Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung der Widerspruchsstelle anstelle der Verwaltungsbehörde. Anwendung des AFG § 151 bei Gesetzesänderungen. Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung des Unterhaltsgeldes. unechte Rückwirkung und Vertrauensschutz
Orientierungssatz
Entscheidung der Widerspruchsstelle anstelle der Verwaltungsbehörde - Anwendung des AFG § 151 bei Gesetzesänderungen - Verfassungsmäßigkeit der Herabsetzung des Unterhaltsgeldes - unechte Rückwirkung und Vertrauensschutz:
1. Solange der Widerspruchsbescheid nicht an einem so wesentlichen und eindeutig erkennbaren Mangel leidet, daß er als nichtig angesehen werden muß, kann ihm nicht entgegengehalten werden, es fehle an dem gemäß SGG § 78 Abs 1 erforderlichen Vorverfahren.
Hat die Widerspruchsstelle anstelle der Verwaltungsbehörde entschieden, handelt es sich hierbei um eine funktionale Unzuständigkeit; diese begründet keinen besonders schwerwiegenden Fehler, der bei besonderer Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist (vgl BSG vom 1965-12-14 2 RU 113/63 = BSGE 24, 165 ).
2. AFG § 151 Abs 1 findet auch bei Änderungen von Voraussetzungen des Leistungsanspruchs durch gesetzliche Regelung Anwendung.
3. SGG § 77 sichert den Bestand bindender Verwaltungsakte nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Im Bereich des AFG enthält aber AFG § 151 Abs 1 eine solche - abweichende - gesetzliche Bestimmung. Er wird ergänzt durch die Regelungen in AFG § 152 , wodurch der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten hier auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen beschränkt ist (vgl Urteile des BSG vom 1974-08-07 7 RAr 30/73 = BSGE 38, 63, 68 und vom 1976-03-25 12/7 RAr 135/74 = BSGE 41, 260, 261 ).
4. Die Regelungen des AFGHStruktG über die Herabsetzung des Unterhaltsgeldes verstoßen nicht gegen GG Art 12 Abs 1 , Art 14 Abs 1, Art 20 Abs 1 und 3.
5. Aus den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich verfassungsrechtliche Grenzen auch für Gesetze mit unechter Rückwirkung, also für Normen, die zwar unmittelbar nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirken, damit aber zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im ganzen entwerten.
Eine solche unechte Rückwirkung ist aber nur dann verfassungswidrig, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingreift und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des Einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht übersteigt (vgl BVerfG vom 1973-10-03 1 BvL 30/71 = BVerfGE 36, 73, 82 ).
Normenkette
GG Art 12 Abs 1 Fassung: 1968-06-24; GG Art 14 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 20 Abs 3 Fassung: 1949-05-23; AFGHStruktG Art 1 § 2 Abs 3 Fassung: 1975-12-18; AFG § 44 Abs 2 Fassung: 1975-12-18, § 151 Abs 1 Fassung: 1969-06-25, § 152 Abs 1 Fassung: 1969-06-25; SGG § 77 Fassung: 1953-09-03, § 78 Abs 1 Fassung: 1974-07-30
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. August 1978 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger besuchte von Februar 1975 an die Fachschule für Technik in W. Mit Bescheid vom 13. März 1975 bewilligte die Beklagte ihm Unterhaltsgeld (Uhg) für die Zeit vom 3. Februar 1975 bis zum 31. Dezember 1975 in Höhe von täglich 47,90 DM - wöchentlich 287,40 DM - nach einem Einheitslohn von 435,- DM und für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis zum 31. Dezember 1976 in Höhe von täglich 52,80 DM - wöchentlich 316,80 DM - nach einem Einheitslohn von 485,- DM. Das Arbeitsamt G verfügte am 1. Dezember 1975, daß die für den 1. Januar 1976 vorgesehene Anpassung des Uhg unterbleibe. Am 23. Februar 1976 beantragte der Kläger, ihm ab 1. Januar 1976 ein tägliches Uhg in Höhe von 52,80 DM zu zahlen. Die Beklagte faßte den Antrag des Klägers als Widerspruch gegen die Verfügung vom 1. Dezember 1975 auf und wies diesen Widerspruch mit Bescheid vom 7. Juli 1976 zurück. Zur Begründung führte sie aus, während das Uhg nach § 44 Abs 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) aF 90% des um die gewöhnlichen gesetzlichen Abzüge verminderten Arbeitsentgelts betragen habe, sei nach § 44 Abs 2 AFG nF nur noch höchstens 80 % zu zahlen. Nach den Übergangsvorschriften sei den Teilnehmern einer bereits laufenden Maßnahme das Uhg nach den bisherigen gesetzlichen Vorschriften weiter zu zahlen. Deshalb habe es bei den bisherigen Bezügen zu verbleiben. Die Beklagte hob am 7. September 1976 den Bescheid vom 13. März 1975 insoweit auf, als darin dem Kläger ab 1. Januar 1976 ein höheres Uhg bewilligt wurde.
Mit Urteil vom 24. September 1976 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landessozialgericht (LSG) hat am 16. August 1978 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, nach § 44 Abs 2 AFG idF des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur im Geltungsbereich des AFG und des Bundesversorgungsgesetzes (HStruktG-AFG) vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3113) ergebe sich bei einem dynamisierten Arbeitsentgelt von 485,- DM für den Kläger ein Uhg von 276,60 DM. Nach der Übergangsvorschrift des Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG bleibe es daher bei dem höheren bisherigen Leistungssatz. Das Vertrauen des Klägers in den Bescheid vom 13. März 1975 werde nach § 151 AFG nicht geschützt. Dies verstoße auch nicht gegen das Grundgesetz (GG).
Der Kläger hat Revision eingelegt und macht geltend, in bezug auf § 44 Abs 2 AFG finde die Leistungsverschlechterung, die mit dem HStruktG-AFG zum 1. Januar 1976 in Kraft trat, auf laufende Leistungsfälle keine Anwendung. Nach Art 1 § 2 Abs 3 HStruktG-AFG sei der für den Antragsteller am 31. Dezember 1975 in Betracht kommende Leistungssatz der Leistungsverordnung 1975 maßgebend, wenn der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 niedriger ist. Unter Leistungssatz sei aber nicht der bisherige, dh der im Dezember 1975 zuletzt gezahlte Betrag zu verstehen, sondern es finde für diesen Personenkreis weiterhin die Anlage 1 zu § 1 der AFG-Leistungsverordnung 1975 vom 2. Januar 1975 (BGBl I 113) Anwendung. Dem Kläger stehe demgemäß ein Uhg von wöchentlich 316,80 DM zu. Die Regelung des Art 1 § 2 Abs 3 HStruktG-AFG stelle in ihrem Sinnzusammenhang mit dessen Abs 1 nicht eine bloße Besitzstandsklausel dar, durch die lediglich der letzte Zahlbetrag vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung (Verschlechterung) als besitzgeschützt garantiert werde, sondern sie stelle eine echte Vergleichsberechnung zur neuen Leistungsverordnung dar. Unabhängig davon sei die Beklagte auch an den Bescheid vom 13. März 1975 gebunden. § 151 AFG finde auf den vorliegenden Streitfall keine Anwendung. Die Beklagte dürfe danach ihre Entscheidung über die Bewilligung einer Leistung nur dann aufheben, wenn die anspruchsbegründenden Tatsachen nicht vorgelegen haben oder wenn sie weggefallen sind. Dazu gehöre nicht auch eine Gesetzesänderung.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil, das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24. September 1976 sowie die Bescheide der Beklagten vom 1. Dezember 1975, 7. September 1976 und den Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1976 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Januar 1976 ein tägliches Uhg in Höhe von 52,80 DM - wöchentlich 316,80 DM - für die Dauer der Maßnahme zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung ( § 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Zutreffend hat das LSG die Entscheidung des SG bestätigt, daß die Klage abgewiesen wird.
Der Senat hat im Urteil vom 15. Februar 1979 - 7 RAr 93/78 - über einen im wesentlichen gleichen Sachverhalt und weitgehend dieselben Rechtsfragen entschieden (vgl auch BSG SozR 4100 § 44 Nr 19). In Anlehnung an dieses Urteil ergibt sich die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des LSG aus folgenden Gründen:
Bei der vom Kläger erhobenen Klage handelt es sich um eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG . Vor einer Entscheidung in der Sache ist zunächst von Amts wegen über die Zulässigkeit dieser Klagen zu entscheiden.
Die Leistungsklage kann schon deshalb nicht zum Erfolg führen, weil sie unzulässig ist. Der Kläger kann sein Ziel bereits mit der Anfechtungsklage erreichen, so daß für eine Leistungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Die mit der Anfechtungsklage begehrte Aufhebung der angefochtenen Bescheide hätte ohne weiteres zur Folge, daß der Bewilligungsbescheid vom 13. März 1975 in seiner ursprünglichen Fassung vollinhaltlich wiederhergestellt würde und die Beklagte daraus zur Leistung des Uhg in Höhe von 316,80 DM für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1976 verpflichtet wäre. Da es dem Kläger nur hierum geht, bestand für eine Leistungsklage nach § 54 Abs 2 SGG kein Raum (vgl BSG SozR Nr 7 zu § 123 SGG).
Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anfechtungsklage bestehen nicht. Zwar stellt die Verfügung vom 1. Dezember 1975 keinen Verwaltungsakt dar, denn sie ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. Der Kläger ist aber jedenfalls durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 1976, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt handelt, beschwert.
Wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden hat ( BSGE 24, 134, 137 ) geht es nicht an, dem Kläger wegen eines Fehlers der Verwaltung den Rechtsschutz zu verweigern, auf den er nach Art 19 Abs 4 GG Anspruch hat. Solange der Widerspruchsbescheid nicht an einem so wesentlichen und eindeutig erkennbaren Mangel leidet, daß er als nichtig angesehen werden muß, kann ihm nicht entgegengehalten werden, es fehle an dem gemäß § 78 Abs 1 SGG erforderlichen Vorverfahren. Zwar ist er fehlerhaft, weil er erstmals eine Entscheidung über den dem Kläger bewilligten Anspruch getroffen hat und diese Entscheidung der Verwaltungsstelle und nicht der Widerspruchsstelle zugestanden hätte. Indessen ist anerkannt, daß er deswegen nicht zwangsläufig aufzuheben ist. Nichtig ist der Widerspruchsbescheid nicht. Zwar hat die Widerspruchsstelle anstelle der Verwaltungsbehörde entschieden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine funktionale Unzuständigkeit; diese begründet keinen besonders schwerwiegenden Fehler, der bei besonderer Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist ( BSGE 24, 165 ). Das ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Stelle, die zum Erlaß des Verwaltungsaktes befugt ist und die Widerspruchsstelle nur einer Behörde angehören.
Der Bescheid vom 7. September 1976 ist gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden. Es handelt sich hierbei um das Nachschieben von Gründen, auf die die vorhergehenden Verwaltungsakte gestützt werden. Das ist im vorliegenden Fall zulässig, da der ursprünglich angefochtene Widerspruchsbescheid hierdurch nicht in seinem Wesen verändert und der Kläger in seiner Rechtsverfolgung dadurch nicht unangemessen beeinträchtigt wird.
Das Aufhebungsbegehren des Klägers ist nicht begründet, denn die Beklagte war zu der erfolgten Abänderung (teilweisen Aufhebung) ihres Bewilligungsbescheides vom 13. März 1975 gemäß § 151 Abs 1 AFG berechtigt. Nach dieser Vorschrift werden Entscheidungen der Beklagten, durch die Leistungen nach dem AFG bewilligt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistungen nicht vorgelegen haben oder weggefallen sind.
Bei Erlaß des Bescheides vom 13. März 1975 haben die Voraussetzungen für die Bewilligung von Uhg in Höhe von 316,80 DM ab 1. Januar 1976 allerdings vorgelegen. Den Feststellungen des LSG kann entnommen werden, daß es sich bei dem Besuch der Techniker-Fachschule in W durch den Kläger um eine Fortbildungsmaßnahme iSd § 41 AFG gehandelt und der Kläger Anspruch auf Förderung gehabt hat - insbesondere auf Förderung nach § 44 AFG idF von Art 27 des Einführungsgesetzes zum Einkommensteuerreformgesetz (EG-EStRG) vom 21. Dezember 1974 (BGBl I 3656).
Nach dieser Vorschrift (§ 44 idF des EG-EStRG) war die Beklagte insbesondere dazu berechtigt, dem Kläger für die Zeit ab 1. Januar 1976 ein höheres wöchentliches Uhg, nämlich in Höhe von 316,80 DM zu bewilligen; denn auch nach der Neuregelung des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG war das Uhg von Leistungsbeziehern nach Maßgabe des § 112a AFG anzuheben. Diese Vorschrift wurde durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) in das AFG eingefügt. Damit sollte eine regelmäßige Anpassung des Arbeitslosengeldes (Alg) an die Lohnentwicklung gewährleistet sein (Dynamisierung). Ihre Anwendung auch für das Uhg wurde dadurch verdeutlicht, daß das RehaAnglG die Aufnahme des § 112a AFG in die Reihe der in § 44 Abs 2 AFG bezeichneten Bezugsvorschriften vorsah, die für das Uhg gelten sollten. Dafür entfiel gleichzeitig die zuvor in § 44 Abs 2 AFG selbst vorgesehene Regelung über die Erhöhung des Uhg in bestimmten zeitlichen Abständen. Die Neufassung des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG, die zunächst für den streitigen Anspruch des Klägers maßgebend ist, enthält zwar nicht mehr den ausdrücklichen Hinweis auf die entsprechende Anwendbarkeit des § 112a AFG . Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß das Uhg seitdem von der Dynamisierung gemäß § 112a AFG ausgeschlossen ist. Allerdings enthält die Begründung des Regierungsentwurfs eines EG-EStRG zu der Änderung des § 44 Abs 2 AFG Ausführungen, die zu der Annahme verleiten könnten, der Gesetzgeber habe eine Staffelung des Uhg je nach der Dauer der Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme vollständig aufgeben wollen (vgl BT-Drucks 7/2722 S 32 - Begründung zu Nr 1, Buchst a, Ziff 2). Dort heißt es nämlich: "Die geltende Regelung über die unterschiedliche Höhe des Unterhaltsgeldes je nach der Dauer des Leistungsbezuges sollte einen Anreiz für die Teilnahme an länger dauernden Maßnahmen schaffen. Wie jedoch die Praxis zeigt, spielt die gestaffelte Dauer bei der Entscheidung über die Teilnahme an einer kurzfristigen oder langfristigen Maßnahme keine beachtenswerte Rolle. Sie sollte auch nicht von der Höhe des zu zahlenden Unterhaltsgeldes, sondern allein davon abhängen, welche Maßnahme für den Teilnehmer am besten geeignet ist."
Das entspricht jedoch nicht der Rechtslage. Die oa Regierungsbegründung läßt Zweifel daran aufkommen, von welcher "geltenden Regelung" sie ausgegangen ist. Ihre Formulierung deutet darauf hin, daß sie den Gesetzestext des § 44 Abs 2 Satz 2 AFG idF des Ersten Änderungsgesetzes zum AFG vom 22. Dezember 1969 (BGBl I 2360) vor Augen hatte; denn dort war die Staffelung des Uhg der Höhe nach je nach Dauer der Maßnahmeteilnahme eingeführt worden; sie galt bis zum Inkrafttreten des RehaAnglG. Daß die oa Begründung nicht die Einfügung des § 112a AFG in § 44 Abs 2 Satz 2 AFG durch das RehaAnglG gemeint haben kann, ergibt sich auch aus der Formulierung in der oa Begründung, die Praxis habe gezeigt, daß die gestaffelte Dauer für die Entscheidung über die Teilnahme an einer kurzfristigen oder langfristigen Maßnahme keine beachtenswerte Rolle gespielt habe. Die Einfügung des § 112a in § 44 Abs 2 Satz 2 AFG durch das RehaAnglG war erst am 1. Oktober 1974 erfolgt ( § 45 Abs 1 RehaAnglG ). Seine Herausnahme aus dem Text des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG erfolgte bereits am 1. Januar 1975 ( Art 50 EG-EStRG ). In dieser kurzen Zeit und erst recht bis zum Zeitpunkt der Fertigstellung des unter dem 31. Oktober 1974 ausgefertigten Regierungsentwurfs des EG-EStRG - längstens also innerhalb eines Monats - konnte "die Praxis" aber nicht einen Anhalt dafür hergeben, daß die eben erst ausdrücklich eingeführte Anwendung des § 112a AFG auf das Uhg keine "beachtenswerte" Rolle spielte. Infolgedessen kann dieser Begründung nicht der Sinn beigelegt werden, die Neufassung des § 44 Abs 2 AFG durch das EG-EStRG habe die Anwendbarkeit des § 112a AFG auf das Uhg ausschließen sollen.
Seine Weitergeltung für das Uhg ergibt sich im übrigen aus § 44 Abs 7 AFG . Danach gelten die Vorschriften des Vierten Abschnitts über das Alg entsprechend, soweit die Besonderheiten des Uhg nicht entgegenstehen. Hinsichtlich der schon geschilderten Zweckbestimmung des § 112a AFG enthält das Uhg insoweit aber keine Besonderheiten gegenüber dem Alg; denn es ist wie jenes zur Unterhaltssicherung bestimmt und rechtfertigt deshalb ebenfalls seine Anpassung an die Lohnentwicklung. Im übrigen verweist § 44 Abs 2 AFG idF des EG-EStRG als Bemessungsmaßstab auf das Arbeitsentgelt iS von § 112 AFG . Dieses wiederum ist im gegebenen Falle jedoch auch ein nach § 112a AFG erhöhtes Arbeitsentgelt. Die Beklagte ist deshalb zu Recht von Anfang an davon ausgegangen, daß das Uhg auch nach der Gesetzesänderung durch das EG-EStRG (weiterhin) nach § 112a AFG zu dynamisieren ist (vgl Runderlaß der Beklagten Nr 76/75.4.1.2.8 vom 19. Dezember 1974 - Dienstblatt der Beklagten, Ausgabe A, Nr 20/1975 vom 20. Februar 1975). Ihre Praxis entspricht offensichtlich der Auffassung des für den Regierungsentwurf eines EG-EStRG federführenden Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung. In den von ihm erlassenen AFG-Leistungsverordnungen 1977 (vom 17. Dezember 1976 - BGBl I 3590), 1978 (vom 19. Dezember 1977 - BGBl I 2772) und 1979 (vom 20. Dezember 1978 - BGBl I 2037) legt er zugrunde (jeweils in § 2), daß § 112a AFG auf das Uhg anwendbar ist.
Die im Bewilligungsbescheid vom 13. März 1975 zugesagte Erhöhung des wöchentlichen Uhg-Satzes von 287,40 DM auf 316,80 DM ab 1. Januar 1976 entspricht demgemäß der im März 1975 geltenden Rechtslage ( §§ 44 Abs 2, 112 , 112a AFG idF des EG-EStRG, AFG-Leistungsverordnung 1975 vom 2. Januar 1975 - BGBl I 113).
Diese Rechtslage änderte sich jedoch durch die Regelungen des HStruktG-AFG mit Wirkung ab 1. Januar 1976. Das Uhg beträgt seitdem nicht mehr 90 vH, sondern nur noch 80 vH, in bestimmten Fällen 58 vH, des um pauschalierte gesetzliche Abzüge verminderten Arbeitsentgelts iS von § 112 AFG . Daraus würde sich für den Kläger ab 1. Januar 1976 ein niedrigerer Uhg-Wochensatz ergeben, den das LSG zutreffend mit 276,60 DM berechnet hat ( §§ 44 Abs 2, 111 , 112 AFG iVm der AFG-Leistungsverordnung 1976 vom 2. Januar 1976 - BGBl I 17).
Die Beklagte mußte diese Rechtsänderung nach § 151 Abs 1 AFG berücksichtigen; denn zu den Voraussetzungen für Leistungen in diesem Sinne gehören alle Umstände, die den Anspruch darauf berühren. Es sind dies im Grunde genommen stets nur rechtliche Voraussetzungen; denn auch tatsächliche Veränderungen der für die Leistungsgewährung maßgeblichen Umstände wirken sich auf den Leistungsanspruch nur aus, wenn sie von Rechts wegen hierauf Einfluß haben. Umfaßt der Begriff der Leistungsvoraussetzungen in § 151 Abs 1 AFG sonach alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach (vgl Schönefelder/Kranz/Wanka, Kommentar zum AFG, RdNr 7 zu § 151; Hennig/Kühl/Heuer, Kommentar zum AFG, Anm 6 zu § 151), so ist hier auch der Wegfall von Anspruchsvoraussetzungen als Folge gesetzlicher Änderungen grundsätzlich zu beachten (in diesem Sinne schon BSG SozR 4460 § 24 AFuU Nr 2; SozR 4100 § 151 Nr 3). Das entspricht im übrigen der Rechtsprechung zu anderen vergleichbaren Regelungen (vgl zB BSGE10, 202, 203 zu § 62 BVG; BSGE 28, 227, 228 zu § 622 RVO).
Demgegenüber kann sich der Kläger nicht auf die Bestandskraft von Verwaltungsakten nach § 77 SGG oder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen. Der § 77 SGG sichert den Bestand bindender Verwaltungsakte nur soweit, als durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Im Bereich des AFG enthält aber § 151 Abs 1 AFG eine solche - abweichende - gesetzliche Bestimmung. Er wird ergänzt durch die Regelungen in § 152 AFG , wodurch der Vertrauensschutz in die Bestandskraft von Verwaltungsakten hier auf bestimmte Fälle der Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen beschränkt ist (vgl BSGE 38, 63, 68 = SozR 4100 § 151 Nr 1 und BSGE 41, 260, 261 = SozR 4100 § 151 Nr 3).
Im übrigen hat der Gesetzgeber dem Vertrauensschutz des Klägers bereits dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß er ihr in der Übergangsbestimmung des Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG den Bestand des ihr vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG am 1. Januar 1976 zustehenden Uhg-Wochensatzes sicherte. Nach dieser Vorschrift ist der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1975 (weiterhin) maßgebend, wenn der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 für einen bereits im Uhg-Leistungsbezug stehenden Antragsteller niedriger wäre, als der diesem Antragsteller am 31. Dezember 1975 zustehende Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1975. Das bedeutet für den Kläger: Das LSG hat zutreffend errechnet, daß ihm nach der Leistungsverordnung 1976 nur ein Uhg-Wochensatz in Höhe von 243,60 DM zugestanden hätte, der sich auch bei Dynamisierung gemäß § 112a AFG am 1. Januar 1976 nicht über den 1975 bewilligten Satz von 287,40 DM hinaus erhöht hätte.
Dem Kläger steht vom 1. Januar bis 31. Dezember 1976 auch nicht deshalb ein höherer Uhg-Wochensatz zu, weil das ihm im Bescheid vom 13. März 1975 bewilligte Uhg vom 1. Januar 1976 an gemäß § 112a AFG auf der Grundlage der Leistungsverordnung 1975 zu erhöhen (dynamisieren) wäre; denn die Leistungsverordnung 1975 galt nach ihrem § 1 nur für das Jahr 1975. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art 1 § 2 HStruktG-AFG . Der Senat versteht diese Übergangsvorschrift dahin, daß sie den Ende 1975 bereits im Leistungsbezug stehenden Uhg-Bezieher vor einer durch eine gesetzliche Änderung im HStruktG-AFG erfolgten Herabsetzung seines Uhg schützen sollte. Dies kommt im Wortlaut der genannten Übergangsregelung zum Ausdruck. Nach Art 1 § 2 Abs 1 HStruktG-AFG ist § 44 Abs 2 idF des HStruktG-AFG auf Bezieher laufender Leistungen bei Inkrafttreten des HStruktG-AFG anzuwenden. Daraus folgt, daß auch in solchen Fällen der Berechnung des Uhg grundsätzlich höchstens 80 vH des maßgeblichen Arbeitsentgelts ( § 112 AFG ) zugrunde liegen soll. Diese Absicht wird durch die Regelung in Art 1 § 2 Abs 3 Nr 1 HStruktG-AFG bestätigt, wenn dort auf die erst mit der Leistungsverordnung 1976 eingeführten Leistungsgruppen A und C verwiesen wird; im übrigen liegt dieser Leistungsverordnung bereits das auf 80 vH herabgesetzte Arbeitsentgelt iS von § 112 AFG zugrunde. Der insoweit errechnete Leistungssatz könnte zwar nach § 112a AFG dynamisiert werden. Sollte sich dabei allerdings kein gegenüber dem am 31. Dezember 1975 zustehenden Uhg besserer Satz ergeben, greift die Regelung aus Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG ein. Sie bestimmt die Weitergeltung des "alten" Leistungssatzes aus der Leistungsverordnung 1975, wenn der Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 niedriger ist. Als grundsätzlich eng auszulegende Ausnahmeregelung gegenüber dem Prinzip der Geltung des neuen Rechts auch für laufende Leistungsfälle kann damit nur jene Leistung gemeint sein, die dem Leistungsbezieher am 31. Dezember 1975 zustand und nicht eine andere (höhere), die ihm nach dem früheren Rechtszustand für 1976 zugestanden hätte. Auch dies findet zusätzlich im Wortlaut des Art 1 § 2 Abs 3 Satz 1 HStruktG-AFG eine Stütze; danach soll die Festschreibung des bisherigen Leistungssatzes "bis zum Ende der Teilnahme an dieser Maßnahme" gelten. Eine darüber hinausgehende Erhöhung des Leistungssatzes aus der Leistungsverordnung 1975 nach § 112a AFG im Jahre 1976 konnte sinnvollerweise dabei nicht beabsichtigt sein; denn da jener Leistungssatz auf einem um wenigstens 10 vH höheren Arbeitsentgelt basierte als der ab 1. Januar 1976 in Betracht kommende Leistungssatz, könnte sich praktisch in keinem Fall ein höheres Uhg nach der Leistungsverordnung 1976 ergeben, wenn der geschützte Leistungssatz iS von Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG (nämlich der nach der Leistungsverordnung 1975) auch noch 1976 gemäß § 112a AFG zu dynamisieren wäre. Insofern hätte sich der Vergleich mit dem Leistungssatz nach der Leistungsverordnung 1976 erübrigt.
Die Regelungen des HStruktG-AFG über die Herabsetzung des Uhg verstoßen nicht gegen das Grundgesetz. Zwar kann der Anspruch auf Uhg als ein vermögenswertes subjektiv-öffentliches Recht angesehen werden, das Merkmale des Eigentumsbegriffs iS von § 14 GG aufweist, weil es aus Beitragsmitteln der Versicherten finanziert wird (vgl BVerfGE 11, 221, 226 ; 14, 288, 293 ; 22, 241, 253 ; 29, 22 , 33f; 31, 185, 189 ff). Dem braucht es nicht entgegenzustehen, daß Personen, die Uhg beziehen, nicht immer schon zuvor Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet haben, sondern dies erst zukünftig tun (vgl § 42 AFG idF vor Inkrafttreten des HStruktG-AFG und §§ 36 , 42 Abs 4 AFG nF). Ansprüche gegen die Arbeitslosenversicherung beruhen nämlich nicht auf dem Prinzip der individuellen Äquivalenz zwischen Beiträgen und Leistungen ( BSGE 43, 255, 266 = SozR 4100 § 80 Nr 1 mwN). Wird aber durch die Sozialversicherung ein Sozialausgleich dadurch geschaffen, daß lediglich die Verhältnismäßigkeit zwischen Leistungen und Gegenleistungen unter den in dem jeweiligen Zweig der Sozialversicherung insgesamt Versicherten erforderlich ist, so rechtfertigt diese Global-Äquivalenz (vgl BVerfGE 11, 105 , 114, 117; 17, 1, 9 ; 22, 241, 253 ; BSGE 6, 213, 227 ; 13, 247, 250 ; 23, 59 ; Rohwer-Kahlmann, Sozialgerichtsbarkeit 1975, 161, 165; Meydam, Soziale Sicherheit 1975, 292, 295) den Schutz des Art 14 GG für den einzelnen Anspruch.
Die Einbeziehung des Uhg-Anspruchs in den Schutzbereich des Art 14 GG bedeutet jedoch nicht, daß der Gesetzgeber nicht befugt wäre, in gewissem Umfange in eine dem Anspruchsberechtigten daraus erwachsende Position einzugreifen. In Art 14 Abs 1 Satz 2 GG ist die Inhaltsbestimmung des Eigentums ausdrücklich dem einfachen Gesetzgeber aufgegeben. Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentumsrechts ist infolgedessen auf den Kernbereich der erworbenen öffentlich-rechtlichen Rechtsposition beschränkt, weil ein starres Festhalten an die jeweils durch Gesetz oder Satzung festgelegten Beträge oder Leistungen die einfache Gesetzgebung weitgehend blockieren und eine Anpassung des Rechts an die Veränderung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse verhindern würde (vgl Wannagat, Bundesarbeitsblatt 1974, S 261, 264 mit Hinweis auf BSGE 14, 133, 137 und 15, 71, 75; BSGE 9, 127, 128 ). Eingriffe sind deshalb zulässig. Es muß lediglich abgewogen werden, ob die Einschränkung des Grundrechts zur Erreichung des vom Gemeinwohl gedeckten Zieles geeignet und notwendig und nicht übermäßig belastend und deshalb unzumutbar ist ( BVerfGE 21, 150, 155 ; Maunz/Herzog/Düring/Scholz, Kommentar zum GG, Art 14 RdNr 38). Weiterhin ist innerhalb der Eigentumsgarantie der aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anzuwenden ( BVerfGE 26, 215, 222 ; Meydam aaO S 295).
Der Uhg-Anspruch des Klägers wird aufgrund der Neuregelung durch das HStruktG-AFG nicht in seinem Kernbereich berührt; denn nach der Übergangsregelung des Art 1 § 2 Abs 3 Nr 2 HStruktG-AFG verändert sich die Leistungshöhe nach dem Inkrafttreten des Gesetzes nicht zuungunsten des Klägers. Es wird lediglich eine zu erwartende Erhöhung nicht vorgenommen. Durch die Beibehaltung der gleichen Leistungshöhe wie zuvor wird der Kläger allenfalls geringfügig in seiner Lebensführung beeinträchtigt. Die Neuregelung des Uhg durch das HStruktG-AFG sollte einer defizitären Entwicklung der Arbeitslosenversicherung entgegenwirken, die auf Dauer zu einer Überbeanspruchung der Kreditmärkte durch die öffentliche Hand geführt hätte (s. zur allgemeinen Zielsetzung des Entwurfs zum HStruktG-AFG BT-Drucks 7/4127 S 1). Weiterhin sollte die Höhe des Uhg an die aktuellen arbeitsmarktpolitischen Erfordernisse und Zielsetzungen angepaßt werden (s. Begründung zu Art 20 des Regierungsentwurfs, BT-Drucks 7/4127 S 47 f).
Im Verhältnis zu dieser für das Gemeinwohl außerordentlich wichtigen Zielsetzung der gesetzgeberischen Neuregelung liegt in der nur geringfügigen Beeinträchtigung der Rechtsposition des Klägers keine unzumutbare Belastung ( BVerfGE 31, 229, 242 ). Art 14 GG ist deshalb mit der Änderung des § 44 Abs 2 AFG durch das HStruktG-AFG nicht verletzt worden.
Diese Neuregelung steht ferner nicht im Widerspruch zum Rechts- und Sozialstaatsprinzip iS von Art 20 GG . Aus den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes ergeben sich verfassungsrechtliche Grenzen auch für Gesetze mit unechter Rückwirkung, also für Normen, die zwar unmittelbar nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft einwirken, damit aber zugleich die betroffene Rechtsposition nachträglich im ganzen entwerten ( BVerfGE 36, 73, 82 ). Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier; denn der Uhg-Bewilligungsbescheid vom 13. März 1975 enthielt die verschiedenen Leistungshöhen bereits bis zum 31. Dezember 1976, so daß sich der Kläger bereits bei Beginn der Maßnahme auf ein bestimmtes Maß der Förderung einstellen konnte. Wenn er ab 1. Januar 1976 die Leistungen nicht in der bereits bewilligten Höhe erhält, verringert sich der Gesamtförderungsbetrag.
Eine solche unechte Rückwirkung ist aber nur dann verfassungswidrig, wenn sie in einen Vertrauenstatbestand eingreift und die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit das Interesse des Einzelnen am Fortbestand des bisherigen Zustandes nicht übersteigt ( BVerfGE 36, 73, 82 ). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Ein Vertrauen des Klägers darin, daß sich die gesetzliche Regelung der Höhe des Uhg nach Beginn der Bildungsmaßnahme nicht ändern würde, hätte nur dann entstehen können, wenn es sich bei der Uhg-Regelung um eine bereits seit langem bestehende und unverändert gebliebene Förderungsart handeln würde. Das Uhg ist jedoch erst durch das 7. Änderungsgesetz zum Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 10. März 1967 (BGBl I 266) in das Recht der Arbeitsförderung eingeführt worden. Seit dem Inkrafttreten des AFG ist es sowohl in der Berechnungsweise als auch in der Höhe mehrfach abgeändert worden (vgl die Darstellung bei Hennig/Kühl/Heuer, aaO Anm 1 zu § 44). Ein Vertrauen in einen unveränderten, stetig gleichbleibenden Fortbestand der vor dem Inkrafttreten des HStruktG-AFG bestehenden Ausgestaltung des Uhg konnte beim Kläger somit nicht entstehen. Es liegt infolgedessen keine Beeinträchtigung des Prinzips der Rechtssicherheit in der Form des Vertrauensschutzes vor.
Das Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Staat, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Es darf jedoch nicht dahin ausgelegt werden, daß mit seiner Hilfe jede Einzelregelung, deren Anwendung in bestimmten Fällen zu Härten und Unbilligkeiten führt, modifiziert werden könnte (vgl BVerfGE 26, 44, 61 f; 34, 118, 136 ; 36, 73, 84 ). Die Ausgestaltung des Sozialstaatsprinzips obliegt vielmehr im wesentlichen dem Gesetzgeber ( BVerfGE 1, 97, 105 ; 8, 274, 329 ; 36, 73, 84 ). Im HStruktG-AFG hat der Gesetzgeber den Uhg-Leistungssatz um rd 10 vH gesenkt. Da er neben diesem Schritt für laufende Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen eine besitzstandswahrende Übergangsregelung geschaffen hat, sind sozialstaatliche Grundsätze auf jeden Fall gewahrt.
Schließlich kann in der Neuregelung des § 44 Abs 2 AFG durch das HStruktG-AFG nicht eine Verletzung des Grundrechts auf freie Berufswahl iS von Art 12 GG erblickt werden. Art 12 Abs 1 GG kommt als Maßstabsnorm in der Regel nur für solche Bestimmungen in Betracht, die sich gerade auf die berufliche Tätigkeit beziehen und diese unmittelbar zum Gegenstand haben. Dies ist bei den Vorschriften, die die Höhe des Uhg regeln, nicht der Fall, da durch diese weder die Berufsausübung noch die Zulassung zu einem Beruf geregelt wird. Allerdings sind auch Vorschriften, die das Berufungsrecht nicht unmittelbar regeln, am Maßstab des Art 12 Abs 1 GG verfassungsrechtlich zu prüfen, wenn sie es berühren können. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn der nach Art 12 Abs 1 GG geschützte Freiheitsraum durch Vorschriften berührt wird, die infolge ihrer tatsächlichen Auswirkungen geeignet sind, die Freiheit der Berufswahl mittelbar zu beeinträchtigen ( BVerfGE 13, 181, 185 f; 22, 380, 383). Die vom HStruktG-AFG vorgenommene Herabsenkung des Uhg-Leistungssatzes ist jedoch wegen ihrer in dieser Hinsicht geringfügigen Wirkung nicht geeignet, eine Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahme zu vereiteln, so daß die Freiheit der Berufswahl durch eine solche Maßnahme nicht beeinträchtigt wird. Da der Kläger das Uhg ohnehin in gleicher Höhe wie zu Beginn des Jahres 1976 weiter erhält, ist sein Grundrecht aus Art 12 GG auf keinen Fall verletzt.
Nach allem hat das LSG die von der Beklagten für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1976 vorgenommene Herabsetzung ihrer früheren Uhg-Bewilligung auf wöchentlich 287,40 DM zu Recht bestätigt. Die Revision muß deshalb als unbegründet zurückgewiesen werden.
Nicht zu entscheiden ist über die Höhe des Uhg ab 1. Januar 1977. Im Bescheid vom 13. März 1975 ist Uhg nur bis zum 31. Dezember 1976 bewilligt worden. Allerdings enthält die Verfügung vom 1. Dezember 1975 den Vermerk: Uhg wird bewilligt vom 2. Dezember 1975 bis 31. Januar 1977. Indessen ist die Verfügung vom 1. Dezember 1975, wie dargelegt, kein Verwaltungsakt gewesen. Der Widerspruchsbescheid hat auf den Inhalt der Verfügung nur insoweit verwiesen, als sich danach der Leistungssatz ab 1. Januar 1976 nicht erhöht. Im übrigen hat die Verfügung vom 1. Dezember auch die Höhe des Uhg ab 1. Januar 1977 nicht geregelt. Zur Höhe bestimmt sie lediglich: "Das gerundete Arbeitsentgelt ist nicht zu aktualisieren ... Arbeitsentgelt gerundet 435,- DM."
Die Revision ist aus allen diesen Gründen mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Fundstellen