Entscheidungsstichwort (Thema)
KOV. Versorgungsleiden. Tod. Kausalität
Orientierungssatz
Die Rechtsvermutung des § 38 Abs 1 S 2 BVG bezieht sich allein auf die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen anerkanntem Schädigungsleiden und dem Tod des Beschädigten. Sie greift daher stets nur dann ein, wenn das Todesleiden dem Schädigungsleiden entspricht.
Normenkette
BVG § 38 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 29.04.1969) |
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 29. April 1969 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Klägerin ist die Witwe des im Jahre 1910 geborenen und im September 1964 verstorbenen E B - nachfolgend mit B. bezeichnet -; Der Kläger ist dessen Sohn. B., der im Jahre 1939 zum Kriegsdienst eingezogen worden war, geriet am Kriegsende in russische Kriegsgefangenschaft, aus der er im Juni 1949 entlassen wurde. Die Versorgungsbehörde erkannte mit Bescheid vom 23. Oktober 1950 eine Narbe am linken Unterschenkel und Zahnschaden als Dienstbeschädigung (DB) mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) unter 25 v. H. an. Das Versorgungsgericht für das Saarland holte im Berufungsverfahren (alten Rechts) ein Gutachten von Prof. Dr. D von der Medizinischen Universitätsklinik Homburg ein. In dem Gutachten vom 31. Dezember 1951 kam der Sachverständige zu dem Ergebnis, daß bei B. eine Störung im Kohlehydratstoffwechsel vorliege; ob diese auf Einflüsse während der russischen Gefangenschaft ursächlich zurückzuführen sei, könne wegen noch fehlender Erfahrungen nicht gesagt werden, insbesondere gebe es keine statistischen Erhebungen, aus denen geschlossen werden könne, daß nach einer Dystrophie häufig derartige Stoffwechselstörungen eintreten. Diese Störung verursache bei B. auch noch keine MdE. Ein Teil der Beschwerden sei auf Einflüsse während der Kriegsgefangenschaft zurückzuführen, insbesondere die allgemeinen vegetativnervösen Störungen bei B.. Der Sachverständige bewertete die MdE für die Beschwerden, die als Folgezustand nach Dystrophie anzusehen seien, mit 30 v. H.. Der Beklagte erkannte daraufhin in der mündlichen Verhandlung vor dem Versorgungsgericht vom 4. Februar 1952 "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" als weitere DB an und erklärte sich bereit, dem B. eine Rente nach einer MdE von 30 v. H. vom 1. November 1949 an zu gewähren.
Bei einer Nachuntersuchung auf Grund eines Verschlimmerungsantrages des B. stellte Prof. Dr. D in seinem Gutachten vom 12. Juni 1953 einen latenten Diabetes mellitus, eine essentielle Hypertonie sowie eine Deformierung des Antrum und einen Bulbus duodeni mit einer Begleitgastritis fest. Er führte aus, daß diese Erkrankungen mit dem Wehrdienst oder der Gefangenschaft in keinem Zusammenhang stünden. Nach den bisherigen Erfahrungen sei mit großer Wahrscheinlichkeit ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Störungen des Kohlehydratstoffwechsels mit der Dystrophie auszuschließen. Daraufhin entzog das Versorgungsamt mit Bescheid vom 22. Juli 1953 die bisher gewährte Rente wegen einer wesentlichen Besserung der Verhältnisse, insbesondere weil Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates nicht mehr bestünden; der jetzt bestehende latente Diabetes beruhe auf konstitutioneller Grundlage, und zwar auf einer Störung der Bauchspeicheldrüse. Als Versorgungsleiden erkannte die Versorgungsbehörde nunmehr "Narbe am linken Unterschenkel und Zahnschaden" an. Das Versorgungsgericht wies die gegen diesen Bescheid eingelegte Berufung (alten Rechts) mit Urteil vom 23. Oktober 1958 zurück, nachdem mit Bescheid vom 28. Juni 1956 bei B. zusätzlich noch eine "Blasenschließmuskelstarre und chronische Entzündung der männlichen Adnexen" als DB mit einer MdE um 30 v. H. vom 1. Oktober 1955 an anerkannt worden waren. Der hiergegen eingelegte Rekurs ging nach Einführung des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im Saarland als Berufung auf das Landessozialgericht (LSG) über. Hier schlossen die Beteiligten am 12. Juli 1963 folgenden Vergleich: "Es bleibt bei der Anerkennung der bei dem Kläger festgestellten Kohlehydratstoffwechselstörung mit einer MdE von 30 v. H.; die Gesamt-MdE unter Berücksichtigung der übrigen anerkannten Gesundheitsstörungen beträgt ab 1. Oktober 1955 50 v. H.. Die Beteiligten sind sich darüber einig, daß eventuell eintretende Verschlimmerungen der Kohlehydratstoffwechselstörung nicht mehr zu Lasten des Wehrdienstes gehen".
Mit Umanerkennungsbescheid vom 16. August 1963 wurden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) als Schädigungsfolgen anerkannt: "Narben am linken Unterschenkel, Zahnschaden, Blasenschließmuskelstarre und chronische Entzündungen der männlichen Adnexen, Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates". Die MdE wurde auf 50 v. H. vom 1. Juni 1960 an festgesetzt.
B. ist am 2. September 1964 verstorben. Im Leichenschauschein ist als unmittelbare Todesursache "Herzinfarkt" angegeben; als weitere Leiden sind Coronarsklerose und eine Arteriosklerose der Nieren benannt.
Die Versorgungsbehörde lehnte mit Bescheid vom 11. Januar 1965 den Antrag auf Gewährung von Hinterbliebenenversorgung mit der Begründung ab, daß das zum Tode führende Leiden des B. mit den anerkannten Schädigungsfolgen nicht in einem ursächlichen Zusammenhang stehe. Mit einem weiteren Bescheid gleichen Datums gewährte die Versorgungsbehörde der Klägerin nur das halbe Bestattungsgeld. Die Klägerin erhob gegen beide Bescheide Widerspruch. Das Landesversorgungsamt holte von Prof. Dr. R (Pathologisches Institut der Universität des Saarlandes) ein Gutachten ein. Dieser Gutachter führte nach der Leichenöffnung in seinem Gutachten vom 29. September 1965 aus, daß der Tod des B. durch eine sehr schwere Coronarsklerose verursacht worden sei; dieses Leiden sowie die schwere allgemeine Arteriosklerose seien durch einen Bluthochdruck verursacht worden. Außerdem habe eine Zuckerkrankheit bestanden, bei der es sich zweifelsfrei um einen Pancreasdiabetes gehandelt habe. Der Bluthochdruck, die Arteriosklerose und der Diabetes mellitus seien häufig gemeinsam als Folge einer angeborenen Konstitutionseigentümlichkeit vorhanden. Als Folge des Diabetes mellitus sei es zu einer Nierenerkrankung gekommen; diese wiederum trete nur nach langjährigem Bestehen eines Diabetes mellitus auf, und zwar auf dem Boden eines echten Pancreasdiabetes, wie er bei B. bestanden habe, nicht aber bei einem Regulationsdiabetes. Ein solcher habe wahrscheinlich mit dem ungewöhnlichen Ausdruck "Störung des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" anerkannt werden sollen. Bluthochdruck, essentielle Hypertonie und der Diabetes mellitus seien nicht Folge der Dystrophie. Der Tod des B. sei durch das anerkannte Leiden "Störung des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" weder verursacht noch um wenigstens ein Jahr beschleunigt worden.
Das Landesversorgungsamt wies den Widerspruch gegen die Ablehnung der Hinterbliebenenversorgung mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 1965 zurück; es half dem Widerspruch gegen den Bescheid über das halbe Bestattungsgeld insoweit teilweise ab (Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 1966), als eine Anrechnung des an die Klägerin von der Krankenkasse bewilligten Sterbegeldes auf das Bestattungsgeld nicht erfolgte.
Das Sozialgericht (SG) hat von Prof. Dr. G ein Gutachten eingeholt, der am 24. September 1967 zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Tod des B. nicht mit Wahrscheinlichkeit als Folge der anerkannten Schädigungsleiden angesehen werden könne. Die anerkannten Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates seien nicht mit dem Diabetes mellitus identisch. Der Tod des B. sei schicksalsbedingt im Rahmen einer allgemeinen Arteriosklerose mit bevorzugter Manifestierung an den Herzkranzgefäßen eingetreten.
Das SG hat daraufhin mit zwei Urteilen vom 10. November 1967 die Klagen auf Gewährung der Hinterbliebenenversorgung und Gewährung des vollen Bestattungsgeldes abgewiesen. Hiergegen haben die Kläger Berufung eingelegt.
Das LSG hat gemäß § 109 SGG von Prof. Dr. O, Düsseldorf, ein Gutachten eingeholt, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Es hat ferner beide Sachen zur gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Urteil vom 29. April 1969 die Berufungen der Kläger gegen die Urteile des SG für das Saarland vom 10. November 1967 zurückgewiesen.
In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, daß den Klägern weder ein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung noch ein solcher auf Gewährung des vollen Bestattungsgeldes zustehe, da der Tod des B. nicht Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG sei und B. auch nicht an einem Leiden gestorben sei, welches als Schädigungsfolge gemäß § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG anerkannt gewesen ist. Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG gelte nur dann wenn das Leiden, für das dem Beschädigten Rente gewährt worden sei, den Tod verursacht habe; dies gelte auch dann, wenn das Leiden nur mittelbar zum Tode geführt habe. Jedoch sei im vorliegenden Fall das Leiden, für das B. im Zeitpunkt seines Todes Rente bezogen habe, nicht dasselbe, welches den Tod verursacht habe. Wegen des eigenartigen Krankheitsbildes in den ersten Nachkriegsjahren hätten für die Sachverständigen große Schwierigkeiten bestanden, die wehrdienstbedingten Gesundheitsstörungen des B. zu ermitteln. Die genaue Todesursache habe erst durch die von Prof. Dr. R vorgenommene Leichenöffnung festgestellt werden können. Danach sei der Tod des B. durch eine sehr schwere Coronarsklerose, die schon einige Zeit vor dem Tod zu erheblichen Durchblutungsstörungen des Herzmuskels geführt habe, eine Arteriosklerose, einen Bluthochdruck sowie eine Zuckerkrankheit verursacht worden. Prof. Dr. R habe hinsichtlich der Zuckerkrankheit besonders darauf hingewiesen, daß es sich bei dieser Erkrankung "zweifelsfrei" um einen echten Bauchspeicheldiabetes gehandelt habe, also keinesfalls um das im Zeitpunkt des Todes des B. als Schädigungsfolge anerkannte Leiden "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates". Nach seiner Meinung habe dieses Leiden in Wirklichkeit gar nicht bestanden. Die Richtigkeit dieser Auffassung sei von Prof. Dr. G und von Prof. Dr. O bestätigt worden. Mit Prof. Dr. G sei der Senat der Auffassung, daß gerade durch die gewählte Bezeichnung "Störung des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" die Anerkennung einer Zuckerkrankheit, bei der es sich immer um eine Kohlehydratstoffwechselstörung innerhalb des innersekretorischen Apparates handele, nämlich um eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, ausgeschlossen werden sollte. Auch nach dem Gutachten von Prof. Dr. O sei es nicht wahrscheinlich, daß der Tod des B. mit dem Militärdienst oder der Kriegsgefangenschaft im Zusammenhang stehe; allerdings habe nach dessen Ausführungen die bei B. seit mindestens 1952 bestehende Zuckerkrankheit dazu beigetragen, daß der Tod um mindestens ein Jahr früher eingetreten sei, als es ohne dieses anlagebedingte Leiden zu erwarten gewesen wäre. Entgegen der Auffassung der Kläger sei aber die Zuckerkrankheit nicht etwa durch den vor dem LSG am 12. Juli 1963 abgeschlossenen Vergleich anerkannt gewesen. Es sei zwar richtig, daß damals der Zusatz "außerhalb des innersekretorischen Apparates" bei der Bezeichnung der Störungen des Kohlehydratstoffwechsels weggelassen worden sei; jedoch habe damit keine rechtsverbindliche Anerkennung einer Kohlehydratstoffwechselstörung innerhalb des innersekretorischen Apparates anerkannt werden sollen. Dies ergebe sich aus den diesem Vergleich voraufgegangenen ärztlichen Begutachtungen und denjenigen, die im Laufe des damaligen Berufungs- und Rekursverfahrens beigezogen worden seien. Weiter führt das LSG hierzu aus, daß durch die später erfolgte Bezeichnung der Schädigungsfolge im Umanerkennungsbescheid, bei der wiederum von Störungen des Kohlehydratstoffwechsels "außerhalb des innersekretorischen Apparates" neben anderen Gesundheitsstörungen gesprochen werde, die Versorgungsbehörde niemals den Diabetes mellitus habe anerkennen wollen. Dieser sei anlagebedingt und keine Schädigungsfolge.
Das LSG hat die Revision zugelassen.
Die Kläger haben gegen dieses ihnen am 5. August 1969 zugestellte Urteil mit einem am 22. August 1969 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangenen Schriftsatz vom 20. August 1969 Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Revisionsbegründungsfrist bis zum 5. November 1969 mit einem am 10. September 1969 eingegangenen Schriftsatz vom 9. September 1969 begründet. Sie beantragen,
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1.) |
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, der Urteile des SG für das Saarland vom 10. November 1967 sowie der Bescheide vom 11. Januar 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 1965 bzw. 11. Januar 1966 (soweit das volle Bestattungsgeld abgelehnt wurde) den Beklagten zu verurteilen, den Tod des Ehemannes und Vaters der Kläger als Schädigungsfolge anzuerkennen, den Klägern Hinterbliebenenversorgung ab 1. September 1964 zu gewähren und das volle Bestattungsgeld zu zahlen; |
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2.) |
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die außergerichtlichen Kosten der Kläger in sämtlichen Rechtszügen dem Beklagten aufzuerlegen. |
In ihrer Revisionsbegründung, auf die Bezug genommen wird, rügen die Kläger eine Verletzung der §§ 1, 36, 38 BVG durch das LSG und bringen hierzu insbesondere vor, daß das im Zeitpunkt des Todes anerkannte Leiden des B., für welches er Beschädigtenrente im Zeitpunkt seines Todes bezogen habe, mit dem Todesleiden identisch sei. Streitig sei allein die Frage, welches Leiden rechtsverbindlich anerkannt gewesen sei; hierbei sei von dem Grundleiden, nämlich den Kohlehydratstoffwechselstörungen, auszugehen. Mit dem Vergleich vom 12. Juli 1963 sei allein das Grundleiden "Kohlehydratstoffwechselstörungen" anerkannt gewesen, ohne daß es sich hierbei um solche Störungen "außerhalb" des innersekretorischen Apparates gehandelt habe. Die Annahme des LSG, bei der Formulierung des Vergleichs habe es sich nur um eine ungenaue Bezeichnung gehandelt, sei daher unrichtig und entspreche nicht dem Gesamtergebnis des Verfahrens. Diese Anerkennung binde aber den Beklagten. Sei also davon auszugehen, daß das Leiden "Zuckerkrankheit" durch das Grundleiden "Kohlehydratstoffwechselstörungen" erfaßt werde, müsse von einer rechtsverbindlichen Anerkennung des Diabetes mellitus ausgegangen werden, so daß die Vermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG eingreife und den Klägern damit die Hinterbliebenenversorgung zustehe. Gleichermaßen seien aber auch dann die Voraussetzungen für die Gewährung des vollen Bestattungsgeldes gemäß § 36 Abs. 1 BVG erfüllt.
Der Beklagte hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt. Seinen Ausführungen in der Revisionserwiderung vom 24. Oktober 1969, auf die Bezug genommen wird, ist zu entnehmen, daß er die Revision für unbegründet hält, weil das angefochtene Urteil in materiell-rechtlicher Hinsicht zutreffend sei.
Da die Beteiligten mit Schriftsätzen vom 9. September 1969 und 18. Februar 1971 ihre Zustimmung gemäß § 124 Abs. 2 SGG erteilt haben, konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision der Kläger ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164, 166 SGG); sie ist daher zulässig. Die Revision ist jedoch nicht begründet. Das LSG hat zutreffend erkannt, daß den Klägern kein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung (§ 38 BVG) zusteht und daß sie keinen Anspruch auf Zahlung des vollen Bestattungsgeldes (§ 36 BVG) haben.
Nach § 38 Abs. 1 BVG haben die Witwe, der Witwer, die Waisen und die Verwandten der aufsteigenden Linie Anspruch auf Hinterbliebenenrente, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Wie aus dem Wortlaut des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG ersichtlich ist, kommt es bei der in ihm enthaltenen Rechtsvermutung ("gilt") nicht darauf an, ob der Tod des Beschädigten tatsächlich die Folge einer Schädigung i. S. des § 1 BVG ist. Die Anspruchsvoraussetzung "gilt" vielmehr dann als erfüllt, wenn das Leiden, welches zum Tode geführt hat, auch dasjenige Leiden ist, welches als rechtsverbindlich anerkanntes Schädigungsleiden für die Zuerkennung der Rente bestimmend war. Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG schränkt eine Prüfung insofern ein, als die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem anerkannten Versorgungsleiden und dem schädigenden Vorgang nicht mehr geprüft werden darf. Sie reicht jedoch nicht so weit, daß zugunsten der Hinterbliebenen eine Rechtsvermutung bestünde, nach welcher der Tod eines Beschädigten mit dem bei ihm anerkannten Versorgungsleiden ursächlich zusammenhängt; der § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG schließt daher die Feststellung der Todesursache nicht aus, wenn aus dem Ableben des rentenberechtigten Beschädigten Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen hergeleitet werden. Für eine Feststellung, ob ein Beschädigter "an" seinen anerkannten Versorgungsleiden gestorben ist, ist die vorherige Feststellung der Todesursache eine unabdingbare Voraussetzung. Die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG bezieht sich somit allein auf die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen anerkanntem Schädigungsleiden und dem Tod des Beschädigten. Sie greift daher stets nur dann ein, wenn das Todesleiden dem Schädigungsleiden entspricht. Diese Frage ist nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung unter Berücksichtigung der im Recht der Kriegsopferversorgung (KOV) geltenden Kausalitätsnorm zu beantworten (BSG 7, 53, 56; 24, 185 ff; BSG in SozR BVG § 38 Nr. 17; BVG in Breith. 1959, 448).
Im vorliegenden Fall hat das LSG festgestellt, daß das Leiden, an welchem B. verstorben ist - nämlich an einem Herzinfarkt auf der Grundlage einer schweren allgemeinen Gefäßsklerose, einer Coronarsklerose und einem Diabetes mellitus - mit dem hier allein in Betracht kommenden Schädigungsleiden, für welches B. im Zeitpunkt seines Todes Rente bezogen hat, also den "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates", nicht identisch ist. Gegen diese Feststellung des LSG sind begründete Revisionsrügen nicht erhoben worden, so daß sie für den Senat gemäß § 163 SGG bindend ist. Das LSG hat ferner festgestellt, daß der bei B. seit längerer Zeit bestehende Diabetes mellitus auf seinen Gesundheitszustand so stark eingewirkt hat. daß dadurch der Tod des B. um mindestens ein Jahr früher eingetreten ist, als sonst zu erwarten gewesen wäre. Dieser Diabetes mellitus - so hat das LSG weiter festgestellt - ist eine anlagebedingte Erkrankung. Da auch diese Feststellungen von den Klägern mit Revisionsrügen nicht angegriffen worden sind, ist der erkennende Senat an sie gleichermaßen gemäß § 163 SGG gebunden. Das LSG hat sodann die Auffassung vertreten, daß mit der Anerkennung der "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" im Umanerkennungsbescheid vom 16. August 1963 von der Versorgungsbehörde nicht der bei B. vorhandene Diabetes mellitus anerkannt worden ist. Zu diesem Ergebnis ist das LSG unter Würdigung der Gutachten von Prof. Dr. G und Dr. R gelangt, wobei insbesondere hervorgehoben worden ist, daß es sich bei dem Diabetes mellitus gerade um Störungen des Kohlehydratstoffwechsels "innerhalb" des innersekretorischen Apparates, welche nämlich durch die Bauchspeicheldrüse verursacht werden, und nicht um solche Störungen "außerhalb" des innersekretorischen Apparates handelt. Das anerkannte Schädigungsleiden sei daher - so hat das LSG weiter ausgeführt - mit der Gesundheitsstörung Diabetes mellitus, also dem Todesleiden, nicht identisch. Die Kläger meinen demgegenüber, der Beklagte habe mit dem vor dem LSG am 12. Juli 1963 abgeschlossenen Vergleich den Diabetes mellitus rechtsverbindlich anerkannt, denn in diesem Vergleich seien ganz allgemein "Kohlehydratstoffwechselstörungen" als Schädigungsfolgenanerkannt worden, also ohne den Zusatz "außerhalb des innersekretorischen Apparates". Zunächst sind die Kläger darauf zu verweisen, daß die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nur bei der Identität desjenigen Versorgungsleidens mit dem Todesleiden eingreift, welches rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm "im Zeitpunkt des Todes" Rente gewährt worden ist. Daraus ergibt sich aber, daß es auf jenes Schädigungsleiden ankommt, welches im Zeitpunkt des Todes des Beschädigten anerkannt war. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch nach dem Umanerkennungsbescheid, den B. nicht angefochten hat, als Schädigungsfolge "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" rechtsverbindlich anerkannt gewesen. Wenn das LSG aufgrund dieses die Leidensursache (Störungen des Kohlehydratstoffwechsels) einschränkenden Zusatzes "außerhalb des innersekretorischen Apparates" unter Berücksichtigung der vorliegenden Gutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, daß im Zeitpunkt des Todes des B. der Diabetes mellitus nicht anerkannt werden sollte, so gibt die Auslegung des Umanerkennungsbescheides durch das LSG zu Bedenken keinen Anlaß. Wenn es - wie ausgeführt - für die Frage der Rechtsverbindlichkeit der anerkannten Schädigungsfolge im Hinblick auf die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG auf die letzte im Zeitpunkt des Todes des Beschädigten rechtsverbindlich anerkannte Schädigungsfolge ankommt, so ist demnach allein die im Umanerkennungsbescheid vom 16. August 1963 anerkannte Schädigungsfolge, nämlich "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" für die Betrachtung rechtserheblich; denn mit dieser verbindlichen Anerkennung sind frühere anderslautende Anerkennungen und somit auch die in dem Vergleich vom 12. Juli 1963, beseitigt. Aber selbst wenn man diesen Vergleich und die darin bezeichnete Schädigungsfolge "Kohlehydratstoffwechselstörung" (ohne besonderen Zusatz) berücksichtigen wollte, so sind die hierzu vom LSG gemachten Ausführungen über die Auslegung des Inhalts dieses Vergleichs nicht zu beanstanden. Bei B. waren in den diesem Vergleich vorausgegangenen Bescheiden immer nur "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" als Versorgungsleiden anerkannt gewesen. Wenn in dem genannten Vergleich zum Ausdruck gebracht wird, "es bleibt" bei der Anerkennung der bei dem Kläger festgestellten Kohlehydratstoffwechselstörungen, so kann dem LSG unbedenklich gefolgt werden, daß der Beklagte damit - wie zuvor anerkannt - jene Leidensursache bezeichnen wollte, die durch Störungen "außerhalb" des innersekretorischen Apparates bei B. verursacht worden ist, und daß dies auch für den Beschädigten erkennbar war. Hierbei hat das LSG insbesondere auf die vor diesem Vergleich erstatteten Gutachten hinweisen dürfen, in denen Prof. Dr. D sehr deutlich zwischen dem bei B. festgestellten Diabetes mellitus und den durch Dystrophie verursachten Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates unterschieden hat. Selbst wenn man also davon ausgeht, daß die Bezeichnung der Schädigungsfolge im Vergleich vom 12. Juli 1963 unklar und somit ihr Inhalt durch Auslegung zu ermitteln ist (s. dazu BSG in SozR BVG § 38 Nr. 13), so kann der Auffassung der Kläger nicht gefolgt werden, daß mit der in jenem Vergleich anerkannten Schädigungsfolge "Kohlehydratstoffwechselstörungen" (ohne jeden Zusatz) der bei B. vorhandene Diabetes mellitus anerkannt worden ist. Steht demnach aber fest, daß der Diabetes mellitus des B. rechtsverbindlich nicht anerkannt war und daß das rechtsverbindlich anerkannte Schädigungsleiden "Störungen des Kohlehydratstoffwechsels außerhalb des innersekretorischen Apparates" mit dem zum Tode führenden Leiden nicht identisch ist, so greift im vorliegenden Fall die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nicht ein.
Da nach den bindenden Feststellungen des LSG ferner der Tod des B. auch nicht auf eine schädigende Einwirkung i. S. des § 1 BVG zurückzuführen ist, d. h. B. nicht an den Folgen einer Schädigung gestorben ist (§ 38 Abs. 1 Satz 1 BVG), steht den Klägern keine Hinterbliebenenversorgung zu.
Gleichermaßen scheidet ein Anspruch auf Gewährung des vollen Bestattungsgeldes gemäß § 36 Abs. 1 BVG aus, denn auch dieser Anspruch setzt voraus, daß der Tod des Rentenberechtigten die Folge einer Schädigung ist, wobei gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 BVG die gleiche Rechtsvermutung wie in § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG gilt. Da aber beide Voraussetzungen nicht vorliegen, besteht nur ein Anspruch auf das halbe Bestattungsgeld.
Demgemäß war die Revision der Kläger gegen das im Ergebnis zutreffende Urteil des LSG als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen