Leitsatz (redaktionell)

Verjährung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs; Anwendung der SGB 1 §§ 43, 45:

1. Die Vorschriften über einen gesetzlich vorgesehenen Leistungsausgleich zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern - wie zB BVG § 81b - können nicht zur nachträglichen Abwälzung von Leistungen herangezogen werden, wenn diese offensichtlich entgegen der Sach- und Rechtslage von dem unzuständigen Leistungsträger gewährt wurden.

2. Der seinem Umfange nach in SGB 1 § 43 Abs 3 geregelte Erstattungsanspruch des vorleistenden Leistungsträgers gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger hat seine Rechtsgrundlage in dem Institut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs.

3. Bis zum Inkrafttreten des SGB 1 am 1976-01-01 bestanden im Bereich der Sozialversicherung und der KOV keine allgemeinen und auch keine entsprechend anwendbaren Vorschriften über die Verjährung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs.

4. Vor dem Inkrafttreten des SGB 1 fällig gewordene und noch nicht verjährte öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche verjähren nach die Verjährungsfrist beginnt mit dem Inkrafttreten des SGB 1 - nicht nicht von neuem.

 

Normenkette

BVG § 81b Fassung: 1960-06-27; SGB 1 § 43 Abs. 3 Fassung: 1975-12-11, § 45 Abs. 1 Fassung: 1975-12-11, Abs. 4 Fassung: 1975-12-11

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Juli 1975 geändert.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10. April 1970 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Im Januar 1949 beantragte der inzwischen verstorbene Georg V (V.) Versorgung wegen einer in französischer Kriegsgefangenschaft erworbenen Silikose. Er gab an, früher den Beruf eines Hammerschmiedes und Steinrichters ausgeübt zu haben. Seine silikotische Erkrankung führe er auf Staubeinwirkungen bei Schmiedearbeiten und auf Sandstürme (Mistral) bei landwirtschaftlichen Arbeiten während der französischen Gefangenschaft zurück. In einer eidesstattlichen Erklärung vom 9. April 1949 führte er ergänzend aus, daß er vor Eintritt in den Wehrdienst immer gesund und insbesondere niemals wegen einer Lungenerkrankung in ärztlicher Behandlung gewesen sei. Lungendurchleuchtungen hätten dies immer einwandfrei bestätigt. Bei der ersten versorgungsärztlichen Untersuchung durch den Internisten Dr. B in D am 21. Juni 1949 gab V. zur Vorgeschichte u. a. an, 1929 an Lungenentzündung erkrankt und danach bis 1932 in E in lungenfürsorgerischer Beobachtung gestanden zu haben. Auf die Aktenanforderung des versorgungsärztlichen Dienstes teilte die Tuberkulose-Fürsorgestelle des Gesundheitsamtes des Landkreises E am 11. Oktober 1949 mit, daß V. dort erst seit Oktober 1940 bekannt sei und Akten aus den Jahren 1929 bis 1932 nicht vorlägen. Durch Bescheid vom 18. November 1949 erkannte die Landesversicherungsanstalt (LVA) H "Chron. Luftröhrenkatarrh, chron. Bindehaut-Hornhautentzündung" als durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Abs. 1 KB-Leistungsgesetz hervorgerufene Gesundheitsstörungen an und gewährte V. ab 1. April 1948 Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40 v. H. Dieselben Leiden erkannte das Versorgungsamt D durch Umanerkennungsbescheid vom 3. September 1951 als durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) hervorgerufene Schädigungsfolgen an. Am 19. Februar 1953 übersandte das Gesundheitsamt des Landkreises E die vom Versorgungsamt zur Durchführung einer Nachuntersuchung des V. angeforderten Fürsorgeakten. Im versorgungsärztlichen Gutachten vom 31. März 1953 führte der Facharzt für innere Krankheiten Dr. W in D mit Bezug auf diese Akten aus, daß V. schon 1930/31 in Lungenbeobachtungen gestanden und Anfang Oktober 1940 eine Rippenfellreizung durchgemacht habe. Es sei also anzunehmen, daß V. schon vor dem Wehrdienst an Tuberkulose erkrankt gewesen sei. Eine Silikose 1. bis 2. Grades sei bereits 1948 gleich nach der Entlassung aus der Gefangenschaft festgestellt worden; sie sei vor der Einziehung noch nicht vorhanden gewesen. Außer den Zeichen einer Silikose 2. Grades seien jetzt auch noch Symptome einer Emphysembronchitis vorhanden. Es müsse angenommen werden, daß durch die französische Gefangenschaft eine richtunggebende Verschlimmerung der Lungenerkrankung eingetreten sei. Bei der Emphysembronchitis seien noch Einflüsse des Alters zu berücksichtigen. Dr. W schätzte die MdE auf 50 v. H. Daraufhin erkannte das Versorgungsamt Darmstadt durch Bescheid vom 11. Mai 1953 "Staublunge 2. Grades (Silikose), Emphysem-Bronchitis, chronische Bindehaut-Hornhautentzündung" als durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG hervorgerufene Schädigungsfolgen an und gewährte V. ab 1. Januar 1953 Rente nach einer MdE von 50 v. H. Nachdem beim Versorgungsamt Zweifel über den ursächlichen Zusammenhang zwischen Silikose und Kriegsgefangenschaft entstanden waren, übersandte auf Anforderung des Versorgungsamtes das Gesundheitsamt des Landkreises E am 21. Dezember 1954 eine V. betreffende Röntgenaufnahme und Untersuchungsbefunde. Im versorgungsärztlichen Gutachten des Dr. W vom 15. Oktober 1955 wurde eine Änderung der Verhältnisse nicht festgestellt. Im November 1958 leitete das Versorgungsamt eine weitere Überprüfung der Anerkennung ein. Das Gesundheitsamt E übersandte am 2. Dezember 1958 die von V. angefertigte Röntgenaufnahme vom 25. Juni 1930. Der Facharzt für Lungenkrankheiten Dr. Z vom Ärztlichen Dienst des Versorgungsamtes kam in seiner Stellungnahme vom 10. September 1959 zu dem Ergebnis, daß bereits die Röntgenaufnahme vom 25. Juni 1930 einwandfrei silikotische Veränderungen in den Lungen zeigte; V. habe schon vor seiner Einberufung zum Wehrdienst eine Staublunge gehabt. Beim Vergleich der Aufnahme von 1930 und 1949 könne festgestellt werden, daß eine Verschlechterung während der französischen Gefangenschaft nicht eingetreten sei. Durch Berichtigungsbescheid vom 10. August 1960 hob das Versorgungsamt die früheren Bescheide insoweit auf, als "Chron. Luftröhrenkatarrh, Staublunge 2. Grades (Silikose) und Emphysem-Bronchitis" als Schädigungsfolgen anerkannt waren und entzog die bisher gewährte Rente mit Ablauf des Monats September 1960. Für die Schädigungsfolge "Chron. Bindehaut-Hornhautreizung" wurde keine Rente gewährt, weil die MdE nur 15 v. H. betrug. Den Widerspruch des V. wies das Landesversorgungsamt H durch Widerspruchsbescheid vom 18. April 1961 zurück. Die dagegen beim Sozialgericht (SG) Darmstadt erhobene Klage nahm V. am 4. April 1963 zurück.

Am 6. Dezember 1963 übersandte das Versorgungsamt seine Akten der Beklagten (dort eingegangen am 11. Dezember 1963) und machte gleichzeitig einen Ersatzanspruch nach § 81 b BVG geltend. Durch Bescheid vom 1. Juni 1965 gewährte die Beklagte V. wegen "Quarzstaublungenerkrankung (Berufskrankheit nach Nr. 34 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung)" ab 11. Mai 1961 Rente nach einer MdE von 40 v. H. Als Zeitpunkt des Versicherungsfalles nahm sie den 11. Mai 1961 an. Für den Fall, daß der Versicherungsfall schon früher eingetreten sein sollte, lehne sie eine Entschädigungspflicht gemäß § 1546 Reichsversicherungsordnung (RVO) a. F. ab. Gleichzeitig lehnte die Beklagte in diesem Bescheid auch einen Ersatzanspruch des Versorgungsamtes D ab; eine Ausfertigung des Bescheides wurde dem Versorgungsamt am 10. Juni 1965 zugestellt.

Mit der beim SG Frankfurt am Main am 14. Oktober 1968 erhobenen Klage forderte der Kläger von der Beklagten die Erstattung von Versorgungsleistungen, die er in der Zeit vom 1. April 1948 bis zum 30. September 1960 in Höhe von 4.370,10 DM zu Unrecht für V. erbracht habe. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. April 1970). Auf die Berufung des Klägers hat das Hessische Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger die V. in der Zeit vom 1. November 1955 bis zum 30. September 1960 gewährten Leistungen bis zur Höhe der gesetzlichen Leistungen aus der Unfallversicherung nach einem Grad der MdE von 20 v. H. zu erstatten. Zur Begründung hat das LSG im wesentlichen ausgeführt: Eine von der Beklagten zu entschädigende Berufskrankheit nach Nr. 27 a der Anlage zur Fünften Berufskrankheiten-Verordnung - 5. BKVO - vom 26. Juli 1952 (BGBl I 395) habe bei V. frühestens ab 1. November 1955 vorgelegen. Der öffentlich-rechtliche Gesetzanspruch, der für die Zeit ab 1. Juni 1960 durch § 81 b BVG positiv geregelt sei, habe daher erst vom 1. November 1955 an bestanden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei der Rechtsgedanke des internen Leistungsausgleichs zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern jedoch nicht dazu heranzuziehen, die Abwälzung von Leistungen zu fordern, die angesichts einer klaren Sach- und Rechtslage auf einem von Anfang an eindeutig dem Gesetz nicht entsprechenden Verwaltungshandeln beruhen. Das würde bedeuten, daß der Ausgleichsanspruch immer dann nicht gegeben wäre, wenn trotz eindeutiger Sach- und Rechtslage von Anfang an von dem Träger der Kriegsopferversorgung seine mangelnde Leistungsverpflichtung nicht erkannt worden sei. Folge man dieser vom BSG vorgenommenen Auslegung des § 81 b BVG, so wäre der hier erhobene Ausgleichsanspruch nicht begründet, weil dem Versorgungsamt Darmstadt von Anfang an hätte bekannt sein können und müssen, daß es keine Leistungsverpflichtung gegenüber V. habe. Hierzu sei festzustellen, daß die zweifelsfrei unrichtige Anerkennung der Silikose als Kriegsopferschaden darauf beruhe, daß die Röntgenaufnahme vom 25. Juni 1930, die bereits deutliche Zeichen einer silikotischen Erkrankung der Lunge des V. zeige, bei den anfänglichen versorgungsärztlichen Begutachtungen nicht vorgelegen habe. Bereits der Hinweis des V. im Versorgungsantrag auf seinen Beruf als Hammerschmied und Steinrichter hätten dem Versorgungsamt und seinem ärztlichen Dienst Veranlassung geben müssen, die als Schädigungsfolge geltend gemachte Silikose einer besonders kritischen Prüfung zu unterziehen, da es sich hierbei, wie allgemeinkundig sei, um Berufe mit entsprechender staublungengefährdeter Exposition handele. Eine solche Überprüfung sei auch geboten gewesen, weil V. selbst auf eine 1929 durchgemachte Lungenentzündung und lungenfürsorgerische Beobachtung in Erbach bis 1932 hingewiesen hatte. Das Versorgungsamt habe sich deshalb mit der Auskunft des Gesundheitsamtes in Erbach vom 11. Oktober 1949 zufrieden geben dürfen, daß V. dort erst seit 1940 bekannt sei und Akten aus den Jahren 1929 bis 1932 nicht vorlägen. Das Versorgungsamt hätte vom Gesundheitsamt E das seit 1940 vorliegende Material anfordern müssen und hätte mit Sicherheit das mit dem 16. Oktober 1940 beginnende Krankenblatt erhalten, in dem auf die früheren Tuberkulosefürsorgeuntersuchungen hingewiesen werde. Es wäre dann ein leichtes gewesen, wie es später im Jahre 1958 geschehen sei, die für die Beurteilung der Zusammenhangsfrage maßgebliche Röntgenaufnahme vom 25. Juni 1930 zu erhalten. Trotz dieser und zahlreicher anderer, auch ärztlicher Hinweise über eine mögliche Entstehung der Silikose bereits vor dem Wehrdienst, sei V. weiterhin Versorgung gewährt worden. Bei diesem Sachverhalt beruhe die Weitergewährung der Beschädigtenversorgung bis zum Ablauf des Monats September 1960 auf einem von Anfang an eindeutig dem Gesetz nicht entsprechenden Verwaltungshandeln. Jedoch komme es darauf nicht an, denn der Ausgleichsanspruch sei gleichwohl begründet, da für die vom BSG entwickelten Grundsätze keine Rechtsgrundlage bestehe. Der in § 81 b BVG normierte Ausgleichsanspruch gebe der Versorgungsverwaltung gegenüber der Beklagten ohne jede Einschränkung einen Leistungsanspruch. Das besage bereits der Wortlaut. Für die Begründetheit des Ausgleichsanspruchs komme es allein darauf an, daß sich nachträglich die Leistungspflicht eines anderen herausstelle.

Es spiele hierbei keine Rolle, ob von Anfang an der wahre Sachverhalt bekannt oder nach einer Sachaufklärung erkennbar gewesen sei. Nach dem § 81 b BVG innewohnenden Rechtsgedanken dürfe der Ausgleichsanspruch allenfalls dann nicht geltend gemacht werden, wenn von Anfang an in Kenntnis der mangelnden Leistungspflicht geleistet worden sei. Dies könne aus einem allgemeinen, auch im öffentlichen Recht anwendbaren Rechtsgedanken, der positiv-rechtlich in den Vorschriften zum zivilen Bereicherungsrecht seinen Niederschlag gefunden habe, hergeleitet werden. Auch die von der Beklagten sonst erhobenen Einwände ständen dem Ausgleichsanspruch nicht entgegen. Nach § 1546 RVO a. F. sei zwar der Anspruch des Verletzten gegen den Unfallversicherungsträger ausgeschlossen, wenn der nicht innerhalb von zwei Jahren bei fehlender Feststellung von Amts wegen angemeldet werde. Es könne dahinstehen, ob die Beklagte den Anspruch des V. diesem gegenüber für die Zeit ab 11. Mai 1961 habe begrenzen dürfen. Durch § 81 b BVG sei ein selbständiger, dem klagenden Land originär zustehender Anspruch begründet worden, der unabhängig von dem Verhalten des Versicherten entstehe. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei der von dem klagenden Land erhobene Anspruch auch nicht nach § 29 Abs. 3 RVO verjährt. Bei dem selbständigen und originären Ausgleichsanspruch nach § 81 b BVG betrage die Verjährungsfrist 30 Jahre.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Der Klageanspruch sei bereits aufgrund der vom LSG angeführten Rechtsprechung des BSG, zu dem sich das LSG bewußt in Gegensatz gesetzt habe, unbegründet. Das Versorgungsamt D hätte von Anfang an bemerken müssen, daß seine Sachaufklärung nicht ausreiche und hätte die Röntgenaufnahme vom 25. Juni 1930 beiziehen müssen. Aber auch unabhängig davon sei der Anspruch des Klägers nicht begründet. Indem § 81 b BVG darauf abstelle, ob der mit dem Ersatzanspruch der Kriegsopferversorgung überzogene Sozialversicherungsträger Leistungen zu gewähren habe, werde auch mit auf die Person des Leistungsempfängers abgestellt. Sofern ihm gegenüber nach § 1546 RVO a. F. nicht geleistet zu werden brauche, sei der Sozialversicherungsträger auch von dem Ersatzanspruch der Kriegsopferversorgung nach § 81 b BVG befreit. Denn der Ersatzanspruch teile das rechtliche Schicksal des Leistungsanspruchs. Überdies müsse sich die Versorgungsverwaltung die Verjährungseinrede nach § 29 Abs. 3 RVO entgegenhalten lassen; nach dieser Vorschrift verjähre der Anspruch in vier Jahren nach der Fälligkeit.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen LSG vom 16. Juli 1975 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main in vollem Umfang zurückzuweisen.

Der Kläger und die Beigeladene beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, daß ein den Klageanspruch ausschließendes von Anfang an eindeutig dem Gesetz nicht entsprechendes Verwaltungshandeln nicht vorgelegen habe. Der vorliegende Fall unterscheide sich schon in tatsächlicher Hinsicht wesentlich von den Fällen, die das BSG entschieden habe. Dort sei ein und dasselbe Ereignis sowohl ein schädigendes Ereignis im Sinne des BVG als auch ein Arbeitsunfall im Sinne der RVO gewesen, was ohne weitere Ermittlungen auch von der Versorgungsverwaltung hätte erkannt werden können. Durch § 1546 RVO a. F. könne der Ersatzanspruch ebenfalls nicht zu Fall gebracht werden. Eine Verjährung sei noch nicht eingetreten, da die Verjährungsfrist 30 Jahre betrage. Die Verjährungsfristen des Sozialgesetzbuches - Allgemeiner Teil - vom 11. Dezember 1975 (BGBl I 3015) - SGB 1 - fänden hier keine Anwendung. Durch die Überleitungsvorschrift des Art. II § 17 SGB 1 habe der Eintritt der Verjährung in einem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1976 nicht bewirkt werden können. Die am 1. Januar 1976 noch nicht verjährten Ansprüche, die nach der früheren Rechtslage eine längere Verjährungsfrist als vier Jahre hatten, könnten frühestens am 31. Dezember 1980 verjähren. Im übrigen sei die Verjährung nach § 45 Abs. 4 SGB 1 durch schriftliche Geltendmachung des Ersatzanspruches seit langem, spätestens aber seit der Klageerhebung im Jahre 1968, unterbrochen worden.

Die Beigeladene trägt vor, es komme bei der Beurteilung der Frage, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Ersatzanspruch zustehe, nur darauf an, welche Leistungspflichten bestanden hätten, wenn derjenige Sachverhalt, der sich nachträglich als zutreffend herausgestellt habe, schon zur Zeit des Antrags auf Gewährung von Leistungen aus der Kriegsopferversorgung bekannt gewesen wäre. Unerheblich sei, daß der Verletzte nicht auch bei dem Träger der Unfallversicherung einen Antrag gestellt habe. Denn angesichts der zunächst von der Versorgungsverwaltung erbrachten Leistungen habe kein Anlaß bestanden, sich auch an den Träger der Unfallversicherung zu wenden. Eine Verjährung des Ersatzanspruches sei noch nicht eingetreten, da die Verjährungsfrist 30 Jahre betrage. Die kürzere Verjährungsfrist des § 45 SGB 1 gelte nicht für den Ausgleichsanspruch des § 81 b BVG, der nach einer Entscheidung des 9. Senats des BSG vom 24. März 1976 (9 RV 440/74) durch das SGB 1 nicht geändert worden sei, sondern nur für die in den §§ 42 und 43 SGB 1 näher bezeichneten Erstattungsansprüche. Überdies könne die vierjährige Verjährungsfrist nicht rückwirkend gelten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Bei dem erhobenen Anspruch handelt es sich um einen zwischen Träger des öffentlichen Rechts strittigen Ersatzanspruch (BSG 16, 151, 156). Er ist zwar erst für die Zeit vom 1. Juni 1960 an in § 81 b BVG positiv geregelt, der Gesetzgeber hat jedoch durch diese Vorschrift lediglich klargestellt, daß in Fällen, in denen die Versorgungsverwaltung zu Unrecht Leistungen gewährt hat, die ein anderer öffentlich-rechtlicher Leistungsträger hätte gewähren müssen, im allgemeinen ein Ausgleich vorzunehmen ist; er hat somit etwas geregelt, was als Rechtsinstitut der "Abwälzung" bereits bestand (BSG aaO S. 153, 157).

Der Senat hat in seinen Urteilen vom 29. Februar 1972 (2 RU 214/71 - unveröffentlicht) und vom 18. Dezember 1974 (SozR 3100 § 81 b Nr. 2) entschieden, daß der Rechtsgedanke des internen Leistungsausgleichs zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern nicht dazu herangezogen werden darf, die Abwälzung von Leistungen zu fordern, die angesichts einer klaren Sach-und Rechtslage auf einem von Anfang an eindeutig dem Gesetz nicht entsprechenden Verwaltungshandeln beruht. Das Berufungsgericht hält diese auf Ausnahmefälle beschränkte Rechtsprechung nur für gerechtfertigt, wenn die Versorgungsverwaltung positiv wußte, daß sie zur Leistung nicht verpflichtet war und dennoch geleistet hat. Der Senat braucht auf die vom LSG angeführten Gegenargumente hier nicht einzugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß den Entscheidungen des Senats vom 29. Februar 1972 und 18. Dezember 1974 Sachverhalte zugrunde lagen, in denen die Verletzung einer Person sowohl ein schädigendes Ereignis im Sinne des § 1 BVG als auch einen Arbeitsunfall im Sinne des § 542 RVO a. F. (§ 548 RVO) darstellte und das Versorgungsamt dies nicht beachtet hatte. Demgegenüber hatte das Versorgungsamt im vorliegenden Fall Gesundheitsstörungen irrtümlich als Folgen eines schädigenden Ereignisses im Sinne des § 1 BVG angesehen und nicht auf eine mehrere Jahre zurückliegenden Berufskrankheit zurückgeführt. Das LSG geht davon aus, daß es ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln entsprochen hätte, schon im Jahre 1949 und vor allem später bei Umanerkennung des Versorgungsanspruches nach dem BVG das seit 1940 beim Gesundheitsamt E vorliegende Material und die Röntgenaufnahme vom 25. Juni 1930 beizuziehen.

Nach der zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senats ist der Ausgleichsanspruch nach § 81 b BVG aber nicht schon ausgeschlossen, wenn die Versorgungsverwaltung nicht alle für die Entscheidung über den geltend gemachten Versorgungsanspruch erforderlichen. Ermittlungen angestellt hat. Maßgebend ist vielmehr, ob sich der Versorgungsverwaltung von Anfang an, etwa schon aufgrund der Angaben des Antragstellers, ein Sachverhalt darbot, der ohne weiteres zur Ablehnung des Versorgungsanspruchs hätte führen müssen. Dem Urteil des LSG ist ein solcher Sachverhalt nicht zu entnehmen; es legt lediglich in längeren Ausführungen dar, daß bei ordnungsmäßiger Aufklärung und Würdigung der Krankheitsvorgeschichte des V. eine Versorgungsrente überhaupt nicht oder zumindest nicht bis zum 30. September 1960 gewährt worden wäre.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob dem Land Hessen für die Zeit vor dem 1. Oktober 1960 ein Ausgleichsanspruch nach § 81 b BVG dem Grunde nach zusteht. Es kann insbesondere dahinstehen, ob dem Ausgleichsanspruch als einem dem Grunde nach selbständigen Anspruch eigener Art (s. BSG 16, 151, 156 und 222, 226; Pappai ZfS 1962, 155, 156) entgegensteht, wenn die Beklagte - was ebenfalls hier offenbleiben kann - für die Zeit vor dem 11. Mai 1961 Entschädigungsleistungen an V. nicht zu erbringen hat (s. Pappai aaO und S. 196, 197; vgl. auch BVerwG Sammlung Buchholz 4367 § 81 b BVG Nr. 2). Es bedarf ebenfalls keiner Entscheidung, ob der Ersatzanspruch, wie in Rechtsprechung und Literatur angenommen wird, auch besteht, wenn das Versorgungsamt - wie hier - keinen Rückforderungsanspruch nach § 47 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung (VwVG) geltend gemacht hat (BSG BVBl 1970, 131; Pappai aaO S. 157; van Nuis/Vorberg, Das Recht der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, VI. Teil S. 152; Thannheiser/Wende/Zech, Handbuch des Bundesversorgungsrechts, Anm. zu § 81 b; Wilke/Wunderlich, Bundesversorgungsgesetz, 4. Aufl., 1973, § 81 b Anm. II; s. zu § 71 a BVG a. F. ebenso BSG 18, 12).

Gegenüber einem Ausgleichsanspruch für die Zeit vor dem 1. Oktober 1960 ist die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung begründet.

Die Rechtsprechung des BSG nahm für die Ersatzansprüche zwischen Sozialversicherungsträgern und für den Ersatzanspruch nach § 81 b BVG unterschiedliche Verjährungsfristen an.

Der 3. Senat des BSG hat zur Verjährung des Ersatzanspruchs eines Rentenversicherungsträgers gegen den Träger der Krankenversicherung wegen Zahlung von Übergangsgeld anstelle des an sich zu zahlenden Krankengeldes den - auch für Ersatzansprüche anderer Sozialleistungsträger naheliegenden - Grundsatz aufgestellt, daß ein Versicherungsträger in der Frage der Verjährung nicht schlechter gestellt werden dürfe, wenn er von einem anderen Versicherungsträger anstelle des Versicherten selbst in Anspruch genommen wird (BSG SozR Nr. 64 zu § 183 RVO; BSG Urteil vom 22. März 1974 - 3 RK 47/72). Ebenso hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 18. Dezember 1969 (SozR Nr. 21 zu § 29 RVO) aus der engen Beziehung zwischen Leistungs- und Erstattungsanspruch gefolgert, daß der Anspruch auf Erstattung einer zwecks Befriedigung des Ersatzanspruchs einer Krankenkasse erbrachten Leistung der Verjährungsfrist von 4 Jahren unterliegt (zustimmend BSG Urteil vom 27. Januar 1976 - 8 RU 64/75). Nach dieser Rechtsprechung wären Ersatzansprüche des Landes Hessen für die Zeit vor dem 1. Oktober 1960 verjährt. Die von der Klägerin nach Erlaß des Berichtigungsbescheides vom 10. August 1960 an die Beklagte gerichteten Anforderungen, den vollen Ausgleich nach § 81 b BVG zu leisten, und der sich daran anschließende Schriftwechsel sind keine Rechtsverfolgungshandlungen im Sinne des entsprechend anzuwendenden § 209 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - (BSG SozR Nr. 21 zu § 29 RVO; vgl. auch BSG SozR Nr. 3 zu § 21 BVG). Die Klage ist jedoch erst am 14. Oktober 1968 erhoben.

Der 8. Senat des BSG hat demgegenüber gestützt auf Entscheidungen des 9. Senats für den Bereich der Kriegsopferversorgung entschieden (s. BSG SozR Nr. 5 zu § 14 BVG, Nr. 2 zu § 21 BVG und Nr. 4 zu § 19 BVG), daß der öffentlich-rechtliche Ersatzanspruch der Verjährungsfrist von 30 Jahren unterliegt. Es bedarf keiner Entscheidung, ob dieser Rechtsprechung, der sich das LSG angeschlossen hat, für den Ersatzanspruch nach § 81 b BVG zu folgen war. Der Senat kann zugunsten des Landes Hessen davon ausgehen, daß nach dieser Rechtsprechung für Leistungen vor dem 1. Oktober 1960 ein Ersatzanspruch bis zum 31. Dezember 1975 noch nicht verjährt war.

Die angeführte Rechtsprechung des 8. und 9. Senats beruhte auf der Meinung, daß Ansprüche auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts in entsprechender Anwendung des § 195 BGB in 30 Jahren verjähren, soweit das öffentliche Recht keine Sonderregelung getroffen hat (BSG aaO Nr. 2 zu § 21 BVG - mit weiteren Nachweisen). Bis zum Inkrafttreten des SGB 1 am 1. Januar 1976 bestanden für den öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch im Bereich der Sozialversicherung und der Kriegsopferversorgung keine allgemeinen Verjährungsvorschriften und - nach der Auffassung des 8. und 9. Senats - für den Ersatzanspruch nach § 81 b BVG auch keine entsprechend anwendbaren Vorschriften über die Verjährung. Deshalb wurde z. T. § 195 BGB entsprechend angewandt. Seit dem Inkrafttreten des SGB 1 hat sich, was das LSG in seinem vor diesem Zeitpunkt gefällten Urteil nicht beachten konnte, rückwirkend für noch nicht verjährte Ansprüche (s. Art. II § 17 SGB 1) insoweit die Rechtslage geändert. Wie der erkennende Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 28. April 1976 (2 RU 119/75) bereits entschieden hat, verjähren nach § 45 Abs. 1 SGB 1 Ansprüche auf Sozialleistungen in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden sind. Diese Vorschrift gilt nach § 45 Abs. 4 SGB 1 für Ersatzansprüche nach § 43 SGB 1 entsprechend. Zwar bezieht sich § 45 Abs. 4 SGB 1 auf Erstattungs- und Ersatzansprüche aufgrund von vorläufigen Leistungen und regelt den Umfang des Ausgleichs zwischen dem vorleistenden und dem zur Leistung verpflichteten Leistungsträger. Jedoch normiert § 43 Abs. 3 SGB 1 nicht den Ersatzanspruch des vorleistenden Leistungsträgers, sondern setzt ihn voraus. Der in seinem Umfang in § 43 Abs. 3 SGB 1 geregelte Ersatzanspruch gründet sich auf den in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannten öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch, der aus dem ebenfalls seit langem allgemein anerkannten Rechtsinstitut des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs abgeleitet wird (s. - jeweils mit weiteren Nachweisen - BSG 16, 151, 156; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1. - 8. Aufl., S. 730 f ff.). Bei dem öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch handelt es sich um Ansprüche, die auf den Ausgleich von Leistungen gerichtet sind, die ein öffentlicher Rechtsträger anstelle eines anderen, primär oder allein verpflichteten Leistungsträgers geleistet hat (BSG 16 aaO; Brackmann aaO S. 730 g). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 30. Januar 1962 (BSG aaO S. 153, 157) § 81 b BVG nur als eine positive Regelung dieses allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs angesehen, dem es eigentümlich ist, daß sich erst nachträglich ergibt, wer endgültig der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger ist. Dabei ist es für den Ausgleich zwischen den Sozialleistungsträgern rechtlich unerheblich, ob der ersatzberechtigte Leistungsträger leistete, weil er zunächst irrtümlich seine Leistungspflicht annahm, oder ob er vorleistete, um bis zu einer Feststellung des Leistungspflichtigen den Anspruch des Berechtigten auf Sozialleistungen insoweit vorläufig zu erfüllen. Aus diesem Grund hat der Senat schon in seiner Entscheidung vom 28. Februar 1962 (BSG 16, 222, 226) näher dargelegt, daß § 81 b BVG nicht nur, wie das Land Hessen und - entgegen ihrer in jenem Rechtsstreit vertretenen Auffassung - die Beigeladene meinen, den Ersatzanspruch in den Fällen betrifft, in denen die Versorgungsverwaltung irrtümlich sich für leistungspflichtig ansah, sondern auch daß § 81 b BVG die Fälle erfaßt, in denen das Versorgungsamt - ggf. als der zuerst angegangene Leistungsträger - bestrebt ist, notwendige Heilmaßnahmen sofort zu ermöglichen, um nicht die Heilung durch langwierige Klärung von Zuständigkeitsfragen zu verzögern oder sogar zu gefährden. Dieses schon vor Inkrafttreten des SGB 1 auch hinsichtlich Geldleistungen gerechtfertigte Verwaltungshandeln ist in § 43 Abs. 1 SGB 1 näher ausgestaltet worden. Das Urteil des 9. Senats des BSG vom 24. März 1976 (9 RV 440/74) steht der Auffassung des erkennenden Senats nicht entgegen. In dieser Entscheidung hat der 9. Senat Zweifel daran geäußert, ob hinsichtlich des Umfangs des Ersatzanspruchs nach § 81 b BVG die Rechtslage sich durch § 43 Abs. 3 SGB 1 geändert habe. Während nach § 81 b BVG die endgültig zur Leistung verpflichtete Stelle die Aufwendungen in dem Umfang zu ersetzen hat, wie sie ihr nach Gesetz oder Satzung oblagen, richtet sich der Ersatzanspruch nach § 43 Abs. 3 SGB 1 nach dem, was der vorleistende Leistungsträger aufgrund der für ihn geltenden Rechtsvorschriften zu leisten hatte. Der 9. Senat hat § 43 Abs. 3 SGB 1 schon deshalb nicht als maßgebend angesehen, weil diese Vorschrift erst am 1. Januar 1976 in Kraft getreten ist (Art. II § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB 1) und nur für Erstattungsfälle von diesem Zeitpunkt an gilt. Dem Urteil des 9. Senats sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß es abweichend von den Entscheidungen des erkennenden Senats vom 30. Januar und 28. Februar 1962 (aaO) § 81 b BVG nicht als positive Teilregelung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruches wertet oder daß es anders als der erkennende Senat nicht davon ausgeht, § 43 Abs. 3 SGB 1 setze als Anspruchsgrund den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch voraus. Außerdem hat der 9. Senat auch nicht dazu Stellung genommen, ob die Verjährungsvorschrift des § 45 SGB 1 aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. II § 17 SGB 1 auch für vor dem Inkrafttreten des SGB 1 fällig gewordene Ersatzansprüche anzuwenden ist.

Bildet § 81 b BVG demnach nur eine positive Regelung des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs und setzt § 43 Abs. 3 SGB 1 diesen Anspruchsgrund voraus, so ist nicht ersichtlich, weshalb der von dieser Vorschrift erfaßte Fall des internen Leistungsausgleichs zwischen öffentlich-rechtlichen Leistungsträgern einer besonderen für die anderen Fälle des öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs nicht geltenden Verjährungsfrist von 30 Jahren unterliegen soll. Die in § 45 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 SGB 1 bestimmte Verjährungsfrist von vier Jahren entspricht der in diesem Gesetz fortgesetzten Harmonisierung der Vorschriften über die Verjährung öffentlich-rechtlicher Ansprüche. Nach § 45 Abs. 1 SGB 1 verjähren Ansprüche auf Leistungen in vier Jahren. Ebenso beträgt die Verjährungsfrist bei Erstattungsansprüchen nach § 42 Abs. 3 und § 43 Abs. 2 SGB 1 - der Kehrseite der Leistungsansprüche nach § 42 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 SGB 1 - gegen den Leistungsempfänger vier Jahre. Sie ist auch allgemein für die Erstattung von zu Unrecht erbrachten Leistungen vorgesehen (s. Hauck/Haines, Sozialgesetzbuch, SGB, § 45 Rdz. 1). Für die Entrichtung von Beiträgen zur Sozialversicherung soll nach dem von der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag bereits zugeleiteten Entwurf eines Sozialgesetzbuches, 4. Buch, Sozialversicherung, gemeinsame Vorschriften (BT-Drucks. 7/4122, s. §§ 26, 28) gleichfalls die Verjährung sowohl für Ansprüche auf Beiträge als auch für Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge übereinstimmend vier Jahre betragen. Nach der Begründung zu § 26 und zu §§ 22 bis 29 dieses Entwurfs (s. BT-Drucks. aaO S. 34) soll diese Vorschrift die Verjährungsfrist für Beitragsforderungen und für Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge im Interesse der Versichertengemeinschaft der Verjährungsfrist für Sozialleistungen angleichen. Durch die entsprechende Anwendung der Verjährungsfrist des § 45 Abs. 4 SGB 1 auf Ersatzansprüche nach § 81 b BVG wird ebenfalls eine unterschiedliche Behandlung des Versicherten, dessen Leistungsanspruch gegen den Unfallversicherungsträger auch hinsichtlich des Differenzbetrages zwischen der Verletztenrente und der Grundrente in vier Jahren verjährt, gegenüber der Versorgungsverwaltung vermieden, deren öffentlich-rechtlicher Ausgleichsanspruch nach der Rechtsprechung des 8. und 9. Senats des BSG (aaO) noch 30 Jahre lang geltend gemacht werden konnte. Die Interessenlage ist auch in den Fällen, in denen das Vorliegen eines Leistungsanspruchs oder eines öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs zunächst nicht erkannt wurde, sowohl für den Leistungsberechtigten als auch für den Ersatzberechtigten gleich. Dies gilt auch, soweit die Beigeladene meint, eine Verjährungsfrist von vier Jahren würde die Bedeutung des § 81 b BVG weitgehend "einschränken". In gleichem Maße wird z. B. § 60 BVG, nach dem die Beschädigtenversorgung mit dem Monat beginnt, in dem ihre Voraussetzungen erfüllt sind, durch die vierjährige Verjährungsfrist "eingeschränkt" (s. Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu BVG vom 26. Juni 1968 - BAZ Nr. 119 vom 4. Juli 1969, geändert durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 25. April 1975 - BAZ Nr. 83 vom 6. Mai 1975, hier zu § 66 BVG). Dabei ist wiederum gleichermaßen zu berücksichtigen, daß durch die Verjährung Leistungen für die Zukunft und bei Ersatzansprüchen der Übergang der Leistungspflicht nicht berührt werden. Die Verjährungsfrist schließt nur auf Einrede des Verpflichteten Leistungen oder Ersatz für die mehr als vier Jahre zurückliegende Zeit aus. Schließlich entspricht eine Verjährungsfrist von vier Jahren stärker der Finanzierung der gesetzlichen Unfallversicherung im Umlageverfahren durch Beiträge der Unternehmer. Durch diese Verjährungsfrist soll nicht nur hinsichtlich der Ansprüche des Versicherten, sondern auch bei öffentlich-rechtlichen Ersatzansprüchen vermieden werden, daß Unternehmer, die ggf. vor mehr als vier Jahren noch gar nicht Mitglied der nunmehr in Anspruch genommenen Berufsgenossenschaft waren, durch Ausgaben des Versicherungsträgers für viele Jahre zurückliegende Ersatzansprüche belastet werden.

§ 45 SGB 1 gilt nach Art. II § 17 SGB 1 auch für die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes fällig gewordenen, noch nicht verjährten Ansprüche. Art. II § 17 SGB 1 enthält keine Einschränkung, daß - wie das Land Hessen und die Beigeladene meinen - bei Ansprüchen, die vor dem Inkrafttreten des SGB 1 fällig geworden sind, die vierjährige Verjährungsfrist erst mit Inkrafttreten des SGB 1 am 1. Januar 1976 zu laufen beginne (vgl. dagegen z. B. die Regelungen im Gesetz über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen vom 28. Dezember 1950 - BGBl I 821). Diese Auslegung würde dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht entsprechen. Nach der amtlichen Begründung zu Art. II § 17 SGB 1 (BT-Drucks. 7/868, S. 37) soll im Hinblick auf die unklare Rechtslage vor dem 1. Januar 1976 auch für die vor Inkrafttreten des SGB 1 fällig gewordenen Ansprüche die neue Verjährungsregelung gelten. Würde jedoch für diese Ansprüche die vierjährige Verjährungsfrist erst mit dem 1. Januar 1976 zu laufen beginnen, bliebe für alle noch bestehenden Streitfälle weiterhin unklar, ob die Verjährungsfrist für einen vor Inkrafttreten des SGB 1 fällig gewordenen Ersatzanspruch nach § 81 b BVG entsprechend den zu den Ersatzansprüchen der Sozialversicherungsträger entwickelten Grundsätzen vier Jahre oder, wie von der Rechtsprechung zum Teil angenommen, 30 Jahre beträgt. Die gewollte Klarstellung veranlaßte den Gesetzgeber zu der - ggf. vorsorglichen - rückwirkenden Anwendung der neuen Verjährungsregelung. Bei Ansprüchen, die vor dem Inkrafttreten des SGB 1 fällig geworden sind, würde sich nach der von dem Land Hessen und der Beigeladenen vertretenen Auffassung sonst die vierjährige Verjährungsfrist um die vor dem 1. Januar 1976 liegende Zeit verlängern. Die rückwirkende Anwendung des § 45 SGB 1 auf öffentlich-rechtliche Ersatzansprüche, für die in der Rechtsprechung z. T. eine 30-jährige Verjährungsfrist angenommen wurde, begegnet keinen rechtlichen Bedenken, zumal da nicht eine bis zum 31. Dezember 1975 gesetzlich bestimmte Verjährungsfrist geändert wurde, sondern insoweit unklar war, ob für diese Ansprüche eine 30-jährige Verjährungsfrist galt oder ob sie in der gleichen Frist wie die Leistungsansprüche verjährten. Die Rechtslage ist für das Land Hessen nicht anders, als wenn der 8. und 9. Senat des BSG ihre Rechtsprechung zur Verjährungsfrist bei Ersatzansprüchen nach § 81 b BVG aufgegeben hätten oder der Große Senat im Sinne der Entscheidungen des 3. und des erkennenden Senats eine Verjährungsfrist von vier Jahren auch bei diesen Ersatzansprüchen angenommen hätte. Für Leistungsansprüche bewirkt die rückwirkende Anwendung des § 45 SGB keine Verkürzung der Verjährung, da insofern längere Verjährungsfristen als vier Jahre nicht vorgesehen waren (vgl. u. a. - jeweils in der Fassung bis zum Inkrafttreten des SGB 1 - §§ 29, 223, RVO, § 94 RKG, § 222 AFG, § 43 KVLG, § 14 BKGG) und auch im übrigen in entsprechender Anwendung des § 197 BGB nicht angenommen wurden (vgl. u. a. Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des BVG aaO, hier zu § 66).

Von der angeführten Rechtsprechung des 8. und 9. Senats des BSG zur Verjährung öffentlich-rechtlicher Ersatzansprüche weicht der erkennende Senat nicht ab im Sinne des § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), da er insoweit seine Entscheidung auf die mit dem Inkrafttreten des SGB 1 am 1. Januar 1976 eingetretene Rechtslage stützt.

Eine Kostenentscheidung entfällt (s. § 193 Abs. 4 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1649855

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge