Leitsatz (redaktionell)

Der unter dem ausschließlichen Befehl der SS-Dienststellen geleistete Wachdienst in einem Konzentrationslager ist weder nach den Vorschriften des KBLG noch nach denen des BVG versorgungsrechtlich geschützt.

 

Normenkette

BVG § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20, § 38 Fassung: 1950-12-20

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Mai 1964 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Der erste Ehemann der Klägerin, Max K, in folgendem mit K. bezeichnet, trat im November 1937 in die allgemeine SS ein und wurde im Dezember 1937 als Freiwilliger bei der SS-Standarte Deutschland angenommen. Er erfüllte in der Zeit von April bis Oktober 1938 seine Arbeitsdienstpflicht und wurde anschließend zum 1. November 1938 zur SS-Standarte Deutschland einberufen. Mit dieser Einheit der Verfügungstruppe war er 1939 in Böhmen-Mähren und - zu Beginn des Krieges - in Polen eingesetzt. Vom 15. Dezember 1940 an gehörte er dem SS-Infanterieregiment 9 (mot) an und wurde am 10. September 1941 durch Granatsplitter verwundet (Granatsplitterverletzung am linken Oberschenkel und Trommelfellverletzung beider Ohren). Nach seiner Entlassung aus der Lazarettbehandlung am 1. März 1942 befand er sich bei einer Genesendenkompanie des SS-Ersatzbataillons Nord, vom 17. Juni 1942 an gehörte er zunächst zum SS-Totenkopfsturmbann-Konzentrationslager G./Oberdonau, vom 8. Dezember 1943 an zum SS-Totenkopfsturmbann-Konzentrationslager P.. Nach einem in Abschrift vorliegenden Telegramm des Kommandeurs dieses Konzentrationslagers starb K. am 6. Juni 1944 an den Folgen eines Selbstmordversuchs im SS-Hauptlazarett in Krakau. In diesem Telegramm ist ausgeführt, daß K. als Transportführer nach Dachau eingeteilt, aus dienstlichen Gründen aber abgelöst worden sei. Dies habe er sich zu Herzen genommen und Selbstmord verübt. Mit Bescheid des Rasse- und Siedlungshauptamtes der SS - Amt Versorgung - Fürsorge- und Versorgungsamt der SS in Prag vom 10. März 1945 wurde der Klägerin vom 1. Oktober 1944 an ein Witwengeld in Höhe von monatlich RM 63,72 bewilligt; dabei wurde ausgeführt, daß der Tod des Ehemannes der Klägerin nicht die Folge einer Wehrdienstbeschädigung oder einer Beschädigung bei besonderem Einsatz sei.

Am 25. September 1950 beantragte die Klägerin die Gewährung von Witwenrente. Im Antrag gab sie an, daß ihr Ehemann im SS-Lazarett Krakau "durch Kriegseinwirkungen" verstorben sei. Am 26. November 1951 ergänzte sie ihre Angaben durch eine eidesstattliche Erklärung; darin führte sie aus, ihr Ehemann sei vom 6. Dezember 1943 an zur Bewachung des Konzentrationslagers Krakau-P. eingesetzt worden, nachdem er auf Grund seiner Verwundung für den Kriegsdienst nicht mehr einsatzfähig gewesen sei. Anläßlich eines Kurzurlaubs am 7. Februar 1944 habe er ihr in Gegenwart einer Freundin Maria S berichtet, daß er Wachdienst im Konzentrationslager leiste, daß die Wachen dieses Lagers oft mitten in der Nacht aus den Betten gerissen würden und dann Auftrag hätten, Juden, darunter Frauen und Kinder, zu erschießen. Diese Befehle seien jeweils auch ausgeführt worden, da im anderen Falle die Wachen wegen Dienstverweigerung erschossen worden wären. Ihr Ehemann habe bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck gebracht, daß er so nicht mehr weiterleben könne. Er habe gleichzeitig auch davon gesprochen, daß er sich nicht selbst erschießen dürfe, da sonst die Angehörigen keine Versorgung erhielten. In einem weiteren Schreiben vom 10. Januar 1953 gab die Klägerin an, sie habe sich seinerzeit selbst an die damalige Kreisleitung der NSDAP Z. gewandt, um nähere Einzelheiten über den Tod des K. zu erfahren. Trotz mehrfacher Vorsprache habe ihr die Kreisleitung keine näheren Angaben machen können, weil der zuständige Kompanieführer die Rückfragen der Kreisleitung nicht beantwortet habe. In einem ähnlichen Sinne wie die Klägerin selbst äußerte sich auch Frau Maria S in ihrem an das Versorgungsamt (VersorgA) München gerichteten Schreiben vom 19. August 1953. Nach ihrer Schilderung hatte K. davon erzählt, daß er laufend zu Erschießungen von Juden herangezogen werde und daß er dieses Leben nicht mehr ertragen könne. Mit Bescheid vom 3. September 1953 lehnte das VersorgA München den Hinterbliebenenrentenantrag der Klägerin ab: Nach dem Bescheid des Fürsorge- und Versorgungsamtes der SS in Prag vom 10. März 1945 bestehe kein Anhalt, daß der Tod des Ehemannes der Klägerin in einem Ursachenzusammenhang mit einer Wehrdienstbeschädigung gestanden habe.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Berufung nach altem Recht zum Oberversicherungsamt (OVA) München eingelegt, die mit Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) am 1. Januar 1954 als Klage auf das Sozialgericht (SG) München übergegangen ist. Das SG hat im Wege der Rechtshilfe Frau Maria S und Herrn Fritz B als Zeugen vernehmen lassen, hat vom Personenstandsarchiv in Kornelimünster eine Auskunft über die Geschichte der Waffen-SS, der Verfügungstruppe und der SS-Totenkopfverbände eingeholt und mit Urteil vom 17. April 1958 die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der Ehemann der Klägerin im Zeitpunkt seiner Selbsttötung keinen militärischen oder militärähnlichen Dienst geleistet habe. Im übrigen sei auch kein Anhalt dafür vorhanden, daß etwa die besonderen Verhältnisse seines Dienstes die freie Willensbestimmung im Augenblick der Tat ausgeschlossen hätten.

Das Bayerische Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 13. Mai 1964 die Berufung der - inzwischen wiederverheirateten - Klägerin als unbegründet zurückgewiesen: Eine Hinterbliebenenversorgung nach den Vorschriften des Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (KBLG) - für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) - komme schon deshalb nicht in Betracht, weil K. im Zeitpunkt seines Todes weder militärischen noch militärähnlichen Dienst im Sinne dieses Gesetzes geleistet habe; denn die zur Bewachung von Konzentrationslagern eingesetzten SS-Einheiten wie hier die SS-Totenkopfsturmbanne hätten in keinerlei Beziehung zum Wehrdienst gestanden. Sie seien weder für Zwecke der Wehrmacht eingesetzt gewesen noch hätten sie der Befehlsgewalt der Wehrmacht unterstanden. Nichts anderes könne auch für die Frage einer Versorgung nach den Vorschriften des BVG gelten. Zwar sei der im Rahmen der Waffen-SS geleistete Dienst nach Ausbruch des Krieges als dem Wehrdienst gleich und deshalb als militärischer Dienst anzusehen. Die Totenkopfsturmbanne der SS zur Bewachung von Konzentrationslagern, denen K. vom Juni 1942 an angehört habe, seien jedoch der Waffen-SS nicht zuzurechnen, auch wenn man sie nach damaligem Sprachgebrauch "nominell" als zur Waffen-SS gehörig bezeichnet habe, um dadurch Freistellungen vom tatsächlichen Wehrdienst und sonstige Vorteile (z. B. Übernahme der Besoldung auf den Reichshaushalt) zu erreichen. Schließlich sei aus den vorliegenden Beweisunterlagen auch nicht erkennbar, daß K. von seiner letzten Einheit bei der Waffen-SS etwa zwangsweise zum SS-Totenkopfsturmbann versetzt worden sei. Bei dieser Sachlage - mangelndes Vorliegen militärischen oder militärähnlichen Dienstes des K. im Zeitpunkt seines Freitodes - bedürfe es keiner weiteren Prüfung von Anspruchsvoraussetzungen wie z. B. der Zusammenhangsfrage. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen dieses ihr am 10. Juni 1964 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Juli 1964, eingegangen beim Bundessozialgericht (BSG) am 3. Juli 1964, Revision eingelegt und geltend gemacht, ihr verstorbener erster Ehemann sei auch nach Verlassen der Genesendenkompanie des SS-Ersatzbataillons Nord - bis zu seinem Ableben - Angehöriger der Waffen-SS geblieben, so daß er unverändert wie bei der Waffen-SS selbst auch militärischen Dienst geleistet habe, als er zum Wachpersonal der Konzentrationslager G. und P. gehört habe. Infolge seiner Kriegsverletzungen sei er zu den SS-Totenkopfsturmbannen nur abkommandiert gewesen, das ergebe sich schon aus der dem LSG vom "Berlin Document-Center der US-Mission" in Berlin ua zugesandten Fotokopie eines Stammblattes der "Friedenseinheit" des Verstorbenen, nach dem dieser am 6. Juni 1944 wegen Selbstmordes aus der "Friedenseinheit I/SS Deutschland", die zur offiziellen Waffen-SS gehört habe, entlassen worden sei. Dieses Stammblatt habe das LSG zumindest veranlassen müssen, den Sachverhalt - durch weitere Erhebungen und Einvernahmen von Angehörigen der Waffen-SS (Führungshauptamt) - weiter aufzuklären, um sodann feststellen zu können, daß auch nach seiner Abkommandierung zu den SS-Totenkopfsturmbannen infolge seiner Kriegsverletzungen K. Angehöriger der Waffen-SS mit militärischem Dienst geblieben sei.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Bayerischen LSG vom 13. Mai 1964 aufzuheben und unter Aufhebung der bisherigen versorgungsrechtlichen Entscheidungen der Klägerin Hinterbliebenenversorgung bis zur Wiederverheiratung zu gewähren,

2. hilfsweise,

unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts die Streitsache zur erneuten Sachaufklärung und Verhandlung zwecks neuer Entscheidung an das Vordergericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und ist der Auffassung, daß K. nach seiner Zugehörigkeit zur Waffen-SS bis zum 16. Juni 1942 hintereinander zu verschiedenen SS-Totenkopfeinheiten "versetzt" worden sei; das ergebe sich aus dem Wehrpaß des Verstorbenen, in dem immer nur endgültige Versetzungen und niemals Abkommandierungen eingetragen worden seien. K. habe deshalb im Zeitpunkt seines Ablebens keinen militärischen Dienst geleistet.

Auf die Schriftsätze der Klägerin vom 2. Juli, 7. August, 9. September, 12. November und 23. November 1964 und auf den Schriftsatz des Beklagten vom 8. Oktober 1964 wird verwiesen.

Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist von der Klägerin form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und deshalb zulässig. Die Revision ist aber nicht begründet, denn das LSG hat zutreffend entschieden, daß K. im Zeitpunkt seines Todes weder militärischen noch militärähnlichen Dienst geleistet hat, so daß es der Prüfung weiterer Anspruchsvoraussetzungen wie etwa der Frage des Ursachenzusammenhanges nicht mehr bedurfte.

Der 10. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 14. Juni 1966 (BSG in SozR BVG § 2 Nr. 8) in einem ähnlich gelagerten Falle eingehend geprüft, ob der Dienst der Angehörigen der bewaffneten SS-Verbände als militärischer Dienst im Sinne des § 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 BVG angesehen werden kann oder nicht. Er ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, daß sich aus dem Wortlaut des Gesetzes (§ 2 BVG) nichts ergebe, was es erlaube, den Dienst in bewaffneten SS-Verbänden in den "Militärdienst" im Sinne dieser Vorschrift einzuordnen, gleichgültig, ob es sich um den Dienst in der SS-Verfügungstruppe und damit der sogenannten Waffen-SS oder um einen solchen in einem SS-Totenkopfverband gehandelt habe. Denn in § 2 BVG sei der Dienst in einem Verband der SS als Militärdienst nicht aufgeführt, darüber hinaus habe auch kein Dienst nach "Deutschem Wehrrecht" (§ 2 Abs. 1 Buchst. a BVG) vorgelegen, denn als "Deutsches Wehrrecht" im Sinne dieser Vorschrift könne nur das Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 (RGBl I, 609) angesehen werden, in dem neben Heer, Marine und Luftwaffe die bewaffneten Verbände der SS - etwa als 4. Teil der Wehrmacht - nicht angeführt seien. Die Richtigkeit dieser Auffassung, so hat der 10. Senat aaO weiter ausgeführt, ergebe sich im übrigen auch aus der Anordnung Hitlers vom 17. August 1938 über die Aufgaben der Deutschen Polizei und der SG über die Abgrenzung der gemeinsamen Aufgaben der SS und der Wehrmacht (Dokument 647/PS in Band XXVI S. 190 ff, Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher), nach der durch den Dienst in der SS-Verfügungstruppe die gesetzliche aktive Dienstpflicht nach § 8 des Wehrgesetzes - lediglich - als erfüllt "gelte", also kein Dienst nach "Deutschem Wehrrecht" gewesen sei. Dasselbe ergebe sich aus § 2 der Verordnung (VO) über die Musterung und Aushebung vom 17. April 1937 (RGBl I, 469); auch in dieser Vorschrift sei der Dienst in der SS-Verfügungstruppe besonders angeführt worden. Schließlich spreche auch § 201 des Wehrmachtfürsorge- und -versorgungsgesetzes (WFVG) für die vom 10. Senat vertretene Auffassung. Auch hier hätten die Vorschriften des für die Wehrmacht geltenden WFVG auf die Angehörigen der SS-Verfügungstruppe für "anwendbar" erklärt werden müssen, um den Dienst in der SS-Verfügungstruppe dem Militärdienst versorgungsrechtlich gleichzustellen.

Trotz dieser Erörterungen ist der 10. Senat des BSG in seinem angeführten Urteil schließlich aber doch zu dem Ergebnis gekommen, daß aus der Entstehungsgeschichte des BVG "mit Sicherheit" hervorgehe, daß der Gesetzgeber den Dienst in der Waffen-SS, soweit dieser dem Befehl der Wehrmacht unterstanden habe, versorgungsrechtlich als Militärdienst hat ansehen wollen. Zu einem diesem Willen und der Auffassung des Gesetzgebers entsprechenden Ergebnis ist im übrigen auch die von der strengen Auffassung des 10. Senats des BSG insoweit abweichende Rechtsprechung gekommen (vgl. ua BSG 12, 172; BVerwG, Urteil vom 24. Juni 1959 im DVBl 1959, 750), nach welcher der Dienst in der Waffen-SS zwar grundsätzlich nicht, aber doch dann als Militärdienst nach Deutschem Wehrrecht angesehen werden muß, wenn dieser bei Unterstellung unter den Befehl der Wehrmacht geleistet worden ist; die Waffen-SS sei eine Organisation besonderer Art gewesen, die auch nichtmilitärischen Aufgaben zu dienen bestimmt gewesen sei. Daraus folge, daß nicht jeder Dienst in der Waffen-SS Dienst als Soldat nach Deutschem Wehrrecht gewesen sein könne, sondern in der Regel nur derjenige, bei dem der einzelne "Angehörige der Waffen-SS für die Kriegführung militärisch eingesetzt gewesen sei" (vgl. BVerwG aaO; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1965 in ZLA 1966, 143).

Ebenso wie der 10. Senat in seinem Urteil vom 14. Juni 1966 hat es aber im vorliegenden Falle auch der erkennende Senat dahinstehen lassen können, ob er der dargelegten strengen Auffassung des 10. Senats - nach dem eindeutigen Wortlaut des § 2 BVG ist der Dienst in der Waffen-SS in keinem Falle Militärdienst - folgen oder sich der angeführten Rechtsprechung (und dem Willen des Gesetzgebers) anschließen und den Dienst in der Waffen-SS bei kriegerischem Einsatz und Unterstellung unter den Befehl der Wehrmacht als militärischen ansehen will: Denn der verstorbene Ehemann der Klägerin K. hat auch nach der letztgenannten, weniger strengen Auffassung im Zeitpunkt seines Todes keinen Militärdienst geleistet, gleichgültig, ob er nach seiner Einberufung und Verwendung zunächst in der Waffen-SS von dieser im Juni 1942 zu den SS-Totenkopfsturmbann-Formationen G. und P. nur abgeordnet oder versetzt worden ist. Nach den von der Revision nicht angegriffenen und deshalb für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat K. vom 17. Juni 1942 an bis zu seinem Freitod am 6. Juni 1944 Dienst bei der Bewachung der Konzentrationslager G. und P. geleistet. Er unterstand also während dieser gesamten Zeit dem ausschließlichen Befehl der ihm vorgesetzten SS-Dienststellen und nicht der Wehrmacht oder einer Wehrmachtsdienststelle. Ebensowenig hatte sein Wachdienst in den Konzentrationslagern mit irgendeinem Kriegseinsatz etwas zu tun. Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn die Konzentrationslager G. und P. mit ihren Bewachungsmannschaften zeitweilig Angriffen von Partisanen ausgesetzt gewesen sind, deren sie sich erwehren mußten. Denn K. ist unbestritten bei einem "Partisaneneinsatz" nicht zu Schaden gekommen. Nach allem hat K. im Zeitpunkt seines Todes ohne Rücksicht darauf, welchem bewaffneten SS-Verband er damals angehörte, keinen Militärdienst im Sinne des § 2 BVG geleistet, so daß in diesem Zusammenhang auch für die Rüge einer Verletzung des § 103 SGG kein Raum ist. Es bedurfte keiner Feststellungen des LSG mehr darüber, ob K. nach Aufnahme seines Dienstes in einem SS-Totenkopfsturmbanne noch "offiziell" der Waffen-SS angehört hat oder nicht, d. h. ob er von dieser zu den SS-Totenkopfsturmbanneinheiten versetzt oder nur abgeordnet worden ist.

Wie das Berufungsgericht zutreffend entschieden hat, kann der von K. im Zeitpunkt seines Todes geleistete Dienst in einem mit der Bewachung eines Konzentrationslagers beauftragten SS-Totenkopfsturmbanne auch nicht als militärähnlich im Sinne des § 3 Abs. 1 (Buchst. b) BVG angesehen werden. Zwar ist der Dienst in den bewaffneten SS-Verbänden - unbeschadet dessen, ob er als militärischer angesehen werden kann oder nicht - grundsätzlich als militärähnlicher Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG anzusehen, soweit er im Kriegseinsatz - unter dem Befehl der Wehrmacht - geleistet worden ist. Das ergibt sich zweifelsfrei aus der genannten Vorschrift, nach der als militärähnlicher Dienst im Sinne des § 1 Abs. 1 BVG ua derjenige gilt, der auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht - freiwillig oder unfreiwillig - geleistet worden ist. K. hat aber wie dargelegt im Zeitpunkt seines Todes als zur Wachmannschaft des SS-Totenkopfsturmbann-Konzentrationslagers P. gehörend weder für Zwecke der Wehrmacht noch unter dem Befehl einer Wehrmachtsdienststelle Dienst geleistet. Der Dienst im Konzentrationslager P. kann daher auch nicht als militärähnlich angesehen werden.

Ebensowenig wie nach den Vorschriften des BVG kann die Klägerin aus Anlaß des Todes des K. Versorgung nach dem bis zum Inkrafttreten des BVG (1. Oktober 1950) geltenden KBLG vom 26. März 1947 und seinen Durchführungsverordnungen (DVO) - für September 1950 - erhalten. Nach Art. 1 Abs. 1 KBLG erhielten Personen, die durch unmittelbare Kriegseinwirkungen oder anläßlich militärischen oder militärähnlichen Dienstes Gesundheitsschädigungen erlitten haben, wegen der Folgen dieser Schädigungen für sich und ihre Hinterbliebenen Leistungen nach den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung, "soweit sich nach diesem Gesetz nichts anderes ergibt". In Art. 1 Abs. 2 ist bestimmt, daß Leistungen nicht gewährt werden sollten für Folgen einer Gesundheitsschädigung, die mit einer Dienstleistung für die NSDAP, deren Gliederungen oder geschlossenen Verbände in ursächlichem Zusammenhang stehen. Dazu bestimmte § 8 der DVO vom 1. Mai 1949 zum KBLG, daß Leistungen für Gesundheitsschädigungen, die mit einem Dienst im Sinne des Art. 1 Abs. 2 des Gesetzes in Zusammenhang stehen, nicht gewährt wurden, es sei denn, daß diese Gliederungen oder Verbände im Verband oder für Zwecke der Wehrmacht eingesetzt waren, deren Befehlsgewalt unterstanden oder die Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkung entstanden ist. Danach ist der Dienst in der SS-Verfügungstruppe und den sonstigen bewaffneten SS-Verbänden (Waffen-SS) nach Kriegsbeginn nur dann versorgungsrechtlich geschützt gewesen, wenn diese Gliederungen oder Verbände im Verband oder für Zwecke der Wehrmacht eingesetzt waren und deren Befehlsgewalt unterstanden oder wenn die Schädigung durch eine unmittelbare Kriegseinwirkung, z. B. durch Waffeneinwirkung, entstanden ist. Das alles aber war - wie bereits für die Zeit von der Geltung des BVG an dargelegt - bei K. nicht der Fall.

Das LSG hat deshalb die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zutreffend zurückgewiesen, ohne daß es gegen zwingende Verfahrensvorschriften verstoßen hätte oder - schon beim Fehlen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen - verpflichtet gewesen wäre, noch weitere Anspruchsvoraussetzungen wie etwa die Zusammenhangsfrage zu prüfen.

Die Revision der Klägerin war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2387442

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