Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs. Recht auf freiwillige Weiterversicherung nach Ablehnung des Rentenantrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Frage der Wiedergewährung von Krankengeld bei unrichtiger Beratung im Rahmen eines Kassenwechsels.
2. Der Anspruch auf Krankengeld setzt allgemein voraus, daß die Arbeitsunfähigkeit während einer Kassenmitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung eingetreten ist. Diese Voraussetzung gilt auch dann als erfüllt, wenn ein aus der Versicherung Ausgeschiedener in der nachgehenden Frist des § 183 Abs 1 S 2 RVO arbeitsunfähig geworden ist, die Arbeitsunfähigkeit aber auf einem während der Mitgliedschaft eingetretenen Versicherungsfall der Krankheit beruht.
Orientierungssatz
1. Die Rechtsprechung des BSG macht ab Oktober 1977 (vgl BSG vom 5.10.1977 3 RK 35/75 = BSGE 45, 11) die Wiedergewährung des Krankengelds davon abhängig, daß der Arbeitsunfähige Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben ist; denn in der gesetzlichen Krankenversicherung sind grundsätzlich nur (derzeit) Versicherte leistungsberechtigt. Es muß sich bei der fortgesetzten Mitgliedschaft aber nicht um eine solche handeln, die für eine (neue) Arbeitsunfähigkeit Versicherungsschutz bietet, also mit Anspruch auf Krankengeld ausgestattet ist. Zur Aufrechterhaltung des erworbenen Krankengeldanspruchs genügt es vielmehr, daß der Arbeitsunfähige überhaupt der gesetzlichen Krankenversicherung weiter angehört (vgl BSG aaO).
2. Die Zuständigkeitsregelung des § 257a Abs 1 S 3 RVO kann nicht dazu führen, dem Kassenmitglied das ihm zustehende Recht auf freiwillige Weiterversicherung zu nehmen.
Normenkette
RVO § 183 Abs. 2 S. 1 Fassung: 1961-07-12, § 313 Abs. 1, § 257a Abs. 1 S. 3, § 315a Abs. 1, § 182 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1975-06-24
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Wiedergewährung von Krankengeld in einem neuen Dreijahrszeitraum (Blockfrist) iS des § 183 Abs 2 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO).
Der 1921 geborene Kläger war als selbständiger Fuhrunternehmer freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse (T ). Seit dem 17. November 1975 war er wegen derselben Krankheit ununterbrochen arbeitsunfähig. Er bezog Krankengeld bis zum Ende der gesetzlichen Bezugszeit in der ersten Blockfrist am 16. Mai 1977. Am 27. Juni 1977 beantragte er bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Gewährung von Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit. Ab diesem Zeitpunkt wurde er bei der Beklagten gemäß einer von ihm abgegebenen Erklärung in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) geführt. Am 30. September 1977 übertrug er sein Fuhrunternehmen auf seine Frau. Diese trat am 1. Oktober 1977 als freiwilliges Mitglied der beigeladenen Ersatzkasse (B) bei. Davon setzte der Kläger die Beklagte im Dezember 1977 in Kenntnis. Mit Bescheid vom 1. November 1977 lehnte die BfA den Rentenantrag des Klägers ab; der den Widerspruch zurückweisende Bescheid vom 17. Februar 1978 blieb unangefochten. Nachdem die Beklagte vom Ausgang des Rentenverfahrens Kenntnis erlangt hatte, fand im Mai 1978 ein Gespräch zwischen ihrem Angestellten H und dem Kläger statt, im Verlauf dessen der Kassenangestellte dem Kläger mitteilte, daß für das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs in der zweiten Blockfrist eine eigene Mitgliedschaft nicht erforderlich sei. Mit Schreiben vom 1. Juni 1978 bat die Beklagte die Beigeladene, den Kläger gemäß § 257a Abs 1 Satz 3 RVO ab 1. Oktober 1977 als Mitglied der KVdR zu übernehmen.
Nach Beginn der zweiten Blockfrist am 17. November 1978 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Wiedergewährung des Krankengeldes ab. Seinen Widerspruch wies sie aus folgenden Gründen zurück: Der Anspruch auf Krankengeld hätte nur wiederaufleben können, wenn der Kläger noch ihr Mitglied gewesen wäre. Die Mitgliedschaft habe jedoch am 30. September 1977 geendet; sie sei gemäß § 257a Abs 1 Satz 3 RVO bei der Beigeladenen weitergeführt worden. Ab 1. Juni 1978 habe die Ehefrau des Klägers aufgrund ihrer Mitgliedschaft bei der Beigeladenen für den Kläger einen Anspruch auf Familienhilfe.
Das Sozialgericht (SG) hat in seiner ersten Entscheidung die Beklagte zur Wiedergewährung des Krankengelds in der zweiten Blockfrist ab 17. November 1978 verurteilt; es hat als ausreichend angesehen, daß bei Beginn der neuen Blockfrist für den Arbeitsunfähigen ein Anspruch auf Krankenpflege besteht, wenn auch nur, wie im vorliegenden Fall, aufgrund der Mitgliedschaft eines Familienangehörigen (Urteil vom 10. Dezember 1979 -S 8 Kr 121/79-). Auf die Sprungrevision der Beklagten ist das Urteil aufgehoben und die Sache an das SG zurückverwiesen worden. Der Senat hat sich der Auffassung des SG nicht angeschlossen, sondern daran festgehalten, daß nur ein auf eigener Mitgliedschaft beruhender Anspruch auf Krankenpflege (eventuell auch ein nachgehender Anspruch) die Wiedergewährung von Krankengeld bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit zu rechtfertigen vermag (SozR 2200 § 183 RVO Nr 35). Er hat ferner in Anbetracht der vom Kläger behaupteten unrichtigen Auskunft der Beklagten auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch hingewiesen. Das SG hat daraufhin die Beklagte verurteilt, vom 1. April 1978 an eine Mitgliedschaft des Klägers bei ihr nach den gesetzlichen und satzungsgemäßen Bestimmungen herzustellen (Urteil vom 18. Mai 1984 - S 8 Kr 115/81).
Dieses Urteil ist von der Beklagten mit der Berufung angefochten worden. Im Berufungsverfahren hat der Kläger wieder seinen ursprünglichen Antrag auf Krankengeldgewährung gestellt. Das Landessozialgericht (LSG) hat der Berufung der Beklagten stattgegeben und die Klage aus folgenden Gründen abgewiesen: Der Kläger habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Wiedergewährung von Krankengeld ab 17. November 1978, weil er zu diesem Zeitpunkt (Beginn der zweiten Blockfrist) nicht mehr Mitglied der Beklagten gewesen sei und auch einen nachgehenden Anspruch nicht mehr gehabt habe. Das zuletzt bestehende formale Mitgliedschaftsverhältnis als Rentenantragsteller (§ 315a RVO) habe bei der Beklagten mit dem 30. September 1977 und bei der anschließend zuständig gewesenen Beigeladenen mit dem Tage geendet, an dem der die Rente ablehnende Widerspruchsbescheid der BfA vom 17. Februar 1978 unanfechtbar geworden sei, also unter Berücksichtigung der Absendung des Bescheides am 22. Februar 1978 spätestens Ende März 1978 (§ 257a Abs 1 Satz 3, § 315a Abs 2 Satz 2 RVO). Eine freiwillige Fortsetzung dieser Mitgliedschaft sei weder bei der Beklagten noch bei der Beigeladenen möglich gewesen. Bei der Beklagten habe ein iS des § 11 Nr 4 Abs 3 ihrer Versicherungsbedingungen (VB-TK) der Fortsetzung fähiges Mitgliedschaftsverhältnis nicht mehr bestanden. Das Mitgliedschaftsverhältnis bei der Beigeladenen habe nicht fortgesetzt werden können, weil § 10a Abs 8 ihrer Versicherungsbedingungen (VB-BEK) das Recht hierzu nur Personen eingeräumt habe, die schon vor der Rentenantragstellung ihr Mitglied gewesen seien. Die Auffassung des SG, es habe bis zur "Verweisung" des Klägers an die Beigeladene durch das Schreiben der Beklagten vom 1. Juni 1978 eine Formalmitgliedschaft Personen eingeräumt habe, die schon vor der Rentenantragstellung Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 8. Mai 1980 -8a RK 11/79- (SozR 2200 § 315 RVO Nr 1) nicht haltbar. Der Kläger habe schließlich keine Möglichkeit gehabt, eine Mitgliedschaft gemäß § 176 Abs 1 RVO zu begründen. Die Beklagte könne deshalb auch nicht aufgrund des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs dazu verpflichtet werden, den Kläger so zu behandeln, als ob er bei Beginn der zweiten Blockfrist ihr Mitglied gewesen wäre; denn ein Zustand, den die Rechtsordnung ohnehin nicht zugelassen hätte, könne auch nicht mit dem Herstellungsanspruch herbeigeführt werden. Das Ergebnis verstoße nicht gegen Verfassungsrecht. Ein Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs sei nicht unabhängig vom Verhalten des Klägers verhindert worden (Kündigung der freiwilligen Versicherung bei Stellung des Rentenantrags, Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit des § 315b RVO idF des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes -KVKG-: Aufschieben der Mitgliedschaft in der KVdR, Übertragung des Gewerbebetriebs auf seine Ehefrau).
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen und formellen Rechts. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei verletzt, weil die Feststellung im Berufungsurteil, er habe ausdrücklich seine freiwillige Krankenversicherung zum 26. Juni 1977 gekündigt, niemals Gegenstand einer Erörterung gewesen sei. Das Berufungsgericht verkenne, daß er bereits vor dem KVKG mit der Stellung des Rentenantrags Mitglied in der KVdR geworden und demnach ununterbrochen Mitglied der Beklagten gewesen sei. Die Richtigkeit der rechtlichen Ausführungen des Berufungsgerichts unterstellt, wäre er einzig und allein wegen der Entscheidung seiner Frau, bei einer anderen Krankenkasse Versicherungsschutz zu begründen, nicht in der Lage, ein Wiederaufleben seines Krankengeldanspruchs herbeizuführen. Der Tatsache, daß er sein Unternehmen zum 30. September 1977 abgegeben habe, könne keine für ihn nachteilige Bedeutung zukommen, denn sein Rentenantrag habe nur bei Abgabe seines Unternehmens Aussicht auf Erfolg haben können (§ 1247 Abs 2 letzter Satz RVO). Er hätte, wenn ihm die Möglichkeit gegeben worden wäre, seine freiwillige Mitgliedschaft fortgesetzt. Die Versicherungsbedingungen der Beigeladenen verstießen gegen Art 3 des Grundgesetzes (GG). Es gebe keinen sachlichen Grund, ihn insoweit anders zu behandeln als einen Versicherten, der vor Rentenantragstellung bei der Beigeladenen freiwillig versichert war. Insbesondere sei ein Kassenwechsel, der nicht einmal von ihm zu beeinflussen gewesen sei, kein sachlicher Grund für eine Differenzierung. Die Aufklärung über die mögliche Fortsetzung der freiwilligen Versicherung sei unterblieben, weil die Beigeladene aufgrund ihrer Versicherungsbedingungen die Rechtslage verkannt habe. Deshalb sei ein Herstellungsanspruch sowohl gegen die Beigeladene als auch gegen die Beklagte begründet. Auch das Unterlassen einer Beratung könne den Herstellungsanspruch auslösen. Die Beklagte hätte ihn darauf hinweisen müssen, daß die Abgabe des Unternehmens einen Kassenwechsel und dieser den Verlust des Krankengeldanspruchs verursachen könne. Außerdem habe Art 2 § 3 Abs 1 KVKG ihm das Recht eingeräumt, die Mitgliedschaft in der KVdR mit Wirkung vom 1. Juli 1977 an bis zur Zustellung des Rentenbescheids zu unterbrechen. Daß die Beklagte ihn in keiner Weise aufgeklärt habe, ergebe sich aus der in jeder Beziehung falschen Behandlung der Angelegenheit durch die Beklagte, die noch im Mai 1978 davon ausgegangen sei, der Anspruch auf Krankengeld würde wieder aufleben. Schließlich finde § 315 RVO und damit auch § 183 Abs 1 Satz 2 RVO Anwendung; die Beigeladene habe dem LSG mitgeteilt, daß ein Familienhilfeanspruch für den Kläger erst mit Wirkung vom 1. Juni 1978 an eingeräumt worden sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29. November 1984 -L 16 Kr 100/83- aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 18. Mai 1984 -S 8 Kr 115/81- zurückzuweisen, jedoch den Urteilsausspruch des Sozialgerichts neu zu fassen, wie folgt: Die Beklagte wird unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 9. Februar 1979 und vom 16. März 1979 sowie ihres Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1979 dem Grunde nach verurteilt, vom Beginn der zweiten Blockfrist am 17. November 1978 an das in der vorangegangenen Blockfrist gezahlte Krankengeld wiederzugewähren, hilfsweise, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts ohne Änderung der Urteilsfassung zurückzuweisen, weiter hilfsweise, die Beigeladene anstelle der Beklagten zu verurteilen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene beantragt ferner, den Hilfsantrag des Klägers, mit dem ihre Verurteilung zur Herstellung einer Mitgliedschaft begehrt werde, als unzulässig zu verwerfen.
Sie ist der Auffassung, daß es sich bei dem Hilfsantrag um eine im Revisionsverfahren unzulässige Klageerweiterung handele. Im übrigen entgegnete sie, aus den Ausführungen des Klägers sei nicht zu erkennen, in welchem zeitlichen Zusammenhang der Vorwurf gesehen werde, sie habe sich eine Verletzung der Aufklärungspflicht zuschulden kommen lassen.
Entscheidungsgründe
Der Kläger hat mit seiner Revision Erfolg. Ihm ist für die Zeit ab Beginn der zweiten Blockfrist am 17. November 1978 das in der ersten Blockfrist zuerkannte Krankengeld wiederzugewähren. Leistungspflichtig ist die Beklagte.
Das Urteil des SG, das dem Klageantrag entsprochen hat, ist im wesentlichen wiederherzustellen. Es ist lediglich dem in zulässiger Weise neu gefaßten Hauptantrag des Klägers anzupassen. Das Klagebegehren richtet sich von Anfang an auf die Verurteilung der Beklagten zur Wiedergewährung von Krankengeld. Auf die Fortsetzung der eigenen Mitgliedschaft hat der Kläger seinen Antrag erst nach Zurückverweisung der Streitsache an das SG umgestellt, nachdem er aufgrund rechtlicher Hinweise in Betracht ziehen mußte, nur auf diesem Wege die Wiedergewährung des Krankengeldes erreichen zu können. Im Berufungsverfahren hat er wieder den ursprünglichen Antrag auf Krankengeldgewährung gestellt. Selbst wenn man die jeweiligen Umstellungen der Klageanträge als Klageänderungen ansehen wollte, wären sie zulässig, denn die anderen Beteiligten haben sich im Klage- und Berufungsverfahren, ohne den Änderungen zu widersprechen, auf die abgeänderten Klageanträge eingelassen (§ 99 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). Soweit erstmals im Revisionsverfahren (hilfsweise) die Verurteilung der Beigeladenen begehrt wird, liegt keine Klageänderung vor, die nach § 168 SGG unzulässig wäre (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 2. Aufl, § 99 RdNr 6 und § 75 RdNr 18 mwN).
Der Anspruch auf Krankengeld setzt allgemein voraus, daß die Arbeitsunfähigkeit während einer Kassenmitgliedschaft mit Krankengeldberechtigung eingetreten ist. Diese Voraussetzung gilt auch dann als erfüllt, wenn ein aus der Versicherung Ausgeschiedener in der nachgehenden Frist des § 183 Abs 1 Satz 2 RVO arbeitsunfähig geworden ist, die Arbeitsunfähigkeit aber auf einem während der Mitgliedschaft eingetretenen Versicherungsfall der Krankheit beruht. Im vorliegenden Fall ist nicht zweifelhaft, daß der Kläger einen Anspruch auf Krankengeld erworben hat, ist ihm doch schon in einer ersten Blockfrist Krankengeld gewährt worden.
Bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit entfällt der Krankengeldanspruch nicht mit dem Ende der Bezugszeit in der ersten Blockfrist. In Anbetracht des vom Reichsversicherungsamt (RVA) entwickelten und vom BSG übernommenen Grundsatzes von der Einheit des Versicherungsfalls der Krankheit, der in der Behandlungsbedürftigkeit und der Arbeitsunfähigkeit nur zwei verschiedene Erscheinungsformen desselben einheitlichen Versicherungsfalls sieht, und unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle vom 12. Juli 1961 (BGBl I 913) in dem neu gefaßten § 183 Abs 2 RVO die bei Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit aufrechterhaltene Begrenzung der Krankengeldbezugszeit auf einen Zeitraum "von je drei Jahren" (Blockfrist) beschränkt hat, vertritt das BSG zu der mit Wirkung vom 1. August 1961 in Kraft getretenen Leistungsverbesserung in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß der Krankengeldanspruch bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit in einer neuen Blockfrist wieder auflebt. Die Rechtsprechung des BSG ab Oktober 1977 (BSGE 45, 11) macht jedoch die Wiedergewährung des Krankengelds davon abhängig, daß der Arbeitsunfähige Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung geblieben ist; denn in der gesetzlichen Krankenversicherung sind grundsätzlich nur (derzeit) Versicherte leistungsberechtigt. Es muß sich bei der fortgesetzten Mitgliedschaft aber nicht um eine solche handeln, die für eine (neue) Arbeitsunfähigkeit Versicherungsschutz bietet, also mit Anspruch auf Krankengeld ausgestattet ist. Zur Aufrechterhaltung des erworbenen Krankengeldanspruchs genügt es vielmehr, daß der Arbeitsunfähige überhaupt der gesetzlichen Krankenversicherung weiter angehört. Der Senat hat allerdings in Anlehnung an § 183 Abs 1 Satz 2 RVO es als unschädlich angesehen, wenn die Mitgliedschaft oder die Arbeitsunfähigkeit vorübergehend (bis zu 26 Wochen) unterbrochen war (SozR 2200 § 183 Nr 35, 36 und 39). Von dem Erfordernis der Mitgliedschaft hat er aus Gründen der Gleichbehandlung eine Ausnahme für den Fall gemacht, daß der Arbeitsunfähige zu denjenigen Rentenantragstellern zählt, denen allein wegen der Zuständigkeit des knappschaftlichen Versicherungsträgers keine Mitgliedschaft eingeräumt worden ist (keine Anwendung des § 315a RVO), die aber dem Personenkreis angehören, die Leistungen aus der knappschaftlichen Krankenversicherung erhalten können (BSGE 54, 130 = SozR 2200 § 19 Nr 4; Urteil vom 27. Februar 1984 -3 RK 40/82- KVRS 2340/12; Urteile vom 12. März 1983 -3 RK 1/84- und -3 RK 49/83-).
Der Kläger war, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, im Anschluß an den Krankengeldbezug in der ersten Blockfrist weiterhin wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig. Er war dies ununterbrochen und auch noch in der hier in Frage stehenden Zeit der zweiten Blockfrist. Seine mitgliedschaftliche Zugehörigkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung endete jedoch, als er nach rechtsverbindlicher Ablehnung seines Rentenantrags (Widerspruchsbescheid der BfA vom 17. Februar 1978) die Versicherung nicht fortsetzte. Die weitere Voraussetzung für die Wiedergewährung des Krankengelds in einer neuen Blockfrist, die Fortsetzung der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung, wäre sonach an sich nicht erfüllt. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch darauf, wie ein Mitglied behandelt zu werden. Es ist davon auszugehen, daß die Fortsetzung der Mitgliedschaft nur deshalb unterblieben ist, weil der Kläger von der Beklagten im Mai 1978 falsche Informationen erhalten hatte. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen gab die Beklagte dem Kläger die Auskunft, die Wiedergewährung von Krankengeld sei nicht von der Fortsetzung der Mitgliedschaft abhängig, der Kläger könne sich zudem bei ihr nicht freiwillig weiterversichern. Beide Aussagen sind unrichtig. Das gilt entgegen der Auffassung des LSG auch bezüglich der letzteren Aussage. Es kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß der Kläger bei einer richtigen Auskunft die Versicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig fortgesetzt hätte. Bei der bevorstehenden Wiedergewährung von Krankengeld in der nur einige Monate später beginnenden zweiten Blockfrist hätte die zur Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs erforderliche Weiterversicherung so nahe gelegen, daß nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden kann, der Kläger hätte von seinem Weiterversicherungsrecht keinen Gebrauch gemacht. Gründe, die für diese Möglichkeit sprechen, sind nicht festgestellt oder geltend gemacht worden und auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger kann daher im Wege des Herstellungsanspruchs verlangen, so behandelt zu werden, als hätte er von seinem Recht auf freiwillige Weiterversicherung Gebrauch gemacht.
Der Kläger war vor Stellung des Rentenantrags und während des Rentenverfahrens entweder bei der beklagten oder bei der beigeladenen Ersatzkasse versichert. Die freiwillige Weiterversicherung richtet sich daher nach Ersatzkassenrecht. § 514 Abs 4 RVO räumt den Ersatzkassenmitgliedern ebenso wie § 313 Abs 1 RVO den Mitgliedern der gesetzlichen Krankenkassen (§ 225 RVO) das Recht ein, die Mitgliedschaft fortzusetzen, wenn sie aus der Versicherung nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO, also aus der KVdR ausscheiden. Ob und gegebenenfalls unter welchen weiteren Voraussetzungen diese Regelung auch auf Rentenantragsteller Anwendung findet, deren Rentenantrag abgelehnt wird und die daher nach § 315a Abs 1 RVO nur als Mitglieder gelten, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet (grundsätzlich bejahend: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: 1. September 1985, S 17/1139; Krauskopf/ Schroeder-Printzen, Soziale Krankenversicherung, Stand: Mai 1985, § 315a RVO Anm 1; verneinend: Karl Peters, SGb 1983, 13).
Die Spitzenverbände der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung haben sich in dem gemeinsamen Rundschreiben vom 12. Mai 1978 (DOK 1978, 473, 481) darauf verständigt, daß in Fällen, in denen eine nach § 315a RVO bestehende formale Mitgliedschaft nach rechtsverbindlicher Ablehnung des Rentenantrags endet, eine nach § 165 Abs 6 RVO verdrängte freiwillige Versicherung wieder fortgesetzt werden kann und für den Fall, daß unmittelbar vor der formalen Mitgliedschaft keine freiwillige Versicherung bestand, gleichwohl das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung besteht, wenn zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung die Voraussetzungen für die Weiterversicherung gegeben waren. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich das von den Spitzenverbänden angenommene Recht auf freiwillige Weiterversicherung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Jedenfalls haben sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene entsprechende satzungsrechtliche Regelungen getroffen und damit ihren Mitgliedern das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung eingeräumt. Beide Ersatzkassen, die allein als für den Kläger zuständig in Betracht kommen, sehen in ihren Versicherungsbedingungen vor, daß sich Rentenantragsteller nach Ablehnung des Rentenantrags freiwillig weiterversichern können. Im vorliegenden Fall wird dem Kläger dieses Recht nur deshalb vorenthalten, weil während des Rentenverfahrens die Kassenzuständigkeit nach § 257a Abs 1 Satz 3 RVO gewechselt haben soll (mit dem Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft der Ehefrau des Klägers bei der Beigeladenen am 1. Oktober 1977). Die Beklagte verneint das Recht zur Weiterversicherung, weil der Kläger aufgrund des angenommenen Zuständigkeitswechsels nicht mehr zuletzt, die Beigeladene, weil der Kläger nicht vor Stellung des Rentenantrags ihr Mitglied gewesen sei (§ 11 Nr 4 Abs 2 und 3 VB-TK; § 10a Abs 8 VB-BEK).
Entgegen der Auffassung der Beklagten hatte der Kläger das Recht, sich nach Abschluß des Rentenverfahrens bei der Beklagten freiwillig weiterzuversichern, nicht verloren. Die Rechtsprechung des 8. Senats des BSG, auf die sich die Beklagte und das LSG berufen, rechtfertigt die Annahme dieses Rechtsverlustes nicht. Zwar hat der 8. Senat entschieden, § 315 RVO finde bei einer Formalversicherung nach § 315a RVO keine Anwendung (Urteil vom 8. Mai 1980 -8a RK 11/79- SozR 2200 § 315 Nr 1). Danach könnte allein aus dem Umstand, daß die Beklagte erst mit Schreiben vom 1. Juni 1978 die Beigeladene um Übernahme des Klägers gebeten, sie selbst also noch während des gesamten Rentenverfahrens den Kläger als Mitglied geführt hat, noch nicht ein der Fortsetzung fähiges Mitgliedschaftsverhältnis bei der Beklagten im Zeitpunkt der rechtsverbindlichen Ablehnung des Rentenantrages hergeleitet werden. Der 8. Senat hat aber auch entschieden, für die Beurteilung der Kassenzuständigkeit nach § 257a Abs 1 RVO sei auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der KVdR abzustellen (Urteil vom 28. Juni 1983 -8 RK 22/81- BSGE 55, 188 = SozR 2200 § 257a Nr 10; diesem Urteil haben sich die Spitzenverbände der Krankenkassen angeschlossen: Nr 1 der Besprechungsergebnisse vom 15./16. Februar 1984, DOK 1984, 566). Daraus ergäbe sich, daß der Kläger, nachdem er zu Beginn des Rentenverfahrens Mitglied der Beklagten war, dies bis zum Ende des Rentenverfahrens geblieben wäre. Aber selbst wenn mit der Beklagten von einem während des Rentenverfahrens kraft Gesetzes eingetretenen Kassenwechsel nach § 257a Abs 1 Satz 3 RVO ausgegangen werden müßte, wäre das Recht des Klägers auf freiwillige Weiterversicherung nicht entfallen. Die Vorschrift des § 257a Abs 1 Satz 3 RVO, die im Ersatzkassenrecht entsprechende Anwendung findet (§ 514 Abs 2 RVO), regelt nur die Zuständigkeit der Kasse für die Zeit des Rentenverfahrens. Die Familienhilfekasse wird vorübergehend zuständig, weil sich gegen sie, bestünde die KVdR nicht, der Anspruch auf Familienkrankenhilfe für den Rentenantragsteller richtete. Die in diesem Falle beitragsfreie KVdR (§ 381 Abs 3 Satz 2 Nr 3 RVO) wird der Kasse übertragen, die ohne die KVdR den Krankenversicherungsschutz für den familienhilfeberechtigten Rentenantragsteller ebenfalls beitragsfrei zur Verfügung stellen müßte (§ 205 RVO). Die Bedeutung des § 257a Abs 1 Satz 3 RVO beschränkt sich allein darauf, welche Krankenkasse für die vorübergehende Zeit des Rentenverfahrens die Lasten des Krankenversicherungsschutzes zu tragen hat. Diese Zuständigkeitsregelung kann nicht dazu führen, dem Kassenmitglied das ihm zustehende Recht auf freiwillige Weiterversicherung zu nehmen.
Die freiwillige Weiterversicherung hat die Kasse durchzuführen, bei der das Recht dazu zuletzt bestand. Die Zuständigkeit der Familienhilfekasse ist nur für die Zeit des Rentenverfahrens vorgesehen, also nur für die Zeit, für die diese Kasse sowieso, auch ohne KVdR-Mitgliedschaft, leistungspflichtig gewesen wäre. Die Zuständigkeit entfällt mit Ablauf des Monats, in dem der die Rente ablehnende Bescheid zugestellt wird (§ 315a Abs 2 Satz 2 und Abs 3 iVm dem entsprechend anzuwendenden § 257a Abs 1 Satz 3 RVO). Das den nach § 165 Abs 1 Nr 3 RVO Versicherten eingeräumte Wahlrecht (§ 257a Abs 3 RVO) findet auf die nach § 315a RVO Versicherten keine entsprechende Anwendung (§ 315a Abs 3 RVO). Nun schließt zwar die freiwillige Weiterversicherung an die vorangegangene Mitgliedschaft an. § 315a RVO begründet jedoch kein Mitgliedschaftsrecht, sondern gewährt nur Versicherungsschutz im Rahmen eines fingierten Mitgliedschaftsverhältnisses ("Als Mitglieder gelten ..."). Dieser Rechtslage trägt das oben erwähnte Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenversicherungsträger Rechnung, wenn es davon spricht, daß eine nach § 165 Abs 6 RVO verdrängte freiwillige Versicherung nach Ablehnung des Rentenantrags fortgesetzt werden kann. Im vorliegenden Fall wurde durch die Versicherung nach § 315a RVO die freiwillige Versicherung bei der Beklagten verdrängt (§ 315a Abs 3 iVm dem entsprechend anzuwendenden § 165 Abs 6 RVO). Dieser Rechtslage entspricht auch das Satzungsrecht der Beigeladenen, das die freiwillige Weiterversicherung des Rentenantragstellers nach Ablehnung des Rentenantrags gestattet, wenn der nach § 315a RVO Formalversicherte schon vor dem Rentenantrag ihr Mitglied war. Aber selbst wenn dem Kläger ein Wahlrecht zugestanden hätte, wäre die Beklagte die zuständige Kasse, denn der Kläger hat sich für die Beklagte entschieden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen