Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I
Unter den Beteiligten ist in Streit, in welchem Umfang die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) dem klagenden Träger der Sozialhilfe erstattungspflichtig ist.
Der zu 1) beigeladene damalige Porzellanmaler Walter W… hatte am 25. November 1976 bei der zu 2) beigeladenen Bank einen Kredit - damaliger Schuldenstand: 17.740,90 DM - aufgenommen und ihr zu dessen Tilgung schriftlich den pfändbaren Teil seiner Lohn-, Gehalts-, Pensions- oder sonstigen Bezüge gegen den jeweiligen Arbeitgeber oder Dritte abgetreten.
Mit Bescheiden vom 30. August 1979 und 17. November 1980 hatte die beklagte LVA Walter W… antragsgemäß ab 25. Juli 1979 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zunächst auf Zeit von damals 700,70 DM bzw. 757,90 DM monatlich bewilligt, die 1982 in eine Rente wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit im Betrag von damals 801,50 DM umgewandelt worden ist (Bescheid der Beklagten vom 21. Oktober 1982).
Im Oktober 1979 hatte die beigeladene Bank bei der Beklagten die Auszahlung der Rente des Klägers aufgrund der 1976 erklärten Abtretung beantragt. Dem hatte die Beklagte entsprochen und ab 1. Januar 1980 von der Rente des Klägers monatlich 116,20 DM, ab 1. Januar 1981 monatlich 137,20 DM und ab 1. Dezember 1982 monatlich 168,70 DM an die Bank abgeführt. Hiervon hatte sie den Kläger jeweils unterrichtet. Dieser hatte keine Einwendungen erhoben.
Mit einem Bescheid vom 24. Februar 1981 bereits hatte der klagende Bezirk Oberfranken (O.) als Träger der überörtlichen Sozialhilfe Walter W… ab 15. Januar 1981 Hilfe zur Pflege in einem Alten- und Pflegeheim in Kronach zu den für die Sozialhilfe maßgebenden Sätzen einschließlich eines Taschengeldes bewilligt, ihn zugleich aber zum Aufwendungsersatz in voller Höhe seines monatlichen Einkommens verpflichtet und zu diesem Zweck seine Versichertenrente auf sich übergeleitet. Abdruck dieses Bescheids hatte der Kläger der Beklagten als Anmeldung eines Ersatzanspruchs gemäß § 1531 der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der damals geltenden - alten - Fassung (a. F.) übersandt und um Auszahlung der Rente des Beigeladenen zu 1) zum nächstmöglichen Zeitpunkt gebeten.
Die Beklagte zahlte dementsprechend ab 1. April 1981 dem Kläger die Rente des Beigeladenen zu 1) in dem Betrag aus, der sich nach Abzug der Abtretungssumme zugunsten der beigeladenen Bank ergab. Hiervon unterrichtete sie den Beigeladenen.
Die Höhe der Auszahlung beanstandete der klagende Bezirk jedoch und verlangte von der Beklagten die Überweisung der vollen Rente W…s: Sein Ersatzanspruch gehe einer privatrechtlichen Rentenabtretung vor. Dies wies die Beklagte unter Bezug auf § 53 Abs. 3 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB 1) zurück. Eine vom Kläger überreichte Erklärung W…s (ohne Datum) über einen Widerruf seiner Rentenabtretung hielt sie für rechtlich unbeachtlich.
Mit der hierauf erhobenen Klage auf Auszahlung der Rente des Beigeladenen zu 1) in voller Höhe hatte der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) keinen Erfolg. Mit Urteil vom 17. Mai 1984 hat das SG seine Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Rechtsgrundlage des Erstattungsanspruchs des Klägers sei § 104 des Zehnten Buches des SGB (SGB 10); nach dieser ab 1. Juli 1983 geltenden Vorschrift seien begonnene Verfahren vor den Sozialgerichten zu Ende zu führen (Hinweis auf Art. II § 21 SGB 10 und auf die Entscheidung des Großen Senats des Bundessozialgerichts -BSG- vom 15. Dezember 1982 - GS 2/80). Als gegenüber der Beklagten nur nachrangig zu Leistungen an Walter W… verpflichteter Träger der Sozialhilfe sei der Anspruch des Klägers grundsätzlich und unstreitig begründet. Der Umfang des Erstattungsanspruchs richte sich nach § 104 Abs. 2 SGB 10 nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger, also für die Beklagte geltenden Rechtsvorschriften. Hierzu zähle § 53 Abs. 3 SGB 1 über die Übertragung von Rentenansprüchen. Danach sei die Abtretung der Rentenansprüche im vorliegenden Fall zu Recht geschehen. Die einseitige Rücknahme der Abtretung zugunsten der Bank durch den Kläger sei rechtswidrig und daher ohne Belang (Hinweis auf § 409 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-). Die Beklagte sei an die Abtretung der Rente nach wie vor gebunden. Die Entscheidung BSGE 28, 255 sei durch die Rechtsneuordnung insbesondere im Dritten Kapitel von SGB 10 überholt. Dem geltenden Recht lasse sich nicht entnehmen, daß Ansprüche aufgrund von rechtswirksamen Abtretungen gemäß § 53 Abs. 3 SGB 1 i. V. m. §§ 398, 400 BGB gegenüber Erstattungsansprüchen anderer Sozialleistungsträger nachrangig seien. Vielmehr seien solche Ansprüche untereinander gleichrangig und - bei fehlender Rangfolgeregelung in § 106 SGB 10 - das allgemeine Prinzip der Priorität zu beachten. Die Ansprüche der beigeladenen Bank seien früher entstanden als der Erstattungsanspruch des Klägers. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf Auszahlung der vollen Rente des Beigeladenen zu 1).
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom SG zugelassene, mit dem schriftlichen Einverständnis der beklagten LVA eingelegte Sprungrevision des klagenden Bezirks. Er bringt zur Begründung vor, das BSG habe in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 1968 in BSGE 28, 255 ausgeführt, daß ein gesetzlicher Forderungsübergang einer Abtretung vorgehe. Die Problematik habe sich durch das Inkrafttreten des SGB nicht geändert. In § 106 SGB 10 sei nur die Rangfolge von Leistungsträgern untereinander geregelt. Das Prioritätsprinzip sei zur Lösung der Rangfolge so verschiedenartiger Ansprüche nicht geeignet.
Der Kläger beantragt,das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben (und wohl zu ergänzen) und die Beklagte zu verurteilen, die volle Rente des Beigeladenen zu 1) an ihn auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,1. Die Revision gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 17. Mai 1984 zurückzuweisen;2. zu entscheiden, daß außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten seien.
Sie ist der Meinung, es könne zweifelhaft sein, ob die vom SG im Ergebnis zu Recht angenommene Beschränkung des Erstattungsanspruchs des Klägers auf § 104 Abs. 2 SGB 10 gestützt werden könne. § 53 SGB 1 sei eine Vorschrift, die nicht nur von ihr - Beklagter -, sondern von allen Sozialleistungsträgern zu beachten sei. Entscheidend sei aber, daß § 104 SGB 10 wie früher § 1531 RVO a. F. die Wirksamkeit einer nach §§ 398 ff. BGB i. V. m. § 53 Abs. 3 SGB 1 zulässigen Abtretung unberührt lasse. Soweit Abtretung erfolgt sei, gehe ein Überleitungsanspruch des Sozialhilfeträgers ins Leere. Andernfalls würde die Anzeige eine weitergehende Wirkung als z. B. ein gerichtlicher Pfändungs- und Überweisungsbeschluß entfalten. Auch § 106 SGB 10 stütze die Meinung des Klägers nicht. Die Berufung auf die Entscheidung des BSG vom 15. Oktober 1968 gehe fehl, weil hier kein gesetzlicher Forderungsübergang stattfinde. Die Überleitungsansprüche des Sozialhilfeträgers nach § 90 Abs. 1 Satz 1 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) entfalte erst mit dem Zugang Rechtswirkung und habe auf vorausgegangene wirksame Verfügungen keinen Einfluß.
Der Beigeladene zu 1) ist im Verfahren vor dem BSG nicht vertreten.
Die zu 2) beigeladene Bank hat erklärt, sie wolle keinen Antrag stellen und verzichte auf Bestellung eines Prozeßbevollmächtigten.
Sämtliche Beteiligte haben übereinstimmend erklärt, daß sie mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden seien (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).
II
Die Revision des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Das SG ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich der nach § 1531 RVO a. F. erhobene Erstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers gemäß der Überleitungsvorschrift in Art. II § 21 des Gesetzes vom 4. November 1982 (BGBl. I 1450) nach § 104 SGB 10 richtet, wenn er - wie hier - noch nach dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1. Juli 1983 (Art. II § 25 Abs. 1 a. a. O.) Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist (Entscheidungen des BSG vom 1. Dezember 1983 - 4 RJ 91/82 -, vom 24. Mai 1984 - 7 RAr 97/83 - und vom 13. September 1984 - 4 RJ 37/83). Unbeachtlich ist hierbei, daß der Kläger in dem dem Beigeladenen zu 1) am 24. Februar 1981 erteilten Bescheid über die Gewährung von Heimpflege dessen Anspruch auf Versichertenrente auf sich "übergeleitet" hat; nach § 140 BSHG ging schon damals der vom Kläger am gleichen Tage gegen die Beklagte geltend gemachte Ersatzanspruch nach § 1531 RVO a. F. dem Recht auf Überleitung eines Anspruchs nach § 90 BSHG vor (vgl. z.B. Knopp/Fichtner, BSHG, 4. Aufl., § 90 RdNr. 4 und § 140 RdNr. 2).
Entgegen der Annahme des SG erfüllt der Kläger nicht unmittelbar die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 104 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB 10: Der beklagte Rentenversicherungsträger hatte und hat dem Beigeladenen zu 1) keine Hilfe zur Pflege in einem Alten- und Pflegeheim als Sachleistung und ergänzend hierzu Taschengeld, sondern allein Rente zu gewähren (§ 1235 Nr. 2 RVO). Gleichartigkeit der Leistungen der beiden in Betracht kommenden Sozialleistungsträger wird aber in Satz 1 a. a. O. vorausgesetzt, da ein Erstattungsanspruch nur ausgelöst werden kann, wenn der erstleistende Träger eine Verpflichtung des in Anspruch genommenen zweiten Trägers erfüllt hat (vgl. z.B. Schellhorn in von Maydell/Schellhorn, GK-SGB X 3 § 104 RdNr. 31; Engelmann in Schroeder-Printzen usw., SGB 10/Ergänzungsband, § 104 Anm. 2.6). Im übrigen stehen die Leistungen von Kläger und Beklagter auch nicht im Verhältnis von Nach- und Vorrangigkeit. Bei erforderlicher Heimunterbringung eines Behinderten "hat" der Träger der Sozialhilfe nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BSHG "Hilfe hierfür im vollem Umfang zu gewähren" selbst dann, wenn dem Hilfesuchenden "die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten ist"; aber sogar dann, wenn dem Hilfesuchenden die Aufbringung der Mittel für die Heimunterbringung voll zugemutet werden kann, kann der Sozialhilfeträger die Heimunterbringung gewähren (§ 29 Satz 1 a. a. O.). In beiden Fällen der Leistung an den zur Aufbringung der Mittel ganz oder zum Teil fähigen, insoweit also im Sinne von § 2 Abs. 1 BSHG nicht bedürftigen Hilfesuchenden, wie sie der klagende Bezirk vorliegend dem rentenberechtigten Beigeladenen zu 1) durch die Heimunterbringung tatsächlich erbracht hat, hat der Hilfesuchende dem Sozialhilfeträger seine Aufwendungen nach § 43 Abs. 1 Satz 2 a. a. O. zum zumutbaren Teil, nach § 29 Satz 2 a. a. O. im vollem Umfang zu ersetzen. Für diese Fälle bestimmt § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB 10, daß Satz 1 a. a. O. entsprechend gilt. Der Sozialhilfeträger hat mithin trotz fehlender Nachrangigkeit seiner Leistung (§ 2 Abs. 2 BSHG) einen Erstattungsanspruch gegen den Sozialleistungsträger, demgegenüber der im Heim untergebrachte, zum Aufwendungsersatz verpflichtete Hilfesuchende einen zeitgleichen, noch nicht erfüllten Leistungsanspruch hat oder hatte (vgl. dazu auch die im Gesetzgebungsverfahren von der Bundesregierung abgegebene Stellungnahme in BT-Drucks. 9/95 S. 47 und die Beschlußempfehlung des federführenden Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung in BT-Drucks. 9/1753 S. 44; vgl. ferner z. B. Jahn, Sozialgesetzbuch für die Praxis II, SGB X § 104 Anm. 2).
Im vorliegenden Fall hat zwar der Beigeladene zu 1) gegenüber der beklagten LVA einen solchen Leistungsanspruch (Rentenanspruch); indessen reicht dessen Umfang nicht aus, den vom Kläger geltend gemachten Ersatzanspruch zu stützen. Im einzelnen ergibt sich dies aus folgendem.
In einem Fall der vorliegenden Art, in welchem der gegenüber dem Hilfesuchenden zum Aufwendungsersatz oder zu einem Kostenbeitrag berechtigte Sozialhilfeträger durch § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB 10 bezüglich seiner Vorleistung im Verhältnis zum Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Modell des Satzes 1 a. a. O. eine Art Nachrang eingeräumt erhalten hat, ist letzterer dem Träger der Sozialhilfe grundsätzlich erstattungspflichtig. Dem entspricht es, daß die Beklagte dem klagenden Bezirk bereits seit dem 1. April 1981 die Rente des Beigeladenen zu 1) zum weit überwiegenden Teil laufend ausbezahlt.
Mit der grundsätzlichen Erstattungspflicht des Trägers der Rentenversicherung gegenüber dem Träger der Sozialhilfe ist jedoch dessen - vorliegend streitige - Höhe im Einzelfall noch nicht bestimmt; sie regelt daher § 104 Abs. 3 SGB 10 (= Abs. 2 a. a. O. in der vor dem Inkrafttreten des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 - BGBl. I S. 1532 - am 1. Juli 1983 geltenden Fassung). Danach richtet sich der Umfang des Erstattungsanspruchs "nach den für den vorrangig verpflichteten Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften". Das bedeutet für einen Fall der zu entscheidenden Art, daß der Rentenversicherungsträger bei Anwendung des § 104 Abs. 1 SGB 10 zugunsten des Sozialhilfeträgers nicht weniger, aber auch "nicht weitergehend belastet werden (soll), als seine Verpflichtung dem Berechtigten gegenüber bestand" (Amtliche Begründung zum damaligen § 110 Abs. 2 des Regierungsentwurfs, BR-Drucks. 526/80 S. 25). Nur so ist nämlich die vom Gesetzgeber gewollte Rangordnung, d. h. der Rechtszustand wiederhergestellt, als wenn der (quasi) vorrangige Rentenversicherungsträger von Anfang an geleistet hätte (vgl. dagegen die in § 102 Abs. 2 SGB 10 getroffene Regelung, in welcher der Erstattungsanspruch des nur vorläufig vorleistenden Trägers gegen den endgültig leistungsverpflichteten Träger auch höher sein kann und gleichsam "Sanktioncharakter" hat, vgl. auch Schellhorn a. a. O., RdNr. 53).
Demgemäß muß der Anspruch des Klägers auf eine weitere Erstattung seiner Aufwendungen für den Beigeladenen zu 1) durch die Beklagte schon daran scheitern, daß diese dann insgesamt mehr zu leisten hätte, als sie dem Beigeladenen nach ihrem letzten bindenden Rentenbescheid vom 21. Oktober 1982 (vgl. § 77 SGG) zu leisten verpflichtet ist:
Die Walter W… von der Beklagten wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligte Versichertenrente stellt fraglos eine laufende Geldleistung dar, die im Sinne des § 53 Abs. 3 SGB 1 der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt ist. Solche Ansprüche können nach der soeben genannten Vorschrift - unter gegenüber Abs. 2 a. a. O. erleichterten Bedingungen - übertragen und gepfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen. Die Übertragung geschieht durch Vertrag zwischen Rentenberechtigtem und durch die Übertragung begünstigtem Dritten; dabei kann dahinstehen, ob dieser Vertrag öffentlich-rechtlicher Natur ist (so z. B. Hauck/Haines, SGB I K § 53 RdNr. 3); jedenfalls gelten für die Übertragung nach § 53 Abs. 3 a. a. O. die zivilrechtlichen Vorschriften der Forderungsübertragung nach §§ 398 ff. BGB entsprechend, soweit nicht Sondervorschriften bestehen (vgl. § 61 Satz 2 SGB 10). Anwendbar ist insbesondere § 398 Satz 2 BGB; danach tritt mit dem Abschluß des Abtretungsvertrags der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers mit der Folge, daß der Schuldner mit befreiender Wirkung nur noch an diesen zahlen kann, es sei denn, er hätte die Abtretung bei der Leistung noch nicht gekannt (§ 407 BGB). Demgemäß ist von den Beteiligten auch im vorliegenden Fall nicht in Frage gestellt, daß der Beigeladene zu 1) am 25. November 1976 den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gegen die Beklagte zum Teil wirksam an die zu 2) beigeladene Bank abgetreten hat; den Abtretungsvertrag konnte Walter W… auch nicht einseitig widerrufen, sondern allenfalls durch einen weiteren Vertrag mit der Bank als der neuen Gläubigerin einverständlich aufheben. Das ist aber bislang nicht geschehen.
War - nach entsprechender Anzeige der im November 1976 vereinbarten Abtretung - und ist die Beklagte nach allem aber verpflichtet, den die Pfändungsgrenze überschreitenden Teil der Rente des Beigeladenen zu 1) an die Beigeladene zu 2) abzuführen, dann konnte der Kläger im Februar 1981 nicht auch seinerseits aufgrund des § 104 Abs. 1 Satz 4 und 1 SGB 10 einen Anspruch auf diesen Rentenbetrag haben. Dies widerspräche der Zielsetzung des § 104 Abs. 1 a. a. O., unter mehreren Leistungsträgern einen Ausgleich ihrer dem selben Leistungsempfänger erbrachten Aufwendungen nach dem Modell von Vor- und Nachrangigkeit der Leistungsverpflichtungen herzustellen, hierbei aber den (quasi) vorrangigen Träger gemäß Abs. 3 a. a. O. (= früher: Abs. 2) nicht über seine dem Berechtigten gegenüber bestehende gesetzliche Leistungspflicht hinaus zu belasten. Ein Rechtsgrund, der es rechtfertigen könnte, daß der (quasi) vorrangige Träger bei wirksamer Übertragung des Anspruchs des Berechtigten auf einen Dritten sowohl an diesen wie an den (quasi) nachrangigen Leistungsträger zu zahlen hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Annahme des Klägers unzutreffend, ihm stünde gegenüber der Beigeladenen zu 2) als Abtretungsgläubigerin ein "Vorrang" zu. Wie ausgeführt, hat § 104 Abs. 1 SGB 10 nicht die Rechtsansprüche von Individualpersonen gegenüber einer Mehrheit von Leistungsträgern im Blick, sondern regelt den Ausgleich von Aufwendungen unter mehreren Leistungsträgern; auf sie allein bezieht sich der in § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB 10 genannte Vor- und Nachrang.
Sofern der Kläger mit der Inanspruchnahme eines "Vorrangs gegenüber der Abtretung" die Auffassung vertreten sollte, mit der Geltendmachung eines Anspruchs aus § 104 Abs. 1 a. a. O. entfalle zu seinen Gunsten die Abtretung des Rentenanspruchs oder doch zumindest deren Wirkung und deshalb auch die Leistungspflicht der beklagten LVA gegenüber der Beigeladenen zu 2), wäre tief sowohl in die Verfügungsberechtigung des Rentenempfängers über seinen Rentenanspruch als auch in den Gläubigerschutz eingegriffen, wie sie beide durch § 53 Abs. 3 SGB 1 gezielt neu ausgeformt worden sind (vgl. z.B. Thieme in Wannagat, SGB, § 53 AT RdNr. 1, 8 und 12). Ein solch tiefer Eingriff bedürfte einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung. Hieran fehlt es.
Auf die Entscheidung BSGE 28, 252 kann sich der Kläger nicht berufen; dort ist allein ausgeführt, daß eine rechtsgeschäftliche Forderungsabtretung nicht mehr wirksam werden kann, sofern in bezug auf die gleiche Forderung ein gesetzlicher Forderungsübergang zugunsten eines öffentlich-rechtlichen Leistungsträgers bereits wirksam geworden war.
Schließt nach allem § 104 Abs. 3 (= früher: Abs. 2) SGB 10 den Anspruch des Klägers insoweit aus, als der beklagte Rentenversicherungsträger aufgrund wirksamer früherer Abtretung des Rentenanspruchs des Berechtigten an einen Dritten zu leisten verpflichtet ist, so hat das SG im angefochtenen Urteil die Klage zu Recht abgewiesen. Es bedurfte daher keiner Entscheidung, wieweit der Wortlaut des § 104 Abs. 1 SGB 10 und der mit ihm zu verbindende Sinngehalt einen Erstattungsanspruch auch in bezug auf Leistungen des Trägers der Sozialhilfe für die Zukunft begründet, wenn dieser - wie hier in Form der Heimpflege - dem Berechtigten laufende Leistungen erbringt (vgl. hierzu Schellhorn a. a. O. RdNr. 5). Die Revision des Klägers gegen das Urteil des SG war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Der in beiden Rechtszügen nicht erfolgreiche Kläger hat der Beigeladenen zu 2), die mit ihrer Rechtsauffassung durchgedrungen ist, die außergerichtlichen Kosten des gesamten Streitverfahrens zu erstatten; dem Beigeladenen zu 1), der keinen Antrag gestellt hat, sind Kosten nicht zu erstatten (§ 193 Abs. 1 SGG). Das gleiche gilt nach § 193 Abs. 4 SGG für die Beklagte.1/4 RJ 57/84
Bundessozialgericht
Fundstellen