Orientierungssatz
Die Voraussetzungen für die Anwendung des FRG sind gegeben, wenn ein Verletzter Entschädigung für die Folgen eines Unfalls begehrt, den er während der Strafhaft in der SBZ erlitten hat.
Für die Durchführung des Feststellungsverfahrens über diese Ansprüche ist die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung zuständig.
Normenkette
FRG § 5 Abs. 1 Fassung: 1960-02-25, Abs. 2 Fassung: 1960-02-25, § 7 Fassung: 1960-02-25; GefUFG
Tenor
Das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. Dezember 1964 wird aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10. Februar 1964 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Urteilstenor zu 1.) wie folgt gefaßt wird:
Die Beklagte ist zuständig, das Feststellungsverfahren wegen der Folgen des Unfalls des Beigeladenen vom 20. April 1958 durchzuführen.
Die Beklagte hat dem Beigeladenen auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Der beigeladene Herbert K war durch Urteil des Bezirksgerichts Rostock vom 18. Juni 1956 wegen Verstoßes gegen Art. 6 der Verfassung der DDR zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt worden und wurde während der Strafverbüßung im Haftlager B. als Tonmischer im VEB-Ziegeleikombinat U. beschäftigt. Auf der Fahrt zum Arbeitsplatz und zurück und auch während der Arbeit stand er unter Bewachung. Am 20. April 1958 verunglückte er bei der Arbeit und erlitt schwere Verletzungen am linken Bein, das im Oberschenkel amputiert werden mußte. Von der Sozialversicherung der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde der Unfall als nach der Verordnung (VO) über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1957 zu entschädigenden Arbeitsunfall anerkannt. Der Beigeladene erhielt vom 18. Mai 1958 an eine Rente auf Grund eines Jahresarbeitsverdienstes (JAV) von 3.320,21 DM. Seit der Übersiedlung des Beigeladenen nach West-Berlin im November 1958 ist die Rente nicht mehr gezahlt worden.
Der Generalstaatsanwalt beim Kammergericht in Berlin hat mit Verfügung vom 25. Mai 1959 die Unzulässigkeit der Vollstreckung des Urteils des Bezirksgerichts Rostock festgestellt (§ 15 des Gesetzes über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen vom 2. Mai 1953 - BGBl S. 1, 161, Berliner Gesetz- und Verordnungsblatt, S. 293).
Nachdem der Beigeladene mit Schreiben vom 16. Mai 1960 bei der Klägerin Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung beantragt hatte, gewährte ihm diese vom 1. September 1961 an "bis zur endgültigen Übernahme durch die Bundesausführungsbehörde" eine vorläufige Fürsorge von monatlich 150,- DM. Sie forderte die Bundesausführungsbehörde (BAfU) auf, die Entschädigungslast zu übernehmen und erhob, nachdem diese die Übernahme abgelehnt hatte, Klage beim Sozialgericht (SG) Würzburg. Dieses hat durch Urteil vom 10. Februar 1964 wie folgt entschieden:
I. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Unfall des beigeladenen Karl Herbert K vom 20. April 1958 nach dem Gesetz betreffend die Unfallfürsorge für Gefangene vom 30. Juni 1900 zu entschädigen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin alle Aufwendungen zu ersetzen, die von dieser aus Anlaß des Unfalls vom 20. April 1958 als vorläufige Fürsorge erbracht worden sind.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 4. Dezember 1964 das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte für verpflichtet erklärt, dem Beigeladenen aus Anlaß seines Unfalls vom 20. April 1958 ab 1. Januar 1959 Entschädigungsleistungen nach dem Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) zu gewähren und zwar bis zum 30. Juni 1963 auf Grund des Gesetzes über Unfallfürsorge für Gefangene vom 30. Juni 1900 und seiner Ergänzungen, ab 1. Juli 1963 auf Grund des § 540 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Gesetzes zur Neuregelung der gesetzlichen Unfallversicherung (UVNG) vom 30. April 1963.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Das Urteil des LSG beruht u. a. auf folgenden - eingehend begründeten - Erwägungen:
Da der Beigeladene vor der Verkündung des FANG keine Entschädigungsansprüche geltend gemacht hat, ist sein Anspruch ausschließlich nach dem Fremdrentengesetz (FRG) zu prüfen.
Bei der Arbeit, die zum Unfall vom 20. April 1958 geführt hat, war der Beigeladene nach dem in der SBZ geltenden Recht ohne Rücksicht darauf, ob er die Arbeit in einem freien Arbeitsverhältnis oder als Zwangsarbeiter verrichtete, gesetzlich gegen die Folgen von Arbeitsunfällen versichert (VO über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1947). Die Voraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 FRG (Art. 1 FANG), daß der Beigeladene bei einem deutschen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versichert war, ist somit erfüllt.
Nach den im Geltungsbereich des FRG geltenden Strafvollzugsvorschriften begründet die Arbeitstätigkeit der Strafgefangenen kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis im Sinne des bürgerlichen Rechts und des Arbeitsrechts. Der Gefangene ist nicht auf Grund eines Arbeits-, Dienst- oder Lehrverhältnisses im Sinne von § 537 Nr. 1 RVO aF (jetzt § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) beschäftigt. Der Versicherungsschutz für Gefangene ist im Gesetz über die Unfallversicherung der Gefangenen vom 30. Juni 1900 (GUFG) geregelt. Seitdem das 6. Änderungsgesetz den Versicherungsschutz der Unfallversicherung durch § 537 Nr. 10 RVO aF auf alle Personen ausgedehnt hat, die "wie ein nach Nr. 1 - 9 Versicherter" tätig werden, ist das GUFG nur noch die Sonderregelung des unter § 537 Nr. 10 RVO aF fallenden gesetzlichen Tatbestandes.
Es sind Strafvollzugssysteme denkbar, in denen der Strafgefangene bei der Arbeit die arbeitsrechtliche Stellung eines Arbeitnehmers hat. In der SBZ konnte der Strafgefangene nach der VO über die Beschäftigung von Strafgefangenen vom 3. April 1952 die Beschäftigung in einem Industriebetrieb wählen und hatte aus diesem Arbeitsverhältnis heraus die gleichen Rechte wie ein freier Arbeiter. Diese VO ist jedoch durch die VO über den Arbeitseinsatz von Strafgefangenen vom 10. Juni 1954 aufgehoben worden. Die vom Ministerium des Innern der SBZ auf Grund der neuen VO getroffene Regelung ist nicht veröffentlicht. Ihr Inhalt ist nicht bekannt. Aus den "Arbeitsrichtlinien über Leistungsgewährung für Haftentlassene und Familienangehörige von Inhaftierten" vom 8. Februar 1955 geht hervor, daß die in einem anstaltsfremden Industriebetrieb beschäftigten Strafgefangenen zwar nach wie vor gegen Arbeitsunfall versichert sind, aber keine arbeitsrechtlichen Ansprüche haben, die denen eines freien Arbeiters entsprechen. Auch werden für sie keine Sozialversicherungsbeiträge mehr für die Kranken- und Rentenversicherung abgeführt, sondern nur eine Anwartschaftsgebühr. Die vom Industriebetrieb gezahlte Entlohnung ist auch nicht mehr für die Berechnung des der Unfallentschädigung zugrunde gelegenen Jahresarbeitsverdienstes maßgebend. Dieser wird vielmehr von der Strafvollzugsbehörde niedriger festgestellt. Das ergibt sich auch aus der JAV-Berechnung im Falle des Beigeladenen.
Auch aus den glaubhaften Angaben des Beigeladenen ergibt sich, daß zwischen ihm und dem Ziegeleikombinat kein freies Arbeitsverhältnis bestand, aus dem er Rechtsansprüche gegen das Ziegeleikombinat hatte. Infolgedessen ist die Klägerin nicht der zuständige und passivlegitimierte Versicherungsträger nach § 9 FRG.
Auch die in der Verfügung des Generalstaatsanwalts bei dem Kammergericht zum Ausdruck gekommene Feststellung, daß der Beigeladene die Strafhaft zu Unrecht erlitten hat, beseitigt nicht die Tatsache, daß ihm während der Strafhaft die Freiheit entzogen war.
Der Beigeladene hat mithin den Arbeitsunfall unter Umständen erlitten, bei denen er im Geltungsbereich des FRG Entschädigungsansprüche nicht nach dem Dritten Buch der RVO, sondern nach dem GUFG gehabt haben würde. Das GUFG ist im Hinblick auf den zeitlichen und sachlichen Entstehungszusammenhang mit der Unfallversicherungsgesetzgebung und das Leistungssystem völlig wesensverwandt mit der gesetzlichen Unfallversicherung und gehörte zum Sozialsystem der gesetzlichen Unfallversicherung und mithin zu den "für die gesetzliche Unfallversicherung maßgebenden bundesrechtlichen Vorschriften" im Sinne des § 5 FRG und zu den Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung, die gem. § 7 FRG bis zum 30. Juni 1963 anzuwenden sind. Vom 1. Juli 1963 an sind die Leistungen gem. Art. 4 § 2 Abs. 2 UVNG nach den Bestimmungen des Dritten Buches der RVO idF des UVNG neu zu berechnen. Zuständig für die Gewährung der Leistungen vom 1. Januar 1959 an ist gem. § 9 Abs. 2 FRG die Beklagte und zwar nach Art. 4 § 11 UVNG auch für die Leistungen vom 1. Juli 1963 an.
Der gem. § 75 Abs. 2 SGG Beigeladene konnte gem. § 75 Abs. 4 Satz 2 SGG einen Leistungsantrag auf Entschädigung stellen. Er hatte diesen Antrag bereits im ersten Rechtszug gegen die Klägerin, im zweiten Rechtszug hilfsweise auch gegen die Beklagte gestellt. Durch diesen Leistungsantrag ist der Feststellungsstreit zwischen der Klägerin und der Beklagten gegenstandslos geworden. Die Verurteilung der Beklagten zur Leistung an den Beigeladenen, der sich die Fürsorgeleistungen der Klägerin anrechnen lassen muß, hat zur Folge, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die Fürsorgeleistungen zu erstatten. Die Erledigung des zwischen ihnen bestehenden Rechtsstreits zur Hauptsache haben die Klägerin und der Beklagte auch durch ihre Sachanträge im Berufungsverfahren anerkannt.
Die BAfU, der das Urteil am 22. Januar 1965 zugegangen ist, hat am 19. Februar 1965 durch ein Telegramm ihres Prozeßbevollmächtigten und einen am selben Tage eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und die Revision am 6. März 1965 begründet. Sie beantragt,
das Urteil in seinen Teilen II und III des erkennenden Teiles (Tenors) aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Beigeladene war im Revisionsverfahren nicht durch einen zugelassenen Prozeßbevollmächtigten (§ 166 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) vertreten.
II
Die durch Zulassung statthafte Revision ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden und somit zulässig (§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG). Sie hatte jedoch nur teilweise Erfolg.
Bei der Prüfung der Frage, welcher Versicherungsträger für die Durchführung des Feststellungsverfahrens über die Leistung zuständig ist, auf die der Beigeladene für die Folgen des Unfalls vom 20. April 1958 Anspruch erhebt, hat das LSG zutreffend die Vorschriften des FANG vom 25. Februar 1960 (BGBl I, S. 93) zugrunde gelegt, das mit Wirkung vom 1. Januar 1959 an in Kraft getreten ist (Art. 7 § 3 FANG); denn ein Entschädigungsanspruch des Beigeladenen gegenüber einem Versicherungsträger im Geltungsbereich des FANG kann sich nur aus dem Fremdrentenrecht ergeben.
Das LSG ist auch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beigeladene während der Strafhaft in der SBZ bei einem deutschen Versicherungsträger gegen die Folgen von Unfällen bei der Arbeit gesetzlich versichert war (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 6 des FRG, Art. 1 FANG), so daß dahingestellt bleiben kann, ob das für die Strafgefangenen in der SBZ geltende Sozialversicherungsrecht (VO über die Sozialpflichtversicherung vom 28. Januar 1947, Arbeit und Sozialfürsorge 1947 S. 92, VO über die Sozialversicherung vom 26. April 1951, GBl S. 325) zu dem Recht gehört, dessen Auslegung im vorliegenden Fall vom Revisionsgericht nachgeprüft werden kann (vgl. z. B. BSG 16, 140, 143).
Wie das LSG nicht verkannt hat, setzt ein Entschädigungsanspruch nach dem FRG außerdem voraus, daß der Verletzte auch unter Versicherungsschutz gestanden hätte (oder auf Grund freiwilliger Versicherung versichert gewesen sein könnte), wenn sich der Unfall im Geltungsbereich des FRG ereignet hätte (§ 5 Abs. 2, § 7 FRG).
Der erkennende Senat hat im Urteil vom 6. April 1960 (BSG 12, 71) näher dargelegt, daß eine den Versicherungsschutz nach dem Dritten Buch der RVO begründende Beschäftigung auf Grund eines Arbeitsverhältnisses im Sinne des § 537 Nr. 1 RVO aF auch vorliegen kann, wenn ein Strafgefangener mit seinem Einverständnis unter allgemein geltenden tariflichen Bedingungen zur Arbeit in einem volkseigenen Betrieb in der SBZ herangezogen wird. Die dieser Entscheidung zu Grunde liegende besondere tatsächliche und rechtliche Gestaltung der Verhältnisse beruhte jedoch auf der VO über die Beschäftigung von Strafgefangenen vom 3. April 1952 (GBl S. 275) die, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, zur Zeit der Strafhaft des Beigeladenen durch die VO über den Arbeitseinsatz von Strafgefangenen vom 10. Juni 1954 (GBl S. 567) aufgehoben und durch Regelungen ersetzt worden war, die nicht veröffentlicht und dem erkennenden Senat ebenso wie dem Berufungsgericht nicht zugänglich sind. Das LSG hat aus den vertraulichen "Arbeitsrichtlinien über die Leistungsgewährung für Haftentlassene und Familienangehörige von Inhaftierten" vom 8. Februar 1955 (wiedergegeben bei: Leutwein, Die sozialen Leistungen in der sowjetischen Besatzungszone und in Ost-Berlin, Teil II, 5. Aufl., Anlage 51 S. 143) ohne Rechtsirrtum den Schluß gezogen, daß seit dieser Neuregelung der Arbeit der Strafgefangenen in der SBZ die besonderen rechtlichen Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, die es vorher ermöglicht hatten, bei einem Einsatz von Strafgefangenen in einem Industriebetrieb ein arbeitsrechtliches Verhältnis des Gefangenen zu diesem Betrieb zu begründen. Infolge des Fehlens von Sondervorschriften, wie sie für den vom erkennenden Senat im Urteil vom 6. April 1960 entschiedenen Fall von Bedeutung waren, ist das LSG zutreffend von dem Regelfall ausgegangen, daß Strafgefangene, wie das auch im Geltungsbereich des FRG der Fall ist, nicht als freie Arbeiter in einem Arbeitsverhältnis im Sinne des § 537 Nr. 1 RVO aF, sondern auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses beschäftigt werden. Es bedarf deshalb keiner Prüfung der Rügen, mit denen sich die Revision gegen die Feststellungen des LSG über die tatsächliche Gestaltung des Arbeitseinsatzes des Beigeladenen wendet.
Es kann auch dahingestellt bleiben, welche rechtlichen Wirkungen es hat, daß der Generalstaatsanwalt bei dem Kammergericht die Unzulässigkeit der Vollstreckung des Urteils des Bezirkskammergerichts Rostock festgestellt hat. Wie das LSG im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, wird hierdurch an den für die Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses maßgebenden tatsächlichen Verhältnissen nichts geändert.
Das LSG ist hiernach ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gelangt, daß der Unfall des Beigeladenen, wenn er sich im Geltungsbereich des FRG ereignet hätte, Entschädigungsansprüche nicht nach dem Dritten Buch der RVO (idF vor dem Inkrafttreten des UVNG), sondern nach dem GUFG vom 30. Juni 1900 (RGBl 536) begründet haben würde.
Die Frage, ob das GUFG zu den "für die gesetzliche Unfallversicherung maßgebenden bundesrechtlichen Vorschriften" (§ 5 Abs. 1 FRG) gehört, und ob ein Unfall nicht als "Arbeitsunfall" gilt, wenn nach dem am Aufenthaltsort im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Recht (§ 7 FRG) ein Entschädigungsanspruch für die Folgen des Unfalls nur nach dem GUFG begründet gewesen wäre (vgl. § 5 Abs. 2 FRG), ist seit dem Inkrafttreten des UVNG vom 30 April 1963 (BGBl I 241) dadurch gegenstandslos geworden, daß der Gesetzgeber das GUFG aufgehoben und Strafgefangene bei der Arbeit unmittelbar dem Versicherungsschutz gegen Arbeitsunfälle nach dem Dritten Buch der RVO unterstellt hat (§ 540 RVO; Art. 4 § 16 Abs. 1 Nr. 1 UVNG). Das LSG hat diese Frage jedoch auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des UVNG zutreffend entschieden. Der erkennende Senat hat in dem gleichfalls am 15. Dezember 1966 verkündeten Urteil 2 RU 161/62, das zur Veröffentlichung bestimmt ist, mit ausführlicher Begründung, die weitgehend mit den Ausführungen des LSG übereinstimmt, dargelegt, daß das GUFG nicht nur, wie der Senat bereits im Urteil vom 30. Januar 1962 (BSG 16, 140) hervorgehoben hat, nach seiner Entstehungsgeschichte und seinem Leistungssystem mit dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung wesensverwandt ist, sondern vielmehr einen dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung unmittelbar zuzurechnenden öffentlich-rechtlichen Versicherungsschutz für die Folgen von Unfällen begründet, die sich bei einer Arbeitstätigkeit von Strafgefangenen ereignen. Das GUFG gehört auch nach der Auffassung des erkennenden Senats zu dem im Geltungsbereich des FRG geltenden Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2, § 7 FRG, (vgl. auch Hoernigk/Jahn/Wickenhagen, FRG Anm. 3 zu § 6; Rösener BG 1960, 407, 410).
Das LSG hat somit zutreffend auch die weitere Voraussetzung für die Anwendung des FRG bejaht, daß der Kläger auch auf Grund des nach § 7 FRG anzuwendenden Rechts versichert gewesen wäre und der Unfall somit nicht zu den Unfällen gehört, die nach § 5 Abs. 2 FRG nicht als Arbeitsunfälle im Sinne des § 5 FRG gelten. Die Zuständigkeit für die Feststellung der Leistungen, die der Kläger beansprucht, bestimmt sich somit nach dem FRG iVm dem GUFG (vgl. §§ 5, 7, 9 FRG). Das LSG hat auch zutreffend entschieden, daß an Stelle des Generalstaatsanwalts, der nach dem GUFG zuständig gewesen wäre (vgl. jetzt § 653 Abs. 1 Nr. 6, 655 Abs. 2 Nr. 3 RVO), die BAfU für die Feststellung und Gewährung der Leistung zuständig ist (§ 9 Abs. 2 FRG).
Die Revision der Beklagten ist somit unbegründet, soweit sie die Zuständigkeit der BAfU für die Durchführung des Feststellungsverfahrens über die Ansprüche des Beigeladenen bestreitet.
Dagegen hat das LSG den Rahmen dieses Verfahrens überschritten, indem es die Beklagte für verpflichtet erklärt hat, dem Beigeladenen Entschädigungsleistungen zu gewähren.
Der Entschädigungsanspruch des Beigeladenen, über den das LSG mit diesem Urteilsausspruch entschieden hat, war nicht wirksam Gegenstand des von der Klägerin betriebenen Verfahrens geworden. Die Klägerin war nicht berechtigt, den Anspruch des Beigeladenen im eigenen Namen geltend zu machen. Es fehlt an einer gesetzlichen Vorschrift, aus der sie ein solches Recht herleiten könne (vgl. dagegen z. B. § 1511 RVO). Ob eine gewillkürte Prozeßstandschaft im Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zulässig ist, kann dahingestellt bleiben. Denn auch hierfür würden die Voraussetzungen schon deshalb nicht gegeben sein, weil der Beigeladene die Klägerin nicht zur Prozeßführung ermächtigt hat und es an dem erforderlichen eigenen Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin dafür fehlt, über die Klärung der Zuständigkeitsfrage hinaus auch den Entschädigungsanspruch des Beigeladenen geltend zu machen.
Entgegen der Auffassung des LSG war auch der Beigeladene selbst in diesem Verfahren nicht berechtigt, seinen eigenen Entschädigungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen. Abgesehen von dem Leistungsanspruch der Klägerin auf Erstattung der Aufwendungen für die vorläufige Fürsorge, war Gegenstand des von der Klägerin betriebenen Verfahrens die zwischen den beteiligten Versicherungsträgern streitige Frage, welcher Versicherungsträger das Feststellungsverfahren über die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung durchzuführen hat. Die in dem Rechtsstreit zu erwartende Entscheidung berührt zwar die berechtigten Interessen des Beigeladenen (§ 75 Abs. 1 SGG), greift aber nicht derart unmittelbar in seinen Rechtsbereich ein, daß die Entscheidung ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Vielmehr bleibt es dem Beigeladenen unabhängig vom Ergebnis dieses Rechtsstreits unbenommen, seinen Entschädigungsanspruch gegen einen anderen als den in diesem Verfahren als zuständig festgestellten Versicherungsträger geltend zu machen. Infolgedessen war die Beiladung nicht nach § 75 Abs. 2 SGG notwendig. Wie der Senat im Urteil vom 29. Januar 1960 (BSG 11, 262) näher dargelegt hat, ist aber der nur einfach Beigeladene nicht berechtigt, dem Rechtsstreit eine von dem Ziel der Hauptbeteiligten abweichende Richtung zu geben. Der Beigeladene war deshalb im vorliegenden Verfahren nicht berechtigt, in das Verfahren über die von der Klägerin neben dem Ersatz der Aufwendungen angestrebte Feststellung, daß die BAfU der für die Durchführung des Feststellungsverfahrens zuständige Versicherungsträger sei, hinaus seinen eigenen Entschädigungsanspruch einzuführen. Der Senat hat deshalb das Urteil des LSG aufgehoben und die Berufung gegen das Urteil des SG mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Urteilsausspruch (Tenor) zu 1) auf die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten für die Durchführung des Feststellungsverfahrens beschränkt wird.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens ergeht auf Grund von § 193 SGG.
Fundstellen