelungslücke zu entnehmen, die es gestattet, im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung einen Anspruch auf Förderung einer Ausbildung im weiteren Sinne dann zu gewähren, wenn zwar keine Ausbildung iS des § 40 Abs 1 AFG vorliegt, der Bildungswillige aber nach Erfüllung seiner Schulpflicht die Zeit bis zu seiner Zulassung als Auszubildender in dem erstrebten Beruf überbrücken will. § 40 AFG sieht die Förderung der beruflichen Ausbildung vor, wobei, wie dargelegt, unter Ausbildung stets nur die erste zu einem auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Abschluß führende Maßnahme der beruflichen Bildung zu verstehen ist. Aus dem Zusammenhang der Ausbildungsförderung mit der Förderung der Fortbildung und Umschulung ist zu entnehmen, daß die weiteren Schritte der beruflichen Bildung lediglich unter den Voraussetzungen der Fortbildung oder Umschulung gefördert werden können und sollen. Wie bereits dargelegt, hält sich § 3 Abs 2 A-Ausb in diesem Rahmen.

Aus dem Zusammenhang der §§ 40, 41 und 47 AFG ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber allerdings tatsächlich ein geschlossenes System der Förderung für berufliche Bildungsmaßnahmen anbieten will. Wenn Fälle wie der der Klägerin völlig aus dem Förderungsrahmen herausfallen würden, so würde das dafür sprechen, daß dem Gesetzgeber bei der Abfassung des Gesetzes ein "Fehler" unterlaufen wäre, daß er also die Regelung nicht gewollt hätte, die sich aus dem Zusammenhang der Vorschriften ergibt. Nur wenn eine solche "Gesetzeslücke", ein "Fehler" bei der Abfassung des Gesetzes vorliegt, ist Raum für eine richterliche Rechtsfortbildung. Aufgabe der Rechtsprechung kann es nur sein, den Willen des Gesetzgebers auszuführen, damit allerdings auch eine "planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes" zu beseitigen (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Auflage 1975, S 354, 358). Von einer solchen Unvollständigkeit des Gesetzes kann jedoch hier nicht ausgegangen werden. Der Klägerin ist, nachdem sie den Beruf der Hauswirtschaftsgehilfin ergriffen hat, der Weg zur weiteren Förderungsleistung nicht versperrt. Sie kann, wenn sie in ihrem Beruf bleiben will, Leistungen der Fortbildungsförderung in Anspruch nehmen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind oder, wenn sie ihren Beruf verlassen möchte, an Umschulungsmaßnahmen teilnehmen. Ob es, wie das LSG angenommen hat, als sinnvoll anzusehen ist, im Bewußtsein, einen Beruf nicht ausüben zu wollen, ihn zunächst zu erlernen, um die Zeit zu überbrücken, bis der gewünschte Beruf zugänglich wird, kann dahinstehen. Das Gesetz sieht die Förderung eines solchen Verhaltens jedenfalls nicht vor. Der § 40 AFG hat den Sinn, demjenigen bei der Erlangung einer (Erst-) Ausbildung zu helfen, der noch keine Ausbildung hat. Wer bereits einen Beruf hat, gleichgültig, ob er bei seiner Ausbildung Leistungen erhalten hat oder nicht, wird nach § 40 AFG nicht mehr gefördert.

Die Lehre der Klägerin als Arzthelferin ist auch nicht förderbar als Fortbildung (§ 41 AFG). Fortbildung liegt nur dann vor, wenn die in dem bisherigen Beruf erlernten Fertigkeiten in den angestrebten Beruf inhaltlich mit übernommen werden (BSG SozR 4100 § 41 Nr 11). Das ist bei der Klägerin nicht der Fall.

Auch als Umschulung ist die Lehre der Klägerin als Arzthelferin nicht förderbar. Gem § 7 Abs 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Beklagten über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung (A-Fortbildung und Umschulung - AFuU -) vom 9. September 1971 (ANBA 1971, 797) idF der Ersten Änderungsanordnung vom 19. Dezember 1973 werden Personen, die beruflich umschulen wollen, gefördert, wenn sie in der Regel mehr als drei Jahre berufstätig gewesen sind. Wie der Senat zu der Vorgängervorschrift dieser Bestimmung, dem § 3 Abs 2 Satz 2 der AFuU 1969 ausgesprochen hat, ist es mit § 47 Abs 1 iVm § 39 AFG vereinbar, wenn die Förderung von einer dreijährigen beruflichen Tätigkeit vor Beginn der Teilnahme an der Umschulungsmaßnahme abhängig gemacht wird (BSG SozR Nr 2 zu § 47 AFG). Vor der Teilnahme an einer Umschulungsmaßnahme soll nämlich der Arbeitsuchende bereit gewesen sein, in seinem bisherigen Beruf zu arbeiten, um die bestehenden Berufschancen zunächst kennenzulernen und ausschöpfen zu können. Erst wenn die gewonnene Erfahrung ergibt, daß die Sicherung der beruflichen Beweglichkeit den Übergang in eine andere geeignete Tätigkeit erfordert ... oder wenn der Bildungswillige endgültig feststellt, daß der bisher ausgeübte Beruf seinen Neigungen nicht entspricht, soll er Förderungsmittel für eine Umschulung in Anspruch nehmen dürfen. Zur beruflichen Tätigkeit iS von § 3 Abs 2 Satz 2 AFuU 1969, dem § 7 Abs 2 AFuU 1973 entspricht, gehören nicht Zeiten der Berufsausbildung. Reine Ausbildungszeiten (Lehrzeit, Studium) können nicht der beruflichen Tätigkeit iS des § 3 Abs 2 Satz 2 AFuU 1969, (§ 7 Abs 2 AFuU 1973) zugerechnet werden, weil sie nicht geeignet sind, den Zweck der Vorschrift zu erfüllen, nämlich dem Arbeitsuchenden jene Berufserfahrung zu vermitteln, die er benötigt, um seine Berufs- und Fortkommenschancen in dem von ihm zunächst gewählten Beruf fachgerecht beurteilen zu können (BSG SozR 4100, 4460 § 3 Nr 4). An einer solchen dreijährigen Tätigkeit in dem zunächst erlernten Beruf fehlt es hier aber.

Da somit die Voraussetzungen für eine Förderung bei der Klägerin nicht vorliegen, sind die angefochtenen Urteile aufzuheben und ist die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz.  

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1653002

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