Leitsatz (amtlich)
1. Als Beaufsichtigung iS von HaVO § 5 Nr 1 gilt bei einem Maschinensteiger auch die fachliche Mitaufsicht über diejenigen an den Maschinen beschäftigten Bergleute, die generell nicht ihm, sondern den bergmännischen Aufsichtspersonen (Grubensteiger, Reviersteiger) unterstellt sind.
2. Der Maschinenfahrsteiger gehört - sofern er nicht im wesentlichen uneingeschränkt und ausschließlich die Tätigkeit eines Maschinensteigers verrichtet - nicht zu dem nach HaVO § 5 Nr 1 begünstigten Personenkreis.
Normenkette
HaVO § 5 Nr. 1 Fassung: 1958-03-04
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 6. November 1963 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Gründe
I
Im Streit befindet sich, nachdem die Beklagte dem Kläger während des Berufungsverfahrens die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit bewilligt hat, noch sein Anspruch auf Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum 31. Oktober 1962. Die Beklagte hat den im November 1958 gestellten Rentenantrag abgelehnt, weil der Kläger keine Hauerarbeiten oder gleichgestellte Arbeiten verrichtet habe. Der Widerspruch des Klägers wurde mit der Begründung zurückgewiesen, er habe nur in der Zeit von September 1947 bis April 1948 als Maschinenmeister unter Tage solche Arbeiten geleistet.
Mit der Klage beim Sozialgericht (SG) machte der Kläger geltend, er habe in den Jahren 1920 - 1926 als Gedingearbeiter und später in der Zeit von 1928 - 1953 als Maschinensteiger und Maschinenfahrsteiger, zeitweilig nach dem Kriege auch als Maschinenmeister, Hauerarbeiten oder gleichgestellte Arbeiten verrichtet. Nachdem das SG die Klage abgewiesen hatte, nahm er in der Berufungsinstanz außer den o. a. acht Monaten noch die Zeiten vom
1.9.1920 bis zum 30.9.1926,
1.1.1932 bis zum 31.1.1941,
7.3.1947 bis zum 31.8.1947 und vom
1.5.1948 bis zum 30.9.1953 in Anspruch.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Zwar habe der Kläger das 50. Lebensjahr vollendet und auch eine Versicherungszeit von 300 Kalendermonaten zurückgelegt, jedoch sei nicht nachgewiesen, daß er während dieser Zeit 180 Kalendermonate Hauerarbeiten unter Tage oder diesen gleichgestellte Arbeiten verrichtet habe.
Wegen des Zeitraums von 1920 - 1926 habe sich das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht davon überzeugen können, daß der Kläger damals tatsächlich Gedingearbeit verrichtet habe. Gleiches gelte für die sechs Monate von März bis August 1947.
Für die Zeit vom 1. Januar 1932 bis zum 31. Januar 1941 und vom 1. Mai 1948 bis zum 30. September 1953 komme es nach § 5 Nr. 1 der Hauerarbeiten-Verordnung (HaVO) darauf an, ob der Kläger als Maschinensteiger unter Tage täglich während des überwiegenden Teils der Schicht unter §§ 1 - 4 HaVO fallende Beschäftigte beaufsichtigt habe. Auch das habe sich nicht feststellen lassen. Eine Beaufsichtigung in diesem Sinne setze voraus, daß die Aufsichtsperson gegenüber dem Beschäftigten derart generell weisungsbefugt sei, daß sie das Arbeitsergebnis im wesentlichen bestimmen könne; es müsse ein den Arbeitseinsatz in der Hauptsache betreffendes über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Aufseher und Beaufsichtigten bestehen. Hätte der Verordnungsgeber eine Aufsicht in weiterem Sinne gemeint, so hätte es genügt, in § 5 Nr. 1 HaVO von Aufsichtspersonen schlechthin zu sprechen, statt bestimmte Aufsichtspersonen aufzuzählen. Aus dem Zweck dieser Bestimmung ergebe sich, daß begünstigte Aufsichtspersonen nur diejenigen sein sollten, die wegen ihrer Nähe zur Arbeit der übrigen durch die HaVO Begünstigten ebenfalls einem besonderen Kräfteverschleiß ausgesetzt sind. Es würde dem Verordnungszweck widersprechen, auch eine nur vage, entfernte, mittelbare, das Arbeitsverfahren und -ergebnis nicht direkt gestaltende Aufsicht zur Erfüllung des Tatbestandes nach § 5 Nr. 1 HaVO genügen zu lassen.
Hiernach habe der Kläger in der Zeit von 1932 - 1941 allerdings auch Bergleute, die in den §§ 1 - 4 HaVO genannt sind, beaufsichtigt, zumindest zeitweise die in seiner Abteilung geführten Rauber. Die Rauber seien damals in der Regel im Schichtlohn, zum Teil aber auch im Gedinge entlohnt worden. In welchem Umfang und für welche Zeitabschnitte aber vom Kläger beaufsichtigte Rauber Gedingelohn erhalten hätten, sei infolge der Unsicherheit und Unbestimmtheit der Zeugenaussagen nicht festzustellen. Ebensowenig lasse sich feststellen, daß der Kläger die Rauber während des überwiegenden Teils seiner Schicht beaufsichtigt habe. Hierbei komme es auf die tatsächliche Ausübung der Aufsicht an, es genüge nicht, daß nur eine Aufsichtspflicht bestehe. Da dem Kläger als Maschinensteiger die Überwachung und Wartung sämtlicher über den ganzen Grubenbetrieb verteilten Maschinen obgelegen hätte, da ferner auch nicht davon ausgegangen werden könne, daß die ihm unterstellte Rauberkolonne zahlenmäßig die Hälfte der von ihm überhaupt beaufsichtigten Bergleute ausgemacht habe, sei nicht anzunehmen, daß ihre Beaufsichtigung den überwiegenden Teil der Schicht in Anspruch genommen habe.
Daß der Kläger noch weitere unter §§ 1 - 4 HaVO fallende Beschäftigte beaufsichtigt habe, sei nicht erwiesen. Eine Aufsicht im Sinne des § 5 Nr. 1 HaVO habe er jedenfalls nicht über die Personen ausgeübt, die die Maschinen bedienten. Es habe für ihn insoweit keine Möglichkeit und keine Pflicht bestanden, durch Anweisungen entscheidenden Einfluß auf den Arbeitsprozeß und das Arbeitsergebnis dieser Bergleute auszuüben.
Das LSG hat die Revision zugelassen. Mit der Revision rügt der Kläger unrichtige Anwendung des § 5 Nr. 1 HaVO. Das LSG gehe zu Unrecht davon aus, daß nur derjenige eine Aufsicht im Sinne dieser Vorschrift ausübe, der die beaufsichtigten Bergleute in seinem Schichtenbuch führe. Je nach der betrieblichen Organisation unterständen die an den Gewinnungs-, Aus- und Vorrichtungsmaschinen Beschäftigten nach dem Schichtenbuch entweder dem Gruben- oder dem Maschinenbetrieb; im Saarbergbau würden diese Gedingearbeiter regelmäßig in den Grubenbetrieben geführt. Aus der Führung der Schichtenbücher ergebe sich aber nicht, wer die Verantwortung für die Arbeiten und die Fehlleistungen an den genannten Maschinen trägt. Letztlich sei das Maschinenpersonal für die Erhaltung und die pflegliche Behandlung der Maschinen verantwortlich. Die Aufsicht durch einen in maschinentechnischen Dingen unerfahrenen Bergmann könne hierzu nicht ausreichen, zumal bei der hohen Ausgasung und dem hochexplosiven Kohlenstaub die Zündungsgefahr sehr groß sei.
Soweit es sich um maschinentechnische Arbeiten handelt, könne also auch ein Maschinensteiger die unter §§ 1 - 4 HaVO fallenden Beschäftigten beaufsichtigen. Eine solche Mitaufsicht müsse aber nach § 5 Nr. 1 HaVO genügen, da sonst alle Maschinen- und Elektrosteiger die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllen könnten. Die generelle Beaufsichtigung der an den Maschinen tätigen Bergleute durch ihren zuständigen Grubensteiger hindere also nicht, auch die Tätigkeit der Maschinensteiger insoweit unter § 5 Nr. 1 HaVO einzuordnen. Kräfteverschleiß und besondere Gefährdung, wie sie die Hauerarbeiten mit sich bringen, hätten den Kläger als Maschinensteiger genau so getroffen, wie die unter §§ 1 - 4 HaVO fallenden Beschäftigten und ihre unmittelbaren Vorgesetzten. Würde man es ausschließlich auf die unmittelbare Beaufsichtigung abstellen, so könnten auch Betriebsführer und Obersteiger nicht von der HaVO erfaßt werden.
Soweit der Kläger hiernach "Maschinenleute" in der Aus- und Vorrichtung sowie im Abbau beaufsichtigt habe, dürfe es für die Anerkennung als Hauerarbeit nicht von Bedeutung sein, daß diese Arbeiter während der sog, französischen Zeit und auch nach der sog. Amerikanisierung keinen Gedingelohn, während der Amerikanisierungszeit aber für die gleiche Arbeit Gedingelohn erhalten hätten. Es läge sonst ein Verstoß gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG) vor, weil gleiche Tatbestände einer unterschiedlichen Betrachtungsweise unterzogen würden.
Als Verstoß gegen § 128 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) rügt die Revision, daß das LSG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unterstellt habe, der Kläger hätte nicht während des überwiegenden Teils der Schicht die unter §§ 1 - 4 fallenden Beschäftigten beaufsichtigt; es habe insoweit die Art der Arbeit und den Umfang der Verantwortlichkeit des Klägers verkannt. Das LSG sei davon ausgegangen, daß der Kläger im wesentlichen mit der Wartung und Überwachung des gesamten Maschinenbetriebes betraut gewesen sei. Bei der Anfälligkeit neuer Maschinen, der Schwierigkeit des Transports sowie des Ein- und Ausbaus liege es auf der Hand, daß der Maschinensteiger als qualifizierte Aufsichtsperson jeweils dort eingesetzt worden sei, wo die Reparaturanfälligkeit am häufigsten und die Gefahr eines Schadens am größten gewesen sei, also an den Aus- und Vorrichtungs- sowie den Abbaubetriebspunkten. Für die Überwachung des Rohrleitungsnetzes oder die Reparatur von Lokomotiven allein hätte der Grubenbetrieb keinen Maschinensteiger benötigt; die Auffassung des LSG, die Tätigkeit eines Maschinensteigers bestehe im wesentlichen in einer Überwachung solcher Anlagen, beruhe daher auf einer Verkennung der Gegebenheiten. Einen weiteren Verstoß gegen § 128 SGG erblickt die Revision in der Feststellung des LSG, es sei nicht sicher, wie weit die vom Kläger beaufsichtigten Rauber im Gedinge oder im Schichtlohn bezahlt worden seien. Raubarbeiten seien nämlich in der damaligen Zeit im Regelfalle im Gedinge oder aber nach einem besonders vereinbarten Lohn vergütet worden. Das LSG habe auch verkannt, daß nach der Aussage des Zeugen H die Gestängelegerkolonne dem Kläger unterstanden habe und im Gedinge entlohnt worden sei; gleiches gelte für die im Schacht tätigen Zimmerhauer.
Weiter rügt die Revision einen Verstoß gegen § 103 SGG. Sie erblickt eine unzureichende Sachaufklärung des LSG darin, daß weder der Geschäftskreis des Klägers von der Bergbehörde beigezogen, noch - entsprechend dem Antrag des Klägers - ein bergmännischer Sachverständiger zum Termin geladen wurde. Aus dem Geschäftskreis hätte sich die vom LSG nicht hinreichend bewertete Verantwortung des Klägers ergeben, Der Sachverständige hätte auf Grund seines Fachwissens die Tätigkeiten der Zeugen und des Klägers im Hinblick auf ihre Unterordnung unter die HaVO erläutern können. Hierdurch wäre das Gericht zu einer anderen Beurteilung dieser Frage geführt worden. Bei weiterer Aufklärung und fehlerfreier Beweiswürdigung sowie richtiger Auslegung des § 5 Nr. 1 HaVO hätten sich innerhalb des Zeitraums vom 1.1.1932 - 30.9.1953 jedenfalls 180 Kalendermonate mit Hauerarbeit ergeben.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung der angefochtenen Urteile die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Bergmannsrente für die Zeit vom 1.1.1957 bis zum 31.10.1962 zu gewähren,
hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Streitsache zur anderweitigen Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für richtig; besonders hebt sie noch hervor, daß die Zeit der Beschäftigung des Klägers als Maschinenfahrsteiger überhaupt nur dann berücksichtigt werden könne, wenn der Kläger in dieser Zeit uneingeschränkt und ausschließlich die Tätigkeit eines Maschinensteigers verrichtet hätte.
II.
Die Revision des Klägers ist begründet. Da der Kläger bei Inkrafttreten des Knappschaftsversicherungs-Neuregelungsgesetzes - KnVNG - (1. Januar 1957) das 50. Lebensjahr vollendet und eine Versicherungszeit von dreihundert Kalendermonaten zurückgelegt hatte, wäre sein Anspruch auf Bergmannsrente wegen Vollendung des 50. Lebensjahres und Erfüllung der besonderen Wartezeit nach § 49 Abs. 2 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) vom 1. Januar 1957 an (Art. 2 § 18 Abs. 2 KnVNG) begründet, wenn er während der genannten Versicherungszeit mindestens 180 Kalendermonate Hauerarbeiten unter Tage oder diesen gleichgestellte Arbeiten verrichtet hätte.
Von den hierfür in Anspruch genommenen Zeiten hat die Beklagte nur die 8 Monate von September 1947 bis April 1948 anerkannt. Soweit das LSG in dem angefochtenen Urteil die Verrichtung von Hauerarbeiten in der Zeit von 1920 bis 1926 und von März bis August 1947 als nicht erwiesen angesehen hat, sind seine tatsächlichen Feststellungen von der Revision nicht angegriffen worden und ist auch keine fehlerhafte rechtliche Beurteilung zu erkennen. Im Streit sind daher praktisch nur noch die Zeiten vom 1. Januar 1932 bis zum 31. Januar 1941 und vom 1. Mai 1948 bis zum 30. September 1953, die in Verbindung mit den oa 8 Monaten ausreichen könnten, die erforderliche Zahl von 180 Monaten zu erbringen.
Geht man zunächst einmal davon aus, der Kläger sei damals Maschinensteiger gewesen, so kommt es gemäß § 5 Nr. 1 HaVO darauf an, ob er in dieser Zeit täglich die unter §§ 1 - 4 fallenden Beschäftigten während des überwiegenden Teils der Schicht beaufsichtigt hat. Die Besonderheit dieser Regelung liegt darin, daß es nicht nur auf die eigene Tätigkeit der dort genannten Aufsichtspersonen - hierzu gehören neben der eigentlichen bergmännischen Hierachie vom Fahrhauer bis zum Betriebsführer auch die Maschinen-, Elektro- und Schachtsteiger- ankommt, sondern auch darauf, ob die von ihnen Beaufsichtigten ihrerseits Hauer- oder gleichgestellte Arbeiten im Sinne der §§ 1 - 4 HaVO verrichten. Die an die Verrichtung von Hauerarbeit geknüpften Vergünstigungen sollen den besonderen Kräfteverschleiß und die besondere Gesundheitsgefährdung, die mit diesen Arbeiten verbunden sind, entschädigen. Da nun regelmäßig die Beaufsichtigung von Arbeiten zumindest keinen höheren Kräfteverschleiß und keine stärkere Gefährdung mit sich bringt, als die Verrichtung der Arbeiten selbst, entspricht diese Regelung dem Sinn und Zweck der HaVO. Für die hiernach erforderliche Prüfung, welche Beschäftigten von einer Aufsichtsperson beaufsichtigt werden, kommt es aber, wie das LSG richtig erkannt hat, entscheidend darauf an, was unter Beaufsichtigung im Sinne von § 5 Nr. 1 HaVO zu verstehen ist.
Das LSG hat diesen Begriff einschränkend dahin ausgelegt, daß eine Beaufsichtigung im Sinne des § 5 Nr. 1 HaVO nur dann stattfindet, wenn die Aufsichtsperson dem Beschäftigten gegenüber generell weisungsbefugt ist und zwischen beiden ein den Arbeitseinsatz in der Hauptsache betreffendes Über- und Unterordnungsverhältnis besteht. Demgemäß habe der Kläger als Maschinensteiger nur die zur Maschinenabteilung gehörenden oder ihr zugeteilten Beschäftigten beaufsichtigen können, nicht aber auch diejenigen Bergleute, welche die in der Grube eingesetzten Maschinen zu bedienen, zu warten oder sonst mit ihnen umzugehen hatten, soweit sie zu den Grubenrevieren gehörten und daher den zuständigen bergmännischen Aufsichtspersonen von Grubenfahrhauer bis zum Betriebsführer unterstellt waren. Das LSG stellt es damit entscheidend auf das organisatorische und dienstrechtliche Verhältnis zwischen Aufsichtsperson und Beschäftigten ab. Eine solche enge Auslegung des Aufsichtsbegriffes entspricht aber nach Ansicht des Senats nicht dem Sinn und Zweck der auszulegenden Bestimmung. Das LSG hat in dem angefochtenen Urteil selbst die "Nähe zu der Arbeit der übrigen durch die HaVO Begünstigten" als maßgeblichen Gesichtspunkt für die Begünstigung der Aufsichtspersonen herausgestellt. Es hat ferner an anderer Stelle hervorgehoben, daß es nach dem Sinn und Zweck der HaVO auf die tatsächliche Verrichtung der "Aufsichtsarbeiten", z. B. der Beobachtung der Tätigkeiten, der Anweisung an den Versicherten, dem Eingreifen in die Arbeit und ihrer Korrektur, dem eigenhändigen Zupacken usw." ankomme. Diese "Nähe" zur eigentlichen Hauerarbeit und die tatsächliche Verrichtung der erwähnten typischen Aufsichtsarbeiten setzen aber keineswegs ein direktes dienstliches Vorgesetztenverhältnis voraus, sondern können auch im Rahmen einer rein fachlichen Mitaufsicht gegeben sein. Eine solche fachliche, auf die Bedienung und Behandlung der Maschinen beschränkte Mitaufsicht muß nach dem Zweck der HaVO ebenso als Beaufsichtigung im Sinne des § 5 Nr. 1 HaVO angesehen werden wie die allgemeine Beaufsichtigung durch das bergmännische Aufsichtspersonal, dem der entscheidende Einfluß auf den Arbeitsprozeß und das Arbeitsergebnis eingeräumt ist. Der Umstand, daß in § 5 Nr. 1 HaVO nicht von Aufsichtspersonen schlechthin gesprochen wird, sondern bestimmte Aufsichtspersonen aufgezählt werden, spricht nach Ansicht des Senats und entgegen der des LSG keineswegs dafür, den Begriff der Beaufsichtigung besonders einschränkend anzulegen. Eher wird man sagen können, gerade die vorweggenommene Einschränkung auf bestimmte Tätigkeitstypen gestatte es, die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen weniger eng auszulegen. Die Aufzählung bestimmter Aufsichtspersonen läßt auch erkennen, daß nach Ansicht des Verordnungsgebers die Beaufsichtigung von unter §§ 1 - 4 fallenden Beschäftigten nicht nur ausnahmsweise zum Aufgabenbereich gerade dieser Aufsichtspersonen gehört. Für Maschinensteiger und Elektrosteiger kommt aber überwiegend eine solche Aufsichtstätigkeit an den besonderen Betriebspunkten in der Form der fachlichen Mitaufsicht in Betracht.
Darüber, ob und in welchem zeitlichen Umfang der Kläger im Rahmen seines Aufgaben- und Verantwortungsbereichs eine solche Mitaufsicht ausgeübt hat, enthält das angefochtene Urteil - entsprechend der anderen Rechtsauffassung des LSG - keine ausreichenden Feststellungen. Eine Mitbeaufsichtigung der an den Maschinen Beschäftigten wäre allerdings nur von Bedeutung, soweit diese Bergleute selbst unter §§ 1-4 HaVO fallen. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es hierfür, sofern es bei den einzelnen Arbeiten als besondere Voraussetzung für die Verrichtung von Hauerarbeit in der HaVO bestimmt ist, auch auf die Art ihrer Entlohnung an. Die Art der Entlohnung ist für die Beurteilung einer bergmännischen Tätigkeit als Hauer- oder gleichgestellte Arbeit ein sachgerechtes Kriterium; es kann davon ausgegangen werden, daß dann, wenn die lohnmäßigen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, die betreffende Arbeit von den maßgeblichen Stellen als nicht so kräfteverschleißend und gesundheitsgefährdend angesehen worden ist wie die Arbeit des typischen Gedingehauers, auf die die HaVO ausgerichtet ist. Der Verordnungsgeber hat sich also, soweit er die Anerkennung als Hauerarbeit von gewissen lohnmäßigen Voraussetzungen abhängig gemacht hat, im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung, den Begriff der Hauerarbeiten zu bestimmen, gehalten. Hierbei ist es nicht auszuschließen, daß eine unter gleicher Tätigkeitsbezeichnung und an gleichen Betriebspunkten verrichtete Arbeit zu verschiedenen Zeiten lohnmäßig verschieden bewertet worden ist und demgemäß auch hinsichtlich ihres Charakters als Hauerarbeit verschieden beurteilt werden muß. Hierin liegt kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, da sich ja auch die objektiven Arbeitsbedingungen im Laufe der Zeit ändern. Im übrigen ist nicht nur zwischen Gedinge und einfachem Schichtlohn zu unterscheiden, da die HaVO an den betreffenden Stellen neben dem Gedingelohn den "besonders vereinbarten Lohn" genügen läßt, der auch aus einem um Prämien und Zulagen erhöhten Schichtlohn bestehen kann; hierzu kann auf die Ausführungen des Senats in BSG Bd. 23, S. 22 ff. verwiesen werden. Zu dem weiteren Erfordernis nach § 5 Nr. 1 HaVO, daß die unter §§ 1-4 HaVO fallenden Beschäftigten "täglich während des überwiegenden Teils der Schicht" beaufsichtigt werden, hat das LSG zu Recht erkannt, daß es auf die tatsächliche Ausübung der Aufsichtstätigkeit ankommt. Gehört eine entsprechende Aufsichtstätigkeit in diesem zeitlichen Umfang allerdings zum Aufgabenkreis der Aufsichtsperson, so reicht es aus, daß sie regelmäßig täglich in diesem Umfang ausgeübt wird. Sind bei einem - betriebstechnisch gesehen - einheitlichen Arbeitsvorgang mehrere Arbeiter beteiligt, so genügt es, daß ein Teil von ihnen die Voraussetzungen nach §§ 1-4 HaVO erfüllt, wenn es sich dabei um eine für diese Gruppe typische Arbeit handelt.
Das LSG ist bei Prüfung der Tätigkeit des Klägers von seiner Stellung als Maschinensteiger ausgegangen, obgleich bereits im Tatbestand des Urteils auch von einer Tätigkeit als Maschinen fahr steiger die Rede ist. Dieser Unterschied ist jedoch von wesentlicher Bedeutung, da der Maschinenfahrsteiger in der HaVO nicht als privilegierte Aufsichtsperson aufgeführt wird. In § 5 Nr. 1 HaVO werden der Maschinensteiger und der Fahrsteiger, nicht aber der Maschinenfahrsteiger genannt. Der Senat hat zwar entschieden, daß auch der nicht besonders genannte Elektrofahrhauer als Fahrhauer i. S. von § 5 Nr. 1 HaVO anzusehen ist, weil er nach Stellung und Tätigkeit zwischen den nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 begünstigten Elektrohauer und den nach § 5 Nr. 1 begünstigten Elektrosteiger gehört und daher nicht anzunehmen ist, daß für ihn etwas anderes gelten soll als für diese beiden Gruppen. Für den Maschinen- bzw. den Elektrofahrsteiger, der über diesen Gruppen steht, gilt dieses Argument aber nicht. Es besteht auch kein Anlaß zu der Annahme, daß etwa unter Fahrsteiger im Sinne des § 5 Nr. 1 HaVO jede Aufsichtsperson im Range eines Fahrsteigers zu verstehen sei. Es würde sonst der dem Sinn und Zweck der HaVO widersprechende Zustand eintreten, daß bei Sonderfunktionen, die dort überhaupt nicht berücksichtigt werden (z. B. der Sicherheitssteiger, s. BSG in SozR Nr. 3 zu HaVO § 5) nur die höheren, also von der eigentlichen Hauerarbeit weiter entfernten Dienstgrade begünstigt würden, während bei den in § 5 Nr. 2 - 5 HaVO genannten Funktionen für die Fahrsteiger andere Voraussetzungen gelten würden als für die Steiger. Wie der Senat bereits mehrfach, so in dem vorgenannten Urteil, ausgesprochen hat, ist aber die Aufzählung der Tätigkeiten in der HaVO, die als Hauerarbeiten oder diesen gleichgestellte Arbeiten gelten, erschöpfend und eine ausdehnende Anwendung auf andere Tätigkeiten daher nicht statthaft, weil der Verordnungsgeber mit dieser Aufzählung bewußt klare und nicht überschreitbare Grenzen hat ziehen wollen (s. a. von Gellhorn in BABl 1958, 566). Da die Tätigkeit des Maschinenfahrsteigers also der Hauerarbeit nicht gleichgestellt ist, könnte die Zeit einer solchen Tätigkeit des Klägers für die 180 Kalendermonate der besonderen Wartezeit nicht angerechnet werden. Allerdings würden Berufsbezeichnung und Besoldung als Maschinenfahrsteiger der Anwendung des § 5 Nr. 1 HaVO ausnahmsweise nicht entgegenstehen, wenn der Kläger etwa nur zur Anerkennung seiner Verdienste oder der Bedeutung seiner Tätigkeit zum Maschinenfahrsteiger befördert worden wäre, tatsächlich aber die Funktion eines Maschinensteigers beibehalten hätte. Erforderlich wäre in diesem Fall, daß er auch unter der Bezeichnung als Maschinenfahrsteiger die Tätigkeit eines Maschinensteigers - zumindest im wesentlichen - uneingeschränkt und ausschließlich verrichtet hätte, wobei vom üblichen Berufsbild des Maschinensteigers unter Tage auszugehen ist (vgl. BSG 18, 158; 24, 82). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so bedarf es zur Gleichstellung mit der Hauerarbeit nach § 5 Nr. 1 HaVO noch der weiteren Prüfung, ob der wie ein Maschinensteiger tätige Maschinenfahrsteiger täglich während des überwiegenden Teils der Schicht die unter §§ 1-4 HaVO fallenden Beschäftigten beaufsichtigt hat.
Um zu entscheiden, ob nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen der Kläger während der noch streitigen Zeiten der Hauerarbeit gleichgestellte Arbeiten nach § 5 Nr. 1 HaVO verrichtet hat, bedarf es weiterer Feststellungen, die das LSG nach seiner Rechtsauffassung nicht zu treffen brauchte und die das Revisionsgericht selbst nicht treffen kann. Der Rechtsstreit wird daher zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Da schon aus materiell-rechtlichen Gründen die gesamte Tätigkeit des Klägers als Maschinensteiger bzw. als Maschinenfahrsteiger neu zu überprüfen ist - auch soweit es sich um die Beaufsichtigung der ihm angeblich direkt unterstellten Beschäftigten (Rauber, Schachtzimmerhauer und Gestängelegerkolonne) handelt -, brauchte der Senat nicht besonders auf die diesen Komplex betreffenden verfahrensrechtlichen Rügen der Revision einzugehen.
Fundstellen