Orientierungssatz
Die Grenzen des Rechts zur freien Beweiswürdigung sind zwar nicht schon dann überschritten, wenn das Gericht aus wohlerwogenen Gründen einem bestimmten Gutachten folgt. Solche wohlerwogenen Gründe liegen aber dann nicht vor, wenn das Gericht wußte oder erkennen mußte, daß das Gutachten (eines Terminsarztes) auf Grund unzulänglicher Vorbereitung und ohne umfassende Berücksichtigung aller für eine abschließende Beurteilung wesentlichen Umstände zustande gekommen ist.
Normenkette
SGG § 103 Fassung: 1953-09-03, § 128 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 22. August 1963 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.
Gründe
Der Ehemann und Vater der Kläger, - im folgenden mit R. bezeichnet -, hatte für einen abklingenden Mangelschaden sowie für verschiedene Narben Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. erhalten. Diese war mit Bescheid vom 22. Oktober 1956 entzogen worden, weil der Mangelschaden ausgeheilt und durch die Narben nicht eine MdE um mindestens 25 v.H. verursacht sei. Gleichzeitig hatte das Versorgungsamt (VersorgA) entschieden, daß eine vegetativ-nervöse Übererregbarkeit und eine Schlagaderverhärtung nicht auf Schädigungen durch den Wehrdienst oder die Gefangenschaft zurückzuführen seien. Der Widerspruch hatte keinen Erfolg; von der Erhebung einer Klage war ausdrücklich Abstand genommen worden.
Am 17. Juli 1959 erlitt R. einen Herzinfarkt und am 25. Februar 1960 trat dann ein "Sekundenherztod" ein. Der Antrag der Kläger auf Hinterbliebenenrente vom 27. September 1960 wurde abgelehnt, weil R. den Folgen eines Herzinfarkts erlegen sei, der jedoch nicht auf schädigende Einwirkungen der Kriegsgefangenschaft zurückgeführt werden könne. Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 4. November 1961 zurückgewiesen. Ihre Klage stützten die Kläger auf ein früheres Gutachten des Arztes Dr. R und Bekundungen des Arztes Dr. T. die R. früher behandelt hatten. Das Sozialgericht (SG) holte Berichte ein von den Ärzten, die R. behandelt hatten, vernahm auch den behandelnden Arzt Dr. T als sachverständigen Zeugen und hörte den Ob.-Reg.Med.-Rat a.D. Dr. von B als Sachverständigen. Es hat darauf mit Urteil vom 4. Juli 1962 die Klage abgewiesen, weil der Tod nicht auf ein Leiden zurückzuführen sei, das mit dem Wehrdienst in Zusammenhang gebracht werden könne. Im Berufungsverfahren hat das Landessozialgericht (LSG) den Befundbericht des Oberarztes Dr. W vom F. Hannover und ein Aktengutachten des Oberarztes Dr. R vom Allgemeinen Krankenhaus Celle eingeholt. In dem Befundbericht ist lediglich angegeben, R. habe sich vom 27. Juni bis 4. Juli 1959 wegen eines Uretersteines in stationärer Behandlung befunden und außer einem mäßigen inneren Hämorrhoidalknoten hätten sich keine krankhaften Veränderungen an Magen oder Darm ergeben. Dr. R hat in seinem Gutachten vom 20. April 1963 ausgeführt, der Tod von R. sei wahrscheinlich durch seinen zweiten Herzinfarkt eingetreten. Nach den Angaben des Dr. T habe R. seit Winter 1954 hauptsächlich an Angina-pectoris-Anfällen, einem Leitsymptom der Coronarsklerose, gelitten, und Dr. R habe eine Coronarsklerose festgestellt. Dieses Leiden sei aber nicht auf den Wehrdienst oder die Kriegsgefangenschaft zurückzuführen. Der Tod hänge auch nicht mit den vorhergehenden Blutungen zusammen. Das LSG hat schließlich noch in der letzten mündlichen Verhandlung den Facharzt für innere Krankheiten Dr. K vom Städtischen Krankenhaus Celle als Sachverständigen gehört. Ausweislich der Sitzungsniederschrift ist es zur Anhörung dieses Sachverständigen auf folgende Weise gekommen. Nach Schluß der mündlichen Verhandlung und geheimer Beratung des Gerichts "verkündete der Vorsitzende, daß ein Sachverständiger gehört werden solle". Bei Erscheinen des Dr. K um 12,50 Uhr wurde dann erneut in die mündliche Verhandlung eingetreten und der Beschluß verkündet, diesen Arzt als Sachverständigen darüber zu hören, ob die bei R. festgestellte Erkrankung der Herzkranzgefäße durch militärische Dienstverrichtungen oder die Verhältnisse der Gefangenschaft hervorgerufen oder verschlimmert worden ist. Danach wurde die mündliche Verhandlung von 12,55 Uhr bis 13,26 Uhr unterbrochen. Sodann gab Dr. K das in der Anlage zur Sitzungsniederschrift niedergeschriebene Gutachten ab und wurde um 13,55 Uhr wieder entlassen. Anschließend wurde die mündliche Verhandlung um 13,56 Uhr (die in der Niederschrift angegebene Zeit von 12,56 Uhr beruht offenbar auf einem Schreibfehler) wieder geschlossen. In seinem Gutachten hat Dr. K ausgeführt, daß weder die versorgungsärztliche Untersuchung vom 5. Dezember 1953 noch die Untersuchung im Versorgungskrankenhaus Bad Pyrmont am 8. März 1954 Symptome für eine coronarbedingte Myocardschädigung oder für eine Coronarsklerose ergeben hätten. Erst bei der versorgungsärztlichen Untersuchung am 31. August 1956 sei ein leichter Herzmuskelschaden mit coronarer Schädigung festgestellt worden. Von Juli bis September 1959 sei R. im F. Hannover wegen eines Herzinfarkts behandelt worden; er sei dann offensichtlich infolge eines zweiten Herzinfarkts am 25. Februar 1960 gestorben. Nach heute herrschender Lehrmeinung stehe sein Tod nicht im Zusammenhang mit dem Wehrdienst oder mit den Strapazen der acht Jahre dauernden russischen Kriegsgefangenschaft, da die Coronarsklerose auf einer anlagebedingten Veränderung der Herzkranzgefäße beruhe und die ersten Anzeichen dieser Erkrankung erst im August 1956 hätten festgestellt werden können. Aus diesen Gründen sei bei R. auch der Verurteilung zum Tode und den damit verbundenen seelischen Belastungen kein Einfluß auf Entstehung oder Verschlimmerung der zum Herzinfarkt führenden Coronarsklerose beizumessen. Das LSG hat sodann die Berufung der Kläger mit Urteil vom 22. August 1963 als unbegründet zurückgewiesen. Es hat festgestellt, daß R. an einem zweiten Herzinfarkt gestorben, entgegen der Auffassung des Dr. T aber die dem Infarkt zugrunde liegende Coronarsklerose nicht durch Einwirkungen des Wehrdienstes oder der Kriegsgefangenschaft wesentlich beeinflußt worden sei. Das LSG hat dies aus dem schicksals- und anlagebedingten Charakter der Coronarsklerose, vor allem aber daraus gefolgert, daß nach der "zutreffenden Begutachtung" durch Dr. K erst bei der Untersuchung durch Dr. R am 31. August 1956 ein leichter Herzmuskelschaden bei Schädigung der Herzkranzgefäße habe festgestellt werden können. Bei früheren Untersuchungen im Dezember 1953 und während der Badekur in Bad Pyrmont von März bis April 1954 habe klinisch, röntgenologisch und elektrokardiographisch eine Coronarsklerose und ein Herzmuskelschaden ausgeschlossen werden können. Der unter diesen Umständen erst fast drei Jahre nach der Entlassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft festgestellte Schaden an den Herzkranzgefäßen und am Herzmuskel könne daher nicht auf die schweren körperlichen und seelischen Strapazen von R. in der Gefangenschaft zurückgeführt werden, und zwar nach der "überzeugenden Beurteilung" des Dr. K weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung.
Das LSG hat die Revision nicht zugelassen.
Gegen dieses am 3. Oktober 1963 zugestellte Urteil haben die Kläger am 1. November 1963 form- und fristgerecht Revision eingelegt mit dem Antrag,
das angefochtene Urteil sowie die Bescheide des Beklagten vom 17. Mai und vom 4. November 1960 aufzuheben und den Beklagten zur Zahlung der Witwen- und Waisenrente vom 1. September 1960 an zu verurteilen;
hilfsweise, den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen zurückzuverweisen.
In der Revisionsbegründung vom 31. Dezember 1963, die am 2. Januar 1964 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen ist, rügen die Kläger Verstöße gegen die §§ 103, 109 und 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Sie halten die Beurteilung des Dr. K in der Verhandlung vom 22. August 1963 nicht für "verfahrensgemäß", weil dieser Arzt erst während der Verhandlung telefonisch herbeigerufen worden sei und in der knappen Zeit von etwa 20 Minuten sich mit dem Inhalt der umfangreichen Akten und der zahlreichen ärztlichen Unterlagen nicht hinreichend habe vertraut machen können. Infolgedessen könne nicht von einer "zutreffenden Begutachtung" oder einer "überzeugenden Beurteilung" des Dr. K gesprochen werden, zumal dessen Ansicht, ein Herzmuskelschaden sei erstmals im August 1956 festgestellt worden, nicht die Angabe des Hausarztes Dr. T berücksichtigte, daß R. bereits seit Winter 1954 hauptsächlich an Angina-pectoris-Anfällen gelitten habe, die ein Leitsymptom der Coronarsklerose seien. Das LSG sei daher nicht zu der Feststellung berechtigt gewesen, daß erst fast drei Jahre nach der Entlassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft eine Schädigung der Herzkranzgefäße eingetreten sei. Da die Entlassung Anfang Oktober 1953 stattgefunden habe, hätten die ersten - 1954 beobachteten - Herzschädigungen sich schon ein Jahr nach der Entlassung gezeigt. Bei der Beurteilung der pectanginösen Anfälle hätte - gegebenenfalls nach Einholung eines besonderen Gutachtens - auch berücksichtigt werden müssen, daß R. nach seinen Angaben zum Tode verurteilt, erst wesentlich später begnadigt worden und bei seiner Sensibilität auf Grund dieser Ereignisse einem besonderen seelischen Druck ausgesetzt gewesen sei, der auch die Verengung der Herzkranzgefäße beeinflußt habe. Unter solchen Umständen hätte das LSG seine Entscheidung jedenfalls nicht auf die Beurteilung des Dr. K stützen dürfen. Es hätte auch den Lagerarzt Dr. Z, ferner Dr. B als Psychiater und dann noch einen weiteren Herzspezialisten oder einen mit Schädigungen durch langjährige Gefangenschaft besonders vertrauten Arzt hören müssen. Schließlich hätte es zur Klärung der Zusammenhangsfrage auch den dem Tod von R. vorausgehenden Blutungen und deren Ursachen nachgehen müssen, wozu insbesondere der Lagerarzt Dr. Z als Zeuge hätte vernommen werden müssen. Endlich habe das LSG § 109 SGG verletzt, weil es dem Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Gutachtens von dem dafür vorgeschlagenen Dr. B nicht entsprochen habe. Im übrigen wird zur Darstellung des Vorbringens der Kläger auf deren Schriftsätze vom 21. Dezember 1963, 31. März und 12. November 1964 Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision als unzulässig zu verwerfen;
hilfsweise sie als unbegründet zurückzuweisen.
Er hält die Verfahrensrügen der Kläger nicht für zutreffend und das angefochtene Urteil für richtig.
Auf seinen Schriftsatz vom 12. Februar 1964 wird ebenfalls Bezug genommen.
Die Kläger haben die Revision form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 164, 166 SGG). Da die Revision nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG zugelassen wurde, ist sie nur statthaft, wenn ein wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird und vorliegt (§ 162 Abs. 1 Nr. 2 SGG; BSG 1, 150) oder wenn bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs des Todes mit einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) das Gesetz verletzt ist (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG).
Die Kläger rügen ausdrücklich nur Verfahrensmängel durch Verletzung der §§ 103, 109 und 128 SGG. Für die Statthaftigkeit der Revision genügt es, wenn eine dieser Rügen durchgreift; auf weitere Rügen, die ebenfalls zur Statthaftigkeit der Revision führen könnten, braucht dann nicht mehr eingegangen zu werden (vgl. BSG in SozR SGG § 162 Nr. 122).
Die Kläger bemängeln vor allem, daß der erst zum Termin der letzten mündlichen Verhandlung zugezogene ärztliche Sachverständige Dr. K in der ihm zur Verfügung stehenden Zeit von etwa 20 Minuten nicht in der Lage gewesen sei, die umfangreichen Akten und die zahlreichen ärztlichen Unterlagen in der für eine abschließende Beurteilung erforderlichen Weise zu studieren und ein Gutachten abzugeben, das eine ausreichende Grundlage für die Urteilsbildung des LSG geboten hätte. Mit diesem Vorbringen rügen sie eine Verletzung des § 128 SGG. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; in seinem Urteil hat es die Gründe anzugeben, die für seine Entscheidung leitend gewesen sind. Eine Verletzung dieser Vorschrift liegt dann vor, wenn das Gericht die Grenzen seines Rechts auf freie richterliche Beweiswürdigung überschritten, insbesondere gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat (BSG 2, 236). Die Grenzen des Rechts zur freien Beweiswürdigung sind zwar nicht schon dann überschritten, wenn das Gericht aus wohlerwogenen Gründen einem bestimmten Gutachten folgt. Solche wohlerwogenen Gründe liegen aber dann nicht vor, wenn das Gericht wußte oder erkennen mußte, daß das Gutachten auf Grund unzulänglicher Vorbereitung und ohne umfassende Berücksichtigung aller für eine abschließende Beurteilung wesentlichen Umstände zustande gekommen ist. Bereits in dem Urteil des 11. Senats vom 21. Januar 1959 (SozR SGG § 128 Nr. 42) ist entschieden, daß in der Regel das Gutachten eines Terminsarztes, das auf die während einer Gerichtsverhandlung unterbreiteten Unterlagen gestützt ist und deshalb auch nur auf den in einem solchen Falle sachlich, zeitlich und örtlich möglichen Untersuchungsmethoden beruht, kein überzeugendes Bild von den Gesundheitsstörungen und ihren Ursachen vermitteln kann. Auf solch ein Gutachten aber hat das LSG im vorliegenden Fall seine Feststellung gestützt, daß die Aufregungen und die Strapazen der russischen Kriegsgefangenschaft nicht die Coronarsklerose wesentlich beeinflußt haben. Es durfte für diese ausschlaggebende Feststellung nicht das Gutachten des Terminsarztes Dr. K als ausreichend ansehen. Der mit dem Rechtsstreit bisher nicht befaßte ärztliche Sachverständige Dr. K ist nach der Niederschrift über die Sitzung des LSG vom 22. August 1963 erst während der Verhandlung an diesem Tage herbeigerufen worden und hat nach den Angaben über die Unterbrechung der Sitzung zur Vorbereitung seines Gutachtens im höchsten Falle nur die Zeit von 12,55 Uhr bis 13,26 Uhr, im ganzen also 31 Minuten zur Verfügung gehabt. Wie der Verlauf der mündlichen Verhandlung und die in dieser Verhandlung noch verkündeten Beschlüsse zeigen, hat das LSG das bisherige medizinische Beweisergebnis nicht für ausreichend gehalten, um sich daraus endgültig ein Urteil über die in zahlreichen ärztlichen Unterlagen geäußerten Ansichten zu bilden, denn andernfalls wäre die Anhörung eines weiteren Sachverständigen nicht nötig geworden. Wenn aber eine abschließende Begutachtung durch Dr. K erfolgen sollte, dann erforderte diese einer ausreichenden Vorbereitung wie das Studium der umfangreichen Akten und der darin befindlichen zahlreichen ärztlichen Bescheinigungen, Berichte und Äußerungen. Hierzu und zur Bildung seiner Ansicht über die ihm gestellte Beweisfrage haben dem Dr. K also nur 31 Minuten zur Verfügung gestanden. Selbst wenn Dr. K sich auf die Durchsicht der in den Akten befindlichen ärztlichen Bescheinigungen, Berichte und Stellungnahmen beschränkt haben sollte, mußte seine Vorbereitung zur Beurteilung der Beweisfrage unzulänglich bleiben, weil er die zahlreichen ärztlichen Unterlagen - insgesamt mehr als 20 - mit so unterschiedlichen Angaben und Ansichten über Verlauf und Ursachen des zum Tode von R. führenden Herzleidens in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit kaum lesen, geschweige einer kritischen Würdigung unterziehen konnte. Es kommt nicht darauf an, ob das Gutachten des Dr. K im Ergebnis zutreffend ist oder nicht; der Mangel der Beweiswürdigung liegt darin, daß das LSG in Kenntnis der völligen Unzulänglichkeit des Zustandekommens des Gutachtens diesem ausschlaggebende Bedeutung beigemessen und die Fehlerquellen in Kauf genommen hat, die diesem Gutachten anhaften und bei Einräumung genügender Zeit zur Vorbereitung des Gutachtens leicht zu vermeiden gewesen wären. Gerade weil das Gutachten mangels anderer Untersuchungsmethoden nur "an Unterlagen über frühere eingehende Untersuchungen (Gutachten, Röntgenbilder, Krankenpapiere) anknüpfen" (so BSG aaO) konnte, durfte das LSG die entscheidende Beweisfrage nicht nach dem Gutachten des im Termin gehörten Dr. K beantworten. Hinzu kommt, daß Dr. K bei der Beurteilung der Frage, ob Symptome der Coronarsklerose 1954 oder 1956 aufgetreten sind, nicht alle in dieser Hinsicht bedeutsamen Tatsachen und Beweismittel berücksichtigt und sich insbesondere nicht mit der Angabe des Dr. T auseinandergesetzt hat, daß bereits im Jahre 1954, ein Jahr nach der im Jahre 1953 erfolgten Entlassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft, die für eine solche Erkrankung typischen pectanginösen Anfälle bestanden haben. Das LSG durfte unter diesen Umständen die Feststellung, daß die Schädigungen der Herzkranzgefäße und des Herzmuskels erst fast drei Jahre nach der Entlassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft bemerkt worden seien und Aufregungen sowie schwere körperliche Strapazen der Gefangenschaft die Coronarsklerose wahrscheinlich nicht wesentlich beeinflußt hätten, jedenfalls nicht auf das Gutachten des Dr. K stützen. Auch insoweit hat es die Grenzen seines Rechts auf freie richterliche Beweiswürdigung überschritten.
Die nicht zugelassene Revision ist somit schon wegen der zutreffend gerügten Verletzung des § 128 SGG statthaft, so daß auf die weiteren Verfahrensrügen nicht mehr eingegangen zu werden braucht. Sie ist auch begründet, weil das angefochtene Urteil auf dieser Verletzung beruht; denn es ist nicht auszuschließen, daß das LSG anders entschieden hätte, wenn es die Unzulänglichkeit des im Termin erstatteten Gutachtens beachtet und nunmehr auf Grund einer sachgerechten Würdigung der anderen Gutachten oder gar auf Grund eines neuen Gutachtens die Feststellung darüber getroffen hätte, ob die Herzkranzgefäßerkrankung des R. durch den militärischen Dienst oder die Kriegsgefangenschaft entstanden oder verschlimmert worden ist.
Da hierzu verfahrensrechtlich einwandfreie Feststellungen nicht vorliegen, konnte der Senat in der Sache selbst nicht entscheiden. Das angefochtene Urteil mußte daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LSG zurückverwiesen werden.
Fundstellen