Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 4. April 1996 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin betreibt den Krankentransport (einschließlich Notfallrettung) mit Krankenkraftwagen und hat dafür von der Freien und Hansestadt Hamburg eine Genehmigung gemäß § 4 des Hamburgischen Rettungsdienstgesetzes vom 9. Juni 1992 (GVBl 117 – HmbRDG), die nicht zur Teilnahme am öffentlichen Rettungsdienst berechtigt. Einen Antrag auf Teilnahme an diesem Dienst – der nach den §§ 7 HmbRDG, 3 Abs 1 des hamburgischen Feuerwehrgesetzes vom 23. Juni 1986 (GVBl 137) von den Feuerwehren betrieben wird und in den durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 22. Dezember 1992 nur vier sog Hilfsorganisationen (Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsches Rotes Kreuz, Johanniter Unfallhilfe und Malteser Hilfsdienst) einbezogen sind – hat die Klägerin bislang nicht gestellt. Zur Abrechnung der Fahrten ist zwischen der Klägerin und der beklagten Krankenkasse (KK) eine Vergütungsvereinbarung nach § 133 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V) abgeschlossen worden. Die Klägerin wendet sich dagegen, daß die Beklagte seit dem Inkrafttreten des SGB V am 1. Januar 1989 die Vergütungen nur noch abzüglich der Zuzahlungen der Versicherten entrichtet und ihr, der Klägerin, die Einziehung der Zuzahlungen überläßt, während sie bei den Hilfsorganisationen die Zuzahlungen selbst einzieht.
Auf die von der Klägerin im Januar 1992 beim Landgericht Hamburg (Az: 416 O 22/92) erhobene Klage, mit der sie die Gleichbehandlung bei der Vergütung der Fahrten begehrt, ist der Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) verwiesen worden. Die Klage ist von diesem abgewiesen, die Berufung der Klägerin vom Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen worden (Urteile vom 21. September 1994 und 4. April 1996). Das LSG hat ausgeführt, die Bevorzugung der Hilfsorganisationen sei gerechtfertigt, weil das Gesetz für Rettungsdienste keine Einziehung der Zuzahlungen von den Versicherten vorschreibe; mit dem Begriff “Rettungsdienste” in § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V seien nur diejenigen Unternehmen gemeint, die nach den Rettungsdienstgesetzen der Länder als Rettungsdienst anerkannt seien. Art 3 Grundgesetz (GG) sei nicht verletzt, weil die Beteiligung am öffentlichen Rettungsdienst mit ihren umfangreichen Verpflichtungen auch zu höheren Kosten führe. Die Klägerin könne jederzeit selbst die Beteiligung am öffentlichen Rettungsdienst beantragen. Da § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V nicht verfassungswidrig sei, stelle er für die Benachteiligung der Klägerin auch einen sachlich gerechtfertigten Grund iS von § 26 Abs 2 Satz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (GWB) dar.
Gegen dieses am 11. September 1996 bei ihr eingegangene Urteil hat die Klägerin am 9. Oktober 1996 Revision eingelegt und am 18. Dezember 1996 eine Revisionsbegründung eingereicht. Auf den Verspätungshinweis des Senats hat sie dargelegt, die beiden übersandten Exemplare des LSG-Urteils enthielten nur den Verkündungsvermerk, nicht aber den Ausfertigungsvermerk, das Prägesiegel sowie die Unterschrift des Urkundsbeamten, und seien ihr daher nicht wirksam zugestellt worden. Zur Glaubhaftmachung hat die Klägerin eidesstattliche Versicherungen ihrer Prozeßbevollmächtigten und deren Büroangestellter S.… vorgelegt. In der Sache rügt die Klägerin die Verletzung von § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V, Art 3 GG und § 26 Abs 2 Satz 2 GWB. Die Beklagte sei nicht gehindert, nach pflichtgemäßem Ermessen die Zuzahlung der Versicherten auch bei nicht dem öffentlichen Rettungsdienst angeschlossenen Unternehmen selbst einzuziehen. Ein Antrag auf Einbeziehung in den öffentlichen Rettungsdienst würde von der zuständigen Behörde mangels Bedarfs abgelehnt. Sachliche Gründe für ihren Ausschluß von der Einziehungsregelung lägen nicht vor: Die Hilfsorganisationen würden sonst einseitig begünstigt: Für die kranke und hilfsbedürftige Person entfalle die Suche nach der Befreiungsbescheinigung, auch komme es zu einem “Bevorschussungseffekt”. Umgekehrt entstehe der Eindruck, die Zuzahlung beruhe nur auf der Inanspruchnahme eines gewerblichen Unternehmens. Es komme häufig zu Auseinandersetzungen mit den Versicherten wegen der Befreiung von der Zuzahlungspflicht; die Befreiungsvoraussetzungen seien schwer festzustellen. Schließlich führe die Auferlegung der Einziehungsverpflichtung für die Zuzahlung auch zu einer Verlagerung des Ausfallrisikos. Wenn § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V für sie, die Klägerin, nicht gelte, sei zu fragen, ob diese Vorschrift überhaupt auf einfache Krankentransportfahrten angewendet werden könne, die auch 95 % aller Fahrten der Hilfsorganisationen ausmachten.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Hamburg vom 4. April 1996 und des Sozialgerichts Hamburg vom 21. September 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von der Klägerin durchgeführten Krankenfahrten ohne Abzug des Selbstkostenanteils der Versicherten zu begleichen, hilfsweise es zu unterlassen, bei den von den Hilfsorganisationen durchgeführten Krankenfahrten von dem Abzug eines Selbstkostenanteils bei der Rechnungsbegleichung abzusehen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist mit dem Hauptantrag zulässig, aber unbegründet; mit dem Hilfsantrag ist sie unzulässig.
1. Die Revision ist fristgemäß begründet worden. Die zweimonatige Revisionsbegründungsfrist nach § 164 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht überschritten, weil sie ab Zustellung des Urteils rechnet und eine ordnungsgemäße Zustellung nicht nachgewiesen ist. Gemäß § 63 Abs 2 SGG richtet sich die Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG). Nach § 2 Abs 1 Satz 1 VwZG besteht die Zustellung in der Übergabe eines Schriftstücks in Urschrift (Original), Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift oder in dem Vorlegen der Urschrift. Wie die Klägerin glaubhaft und unter Vorlage mehrerer eidesstattlicher Versicherungen vorgetragen hat, hat sie lediglich die beiden zu den Senatsakten gereichten Urteilsexemplare erhalten. Da die beiden Exemplare zwar den Verkündungsvermerk, nicht jedoch den Ausfertigungsvermerk, die Unterschrift und das Prägesiegel des Urkundsbeamten enthalten (nur letzteres kann zur Not fehlen, vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl 1998, § 137 RdNr 3), handelt es sich gemäß § 137 SGG nicht um formgerechte Ausfertigungen des Urteils. Mangels Beglaubigungsvermerks liegt auch keine beglaubigte Abschrift vor. Das LSG hat zwar unter Vorlage einer entsprechenden Erklärung des zuständigen Amtsinspektors mitgeteilt, daß dem Urteil ein vollständiges Ausfertigungsblatt aufgeheftet gewesen sei. Die Klägerin hat jedoch glaubhaft und unter Vorlage eidesstattlicher Versicherungen vorgetragen, daß ein solches Blatt bei Empfang der Urteile – und auf den Zustand bei Empfang, nicht bei Absendung, kommt es an – nicht (mehr) vorgeheftet war. Bei dieser Beweislage kann nicht zu Lasten der Klägerin unterstellt werden, daß eine ordnungsgemäße Zustellung stattgefunden hat.
2. Die Revision ist mit dem Hauptantrag unbegründet.
Über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges war wegen der Bindungswirkung der Verweisung nach § 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) nicht mehr zu entscheiden.
Die von der Klägerin erhobene Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig. Die Klägerin begehrt eine Leistung der Beklagten, nämlich ein zukünftiges Tun in der Weise, daß die Transportkosten in voller Höhe, ohne Abzug des Versichertenanteils, beglichen werden. Für die Ablehnung der Leistung war kein Verwaltungsakt der Beklagten notwendig, mithin auch keine Einleitung eines Vorverfahrens und keine Fristwahrung für die Klage durch die Klägerin. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 29. November 1995 (3 RK 32/94, BSGE 77, 119, 121 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1; vgl auch BGHZ 114, 218, 221) entschieden hat, sind die Rechtsbeziehungen zwischen privaten Krankentransportunternehmen und KKn privatrechtlich und dürfen nicht durch Verwaltungsakt geregelt werden.
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch, von der eigenständigen Einziehung der Versichertenanteile befreit zu werden. Nach § 60 Abs 1 Satz 1 SGB V übernimmt die KK die Kosten für Fahrten einschließlich Krankentransporten, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der KK notwendig sind – und zwar nach Maßgabe der §§ 60 Abs 2 bis 4, 61 und 62 SGB V, also abzüglich einer Fahrtkostenzuzahlung des Versicherten selbst. Über die Vergütung von Leistungen des Rettungsdienstes und anderer Krankentransporte schließen, soweit das jeweilige Landesrecht nichts anderes bestimmt, die KK oder ihre Verbände gemäß § 133 SGB V Verträge mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen, wobei sie auch die Sicherstellung der flächendeckenden rettungsdienstlichen Versorgung zu berücksichtigen haben. Nach § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V zieht die KK die Fahrtkostenzuzahlung von ihren Versicherten selbst ein, soweit die Fahrten von “Rettungsdiensten” durchgeführt werden.
Der Anspruch der Klägerin scheitert daran, daß sie bei den hier streitigen Fahrten keine Rettungsfahrten durchführt. Soweit sie Gleichbehandlung mit den Hilfsorganisationen begehrt, die ebenfalls ganz überwiegend keine Rettungsfahrten durchführen, läuft dies auf eine Ausweitung des mit dem Gesetz nicht in Einklang stehenden Verhaltens der Beklagten hinaus. Darauf besteht kein Anspruch, solange der Gesetzesverstoß in anderer Weise behoben und dadurch die Gleichbehandlung (Art 3 GG) wieder hergestellt werden kann.
Das LSG hat sich auf Meinungen in der Literatur gestützt, wonach Rettungsdienste iS von § 60 Abs 2 Satz 2 SGB V nur diejenigen öffentlichen, frei-gemeinnützigen und privaten Träger sind, die im Rahmen des gesetzlichen Sicherstellungsauftrages zur flächendeckenden Versorgung mit Rettungsdienstleistungen tätig werden und entsprechend den landes- oder kommunalrechtlichen Bestimmungen anerkannt sind; allein die Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) zum Krankentransport und selbst zur Notfallrettung genügt danach nicht (Schellhorn in: von Maydell, GK-SGB V, Bd 2, Stand April 1994, § 60 RdNr 38; Krauskopf, SozKV/PflegeV, Stand Januar 1993, § 60 SGB V RdNr 18; Zipperer, GKV-Komm, Bd 1, Stand Mai1994, § 60 RdNr 37; Höfler, Kasseler Komm, Bd 1, Stand Mai 1993, § 60 RdNr 20; Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, Stand Juli 1995, K § 60, RdNrn 24, 26; Nass DOK 1989, 189, 190; Wasem BABl 1989, IV, 27, 29; Marburger ZfF 1990, 148, 150; vgl auch Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der KK vom 23./24. August 1989, Ziff 10 ff – aA Peters, Hdb der KV, Teil II: SGB V, Stand September 1993, § 60 RdNr 16: “öffentliche oder private Unternehmen, die sich um die Beseitigung sächlicher Unfallfolgen kümmern, Verletzte an Ort und Stelle betreuen oder sie – uU mit Notarzt – zu den geeigneten Behandlungsstellen transportieren”). Der Senat hat bisher lediglich im Zusammenhang mit § 133 SGB V für den dort angesprochenen öffentlichen Rettungsdienst auch verkürzt von “Rettungsdienst” gesprochen (BSGE 77, 119 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1; ähnlich BGHZ 114, 119 und BVerwGE 101, 177).
4. Entscheidend ist aber nicht, was allgemein unter einem Rettungsdienst zu verstehen ist. Im vorliegenden Zusammenhang ist vielmehr danach zu unterscheiden, ob – von welcher Institution auch immer – Rettungsfahrten durchgeführt werden.
Bereits eine bloße Wortauslegung deutet darauf hin, daß im Gegensatz zu dem in § 133 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 2 SGB V mit der Einzahl (“Rettungsdienst”) angesprochenen öffentlichen Rettungsdienst mit der in § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V verwendeten Mehrzahl (“Rettungsdienste”) etwas anderes gemeint ist. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift sowie ihr Sinn und Zweck belegen, daß damit alle Leistungserbringer umfaßt sein sollten, die zur Erfüllung des krankenversicherungsrechtlichen Sicherstellungsauftrages Rettungsfahrten durchführen.
§ 194 Reichsversicherungsordnung (RVO) in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung hatte keine Regelung über die Einziehung der Zuzahlung durch die KKn getroffen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zum SGB V über die Fahrtkosten-, Zuzahlungs- und Entgeltvereinbarungsregelungen der §§ 60, 133 SGB V – damals §§ 68, 142 – enthielt das Wort “Rettungsdienst” nicht (BR-Drucks 200/88, 26, 48). In den Ausschußberatungen des Bundesrates zu § 60 (damals noch § 68) wurde bemängelt, daß der Entwurf “die in den Ländern sachgerecht geregelte Struktur des Rettungsdienstes und den Charakter dieser Leistungen” verkenne. Bei Notfallrettungen und qualifizierten Krankentransporten stehe nicht der Transport, sondern die medizinische Versorgung im Vordergrund. Die erheblich eingeschränkte Verpflichtung der KK zur Übernahme der Fahrtkosten auch im Bereich des Rettungsdienstes dürfe sich auch nicht mit Sinn und Zweck einer gesetzlichen Sozialversicherung vereinbaren lassen. Für die “Versorgung und Beförderung von Notfallpatienten” (Notfallrettung) und “sonstigen kranken, verletzten oder hilfsbedürftigen Personen, die einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtung eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies zu erwarten ist” (qualifizierter Krankentransport) – solle die KK die Kosten vollständig, also ohne Zuzahlung des Versicherten, übernehmen (vgl zum Ganzen BR-Drucks 200/1/88, 57 ff; BR-Drucks 200/88 ≪Beschluß≫, 52).
Daraufhin wurde in den Ausschußberatungen des Bundestages der Akzent anders gesetzt: Zunächst wurde als Begründung für die vorgesehenen Fahrtkostenzuzahlungen auf die gestiegenen “Wunschverschreibungen” beim Patiententransport mit dem Taxi (einfacher Krankentransport) verwiesen. Bei Rettungsfahrten müsse die Zuzahlungspflicht aber gestrichen werden, weil einerseits “Wunschverschreibungen” nicht vorkämen und andererseits im Noteinsatz nicht “die Hand aufgehalten” werden könne; sonstige Transporte mit dem Krankenwagen (qualifizierte Krankentransporte) seien gleichzustellen, weil diese Transporte während der Fahrt nicht selten zu Rettungsfahrten umschlagen würden, was im Einzelfall aber nicht vorhergesehen werden könne. Allerdings wurde bei einer Zuzahlungspflicht allein für Taxifahrten auch eine mißbräuchliche Bevorzugung des Krankenwagens befürchtet (Wortprotokolle des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, 37. Sitzung, S 272 ff, bzw 34. Sitzung, S 69). Der vorgeschlagene Kompromiß, auch bei “Krankentransporten” eine Zuzahlung zu erheben, diese aber “für Fahrten von Rettungsdiensten” durch die KK einziehen zu lassen, wurde schließlich angenommen (Kurzprotokolle der 58. Sitzung, S 4, bzw der 63. Sitzung, S 81). In der Bundestagsvorlage hieß es dann irreführend, weil dem Beschluß nicht entsprechend, für Fahrten von Rettungsdiensten ziehe die KK die Zuzahlung ein, gleichgültig ob der Rettungsdienst eine Rettungsfahrt oder einen Krankentransport durchgeführt habe (BT-Drucks 11/3480, S 56).
Die Ausschußberatungen zeigen, daß der von der Beklagten angegebene Grund, Teilnehmern am öffentlichen Rettungsdienst einen wirtschaftlichen oder verwaltungserleichternden Ausgleich für entsprechende Nachteile und Mehrbelastungen zukommen zu lassen, für den Gesetzgeber keine Rolle gespielt hat. In den Beratungen wurde auch nicht (organisatorisch-institutionell) zwischen den Teilnehmern am öffentlichen Rettungsdienst und sonstigen Transportunternehmen unterschieden. Maßgeblich war vielmehr die Unterscheidung zwischen Fahrten mit dem Taxi oder Mietwagen (einfacher Krankentransport) – bei denen einer unnötigen Inanspruchnahme durch eine maßvolle Selbstbeteiligung des Versicherten entgegengesteuert werden sollte – einerseits und Fahrten von Rettungsdiensten andererseits – bei denen die Mißbrauchsgefahr praktisch ausscheidet und wegen des Notfallmoments eine vorherige Zuzahlungseinziehung für alle Beteiligten unzumutbar ist. Soweit es um Krankentransporte geht, die nicht notfallmäßig anfallen, aber die besondere Ausstattung eines Krankenwagens oder eine besondere Betreuung durch qualifiziertes Personal erfordern (qualifizierter Krankentransport), besteht hingegen kein Grund, von der vorherigen Einziehung des Selbstkostenanteils des Versicherten abzusehen. Hier mag zwar die Gefahr einer unnötigen Inanspruchnahme geringer sein als bei Taxi und Mietwagen; von der Hand zu weisen ist sie aber nicht. Hinzu kommt, daß bei einer anderen Handhabung die Gefahr wächst, daß vom preiswerteren, aber in der Regel selbst sofort zu bezahlenden Taxitransport auf den aufwendigen Krankenwagen ausgewichen wird.
5. Daraus folgt, daß unter “Fahrten von Rettungsdiensten” iS von § 60 Abs 2 Satz 3 SGB V, die von der Einziehung des Versichertenanteils durch den Transporteur befreit sind, lediglich Rettungsfahrten im funktionellen Sinn zu verstehen sind. Dabei stellt sich allerdings die Frage der Abgrenzung zu den übrigen Fahrten, die besonders dadurch erschwert wird, daß sich häufig nicht einmal vor Ort eindeutig entscheiden läßt, ob bereits ein Notfall vorliegt; auch kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich aus einem normalen Krankentransport während der Fahrt ein Notfall entwickelt. Weil die Entscheidung schwieriger Abgrenzungsfragen nicht dem Transporteur in der konkreten Situation vor Ort überlassen werden kann, andererseits aber spätestens beim Beginn des Transports seine sozialversicherungsrechtliche Abwicklung feststehen muß, kommt als eindeutiges Unterscheidungsmerkmal nur die Art der Anforderung des Transportes in Betracht. Was als Notfalleinsatz bei der Notrufleitstelle angefordert wird oder bei dieser nach den einschlägigen Rettungsdienstvorschriften gemeldet und registriert werden muß, ist auch versicherungsrechtlich als Rettungsfahrt einzuordnen und abzuwickeln, unabhängig davon, ob die jeweilige Fahrt von einer Hilfsorganisation oder einem sonstigen Transportunternehmer mit Genehmigung zur Durchführung von Rettungsfahrten ausgeführt wird.
Für die Klägerin folgt daraus, daß sie nicht die begehrte Freistellung von der Einziehung der Zuzahlung verlangen kann, weil Rettungsfahrten in diesem Sinne nicht im Streit sind.
6. Der Hilfsantrag der Klägerin, der auf Unterlassung der bisherigen Praxis der Beklagten gegenüber den Hilfsorganisationen gerichtet ist, ist unzulässig, weil Klageänderungen im Revisionsverfahren unzulässig sind, was von Amts wegen zu berücksichtigen ist (§ 168 Satz 1 SGG). Es handelt sich nicht um eine bloße Einschränkung oder Modifikation des ursprünglichen Klageantrags im Sinne des § 99 Abs 3 Nrn 1 und 2 SGG. Mit dem Hilfsantrag verfolgt die Klägerin zwar ebenfalls ihr Begehren auf Gleichbehandlung, wenn auch auf einer für sie (wirtschaftlich) weniger günstigen Ebene. Der Antrag hat aber eine andere Zielrichtung als der Hauptantrag und andere dafür in Frage kommende Rechtsgrundlagen, ua auch § 26 GWB. Für eine Entscheidung im Revisionsverfahren würde es im übrigen auch an den erforderlichen tatrichterlichen Feststellungen einschließlich der Anhörung der betroffenen Hilfsorganisationen fehlen.
Die Kostentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen