Beteiligte
Landesversicherungsanstalt Oberbayern |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. September 1999 aufgehoben, soweit es die Versicherungspflicht in der Zeit ab 1. Januar 1995 betrifft. Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Gründe
I
Streitig ist die Versicherungspflicht als selbständig tätiger Handwerker in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Der Kläger ist Diplomingenieur. Er ist Kommanditist der am 22. Januar 1993 in die Handwerksrolle eingetragenen P. und M. R. GmbH & Co KG (künftig: R KG) und Gesellschafter der alleinigen persönlich haftenden Gesellschafterin der R KG, der P. und M. R. Beteiligungs- und Verwaltungs-GmbH (künftig: R GmbH). Nach Mitteilung der Handwerkskammer für München und Oberbayern vom 25. Januar 1993 an die beklagte Landesversicherungsanstalt ist der Kläger handwerklicher Betriebsleiter der R KG und als solcher in die Handwerksrolle eingetragen. Er war zunächst auch Geschäftsführer der R GmbH. Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 28. Juli 1993 fest, daß der Kläger ab 22. Januar 1993 der Versicherungspflicht nach § 2 Nr 8 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch (SGB VI) – Gesetzliche Rentenversicherung unterliege.
Am 27. Mai 1994 beantragte der Kläger festzustellen, daß er nicht mehr der Versicherungspflicht unterfalle, da er durch Beschluß der Gesellschafterversammlung der R GmbH vom 19. August 1993 als deren Geschäftsführer abberufen worden sei; zum Nachweis legte er eine Ablichtung des Eintrags in das Handelsregister vom 9. September 1993 vor.
Auf Ersuchen der Beklagten prüfte die zuständige Innungskrankenkasse sodann, ob der Kläger als Arbeitnehmer nach § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig sei. Sie kam zu dem Ergebnis, daß er selbständig tätig sei. Die R KG und der Kläger erklärten übereinstimmend, er sei ausschließlich im Rahmen des Gesellschaftsvertrags zur Mitarbeit verpflichtet. Er verfüge als einziger Gesellschafter über die für die Führung des Unternehmens erforderlichen Branchenkenntnisse. Bezüglich der Arbeitszeit bestehe keine Vereinbarung. Der Kläger unterliege keinem Weisungsrecht der Gesellschaft; er könne seine Tätigkeit in der Gesellschaft frei bestimmen und gestalten. Als Gegenleistung erhalte er eine Gewinn-Vorweg-Entnahme, nicht eine von der Ertragslage des Unternehmens unabhängige monatliche Vergütung.
Die Beklagte lehnte die begehrte Feststellung mit Bescheid vom 18. Oktober 1994 und Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 1995 ab. Eine Überprüfung der Versicherungspflicht nach § 2 Nr 8 SGB VI habe ergeben, daß der Kläger nach wie vor versicherungspflichtig sei. Er sei zwar als Geschäftsführer der R GmbH abberufen worden, aber weiterhin als technischer Betriebsleiter der R KG unabhängig von Weisungen selbständig tätig. Er erfülle damit in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 16. April 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 28. September 1999). Der Kläger gelte gemäß § 2 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI als Handwerker. Die R KG sei eine Personengesellschaft, auch wenn Komplementärin eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sei. Ihre Eintragung in die Handwerksrolle unterliege der Entscheidung der zuständigen Handwerkskammer. Diese Entscheidung sei von den Versicherungsträgern und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit hinzunehmen. Der Kläger sei als Kommanditist Gesellschafter der R KG und erfülle in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle. Eine vorrangige Versicherungspflicht nach § 1 Satz 1 SGB VI bestehe nicht; denn der Kläger stehe nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Unerheblich sei, ob der Kläger als Kommanditist selbständig tätig oder weder abhängig beschäftigt noch selbständig tätig sei. Es genüge, daß er Gesellschafter der R KG sei und in dieser mitarbeite.
Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 2 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG vom 28. September 1999, das Urteil des SG vom 16. April 1997 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 28. Juli 1993 mit Wirkung ab 19. August 1993 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten auf seine frühere Rechtsprechung zur Versicherungspflicht von Gesellschaftern einer GmbH & Co KG nach dem Handwerkerversicherungsgesetz (HwVG) und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 26. April 1994 zur handwerksrechtlichen Behandlung einer GmbH & Co hingewiesen. Daraufhin haben der Kläger und die Beklagte die von ihnen bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern eingeholten Auskünfte vom 24. und 30. Mai 2000 vorgelegt.
II
Die Revision des Klägers ist nur zum Teil begründet. Die Beklagte hatte mit dem Bescheid vom 28. Juli 1993 die Versicherungspflicht des Klägers als selbständiger Handwerker nach § 2 Nr 8 SGB VI ab 22. Januar 1993 festgestellt. Gegenstand des Rechtsstreits ist, ob diese Entscheidung für die Zeit ab 19. August 1993 zurückzunehmen oder aufzuheben ist (§ 44 Abs 1 Satz 1, § 48 Abs 1 Satz 1 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫ – Verwaltungsverfahren), weil der Kläger der Versicherungspflicht nicht (mehr) unterliegt. Der Senat folgt dem LSG darin, daß der Kläger auch nach seiner Abberufung als Geschäftsführer der R GmbH am 19. August 1993 zunächst noch versicherungspflichtig war und dies jedenfalls bis zum 31. Dezember 1994 blieb. Insoweit war die Revision zurückzuweisen (dazu unten 1.). Der Senat vermag aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG jedoch nicht zu entscheiden, ob die Versicherungspflicht des Klägers zu diesem Zeitpunkt geendet hat oder noch fortbesteht. Insoweit war das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit nach § 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (dazu unten 2.).
1. Die Versicherungspflicht des Klägers beurteilt sich nach dem zum 1. Januar 1992 in Kraft getretenen § 2 Nr 8 SGB VI (seit 1. April 1999: § 2 Satz 1 Nr 8, vgl Art 4 Nr 2 iVm Art 19 des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24. März 1999 ≪BGBl I 388≫). Nach Halbsatz 1 der Vorschrift sind versicherungspflichtig selbständig tätige Handwerker, die in die Handwerksrolle eingetragen sind. Ist eine Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen, gilt auch als Handwerker, wer als Gesellschafter in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt (§ 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI). Dagegen begründet die Vorschrift keine Versicherungspflicht für die Gesellschafter einer in die Handwerksrolle eingetragenen Kapitalgesellschaft (so schon zu § 1 Abs 1 HwVG BSG SozR 5800 § 1 Nr 8). Die R KG ist formalrechtlich eine Personengesellschaft, auch wenn ihr einziger Komplementär eine GmbH, also eine Kapitalgesellschaft ist. Sie ist nach den Feststellungen des LSG in die Handwerksrolle eingetragen. Der Kläger ist Gesellschafter dieser KG und erfüllt in seiner Person die Voraussetzungen für die Eintragung als Handwerker in die Handwerksrolle. Damit ist er nach dem Wortlaut des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI versicherungspflichtig. Eine GmbH & Co KG ist jedoch, wie das BVerwG mit Urteil vom 26. April 1994 (1 C 17.92, BVerwGE 95, 363, 373/374 = Buchholz 451.45 § 6 HwO Nr 3, BayVBl 1994, 757 und DVBl 1995, 39, 42/43) klargestellt hat, handwerksrechtlich als juristische Person zu behandeln, wenn alleiniger Komplementär eine GmbH ist. Dieser Rechtsprechung ist vom Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Entscheidung des BVerwG an für die Frage der Versicherungspflicht der handwerklichen Gesellschafter einer GmbH & Co KG wie der R KG Rechnung zu tragen. Für die vorangegangene Zeit ist an der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats hierzu festzuhalten.
Der Senat hat zum früheren Recht entschieden, daß ein Gesellschafter, dessen Handwerkereigenschaft die Eintragung der Personengesellschaft zur Folge hat, nach § 1 Abs 1 Satz 2 HwVG versicherungspflichtig ist, wenn die Handwerkskammer die Personengesellschaft in die Handwerksrolle eingetragen hat (Urteil vom 26. Mai 1977, BSGE 44, 25 = SozR 5800 § 1 Nr 1; vgl auch Urteil vom 2. Juni 1982, BSG SozR 5800 § 2 Nr 3). Die Entscheidung betraf den handwerklichen Betriebsleiter einer GmbH & Co KG, der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und Kommanditist der KG war. Der Senat hat für die Beurteilung der Versicherungspflicht auf die Tatbestandswirkung der Eintragung der KG und deren handwerklichen Betriebsleiters in die Handwerksrolle abgestellt. Er hat es für unerheblich gehalten, welcher der beiden damals im Schrifttum und in der Praxis vertretenen Auffassungen für eine Eintragung einer GmbH & Co KG die Handwerkskammer gefolgt war (BSGE 44, 25, 28 = SozR 5800 § 1 Nr 1 S 3, 4). Seinerzeit war umstritten, ob eine GmbH & Co KG überhaupt eintragungsfähig sei und bejahendenfalls nach welcher Vorschrift dies zu geschehen habe (vgl BVerwGE 95, 363, 373 = DVBl 1995, 39, 42 mwN; Honig, Gewerbearchiv 1997, 230, 234 mwN). Nach § 7 Abs 4 Satz 1 der Handwerksordnung (HwO) wird eine juristische Person als selbständiger Handwerker in die Handwerksrolle eingetragen, wenn der Betriebsleiter die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt; die GmbH & Co KG weist zwar wesentliche Merkmale einer Kapitalgesellschaft auf, ist aber von ihrer Konstruktion her eine Personengesellschaft. Die Eintragung einer Personengesellschaft erfordert nach § 7 Abs 4 Satz 2 HwO, daß für die technische Leitung ein persönlich haftender Gesellschafter verantwortlich ist, der die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllt; die Anwendung dieser Vorschrift schien zweifelhaft, wenn davon ausgegangen wurde, daß persönlich haftender Gesellschafter iS dieser Vorschrift nur eine natürliche Person sein könne. Danach hing es von der Entscheidung der jeweils zuständigen Handwerkskammer ab, ob eine GmbH & Co KG eingetragen und welche Rechtsform (juristische Person oder Personengesellschaft) der Eintragung zugrunde gelegt wurde. Wäre die Entscheidung der jeweils zuständigen Handwerkskammer über die Eintragungsgrundlage als maßgebend dafür angesehen worden, ob die Gesellschafter einer solchen KG versicherungspflichtig waren oder nicht, hätte dies zu einer versicherungsrechtlichen Ungleichbehandlung ein und desselben Personenkreises geführt. Dagegen gewährleistete die Rechtsprechung des Senats eine einheitliche Geltung der Versicherungspflicht. Im übrigen konnte in den Fällen, in denen die Handwerkskammern den Landesversicherungsanstalten die Anmeldung und Eintragung einer GmbH & Co KG in die Handwerksrolle nach § 5 Abs 5 Satz 1 HwVG mitteilten, davon ausgegangen werden, daß die KG als Personengesellschaft eingetragen worden war. Denn nach § 1 Abs 2 der aufgrund der Ermächtigung in § 5 Abs 5 Satz 2 HwVG ergangenen allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundesministers für Arbeit betr. Mitteilungen der Handwerkskammern aus der Handwerksrolle an die Landesversicherungsanstalten vom 3. April 1962 (BAnz Nr 69 vom 7. April 1962 S 1) waren Eintragungen juristischer Personen und Änderungen solcher Eintragungen nicht mitzuteilen. Ausgehend davon, daß eine GmbH & Co KG eine Personengesellschaft ist, war ihre Eintragung in die Handwerksrolle als eine die versicherungsrechtliche Beurteilung bindende Entscheidung über die Eintragung einer Personengesellschaft hinzunehmen. Da sich bei Inkrafttreten des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI noch keine einheitliche Rechtsauffassung zu der Frage gebildet hatte, ob die GmbH & Co KG handwerksrechtlich einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft gleichzustellen sei, und die genannten allgemeinen Verwaltungsvorschriften aufgrund der nunmehr in § 196 Abs 3 Satz 2 SGB VI geregelten Ermächtigung weiter gelten, war zunächst an der bisherigen Rechtsprechung des BSG (Versicherungspflicht des handwerklichen Betriebsleiters einer solchen in die Handwerksrolle eingetragenen KG) festzuhalten. Von einer einheitlichen Eintragungspraxis der Handwerkskammern bei einer GmbH & Co KG wie der R KG entsprechend den Regelungen für die Eintragung von juristischen Personen kann erst ab Bekanntwerden der Entscheidung des BVerwG vom 26. April 1994 ausgegangen werden. Das war ab 1. Januar 1995 der Fall.
Für den Kläger bedeutet dies, daß er mit der Eintragung der R KG in die Handwerksrolle versicherungspflichtig wurde und es jedenfalls bis zum 31. Dezember 1994 blieb. Die Versicherungspflicht bestand auch nach Abberufung als Geschäftsführer der R GmbH weiter. Denn nach § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI sind alle Gesellschafter einer in die Handwerksrolle eingetragenen Personengesellschaft versicherungspflichtig, die in ihrer Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllen (so schon zum früheren Recht BSG SozR 5800 § 1 Nr 8 S 12; vgl zur gleichen Auffassung der Rentenversicherungsträger Knörl, Mitt der LVA Oberfranken und Mittelfranken 1973, 78, 82/83). Nicht erforderlich ist, daß in ihrer Person auch die Voraussetzungen für die Eintragung der Personengesellschaft gegeben sind, sie also persönlich haftender Gesellschafter und handwerklicher Betriebsleiter der Gesellschaft (§ 7 Abs 4 Satz 2 HwO) sind (aA Schmeling, ZfS 1990, 231, 232). Diese Auslegung des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI folgt aus der Rechtsentwicklung, die zu der Vorschrift geführt hat, und ihrer Fassung.
Nach dem zum 1. Januar 1962 in Kraft getretenen § 1 Abs 1 HwVG vom 8. September 1960 (BGBl I 737) idF des Gesetzes zur Änderung sozialrechtlicher Vorschriften vom 25. April 1961 (BGBl I 465) waren zunächst nur Handwerker, die ein selbständiges Handwerk iS des § 1 Abs 1 HwO betrieben und als solche in die Handwerksrolle eingetragen waren, in der Rentenversicherung der Arbeiter versichert. Die Regelung erfaßte auch die Gesellschafter von Personengesellschaften, wenn sie jeder für sich die persönlichen Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllten, weil jeder von ihnen dann ein selbständiges Handwerk iS des § 1 Abs 1 HwO betrieb und als solcher in die Handwerksrolle eingetragen wurde (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand September 1963, S 784a mwN). Erst mit Wirkung vom 16. September 1965 wurde § 1 Abs 1 HwVG der Satz 2 angefügt, nach dem Handwerker iS des Satzes 1 auch die Gesellschafter einer in die Handwerksrolle eingetragenen Personengesellschaft sind, die den Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle nach § 7 Abs 1, 2, 3 oder 7 HwO genügen (Art 4 Nr 1 des Gesetzes zur Änderung der HwO vom 9. September 1965 ≪BGBl I 1254≫). Diese Regelung brachte für die Versicherungspflicht der Gesellschafter einer Personengesellschaft keine Änderung. Mit ihr wollte der Gesetzgeber vielmehr der Tatsache Rechnung tragen, daß nunmehr nach § 1 Abs 1 HwO idF des Art 1 des Gesetzes vom 9. September 1965 auch Personengesellschaften zum Kreis der eintragungsfähigen selbständigen Handwerker gehörten und somit in Zukunft die Personengesellschaft selbst in die Handwerksrolle eingetragen wird (vgl Schriftlichen Bericht des BT-Ausschusses für Mittelstandsfragen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der HwO, zu BT-Drucks IV/3461 S 21 zu Art IV). Die Ergänzung des § 1 Abs 1 HwVG sollte bewirken, daß die handwerklichen Gesellschafter von Personengesellschaften nicht aufgrund der Änderung der HwO aus der Versicherungspflicht nach dem HwVG herausfielen. Daß der Gesellschafter lediglich seine persönlichen Eintragungsvoraussetzungen und nicht auch die der Personengesellschaft erfüllen, also weder technischer Leiter noch persönlich haftender Gesellschafter sein mußte, ergab sich aus dem Verweis auf die Bestimmungen des § 7 Abs 1, 2, 3 und 7 HwO, nicht dagegen auf § 7 Abs 4 HwO. Der Gesetzgeber hat den Vorschlag der Rentenversicherungsträger aus dem Jahre 1968, die Versicherungspflicht jedenfalls auf die handwerklichen persönlich haftenden Gesellschafter einer in die Handwerksrolle eingetragenen Personengesellschaft zu beschränken, in der Folgezeit nicht aufgegriffen (vgl Knörl, Mitt der LVA Oberfranken und Mittelfranken 1973, 78, 83). Auch mit der Regelung des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI hat er an der Versicherungspflicht aller Gesellschafter einer Personengesellschaft, die „in ihrer Person” die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllen, festgehalten. Die Gesellschafter sind jetzt allerdings nur versicherungspflichtig, wenn sie tatsächlich selbständig für die Gesellschaft tätig sind (vgl Bericht des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zum Entwurf eines Rentenreformgesetzes 1992, BT-Drucks 11/5530 S 40 zu § 2). Diese Voraussetzung ist beim Kläger auch nach Abberufung als Geschäftsführer der R GmbH gegeben, wie das LSG festgestellt hat.
Es ist aufgrund der Feststellungen des LSG davon auszugehen, daß der Kläger weiterhin für die KG selbständig tätig ist. Der Begriff der selbständigen Tätigkeit in § 2 SGB VI ist als Abgrenzung zu einer nach § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung zu verstehen. Eine abhängige Beschäftigung liegt nach den Feststellungen des LSG, die in der Revisionsbegründung ausdrücklich als „richtig” bezeichnet worden sind, nicht vor. Der Kläger ist ausschließlich aufgrund des Gesellschaftsvertrages als handwerklicher Betriebsleiter der R KG tätig. Er ist an keine Arbeitszeit gebunden und kann seine Tätigkeit frei gestalten. Er unterliegt auch keinem Weisungsrecht der Gesellschaft. Er erhält als Gegenleistung lediglich eine Gewinn-Vorweg-Entnahme und keine von der Ertragslage des Unternehmens abhängige monatliche Vergütung. Wenn die Revision geltend macht, der Kläger trage kein für eine selbständige Tätigkeit typisches Unternehmerrisiko, so trifft das nach diesen Feststellungen nicht zu. Da die Gegenleistung für seine Mitarbeit in seiner Gewinnbeteiligung besteht, ist seine Vergütung an den wirtschaftlichen Erfolg oder Mißerfolg des Unternehmens geknüpft. Die Revision kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des BSG vom 27. Juni 1974 - 2 RU 23/73 (VersR 1975, 322) berufen. Dort heißt es, für die Unternehmereigenschaft iS des Unfallversicherungsrechts werde ua vorausgesetzt, „daß eine weitgehende Einwirkung auf die Betriebsführung oder wenigstens ein maßgeblicher Einfluß auf die kaufmännische Leitung des Unternehmens vorhanden sein muß”. Der Kläger ist zwar nicht kaufmännischer Leiter der R KG; wenn er aber nach den von der Revision bestätigten Feststellungen des LSG in seiner Tätigkeit als handwerklicher Betriebsleiter keinem Weisungsrecht der Gesellschaft unterworfen ist, hat er in diesem Bereich eine weitgehende Einwirkung auf die Betriebsführung. Dies genügt, um iS des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI von einer selbständigen Tätigkeit, dh nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis geleisteten Mitarbeit in der Gesellschaft auszugehen.
Dem Kläger steht auch kein Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI zu, weil bisher nicht für mindestens 18 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt worden sind; denn er hatte vor Beginn seiner Versicherungspflicht als Handwerker, wie das LSG festgestellt hat, nur eine Pflichtbeitragszeit von 36 Kalendermonaten zurückgelegt. Auch bei Berücksichtigung der ab 22. Januar 1993 gezahlten Pflichtbeiträge ergibt sich zum 19. August 1993 keine Pflichtbeitragszeit von 18 Jahren.
Der Kläger war nach allem über den 18. August 1993 hinaus jedenfalls bis zum 31. Dezember 1994 versicherungspflichtig.
2. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß seine Versicherungspflicht nach dem 31. Dezember 1994 geendet hat.
Seit der Entscheidung des BVerwG vom 26. April 1994 ist die Eintragung einer GmbH & Co KG in die Handwerksrolle als solche einer Personengesellschaft der versicherungsrechtlichen Beurteilung nicht mehr ohne Prüfung im Einzelfall zugrunde zu legen. Der Senat hält insoweit an seiner bisherigen Rechtsprechung im Urteil vom 26. Mai 1977 für die Zeit ab 1. Januar 1995 nicht mehr fest. Denn welche Gesellschaften iS des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI zu den in die Handwerksrolle eingetragenen Personengesellschaften zu rechnen sind, richtet sich nach der handwerksrechtlichen Zuordnung. Dies kam im früheren Recht des § 1 Abs 1 Satz 2 HwVG idF des Gesetzes zur Änderung der HwO vom 9. September 1965 schon darin zum Ausdruck, daß die Vorschrift zur Erläuterung des Begriffs „einer in die Handwerksrolle eingetragenen Personengesellschaft” ausdrücklich auf § 1 Abs 1 HwO verwies. Dieser Verweis ist in § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI nicht übernommen worden. Es besteht jedoch kein Anhalt, daß im Rahmen dieser Vorschrift etwas anderes gelten soll. Die Anbindung der Versicherungspflicht an die Personengesellschaft iS des Handwerksrechts entspricht zudem der ständigen Rechtsprechung des BSG, wonach die Eintragungen in die Handwerksrolle für die Versicherungsträger Tatbestandswirkung haben, es sei denn, sie sind erkennbar nichtig (vgl BSGE 44, 25, 27/28 = SozR 5800 § 1 Nr 1 S 3 mwN). Die sich daraus ergebende Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Handwerkskammern für die handwerksrechtlichen Entscheidungen und den Versicherungsträgern für die versicherungsrechtliche Beurteilung wäre nicht mehr gewährleistet, wenn eine GmbH & Co KG, die handwerksrechtlich als juristische Person behandelt wird, versicherungsrechtlich als Personengesellschaft angesehen würde. Denn in die Handwerksrolle eingetragen werden nach § 6 HwO idF des Art 1 Nr 5 Buchst a des Gesetzes zur Änderung der HwO und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften und des Berufsbildungsgesetzes vom 20. Dezember 1993 (BGBl I 2256) nach Maßgabe der Anlage D Abschnitt I zur HwO bei juristischen Personen außer Angaben zur juristischen Person und deren gesetzlichem Vertreter nur die persönlichen Daten des Betriebsleiters und die für ihn in Betracht kommenden Angaben zur Eintragung in die Handwerksrolle (Anlage D Abschnitt I Nr 2d iVm Nr 1 Buchst e). Bei Personengesellschaften sind dagegen außer den Angaben zur Personengesellschaft, den persönlichen Daten des für die technische Leitung des Betriebes verantwortlichen persönlich haftenden Gesellschafters und den für ihn in Betracht kommenden Angaben zur Eintragung in die Handwerksrolle auch die persönlichen Daten der übrigen Gesellschafter und die für sie in Betracht kommenden Angaben zur handwerklichen Befähigung aufzunehmen (Anlage D Abschnitt I Nr 3 Buchst c iVm Nr 1 Buchst e). Nur bei der Eintragung einer GmbH & Co KG als Personengesellschaft ist also gewährleistet, daß die Handwerksrolle alle Gesellschafter mit der erforderlichen handwerklichen Befähigung ausweist, die § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI als Gesellschafter einer Personengesellschaft der Versicherungspflicht unterwirft, die handwerkliche Befähigung also von der Handwerkskammer geprüft ist. Wäre eine GmbH & Co KG wie die R KG iS des § 2 Satz 1 Nr 8 Halbsatz 2 SGB VI als Personengesellschaft zu behandeln, obwohl sie handwerksrechtlich als juristische Person eingetragen worden ist, wären zwar alle Gesellschafter, die in ihrer Person die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erfüllen, versicherungspflichtig. In der Handwerksrolle erfaßt wäre aber nur der Betriebsleiter. Das Vorliegen der handwerksrechtlichen Eintragungsvoraussetzungen für die anderen Gesellschafter hätte demnach der Versicherungsträger zu prüfen. Ein solches Ergebnis widerspräche nicht nur der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Handwerkskammer und Versicherungsträger. Den Versicherungsträgern fehlten auch die Rechtsgrundlagen, die erforderlichen Daten zu erheben, und die für die handwerksrechtliche Beurteilung notwendigen Kenntnisse.
Da seit Bekanntwerden der Entscheidung des BVerwG vom 26. April 1994 nicht mehr davon ausgegangen werden kann, daß eine GmbH & Co KG nach den für die Eintragung einer Personengesellschaft geltenden Bestimmungen in die Handwerksrolle eingetragen wird, ist die Art der Eintragung in jedem Einzelfall zu prüfen. Ist sie als juristische Person eingetragen, sind weder ihr handwerklicher Betriebsleiter noch ihre Gesellschafter als selbständig tätige Handwerker versicherungspflichtig.
Sollte die R KG von vornherein als juristische Person eingetragen worden sein, ist die Versicherungspflicht des Klägers mit dem 1. Januar 1995 entfallen, andernfalls ab dem Zeitpunkt einer Änderung der Eintragung. Das LSG hat von seinem Standpunkt aus zu Recht hierzu bisher keine Feststellungen getroffen. Es ist in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung von der formalrechtlichen Zuordnung der R KG zu den Personengesellschaften ausgegangen. Die Beteiligten stimmen in der Art der Eintragung, auf die es für die Zeit ab 1995 ankommt, nicht überein. Die Beklagte beruft sich auf die ihr von der Handwerkskammer erteilte Auskunft vom 24. Mai 2000, nach der die R KG als Personengesellschaft verzeichnet ist. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers hat der ihm von der Handwerkskammer erteilten Auskunft vom 30. Mai 2000 die Art der Eintragung nicht entnehmen können. Eine Überprüfung der ursprünglichen Mitteilung der Handwerkskammer an die Beklagte vom 25. Januar 1993 über die Eintragung der R KG in die Handwerksrolle zum 22. Januar 1993 anhand des „Schlüsselverzeichnisses für Handwerksrollen-Mitteilungen”, das die Handwerkskammer dem Prozeßbevollmächtigten übersandt hat, ergibt allerdings Anhaltspunkte dafür, daß die R KG seinerzeit entsprechend den Regelungen für eine juristische Person eingetragen worden ist. Nach diesem Schlüsselverzeichnis werden Personengesellschaften mit der Kennziffer 3, eine GmbH & Co KG mit der Kennziffer 4 und juristische Personen mit der Kennziffer 5 eingetragen. Dementsprechend war in der Mitteilung der Handwerkskammer vom 25. Januar 1993 für die Rechtsform, unter der die R KG eingetragen worden ist, die Kennziffer „4” angegeben. Nach dem Schlüsselverzeichnis gibt es darüber hinaus aber Schlüsselzahlen für die Eintragungsgrundlage. Die Eintragungsgrundlage „juristische Personen” erhält die Schlüsselzahl 740, die Eintragungsgrundlage „Personengesellschaft” die Schlüsselzahl 741. In der Mitteilung vom 25. Januar 1993 ist als Eintragungsgrundlage der R KG die Schlüsselzahl „740” angegeben. Danach könnte die R KG entsprechend den Regelungen für eine juristische Person und nicht „als Personengesellschaft” eingetragen worden sein. Demnach sind weitere Ermittlungen des LSG erforderlich.
Die Kostenentscheidung bleibt der den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen
BSGE, 195 |
DStR 2001, 1130 |
NWB 2000, 3818 |
NZA 2000, 1226 |
NZS 2001, 41 |
VersR 2000, 1168 |