Leitsatz (amtlich)
1. Die durch den Gebrauch des Deutschen als Muttersprache vermittelte Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis entfällt erst nach einer Übergangszeit, wenn Deutsch im persönlichen Bereich (Ehe, Familie, Freundeskreis) nicht mehr überwiegend gesprochen wird (Anschluß an BSG vom 5.11.1980 - 11 RA 74/79 = BSGE 50, 279 = SozR 5070 § 20 Nr 3).
2. Die Übergangszeit ist jedenfalls nicht abgelaufen, solange Deutsch in gleichem Umfang neben einer zweiten Sprache gesprochen wird.
Normenkette
WGSVG § 20 S 1, § 19 Abs 2 Buchst a Halbs 2, § 20 S 2
Verfahrensgang
LSG Berlin (Entscheidung vom 03.02.1987; Aktenzeichen L 2 An 37/86) |
SG Berlin (Entscheidung vom 16.12.1985; Aktenzeichen S 2 An 464/84) |
Tatbestand
Streitig ist die Herstellung einer Versicherungsunterlage über Beitragszeiten von Oktober 1946 bis Oktober 1947 und von Dezember 1947 bis Januar 1948 in der Tschechoslowakei.
Die 1918 in D /Tschechoslowakei geborene Klägerin ist als Jüdin rassisch Verfolgte iS des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG). Nach dem Besuch tschechischer Schulen studierte sie 1936/1937 am Psychologischen Institut in Wien und von 1937 bis 1939 Medizin an der Universität Prag. Am 28. Februar 1940 heiratete sie. Von September 1941 bis Mai 1945 mußte sie den Judenstern tragen und in Prag Zwangsarbeit verrichten. Anschließend setzte sie ihr Medizinstudium fort und war ab Oktober 1946 als Ärztin beschäftigt. Am 1. Februar 1948 wanderte sie mit ihrem Ehemann nach Venezuela, von dort im Jahre 1952 in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) aus, deren Staatsangehörige sie ist.
Durch den streitigen Bescheid vom 5. August 1983, bestätigt durch den Widerspruchsbescheid vom 7. Dezember 1983, lehnte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die Herstellung einer Versicherungsunterlage nach Maßgabe des Fremdrentengesetzes (FRG) über die in der Tschechoslowakei zurückgelegten Versicherungszeiten ab, weil die Klägerin weder als Vertriebene iS des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt sei, noch nach § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) einem anerkannten Vertriebenen gleichstehe. Denn sie habe im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (DSK) nicht angehört, weil sie in ihrem persönlichen Bereich nicht überwiegend die deutsche Sprache gebraucht habe.
Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts Berlin -SG- vom 16. Dezember 1985; Urteil des Landessozialgerichts Berlin -LSG- vom 3. Februar 1987). Das Berufungsgericht hat sich den Rechtsstandpunkt der Beklagten zu eigen gemacht und ausgeführt, entscheidend sei, ob sich der Verfolgte in seinem persönlichen Lebensbereich, in dem er über den Sprachgebrauch selbst entscheiden könne - in der Regel der engere Familienbereich - eindeutig für den Gebrauch der deutschen Sprache entschieden habe. Das ergebe sich aus dem zumindest überwiegenden Gebrauch des Deutschen im Bereich des persönlichen Lebens. Diese Betrachtungsweise gelte nicht nur für die Begründung, sondern auch für die Fortdauer der Zugehörigkeit zum DSK. Wenn Deutsch - wie bei der Klägerin - die Muttersprache gewesen sei, ende allerdings die Zugehörigkeit zum DSK nicht schon unmittelbar mit dem Zeitpunkt, von dem an der Gebrauch des Deutschen im persönlichen Bereich nicht mehr überwogen habe. Sie bleibe vielmehr regelmäßig noch für eine Übergangszeit erhalten. Die Klägerin, die über gute tschechische Sprachkenntnisse verfüge, habe ihre Schul- und Universitätsausbildung, abgesehen von der kurzen Studienzeit in Wien, in tschechischer Sprache erhalten. Nach ihrer Eheschließung im Februar 1940 habe sie mit ihrem Ehemann, dessen Muttersprache Tschechisch sei, nicht nur Deutsch, sondern auch tschechisch gesprochen. Im persönlichen Lebensbereich der Familie hätten beide Sprachen mindestens gleichwertig nebeneinander gestanden. Es möge zwar sein, daß die Eheleute im privaten Bereich mit den deutschsprachigen Freunden und Bekannten deutsch gesprochen hätten; dies rechtfertige jedoch nicht die Annahme, im persönlichen Lebensbereich in der Ehe sei überwiegend die deutsche Sprache verwendet worden. Die Eheleute hätten sich für den gleichwertigen Gebrauch der deutschen und der tschechischen Sprache in der Ehe entschieden. Die Übergangszeit, während der die Klägerin dem DSK noch angehört habe, sei längst verstrichen gewesen, als sie im Februar 1948 die Tschechoslowakei verlassen habe.
Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 20 WGSVG. Sie meint, solange die Muttersprachen der Eheleute in einer Ehe gleichwertig nebeneinander gesprochen worden seien, könne eine Abkehr vom DSK nicht in Betracht kommen. Vertrete man hierzu eine andere Auffassung, sei in ihrem Falle bei Verlassen des Vertreibungsgebietes die Übergangszeit noch nicht abgelaufen gewesen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe nämlich zustimmend ein Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken -OLG- (RzW 1971, 124) in Bezug genommen (Hinweis auf BSGE 50, 279, 282 = SozR 5070 §20 Nr 3 S 7, 9). Wenn aber, wie im Fall des OLG Zweibrücken, die sogenannte Übergangszeit nach Ablauf von acht Jahren selbst dann noch nicht beendet gewesen sei, wenn die Eheleute im persönlichen Bereich überhaupt nicht deutsch gesprochen hätten, könne sie erst recht nicht verstrichen gewesen sein, wenn -wie im vorliegenden Fall - acht Jahre nach der Eheschließung noch gleichwertig die jeweilige Muttersprache gesprochen worden sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des LSG Berlin vom 3. Februar 1987 und das Urteil des SG Berlin vom 16. Dezember 1985 sowie den Bescheid vom 5. August 1983 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Dezember 1983 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Versicherungsunterlage über die vom 1. Oktober 1946 bis zum 31. Oktober 1947 und vom 1. Dezember 1947 bis zum 31. Januar 1948 zurückgelegten Beitragszeiten herzustellen,
hilfsweise,
die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie meint, nach dem bisherigen Verfahrensstand sei das Rechtsmittel unbegründet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG begründet. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts reichen für eine abschließende Sachentscheidung nicht aus.
Nach § 11 Abs 2 der Verordnung über die Feststellung von Leistungen aus den gesetzlichen Rentenversicherungen bei verlorenen, zerstörten, unbrauchbar gewordenen oder nicht erreichbaren Versicherungsunterlagen (Versicherungsunterlagen-Verordnung - VuVO) sind auf Antrag des Versicherten (Beschäftigten) auch außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens nach Maßgabe des FRG vom 25. Februar 1960 (BGBl I S 93) Versicherungsunterlagen für Zeiten herzustellen, die nach dem FRG anrechenbar sind. Die behaupteten Beitragszeiten von Oktober 1946 bis Oktober 1947 und von Dezember 1947 bis Januar 1948 in der Tschechoslowakei könnten nach § 15 Abs 1 Satz 1 und 2 FRG nach Bundesrecht aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung zurückgelegten Beitragszeiten gleichstehen, dh grundsätzlich wie solche anrechenbar sein, wenn die Klägerin iS des § 1 FRG anerkannte Vertriebene oder einer solchen Vertriebenen gleichgestellt wäre. Da die Klägerin nicht als "Vertriebene iS des BVFG anerkannt" ist, niemals deutsche Staatsangehörige war oder als Flüchtling oder Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat (§ 1 Buchst a bis c FRG iVm Art 116 Abs 1 des Grundgesetzes - GG) und eine der von § 1 Buchst d und e, § 17 FRG erfaßten Fallgestaltungen hier nicht in Betracht kommt, könnte § 15 FRG auf sie nur angewendet werden, wenn die Voraussetzungen des § 20 WGSVG (idF von Art 9 des Siebten Rentenversicherungs-Änderungsgesetzes - 7. RVÄndG vom 19. Dezember 1986 - BGBl I S 2586) erfüllt sind. Nach dessen Satz 1 stehen bei Anwendung des FRG den anerkannten Vertriebenen iS des BVFG "vertriebene Verfolgte" gleich, die lediglich deswegen nicht als Vertriebene anerkannt sind oder anerkannt werden können, weil sie sich nicht ausdrücklich zum deutschen Volkstum bekannt haben. Nach den für das Revisionsgericht bindenden (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG ist die Klägerin "Verfolgte" iS von § 1 BEG und § 20 Satz 1 WGSVG. Die Anwendung des FRG hängt demnach davon ab, ob sie auch "vertrieben" worden ist, also nicht nur das Verfolgungs-, sondern auch das Vertreibungsschicksal ertragen hat, jedoch lediglich mangels Bekenntnisses zum deutschen Volkstum nicht als Vertriebene anerkannt werden kann. Nach § 1 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 BVFG ist Vertriebener auch, wer "als deutscher Volkszugehöriger" nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen die Tschechoslowakei verlassen hat. "Deutscher Volkszugehöriger" iS des BVFG ist, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Dazu bestimmt § 20 Satz 2 WGSVG, daß § 19 Abs 2 Buchst a zweiter Halbsatz aaO entsprechend gilt, nach dem es, soweit es auf die deutsche Volkszugehörigkeit ankommt, genügt, wenn die Verfolgte im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem DSK angehört hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kommt dem Gebrauch der deutschen Sprache im persönlichen Lebensbereich eine für die Zugehörigkeit zum DSK grundsätzlich ausschlaggebende Bedeutung zu (BSG SozR 5070 § 20 Nr 5, Nr 4, Nr 2; BSGE 50, 279 = SozR aaO Nr 3; jeweils mwN). Denn wer eine Sprache in seinem persönlichen Lebensbereich dauernd gebraucht, gehört nicht nur diesem Sprach-, sondern auch dem durch sie vermittelten Kulturkreis an, weil sie ihm den Zugang zu dessen Weltbild und Denkwelt erschließt. Die Zugehörigkeit zum DSK ergibt sich daher "im Regelfall" (so BSGE 50, 279, 281 = SozR aaO Nr 3 S 8; BSG SozR aaO Nr 5 S 17 f mwN) durch den Gebrauch des Deutschen als Muttersprache im Bereich des persönlichen Lebens, der in erster Linie die Sphäre von Ehe und Familie, dann aber auch den Freundeskreis umfaßt. Eine Mehrsprachigkeit steht der Zugehörigkeit zum DSK dann nicht entgegen, wenn die Verfolgte die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie in ihrem persönlichen Bereich überwiegend gebraucht (BSG SozR aaO Nr 4 S 14; BSGE 50, 279, 281 = SozR aaO Nr 3 S 8 jeweils mwN).
Das LSG hat dazu - für den erkennenden Senat bindend (§ 163 SGG) - festgestellt, die Muttersprache der Klägerin sei Deutsch gewesen. Mit ihrem Ehemann habe sie aber nicht nur deutsch, sondern auch tschechisch gesprochen. Sie habe sich im engeren Familienbereich nicht eindeutig für den Bereich der deutschen Sprache entschieden. Vielmehr hätten in der Familie beide Sprachen gleichwertig nebeneinander gestanden (S 12, 13, 14 im Urteil des LSG). Diese Feststellungen lassen, worauf noch einzugehen ist, nur die rechtliche Folgerung zu, daß die Klägerin "im Zeitraum des Verlassens des Vertreibungsgebietes" dem DSK angehört hat. Dafür kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob sich die Verfolgte "eindeutig" für den Gebrauch des Deutschen im persönlichen Lebensbereich "entschieden" hat, was schon einem "Bekenntnis" iS von § 20 Satz 1 WGSVG nahekäme. Bedenken begegnen der Meinung des Berufungsgerichts auch deswegen, weil seine Ausführungen nicht genügend klar erkennen lassen, ob der "gleichwertige Gebrauch der deutschen und der tschechischen Sprache in der Ehe" (S 13, 14 im Urteil des LSG) im Blick auf den Sprachgebrauch allein der Klägerin oder aber für den beider Eheleute festgestellt worden ist. Der Ehemann der Klägerin hat nämlich - wie das LSG mitteilt - angegeben, daß er vor der Auswanderung überwiegend Tschechisch verwendet habe. Ferner hat das LSG keine Feststellungen getroffen, ob die Klägerin - wie vorgetragen - auch noch im Freundeskreis überwiegend deutsch gesprochen hat.
Diesen Fragen ist aber nicht weiter nachzugehen, weil die Klägerin schon aus einem anderen Grund im maßgeblichen Zeitraum dem DSK - jedenfalls noch - angehört hat. Wie das BSG (BSGE 50, 279, 281 = SozR aaO Nr 3 S 9) bereits klargestellt hat, verliert derjenige, der die deutsche Sprache "von Jugend an" (so BSG SozR aaO Nr 5 S 17) als Muttersprache erlernt und gesprochen hat, dadurch in ihre Denkwelt eingegliedert worden ist und sie in seinem persönlichen Lebensbereich spricht, die Zugehörigkeit zum DSK nicht schon unmittelbar mit dem Zeitpunkt, von dem an der Gebrauch des Deutschen im persönlichen Lebensbereich nicht mehr überwiegt. Sie bleibt vielmehr regelmäßig noch für eine Übergangszeit erhalten. Dazu hat das BSG zustimmend auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Zweibrücken (RzW 1971, 124 f) Bezug genommen, die zu einem Sachverhalt ergangen ist, bei dem der Kläger seit der Eheschließung mit seiner des Deutschen unkundigen Ehefrau für etwa acht Jahre bis zur Aussiedlung kein Deutsch gesprochen hatte. Auch der erkennende Senat hält daran fest, daß die durch den Gebrauch der deutschen Sprache als Muttersprache vermittelte Zugehörigkeit zum DSK selbst dann erst nach einer Übergangszeit erlischt, wenn der Verfolgte überhaupt nicht mehr die deutsche Sprache benützt. Die Dauer der Übergangszeit hängt von den Umständen des jeweiligen Falles, insbesondere davon ab, ob der Verfolgte in Ehe, Familie und Freundeskreis das Deutsche überhaupt nicht mehr bzw nur noch völlig untergeordnet oder aber sogar noch in gleichem Umfang neben einer zweiten Sprache gebraucht hat. Im letztgenannten Fall, in dem es sogar - was hier offen bleiben kann - fraglich ist, ob eine die Übergangsfrist in Lauf setzende Distanzierung vom DSK erfolgt ist, wird selbst eine acht Jahre überschreitende Übergangszeit in Betracht zu ziehen sein.
Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß zu entscheiden, wo die äußerste zeitliche Grenze einer solchen Übergangszeit liegt. Denn bei der Klägerin war sie jedenfalls noch nicht überschritten: Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Klägerin Deutsch als Muttersprache erlernt und auch noch zur Zeit der Ausreise nach Venezuela im Februar 1948 in ihrem persönlichen Lebensbereich "mindestens" gleichwertig neben dem Tschechischen gebraucht. Den Zeitpunkt, von dem an sie nicht mehr überwiegend deutsch gesprochen hat, hat das LSG nicht ausdrücklich genannt. Aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen ergibt sich aber noch hinreichend klar, daß es von dem des Eheschlusses im Februar 1940 ausgegangen ist. Denn die Mitteilungen des Berufungsgerichts über die vorangegangene Schul- und Universitätsausbildung in tschechischer Sprache beziehen sich erkennbar nicht auf den Beginn der Übergangszeit, zumal damit nichts über den Sprachgebrauch im persönlichen Lebensbereich ausgesagt ist. Die muttersprachlich vermittelte Zugehörigkeit zum DSK im oben genannten Sinn bestand bei diesem Sprachverhalten der Klägerin knapp acht Jahre nach ihrer Heirat zur Zeit ihrer Aussiedlung Anfang Februar 1948 noch in einem Umfang fort, der ausschließt, daß die "Übergangszeit" damals schon abgelaufen war.
Zwar gehört die Klägerin somit dem DSK iS von § 20 Satz 1 und 2, § 19 Abs 2 Buchst a zweiter Halbsatz WGSVG an. Dennoch ist der Senat nicht in der Lage, eine den Rechtsstreit abschließende Sachentscheidung zu treffen. Das LSG hat nämlich - von seinem Rechtsstandpunkt zu Recht - keine Feststellungen getroffen, ob die Klägerin die Tschechoslowakei "als deutsche Volkszugehörige" (§ 1 Abs 2 BVFG) oder aus einem anderen Grunde verlassen hat, ob ggf die behaupteten tschechischen Beitragszeiten zurückgelegt worden und mit welchem Wert sie anrechenbar sind. Dies wird das Berufungsgericht nunmehr nachholen. Dabei wird es im Blick auf den sog Nötigungszusammenhang zu beachten haben, daß die Klägerin das Vertreibungsgebiet im Februar 1948, also vor dem 1. Oktober 1953 verlassen hat, so daß der ursächliche Zusammenhang zwischen ihrer Zugehörigkeit zum DSK und dem Verlassen der Heimat - widerleglich - zu vermuten ist (vgl BSG SozR aaO Nrn 7, 8, 10). Die Beurteilung, ob diese Vermutung widerlegt ist, setzt voraus, die Vielfalt der Ursachen, die zum Verlassen des Vertreibungsgebietes beigetragen haben können, nach den Maßstäben zu berücksichtigen, die der Senat im Urteil vom 22. September 1983 (SozR 5070 Nr 7; vgl auch SozR aaO Nr 10 S 35) aufgestellt hat. Zur Widerlegung der Vermutung ist weder die isoliert betrachtete eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 12. November 1957 gegenüber der Entschädigungsbehörde (vgl dazu die Urteile des Senats in SozR aaO Nr 7 S 24 f und in AmtlMittLVA Rheinpr 1985, 77 f) noch die Wohnsitznahme in einem nichtdeutschsprachigen Land allein (§ 20 Satz 3 WGSVG, dazu Schmidinger SozVers 1987, 169, 170 f; Schieffer AmtlMittLVA Rheinpr 1987, 111) ausreichend.
Nach alledem mußte die Revision der Klägerin iS der Zurückverweisung der Streitsache an das LSG Erfolg haben, das auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben wird.
Fundstellen