Leitsatz (redaktionell)

Der Begriff des Einkommens ist nach der Rechtsprechung des BSG umfassend und erstreckt sich auf alle Einkünfte von wirtschaftlichem Wert; dabei ist unerheblich, ob die Einkünfte steuerpflichtig iS des EStG sind oder nicht.

Dieser Einkommensbegriff hat für das RVersorgG (RVersorgG § 45) gegolten und ist für das BVG maßgebend (BVG § 33 Abs 2).

Es ist deshalb angebracht, ihn auch für die Einkünfte aus den in der Vorschrift des KBLG Art 14 bezeichneten Quellen zugrunde zulegen, zumal der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegensteht und diese Ausdeutung des Begriffs mit der vom KBLG BY verfolgten Erfassung aller möglichen Einkünfte von wirtschaftlicher Bedeutung vereinbar ist (vgl DV KBLG BY § 23 vom 1949-05-01 (BY GVBl 1949, 113).

Der Einkommensbegriff geht also über den der Früchte und Nutzungen iS der BGB §§ 99 und 100 hinaus.

 

Normenkette

BVG § 33 Abs. 2 Fassung: 1956-06-06; BGB § 99 Fassung: 1896-08-18, § 100 Fassung: 1896-08-18; KBLGDV BY § 23 Fassung: 1949-05-01; RVersorgG § 45

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Januar 1959 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der im Jahre 1941 geborene Kläger erhielt nach seinem während des zweiten Weltkrieges als Soldat gefallenen Vater Waisenrente auf Grund des Bayerischen Gesetzes über Leistungen an Körperbeschädigte (KBLG) sowie Waisengrund- und Waisenausgleichsrente auf Grund des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), weil er nach den Angaben seines Vormundes im Rentenantrag vom 31. Dezember 1948 weder Einkommen aus Arbeit oder Kapitalvermögen noch sonstiges Einkommen bezog. Wie das Versorgungsamt (VersorgA) im Jahre 1953 ermittelte, hat der Kläger auf Grund eines Erbvertrags seiner Eltern als Alleinerbe von seinem Vater ein landwirtschaftliches Anwesen mit einem Einheitswert in Höhe von 37 600.-- DM und einer Größe von 61 ha Eigenland geerbt; nach diesem Vertrage steht der Mutter des Klägers bis zu seinem 25. Lebensjahr die Verwaltung und Nutznießung an dem Grundbesitz zu. Durch Bescheid vom 16. November 1953, den das VersorgA als Neufeststellungsbescheid bezeichnete, entzog es die Waisenausgleichsrente mit der Begründung, der Kläger habe die Waisenrente nach dem KBLG und die Waisenausgleichsrente nach dem BVG zu Unrecht erhalten, weil sein Lebensunterhalt durch das Einkommen aus der Nutznießung des Anwesens ausreichend sichergestellt sei. Darüber hinaus forderte die Verwaltungsbehörde die überzahlten Beträge zurück, da das Eigentum des Klägers an der Landwirtschaft verschwiegen worden sei.

Die Berufung nach altem Recht ist als Klage auf das Sozialgericht (SG) übergegangen. Dieses hat die Klage abgewiesen, weil bei der Größe des Hofes von 61 ha die Unterhaltsleistung der Mutter an den Kläger ohne weiteres Nachrechnen mit mehr als 60.-- DM monatlich zu veranschlagen sei, somit die Voraussetzungen für eine Waisenrente nach dem KBLG entfielen und insoweit auch von einer Sicherstellung des Lebensunterhalts im Sinne des BVG gesprochen werden könne.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers durch Urteil vom 8. Januar 1959 zurückgewiesen und ausgeführt, es könne kein Zweifel bestehen, daß der angemessene Lebensunterhalt des Klägers durch die Nutzung des erheblichen und nicht belasteten landwirtschaftlichen Besitzes neben dem Lebensunterhalt seiner Mutter gesichert sei. Die Rückforderung der überzahlten Beträge sei nach § 47 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VerwVG) berechtigt, weil der rechtskundige Vormund im Antrag das landwirtschaftliche Vermögen des Klägers verschwiegen habe. Der Bescheid des VersorgA sei somit sachlich begründet und nach Art. 30 Abs. 4 KBLG i.V.m. § 84 Abs. 3 BVG rechtlich zulässig. Das LSG hat die Revision zugelassen, weil es über Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden gehabt habe.

Der Kläger hat Revision eingelegt und beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Bayerische LSG zurückzuverweisen.

Er rügt mit näherer Begründung eine Verletzung des Art. 14 KBLG, § 47 BVG, § 47 Abs. 1 und 3 VerwVG sowie der §§ 103, 128 und 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Seiner Ansicht nach hätte das LSG Feststellungen über die Einkünfte aus dem Hof und auch darüber treffen müssen, ob der Lebensunterhalt des Klägers auf andere Weise sichergestellt sei.

Der Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayer. LSG vom 8. Januar 1959 als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist mithin zulässig.

Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Der Kläger hat Versorgungsleistungen nach dem KBLG und BVG auf Grund der Bescheide vom 14. und 16. März 1951 bezogen. Diese Bescheide hat das VersorgA mit dem angefochtenen Bescheid nach Art. 30 Abs. 4 KBLG deshalb aufgehoben, weil die Voraussetzungen der Bescheiderteilung sich als zutreffend erwiesen hätten. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend den Art. 30 Abs. 4 KBLG zugrunde gelegt, da diese Vorschrift gemäß § 84 Abs. 3 BVG zu der Zeit galt, als der Berichtigungsbescheid erlassen wurde. Sie ist auch nicht etwa durch das Inkrafttreten des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VwVerfG-KOV) für diesen Streitfall unanwendbar geworden (BSG 6, 288, 290-291).

Die Entscheidung hängt davon ab, ob der Kläger während der in Frage stehenden Zeit aus dem ihm gehörigen landwirtschaftlichen Betrieb Einkünfte im Sinne des Art. 14 KBLG gehabt hat und ob sein Lebensunterhalt auf andere Weise durch Waisenausgleichsrente sichergestellt war (§ 47 Abs. 1 BVG).

Nach Art. 14 Abs. 1 Halbsatz 1 KBLG werden auf die Rente oder Hinterbliebenenrente Einkünfte aus Arbeit, Vermögen, Renten, Wartegeld, Ruhegeld oder ruhegehaltsähnlichen Leistungen in Anrechnung gebracht; nach Abs. 5 aaO wird die Waisenrente neben anderen Einkünften nur bis zum Gesamtbetrag von RM 60.-- monatlich gewährt. Wenn Abs. 5 allgemein von anderen Einkünften spricht, so handelt es sich damit nicht um einen neuen und im Gegensatz zu der Regelung in Absatz 1 anderen Begriff der "Einkünfte". Vielmehr ergibt sich bereits aus der Wortfassung in Abs. 1 "auf die Rente oder Hinterbliebenenrente werden Einkünfte .... in Anrechnung gebracht", daß hier umfassend alle Einkunftsarten erschöpfend aufgezählt sind und die Absätze 2 bis 5 die nähere Regelung enthalten, in welcher Höhe diese Einkommensarten kürzungsfrei bleiben oder welcher Mindestbetrag an Rentenbeträgen einem Beschädigten oder einem Hinterbliebenen verbleibt. Zu der Anrechnung von Einkünften aus Vermögen hat das Berufungsgericht festgestellt, daß der Kläger durch Erbfolge zwar Alleineigentümer des väterlichen landwirtschaftlichen Anwesens von 61 ha Größe mit einem Einheitswert von 37 600.-- Mark geworden ist, daß aber seiner Mutter bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Klägers die Verwaltung und Nutznießung an dem Grundbesitz zusteht. Diese Feststellung ist mit der Revision nicht angegriffen. Sie bindet nach § 163 SGG das Revisionsgericht.

Aus dieser Feststellung hat das LSG zutreffend gefolgert, daß der Kläger selbst Früchte und Nutzungen aus dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht zieht. Es gibt ferner zu Bedenken keinen Anlaß, wenn es sich der grundsätzlichen Entscheidung Nr. 91 des Bayer. Landesversicherungsamts (Amtsbl. des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge 1953 Teil B S. 63) angeschlossen und ausgeführt hat, daß die Erfüllung des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs des Klägers gegen seine Mutter auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht als anrechenbare Einkünfte - hier: aus Vermögen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 KBLG - zu gelten hat. Es ist aber rechtsirrig, wenn das Berufungsgericht indirekte Einkünfte des Klägers lediglich deshalb angenommen hat, weil ein Teil der nicht ermittelten, sondern nur unterstellten Einkünfte aus dem Hof für seinen Unterhalt verwendet worden sei.

Die vom Berufungsgericht hierzu angestellten Erwägungen, die Anrechenbarkeit ergebe sich aus dem Sinne des KBLG, können nicht überzeugen. Denn es ist nicht dargetan und auch nicht ersichtlich, aus welchen Vorschriften dieses Gesetzes gefolgert werden könnte, daß in Fällen der vorliegenden Art Einkommensteile der Mutter als der aus dem Erbvertrag Berechtigten dem Kläger angerechnet werden müßten. Grundsätzlich kann das Einkommen anderer Personen nur dann für eine Waise berücksichtigt werden, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (BSG 6, 252 ff, 255). Im übrigen hat sich das LSG zu Unrecht auf die Kinderzuschläge als indirektes Einkommen bezogen. Diese Rechtsauffassung ist durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 6, 252 ff; 8, 140 ff; 9, 153 ff) nicht gebilligt worden. Die Vorinstanz hat es unterlassen, sich hiermit auseinanderzusetzen. Sie hätte vielmehr berücksichtigen müssen, daß vorliegend die Entscheidung des Rechtsstreits von der rechtlichen Beurteilung der Nutzungen eines dem Kläger gehörenden landwirtschaftlichen Anwesens abhängt, die zwar laut Erbvertrag bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht ihm, sondern seiner Mutter zustehen, aber nach der Unterstellung des Berufungsgerichts im Rahmen des familienhaften Zusammenlebens die Grundlage des Lebensunterhalts für die gesamte Familie, also auch für den Kläger, abgeben sollten und wohl auch abgegeben haben. Deshalb hätte das LSG zunächst für die Geltungsdauer des KBLG prüfen und feststellen müssen, wie nach dem Wortlaut und dem Sinn des Erbvertrages der Lebensunterhalt des Klägers aufgebracht werden sollte und ob er von den Erträgen des landwirtschaftlichen Anwesens bestritten worden ist sowie, zutreffendenfalls, ob dieser - gegebenenfalls durch den Erbvertrag vorgesehene - Lebensunterhalt als Einkünfte aus Vermögen (Art. 14 Abs. 1 KBLG) und gegebenenfalls in welcher Höhe angesehen werden kann. Die Revision rügt zutreffend, daß das LSG derartige Feststellungen nicht getroffen hat. Da dem BSG die Vornahme der erforderlichen Ermittlungen versagt ist, war das Urteil schon aus diesem Grunde aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Das LSG wird hierbei folgende Erwägungen zu berücksichtigen haben: Der Begriff des Einkommens ist nach der Rechtsprechung des BSG (BSG 2, 10 ff, 15; 3, 248 ff; 7, 52; 8, 14 am Ende 15) umfassend und erstreckt sich auf alle Einkünfte von wirtschaftlichem Wert; dabei ist unerheblich, ob die Einkünfte steuerpflichtig im Sinne des Einkommensteuergesetzes sind oder nicht. Dieser Einkommensbegriff hat für das Reichsversorgungsgesetz (§ 45 RVG) gegolten und ist für das BVG maßgebend (§ 33 Abs. 2 BVG). Es ist deshalb angebracht, ihn auch für die Einkünfte aus den in der Vorschrift des Art. 14 KBLG bezeichneten Quellen zugrunde zu legen, zumal der Wortlaut des Gesetzes nicht entgegensteht und diese Ausdeutung des Begriffs mit der vom Bayer. KBLG verfolgten Erfassung aller möglichen Einkünfte von wirtschaftlicher Bedeutung vereinbar ist (vgl. § 23 der DurchfVO zum KBLG v. 1. Mai 1949, Bayer. GVBl 1949, 113 ff). Der Einkommensbegriff geht also über den der Früchte und Nutzungen im Sinne der §§ 99 und 100 BGB hinaus, mit dem sich das Berufungsgericht allein auseinandergesetzt hat.

Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung der Einkünfte aus dem landwirtschaftlichen Anwesen ist für den vorliegenden Fall davon auszugehen, daß es dem Kläger gehört, ihm also ohne den Erbvertrag die gesamten Erträgnisse gebühren würden. Wenn auch seine Rechte durch den Erbvertrag für eine bestimmte Zeit beschränkt werden, so wären ihm doch die Erträgnisse aus dem Anwesen, die ihm - wenn auch auf dem Umwege der Gewährung des Unterhalts - tatsächlich zugeflossen wären, als Einkünfte aus Vermögen im Sinne des Art. 14 KBLG zuzurechnen. In rechtlicher Betrachtung ist dieses Ergebnis nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gerechtfertigt, der nicht nur das Privatrecht beherrscht, sondern einer der Grundgedanken unserer Rechtsordnung ist (BSG 3, 237; 9, 53). Deshalb müßte hier der Kläger jedenfalls den Teil der Einkünfte aus dem ihm gehörenden landwirtschaftlichen Anwesen gegen sich gelten lassen, den er nach dem noch zu ermittelnden Sinne des Erbvertrages verlangen konnte und auch tatsächlich erhalten hat. Der Kläger braucht sich aber Einkünfte aus seinem landwirtschaftlichen Anwesen nur dann anrechnen zu lassen, wenn er seinen Unterhalt ausschließlich aus diesen Erträgnissen bezogen hat oder hätte beziehen können. Infolgedessen wäre es auch für die Geltungsdauer des KBLG erforderlich gewesen, daß ermittelt worden wäre, ob die gesamte Familie nur aus dem landwirtschaftlichen Betrieb gelebt hat oder ob für ihren Lebensunterhalt noch weitere Einkünfte, zB aus Dienstleistungen oder aus Arbeit, zur Verfügung gestanden haben. Hierzu bestand um so mehr Anlaß, als der Vormund des Klägers mit der Berufung darauf hingewiesen hatte, der Hof sei heruntergekommen gewesen und nach der Währungsreform seien größere Anschaffungen nötig gewesen. Demgegenüber genügt die auf den Grundakten beruhende Feststellung nicht, der landwirtschaftliche Besitz sei unbelastet. Insoweit hat der Kläger auch zu Recht gerügt, das LSG habe feststellen müssen, welche Erträgnisse der väterliche Hof abgeworfen hat. Die Rüge, daß das LSG in dieser Hinsicht weitere Ermittlungen hätte treffen müssen, gilt aber nicht nur für die Geltungszeit des Bayer. KBLG, sondern auch für die des BVG.

Nach § 47 Abs. 1 BVG wird Ausgleichsrente den Waisen gewährt, deren Lebensunterhalt nicht auf andere Weise sichergestellt ist. Wie bereits für die Voraussetzungen des Rentenanspruchs nach dem KBLG dargelegt ist, genügen die getroffenen Feststellungen des LSG nicht zu der Annahme, daß der Lebensunterhalt des Klägers auf andere Weise sichergestellt war. Vielmehr wäre es erst auf Grund der oben bezeichneten erforderlichen Feststellungen möglich gewesen zu entscheiden, ob diese Voraussetzung des § 47 Abs. 1 BVG - Sicherstellung des Lebensunterhalts des Klägers auf andere Weise - erfüllt war. Insoweit hätte weiter geprüft und festgestellt werden müssen, welche Aufwendungen die Mutter des Klägers für ihren, ihrer Familie und des Klägers notwendigen Lebensunterhalt machen mußte. Hinsichtlich dieser Aufwendungen genügt der Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BSG (BSG 3, 124, 127 ff; 4, 70 ff, 72 - 73, 267 ff, 269 - 270; 6, 125 ff, 126 - 127). Diesen notwendigen Aufwendungen muß sodann das gesamte notfalls im einzelnen zahlenmäßig aufgegliederte Einkommen der Familie - also, wie bereits dargelegt, aus der Landwirtschaft und unter Umständen aus anderen Quellen - gegenübergestellt werden. Erst hierdurch kann das Berufungsgericht die erforderliche Grundlage für seine Entscheidung finden, ob der Kläger keinen Anspruch auf Waisenrente bzw. auf die volle Waisenausgleichsrente gehabt hat und ob dementsprechend die Voraussetzungen für die Bescheide vom 14. und 16. März 1951 sich als unzutreffend erwiesen haben, so daß die Berichtigung der Bescheide nach Art. 30 Abs. 4 KBLG gerechtfertigt gewesen ist.

Auch die weitere Entscheidung des Berufungsgerichts, der Kläger habe die ihm zu Unrecht gewährten Beträge zurückzuzahlen, ist nicht frei von Rechtsirrtum. Zwar ist die Rückerstattung der Beträge zutreffend auf die Vorschrift des § 47 VerwVG gestützt. Diese Vorschrift galt zwar noch nicht zu der Zeit, als der angefochtene Bescheid erlassen wurde. Sie ergreift aber nach der Rechtsprechung des BSG alle am Tage ihres Inkrafttretens, dem 1. April 1955, anhängigen Rückforderungsfälle (BSG 3, 234 = SozR VerwVG § 47 Bl. Ca 1 Nr. 1). Nach § 47 Abs. 3 VerwVG ist bei einer Berichtigung eines Bescheides die Rückforderung der gewährten Leistungen dann nicht ausgeschlossen, wenn die Unrichtigkeit der ursprünglichen Bescheide darauf beruht, daß der Empfänger Tatsachen, die für die Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind, wissentlich falsch angegeben oder verschwiegen hat. Das LSG hat die Rückforderung deshalb für berechtigt erachtet, weil der Vormund des Klägers im Rentenantrag unrichtige Angaben gemacht habe und mithin habe wissen müssen, daß ihm die gezahlten Versorgungsbezüge nicht zuständen. Für diese Entscheidung standen dem LSG keine hinreichenden Feststellungen zur Verfügung. Es trifft zwar zu, daß der Vormund im Antragsvordruck am 31. Dezember 1948 angegeben hat, der Kläger beziehe kein Einkommen aus Arbeit, Kapitalvermögen oder sonstiges Einkommen. Die Feststellungen darüber, daß der Vormund rechtskundig gewesen sei, sind jedoch nicht näher begründet. Gegen sie hat die Revision durchgreifende Ausführungen gemacht. Es ist nicht ersichtlich, worauf das LSG die Feststellung stützt, daß der Großvater des Klägers, der den Antragsvordruck unterschrieben hat, rechtskundig gewesen ist. Der rechtskundige ... ist aber erst am 4. März 1949 zum Vormund bestellt worden. Eine nach § 163 SGG bindende Feststellung liegt daher insoweit nicht vor. Das LSG wird daher auch in dieser Hinsicht weitere Ermittlungen zu treffen haben.

Da sonach die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der beiden streitigen Punkte, nämlich der Entscheidung darüber, ob der Kläger Versorgungsbezüge zu Unrecht bezogen hat, und darüber, daß er diese zurückzuerstatten hat, rechtsirrig ist, konnte sie nicht aufrechterhalten werden und war aufzuheben. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt von der Vornahme weiterer Ermittlungen ab, die dem Senat verwehrt sind. Deshalb mußte der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen werden.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1982519

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