Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachaufklärung. wesentliche Änderung. Ausgleichsanspruch. Saarland
Orientierungssatz
1. Das LSG hat seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, wenn es keine Ermittlungen darüber angestellt und keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob in den Verhältnissen, die für die seinerzeitige Rentengewährung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, obwohl diese Frage nach der materiell-rechtlichen Auffassung des LSG für die Weitergewährung des Ausgleichs rechtserheblich war.
2. Der Wortlaut und der Sinnzusammenhang des Art 1 § 4 Abs 1 S 1 BVGSaarEG lassen erkennen, daß der Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift nicht auch dann gegeben ist, wenn die Prüfung des Versorgungsanspruchs bei der Umstellung ergeben hat, daß keine schädigungsbedingte MdE von mindestens 25 vH vorliegt und damit keine Rentenberechtigung besteht (vgl BSG 1971-03-16 10 RV 252/69).
Normenkette
SGG § 103; BVGSaarEG Art. 1 § 4 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LSG für das Saarland (Entscheidung vom 24.07.1970) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 24. Juli 1970 aufgehoben, soweit der Beklagte zur Gewährung eines Ausgleichs verurteilt worden ist.
Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Kläger bezog nach saarländischem Recht aufgrund des Bescheides vom 16. August 1949 eine Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. wegen "Empfindliche Narben am Bauch nach Bauchschuß mit abgeheilter Darmverletzung". Anläßlich der Umstellung der Versorgung auf das Bundesversorgungsgesetz (BVG) - Gesetz zur Einführung des BVG im Saarland vom 16. August 1961, BGBl I S. 1292 - EG BVG-Saar - holte das Versorgungsamt (VersorgA) S ein fachinternistisches Gutachten von Dr. H und ein versorgungsärztliches Gutachten von Dr. St ein und erließ den Umanerkennungsbescheid vom 25. Oktober 1966. Darin wurde - unter Beibehaltung der früheren Leidensbezeichnung - die schädigungsbedingte MdE ab 1. Juni 1960 mit weniger als 25 v.H. bewertet und die Rente mit Ablauf des Monats November 1966 entzogen. Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes - LVersorgA - Saarland vom 27. Februar 1967). Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten durch Urteil vom 20. September 1967 verurteilt, dem Kläger über den 31. Mai 1960 hinaus Rente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hatte die Berufung des Beklagten durch Urteil vom 9. Februar 1968 zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat durch Urteil vom 18. Februar 1970 das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Es hat ausgeführt, nach Art. I § 2 Abs. 1 EG BVG-Saar sei nur die nach den Rechtsvorschriften des Saarlandes getroffene Entscheidung über die Frage des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einem schädigenden Ereignis im Sinne des § 1 BVG rechtsverbindlich. Die Versorgungsbehörde sei aber bei der Umstellung befugt gewesen, die Höhe der MdE für die anerkannten Schädigungsfolgen zu überprüfen und ggf. neu festzustellen. Das LSG werde noch zu prüfen haben, ob die von der Versorgungsbehörde neu festgesetzte MdE zutreffend sei.
Im erneuten Verfahren vor dem LSG hat der Kläger beantragt, "die Berufung zurückzuweisen bzw. das beklagte Land zu verurteilen, dem Kläger einen Ausgleich gemäß Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum BVG zu gewähren". Das LSG hat nunmehr durch Urteil vom 24. Juli 1970 das Urteil des SG vom 20. September 1967 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Oktober 1966 abgewiesen mit der Maßgabe, daß das beklagte Land dem Grunde nach verurteilt wird, dem Kläger mit Wirkung vom 1. Juni 1960 einen Ausgleich zu gewähren. Es hat ausgeführt, nach der fachärztlichen Begutachtung von Dr. H sei die auf Schädigungsfolgen zurückgehende MdE mit weniger als 25 v.H. zu bewerten; dem Kläger stehe daher eine Versorgungsrente über den 31. Mai 1960 hinaus nicht mehr zu. Dem Kläger sei aber der begehrte Ausgleich nach Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar zu gewähren. Der in dieser Vorschrift enthaltene Rechtsgedanke gehe dahin, dem Versorgungsempfänger als Minimum den Betrag zu garantieren, der ihm zustünde, wenn das Reichsversorgungsgesetz (RVG) weiterhin für ihn gelten würde. Sinn der streitigen Vorschrift könne nur sein, daß die Rechtsposition, die bei der Einführung des BVG bestanden habe, erhalten bleibe, und zwar ebenfalls so lange, bis eine Änderung in den Verhältnissen die Entziehung der Rente rechtfertige.
Das LSG hat die Revision mit näherer Begründung nicht zugelassen.
Dieses Urteil wurde dem Beklagten am 12. August 1970 zugestellt, der dagegen am 10. September 1970 Revision eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 12. November 1970 am 11. November 1970 begründet hat.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG insoweit aufzuheben, als das beklagte Land verurteilt wurde, dem Kläger mit Wirkung vom 1. Juni 1960 einen Ausgleich nach Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Einführung des BVG im Saarland vom 16. August 1961 zu gewähren.
In seiner Revisionsbegründung rügt der Beklagte eine Verletzung des § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und als wesentlichen Verfahrensmangel eine Verletzung der §§ 103 und 128 SGG. Er trägt dazu vor, die Nichtzulassung der Revision stelle eine offensichtlich gesetzwidrige und als Willkür zu bezeichnende Entscheidung dar; das BSG dürfe daher an die Nichtzulassung des Rechtsmittels nicht gebunden sein. Das LSG habe auch seiner Aufklärungspflicht nicht genügt und dadurch § 103 und § 128 SGG verletzt. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung habe das Berufungsgericht noch die Feststellung treffen müssen, ob dem Kläger bei Anwendung der Rechtsvorschriften des Saarlandes (§ 57 RVG) noch ein Anspruch auf Rente zugestanden hätte. Bereits im Widerspruchsbescheid habe das VersorgA darauf hingewiesen, daß eine Besserung des Versorgungsleidens seit der ersten Untersuchung des Klägers am 29. Juli 1947 eingetreten sei. Bei der Fachbegutachtung anläßlich der Umstellung habe Dr. H keine durch die Verletzungsfolgen bedingten Funktionsstörungen des Verdauungssystems und auch keine Herabsetzung des Allgemeinzustandes mehr feststellen können, so daß auch nach dem RVG eine MdE von unter 25 v.H. anzunehmen sei. In eine Prüfung dieser Frage sei das LSG überhaupt nicht eingetreten.
Der Kläger beantragt,
|
1. |
|
die Revision als unzulässig zu verwerfen; |
|
2. |
|
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. |
Er hält das Urteil des LSG für zutreffend und führt weiter aus, das BSG sei auch an eine - möglicherweise - fehlerhafte Nichtzulassung der Revision gebunden. Das angefochtene Urteil beruhe auch nicht auf der gerügten Verletzung des § 103 SGG. Da der Beklagte selbst den Rentenbezug des Klägers nach dem RVG nicht bestritten habe, habe das LSG in dieser Beziehung keine weitere Sachaufklärung vorzunehmen brauchen. Die gerügte Verletzung des § 103 SGG sei auch nicht hinreichend substantiiert; für die gerügte Verletzung des § 128 SGG fehle es überhaupt an jeder Begründung.
II
Die Revision ist von dem Beklagten frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG).
Das LSG hat die Revision nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassen. Für die vorliegende Entscheidung kann dahinstehen, ob die Zulassung der Revision nach § 162 Abs.1 Nr. 1 SGG (wegen grundsätzlicher Bedeutung oder Abweichung von einer Entscheidung des BSG) geboten gewesen wäre und ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, daß die Entscheidung des LSG über die Nichtzulassung der Revision "offensichtlich gesetzwidrig" und "als Willkür zu bezeichnen ist" und daß das BSG in Fällen dieser Art an die Nichtzulassung nicht gebunden sein darf. Ebenso kann dahinstehen, ob die Nichtzulassung der Revision als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt werden kann (vgl. BSG in SozR SGG § 162 Nr. 109, 112, 138, 149 und insbesondere Nr. 175 mit zahlreichen Hinweisen aus der Rechtsprechung des BSG). Die Statthaftigkeit der Revision ergibt sich nämlich aus § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift ist die Revision statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird und vorliegt (BSG 1, 150). Der Beklagte rügt in seiner Revisionsbegründung eine Verletzung der §§ 103 und 128 SGG. Werden mehrere wesentliche Mängel im Verfahren des LSG gerügt, so ist die Revision bereits statthaft, wenn einer der gerügten Verfahrensmängel durchgreift; es kommt dann nicht mehr darauf an, ob auch die anderen gerügten Verfahrensmängel vorliegen (BSG in SozR SGG § 162 Nr. 122).
Der Beklagte rügt zutreffend eine Verletzung des § 103 SGG, also eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG, die er darin erblickt, daß das LSG keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob in den Verhältnissen, die für die seinerzeitige Rentengewährung nach einer MdE um 30 v.H. maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Besserung eingetreten ist. Die Frage, ob das Verfahren des LSG an einem wesentlichen Mangel leidet, ist vom sachlich-rechtlichen Standpunkt des LSG aus zu beurteilen (ständige Rechtsprechung des BSG; vgl. SozR SGG § 162 Nr. 20). Für die Frage, ob das Gericht seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, nicht erfüllt und dadurch § 103 SGG verletzt hat, kommt es darauf an, ob der Sachverhalt, wie er dem LSG im Zeitpunkt der Urteilsfällung bekannt gewesen ist, von dessen sachlich-rechtlichem Standpunkt aus zur Entscheidung des Rechtsstreits ausreichte, oder ob er das LSG zu weiteren Ermittlungen hätte drängen müssen (BSG in SozR SGG § 103 Nr. 7 und 14). Das LSG hat hier zunächst festgestellt, daß die schädigungsbedingte MdE mit weniger als 25 v.H. zu bewerten ist. Diese Feststellung ist von den Beteiligten mit Verfahrensrügen nicht angegriffen; sie ist daher für das Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG). Das LSG hat daraus die Folgerung gezogen, daß dem Kläger eine Versorgungsrente über den 31. Mai 1960 hinaus nicht mehr zusteht. Dieser Teil der Entscheidung des LSG über den zunächst erhobenen Anspruch des Klägers auf Weitergewährung der Rente nach einer MdE um 30 v.H. ist von dem Kläger mit der Revision nicht angefochten; er ist daher rechtskräftig geworden. Alsdann hat das LSG das beklagte Land zur Gewährung eines Ausgleichs verurteilt und dazu ausgeführt, der in Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar enthaltene Rechtsgedanke gehe dahin, dem Versorgungsempfänger als Minimum den Betrag zu garantieren, der ihm zustünde, wenn das RVG weiterhin für ihn gelten würde. Sinn der streitigen Vorschrift könne nur sein, daß die Rechtsposition, die bei der Einführung des BVG bestand, erhalten bleibe, "und zwar ebenfalls so lange, bis eine Änderung in den Verhältnissen die Entziehung der Rente rechtfertigt". Das LSG hat also nicht etwa - wie der Kläger vorträgt - die Auffassung vertreten, daß die Gewährung eines Ausgleichs auf unbegrenzte Zeit lediglich an die Voraussetzung geknüpft ist, daß dem Versorgungsberechtigten bei Einführung des BVG im Saarland eine Versorgungsrente zustand, sondern die sachlich-rechtliche Auffassung des LSG geht eindeutig dahin, daß die Rechtsposition des Versorgungsberechtigten - mit dem Anspruch auf Gewährung eines Ausgleichs - nur so lange erhalten bleibt, bis eine Änderung in den Verhältnissen die Entziehung der Rente rechtfertigt. War aber nach Auffassung des LSG die Frage rechtserheblich, ob und zu welchem Zeitpunkt eine wesentliche Änderung eingetreten ist, die die Entziehung der Rente rechtfertigen würde, dann war das LSG verpflichtet, insoweit die notwendigen Feststellungen zu treffen.
Zu weiteren Ermittlungen in dieser Richtung mußte sich das LSG um so mehr gedrängt fühlen, als der Beklagte den Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1967 ausdrücklich auch damit begründet hat, daß "auch eine Besserung anzunehmen ist". Das LVersorgA hat dabei zum Ausdruck gebracht, daß im Zeitpunkt der Erstuntersuchung am 29. Juli 1967 ein reduziertes Körpergewicht bestand, daß seinerzeit schon mit einer Besserung gerechnet wurde und daß anläßlich der Fachbegutachtung in der Zeit vom 18. Juli bis 21. Juli 1966 keine durch die Verletzungsfolgen bedingte Funktionsbeeinträchtigung des Verdauungssystems und auch keine Herabsetzung des Allgemeinzustandes mehr festgestellt werden konnte, so daß ein Grad der MdE von mindestens 25 v.H. nach § 30 Abs. 1 BVG "nicht mehr" unterstellt werden kann. Soweit der Kläger in seiner Revisionserwiderung vorträgt, das LSG wäre an einer Prüfung, ob eine wesentliche Änderung eingetreten ist, schon deshalb gehindert gewesen, weil es bis zum Zeitpunkt seiner Entscheidung an einer entsprechenden Verwaltungsentscheidung gemangelt hat, trägt er dem Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 1962 und der darin enthaltenen zweiten Begründung für die Entziehung der Rente nicht Rechnung. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Rüge einer Verletzung des § 103 SGG auch hinreichend substantiiert im Sinne des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG.
Der Beklagte hat in seiner Revisionsbegründung deutlich zum Ausdruck gebracht, welche Tatsachen die Annahme einer Besserung nahelegen und welche medizinischen Gutachten dazu bereits vorliegen. Er hat weiter vorgetragen, daß sich das Gericht zu einer weiteren Sachaufklärung über die Frage der wesentlichen Änderung hätte gedrängt fühlen müssen, wenn es sich den vorliegenden Gutachten nicht anschließen wollte. Unter "Beweiserhebung" bzw. "weiterer Sachaufklärung" kann dabei, wie sich aus dem Hinweis auf das Gutachten des Dr. H und auf das Gutachten des Versorgungsarztes ergibt, nur die Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens gemeint sein. Welches "andere Ergebnis" der Beklagte gemeint hat, zu dem das LSG nach einer weiteren Sachaufklärung gelangt wäre, ist im Zusammenhang mit den übrigen Ausführungen des Beklagten so eindeutig, daß sich weitere konkrete Hinweise des Beklagten erübrigten.
Das LSG hat daher seine Pflicht zur Sachaufklärung verletzt, wenn es keine Ermittlungen darüber angestellt und keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob in den Verhältnissen, die für die seinerzeitige Rentengewährung maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, obwohl diese Frage nach der materiell-rechtlichen Auffassung des LSG für die Weitergewährung des Ausgleichs rechtserheblich war. Darin liegt ein wesentlicher Mangel im Verfahren des LSG, den der Beklagte zutreffend gerügt hat. Die Revision ist daher nach § 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG statthaft.
Die Revision erweist sich auch als begründet. Der Senat konnte in der Sache selbst entscheiden (§ 170 Abs. 2 Satz 1 SGG), da die vom LSG getroffenen Feststellungen zu einer Sachentscheidung ausreichen.
Für diese Entscheidung kommt es, da die Revision statthaft ist, nicht mehr auf die materiell-rechtliche Auffassung des Berufungsgerichts an; vielmehr ist dessen Auffassung in vollem Umfang materiell-rechtlich nachzuprüfen (vgl. BSG in SozR SGG § 162 Nr. 61).
Streitig ist lediglich noch, wie bereits dargelegt, ob dem Kläger nach dem Wegfall seiner Rentenberechtigung aus Anlaß der Umstellung seines Versorgungsanspruchs auf das BVG ein Anspruch auf einen Ausgleich gemäß Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar zusteht. Der Kläger hat diesen Anspruch erstmalig im - erneuten - Berufungsverfahren geltend gemacht, und zwar hilfsweise für den Fall, daß seinem Hauptantrag auf Zurückweisung der Berufung des Beklagten nicht stattgegeben wird. Gleichwohl sind das Berufungsgericht und das Revisionsgericht nicht gehindert gewesen, über diesen Anspruch sachlich zu entscheiden. Dabei kann dahinstehen, ob diese - hilfsweise gestellte - Erweiterung des ursprünglichen Klageantrages überhaupt als Änderung der Klage anzusehen ist (vgl. § 99 Abs. 3 iVm § 153 SGG), denn jedenfalls ist eine etwa vorliegende Klagänderung - die auch noch im Berufungsverfahren zulässig ist (vgl. BSG 8, 113) - von dem LSG zu Recht für sachdienlich gehalten worden (§ 99 Abs. 1 SGG), ganz abgesehen davon, daß der Beklagte dazu seine Einwilligung gegeben hat (vgl. Urteil BSG vom 25. Mai 1971 - 10 RV 210/69 -).
Der erkennende Senat hat zu der Frage der Gewährung eines Ausgleichs nach Wegfall der Rentenberechtigung bereits in seinen Entscheidungen vom 16. März 1971 (10 RV 252/69) und vom 25. Mai 1971 (10 RV 210/69), die ähnlich gelagerte Fälle betrafen, mit ausführlicher Begründung Stellung genommen und diese Frage verneint. Zu einer Aufgabe dieser Rechtsprechung besteht um so weniger Veranlassung, als die übrigen Kriegsopfersenate des BSG die gleiche Rechtsauffassung vertreten haben (vgl. Urteile des 8. Senats vom 23. Juli 1970 und 2. Februar 1971 - 8 RV 1/69 und 8 RV 47/70 -; Urteil des 9. Senats vom 25. März 1971 - 9 RV 130/69 -).
Nach Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar wird ein Ausgleich in Höhe des jeweiligen Unterschiedsbetrages gewährt, wenn der Gesamtbetrag der nach dem BVG zu zahlenden Versorgungsbezüge - ohne die Leistungen der Kriegsopferfürsorge - niedriger ist als der Gesamtbetrag, der bei Anwendung der Rechtsvorschriften des Saarlandes zu zahlen wäre. Dieser Wortlaut und der Sinnzusammenhang lassen erkennen, daß ein Ausgleichsanspruch nach dieser Vorschrift dann nicht gegeben ist, wenn die Prüfung des Versorgungsanspruchs bei der Umstellung ergeben hat, daß keine schädigungsbedingte MdE von mindestens 25 v.H. vorliegt und damit keine Rentenberechtigung nach dem BVG besteht. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß "trotz wesentlicher Erhöhung der Versorgungsleistungen des BVG durch das Erste Neuordnungsgesetz zum BVG vom 27. Juni 1960 - 1. NOG - die Leistungen nach dem saarländischen Recht zum Teil immer noch höher gelegen haben als nach dem BVG" (vgl. auch Wilke, Einführung des BVG im Saarland, KOV 1961, 171, 173). Sie wahrt den Besitzstand für "bessere Saarleistungen". Saarländische Kriegsopfer sollen bei der Einführung des BVG nicht dadurch benachteiligt werden, daß sie nunmehr Leistungen nach dem BVG erhalten, die teilweise noch nicht das bisherige Niveau der Saarlandversorgung erreicht haben. Daraus ergibt sich, daß die Voraussetzungen des Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar dann nicht erfüllt sind, wenn ein "Niveauausgleich" zwischen den Leistungen nach dem BVG und den Leistungen nach früherem saarländischen Recht nicht in Betracht kommt, weil den Leistungen, "die nach dem saarländischen Recht zu gewähren wären", keine Leistungen nach dem BVG - zum Vergleich ihres unterschiedlichen Niveaus - gegenübergestellt werden können (vgl. Urteile BSG, aaO).
Auch aus dem Wortlaut der Vorschrift, insbesondere der Verwendung des Begriffs "Gesamtbetrag der nach dem BVG zu zahlenden Versorgungsbezüge" ist zu folgern, daß für die Gewährung des Ausgleichs eine Leistungsberechtigung nach dem BVG vorausgesetzt wird. Hierfür spricht auch die Vorschrift des Art. I § 4 Abs. 1 Satz 2 EG BVG-Saar. Sie schließt einen Fall, in dem keine Bezüge nach dem BVG zu gewähren sind, ausdrücklich in die Ausgleichsregelung ein, nämlich den Fall, daß infolge Anrechnung von Einkommen keine Versorgungsbezüge nach dem BVG zustehen. Dieser Vorschrift hätte es nicht bedurft, wenn es auch sonst nicht darauf ankäme, daß Bezüge nach dem BVG zu gewähren sind (vgl. Urteile des BSG vom 23. Juli 1970 in SozR BVG § 62 Nr. 41; vom 8. Dezember 1970 - 8 RV 677/69 - und insbesondere vom 2. Februar 1971, aaO).
Die Richtigkeit der Auffassung, daß in Fällen der vorliegenden Art ein Ausgleichsanspruch nicht begründet ist, weil keine Bezüge nach dem BVG zustehen, wird nach Ansicht des Senats auch noch von folgenden Erwägungen getragen: Das EG BVG-Saar hat sich nicht für die Erhaltung des Besitzstandes in dem Sinne ausgesprochen, daß ein früher nach saarländischem Recht festgestellter Anspruch auf Versorgung ohne Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen auch für den Geltungsbereich des BVG Bestand hat. Es ermächtigt vielmehr die Versorgungsbehörde, bei der Umstellung des Versorgungsanspruchs auf das BVG eine neue Prüfung des dem Versorgungsanspruch zugrunde liegenden Sachverhalts vorzunehmen, bei der, wie sich aus Art. I § 2 Satz 1 EG BVG-Saar ergibt, nur die frühere Entscheidung über den ursächlichen Zusammenhang einer Gesundheitsstörung mit einer Schädigung im Sinne des BVG als "rechtsverbindlich" zugrunde zu legen ist, im übrigen aber die Versorgungsbehörde nicht gebunden ist, insbesondere nicht an den früher festgestellten Grad der MdE (vgl. BSG 25, 153; Urteile des erkennenden Senats vom 9. Juli 1968 - 10 RV 753/67 -; vom 24. Oktober 1968 - 10 RV 588/67 -; vom 18. Februar 1970 - 10 RV 183/68 -). Im vorliegenden Fall ist bei der erneuten Prüfung festgestellt worden, daß der Grad der MdE wegen der Schädigungsfolgen unter 25 v.H. liegt, d.h. es ist ein Sachverhalt festgestellt worden, der die Gewährung einer Rente werden nach dem BVG gerechtfertigt hat, noch nach den Vorschriften des saarländischen Rechts gerechtfertigt hätte, wenn die Versorgungsbezüge nach diesem Recht festzustellen gewesen wären. Der Ausgleich, der hier begehrt wird, ist also gar nicht auf die "Erhaltung des höheren Niveaus" der bisherigen Saarleistungen gerichtet. Auf dem Umweg über den Ausgleich gemäß Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar kann aber nicht die eindeutige gesetzliche Regelung des Art. I § 2 Satz 1 EG BVG-Saar wieder aufgehoben werden, wonach eine Bindungswirkung hinsichtlich des MdE-Grades bei der Umstellung gerade nicht besteht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 16. März 1971, aaO).
Hätte der Gesetzgeber auch für Fälle der vorliegenden Art einen Ausgleich gewähren wollen, so hätte er dies in der allgemeinen Vorschrift über die Gewährung von Ausgleichszahlungen des Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar zum Ausdruck bringen, d.h. einen entsprechenden Satz oder Halbsatz anfügen müssen, der etwa hätte lauten können: "Sind nach dem BVG keine Versorgungsbezüge mehr zu zahlen, so sind die bei Anwendung der Rechtsvorschriften des Saarlandes zustehenden Bezüge so lange weiterzugewähren, bis Verhältnisse eintreten, bei deren Vorliegen die Versorgung nach den Rechtsvorschriften des Saarlandes ebenfalls entzogen worden wäre" (vgl. Urteil BSG vom 25. März 1971 - 9 RV 130/69). Eine nahezu gleichlautende Vorschrift hat der Gesetzgeber in Art. I § 5 Abs. 2 EG BVG-Saar getroffen, jedoch ausdrücklich nur für die Fälle, in denen das BVG für einen Personenkreis, dem nach den bisherigen Rechtsvorschriften des Saarlandes Versorgung als Rechtsanspruch oder als Kannleistung gewährt worden ist oder auf Antrag zugestanden hätte, keine Versorgung vorsieht (§ 5 Abs. 1 EG BVG-Saar). Hieraus ist zu folgern, daß es nicht auf einem Versehen des Gesetzgebers beruht, wenn nicht für alle Fälle, in denen nach dem BVG keine Leistungen mehr zustehen - und damit auch für Fälle der vorliegenden Art -, ein Ausgleich nach § 4 vorgesehen ist, sondern daß die nicht ausdrücklich geregelten Fälle bewußt von der Ausgleichsregelung ausgeschlossen sein sollten (vgl. Urteile des erkennenden Senats vom 16. März 1971 und 25. Mai 1971, aaO).
Bei dieser Rechtslage kommt es - entgegen der Auffassung des LSG - nicht darauf an, ob in den Verhältnissen, die für die seinerzeitige Rentengewährung nach einer MdE um 30 v.H. maßgebend gewesen sind, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Eine weitere Sachaufklärung und Tatsachenfeststellung ist insoweit nicht erforderlich. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen, die das LSG zur Höhe der schädigungsbedingten MdE getroffen hat, steht dem Kläger ein Ausgleich gemäß Art. I § 4 Abs. 1 Satz 1 EG BVG-Saar nicht zu. Auf die Revision des Beklagten war das Urteil des LSG aufzuheben, soweit der Beklagte zur Gewährung eines Ausgleichs verurteilt worden ist, und die Klage auch insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Fundstellen