Leitsatz (amtlich)

1. Im Recht der Landabgaberente gilt uneingeschränkt GAL 1965 § 2 Abs 4, wonach die Unternehmensabgabe an die Ehefrau keine wirksame Abgabe ist. Das gilt auch, wenn die Eheleute in Gütertrennung leben.

2. Eine Ausnahme von GAL § 2 Abs 4 ist ferner nicht anzuerkennen, wenn der Ehemann (Unternehmer) an die Ehefrau Land zurückgibt, das er von ihr gepachtet hatte. In diesem Falle ist ihm jedoch die Weitergabe des Landes durch die Ehefrau an Dritte als Abgabe zuzurechnen, wenn die Weitergabe den Anforderungen des GAL an eine wirksame Abgabe entspricht.

 

Normenkette

GAL § 2 Abs. 4 Fassung: 1969-07-29, § 41 Abs. 2 Fassung: 1969-07-29

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 25. Mai 1972 aufgehoben; die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lüneburg vom 24. Januar 1972 wird insoweit zurückgewiesen, als das Urteil die Zeit bis 30. September 1972 betrifft; im übrigen wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger erhält von der Beklagten seit Januar 1970 vorzeitiges Altersgeld wegen Erwerbsunfähigkeit; er begehrt Landabgaberente. Er bewirtschaftete von 1938 bis Ende 1969 ein landwirtschaftliches Unternehmen von etwa 14,5 ha, darunter eine Fläche von 1,0143 ha, die 25 % der nach § 1 Abs. 4 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) maßgebenden Mindestgröße überschreitet. Diese Fläche hatte er von seiner Ehefrau gepachtet, mit der er in Gütertrennung lebt. Die Ehefrau hat die ihr zurückgegebene Fläche ab Oktober 1969 an den Landwirt S für 12 Jahre weiterverpachtet, ohne ihm ein Vorkaufsrecht einzuräumen, und sie später an die Landwirtschaftliche Bezugs- und Absatzgenossenschaft Uetze verkauft, die das Pachtverhältnis mit S fortgesetzt hat.

Die Beklagte hat den Antrag auf Landabgaberente abgelehnt (Bescheid vom 5. Oktober 1971), weil die Rückgabe (Abgabe) an die Ehefrau keine wirksame Abgabe im Sinne des § 41 Abs. 2 GAL sei. Aber selbst bei unmittelbarer Abgabe an Surburg liege mangels Einräumung eines Vorkaufsrechts keine strukturverbessernde Abgabe vor; das gelte auch für den späteren Verkauf an die Genossenschaft, weil diese nicht die in § 42 Abs. 1 GAL genannten Voraussetzungen erfülle.

Die Klage ist vom Sozialgericht (SG) abgewiesen worden. Das Landessozialgericht (LSG) hat ihr dagegen stattgegeben und die Beklagte zur Gewährung von Landabgaberente ab 1. Juni 1971 verurteilt. Nach Auffassung des LSG sind alle Voraussetzungen des § 41 GAL für eine Landabgaberente erfüllt, auch die allein streitige des § 41 Abs. 1 Buchst. c, daß der Antragsteller das landwirtschaftliche Unternehmen zum Zwecke der Strukturverbesserung abgegeben hat. Das ergebe sich zwar nicht aus wörtlicher Auslegung des § 42 Abs. 2 GAL, nach dessen Text die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. c als erfüllt gilt, wenn die Abgabe durch den Pächter an den Eigentümer erfolgt; § 41 Abs. 2 Satz 1 verweise nämlich auf die für die Altershilfe geltenden Abgabevorschriften des § 2 GAL, darunter auf die Vorschrift des § 2 Abs. 4, die eine Abgabe an die Ehefrau nicht als wirksam anerkenne; doch seien diese Vorschriften nur entsprechend anzuwenden. Insoweit sei zu berücksichtigen, daß im Landabgaberecht anders als im Recht der Altershilfe die Übergabe an Nachfolger kaum noch vorkomme, die Abgabe vielmehr fast immer durch einen sonstigen Verlust der Unternehmereigenschaft begründet werde. Zudem könne hier von einer teilweisen Abgabe im Sinne des § 2 Abs. 7 GAL um so weniger die Rede sein, als die Ehefrau das Land in einem einheitlichen Vorgang zurückgenommen und sofort wieder an einen Fremden verpachtet habe. Bei gepachtetem Land sei die Rückgabe an den Eigentümer oder Verpächter wohl die einzig in Betracht kommende Abgabeform; dabei fehle dem Abgebenden jede rechtliche Möglichkeit, die weitere Verwendung zu bestimmen. Das gelte auch unter Ehegatten jedenfalls dann, wenn sie in Gütertrennung leben. Da sich der Kläger und seine Ehefrau güterrechtlich wie fremde Personen gegenübergestanden hätten, sei hier § 2 Abs. 4 GAL auf die Rückgabe der Pachtfläche an die Ehefrau nicht anwendbar.

Mit der zugelassenen Revision beantragt die Beklagte,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des LSG die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts zurückzuweisen.

Sie rügt unrichtige Anwendung des § 41 GAL. Das LSG habe zu Unrecht § 2 Abs. 4 GAL nicht angewandt.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist für die Zeit bis 30. September 1972 begründet.

Insoweit beurteilt sich der Anspruch auf Landabgaberente nach den §§ 41, 42 des GAL idFen des 4. Änderungs- und Ergänzungsgesetzes vom 29. Juli 1969 (GAL 1969) und des Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes vom 21. Dezember 1970 (GAL 1971). Danach muß - entgegen der Auffassung des LSG - der Anspruch daran scheitern, daß der Kläger die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. c GAL nicht erfüllt; nach dem Rechtszustand bis 30. September 1972 hatte der Kläger sein Unternehmen nicht zum Zwecke der Strukturverbesserung abgegeben.

Diese Anspruchsvoraussetzung erfordert eine doppelte Prüfung. Zunächst ist zu untersuchen, ob das in Betracht kommende Land überhaupt abgegeben worden ist, und dann, ob das zu Zwecken der Strukturverbesserung geschehen ist. Für die erste Frage sind die in § 2 GAL enthaltenen Abgabevorschriften maßgebend; diese gelten an sich zwar für das Recht der Altershilfe, finden jedoch nach § 41 Abs. 2 GAL im Landabgaberecht entsprechende Anwendung. Sie gelten nicht, soweit das Landabgaberecht besondere Abgabevorschriften enthält oder sich eine der Einzelvorschriften des § 2 mit Wesen oder Grundsätzen der Landabgaberente nicht verträgt.

Das Landabgaberecht enthält keine Vorschrift, die besagt, daß § 2 Abs. 4 GAL in seinem Bereich nicht anwendbar wäre. Wenn § 42 GAL in Abs. 1 einleitend sagt: "Eine Abgabe zum Zwecke der Strukturverbesserung gemäß § 41 Abs. 1 Buchst. c liegt vor, wenn..." und in Abs. 2: "Die Voraussetzung des § 41 Abs. 1 Buchst. c gilt als erfüllt, wenn...", dann hat der jeweils folgende Text des Gesetzes keine Aussagekraft dafür, ob überhaupt eine Abgabe vorliegt; er ist nur bedeutsam für die Frage, ob eine vorliegende Abgabe die Qualifikation "zum Zwecke der Strukturverbesserung" erhalten kann. Infolgedessen fragt es sich nur, ob etwa Wesen oder Grundsätze der Landabgaberente der entsprechenden Anwendung des § 2 Abs. 4 GAL entgegenstehen. Das ist nicht der Fall.

Der Senat vermag die hierzu vom LSG entwickelten Überlegungen nicht als ein derartiges Hindernis anzuerkennen. Es mag sein, daß die einzelnen Abgabeformen in den Rechtsgebieten der Altershilfe und der Landabgaberente unterschiedlich häufig sind; es ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern sich daraus Schlüsse für den vorliegenden Fall ziehen lassen. Alle weiteren Ausführungen des LSG betreffen die Anwendbarkeit des § 2 Abs. 4 GAL überhaupt und nicht nur im Recht der Landabgaberente.

Die Rückgabe gepachteten Landes durch den Unternehmer an den Verpächter ist auch im Recht der Altershilfe eine wirksame Abgabehandlung; der Senat hat diese Abgabeform z. B. im Urteil vom 28. August 1969 (SozR Nr. 4 zu § 2 GAL 1965) anerkannt, obgleich sie strenggenommen dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 GAL nicht entspricht, weil mit ihr weder ein Eigentumsübergang noch eine schriftliche Überlassungsvereinbarung im Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 2 GAL verbunden ist; da die Rückgabe an den Verpächter jedoch den endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft für dieses Land bedeutet, entspricht sie dem Sinn der Abgabevorschriften, zumal dem Pächter praktisch keine andere Möglichkeit der Abgabe verbleibt; andere Abgabeformen, z. B. Unterverpachtungen sind ihm regelmäßig versagt, aus eigenem Recht ist er dazu nicht imstande.

§ 2 Abs. 4 GAL bestimmt aber unterschiedslos für alle Abgabeformen, daß die Abgabe an die Ehefrau keine Abgabe im Sinne des Abs. 1 Buchst. c, d. h. keine wirksame Abgabe ist. Davon gibt es keine Ausnahme für den Fall der hier vollzogenen Abgabeform und auch nicht für den Fall, daß die Eheleute im Güterstand der Gütertrennung leben. Weder das eine noch das andere ist nach dem Gesetz für die Anwendung des § 2 Abs. 4 GAL von Bedeutung. Der Gesetzeswortlaut enthält keine Einschränkungen; sie würden auch dem Sinn des § 2 Abs. 4 widersprechen, der Manipulationen ausschließen will. Wie der Senat schon wiederholt hervorgehoben hat, fordert das GAL für eine wirksame Abgabe, daß sich der bisherige Unternehmer möglichst endgültig von dem Unternehmen gelöst hat; dieses Ziel ist aber bei der Abgabe unter Ehegatten ernstlich gefährdet, zumal das Gesetz für die Unternehmereigenschaft letztlich nicht auf die Rechtsverhältnisse am Land abstellt, sondern auf die tatsächliche Bewirtschaftung; hier wäre zu großer Raum für Mißbräuche, wenn Abgaben unter Eheleuten zugelassen würden. Das GAL bewertet die Eheleute darum insoweit als eine Einheit; dies geschieht auch im anderen Zusammenhang, wie die Vorschriften über die Höhe des Altersgeldes bei Verheirateten deutlich machen.

Diese Rechtslage führt allerdings zu der Frage, ob dann einem Ehemann, der Land von seiner Frau gepachtet hatte, eine wirksame Abgabe schlechthin verwehrt sein soll; diese Frage stellt sich sowohl im Recht der Altershilfe wie im Recht der Landabgaberente, in dem die weiter erforderliche Qualifikation "zum Zwecke der Strukturverbesserung" aufgrund des § 41 Abs. 2 GAL zu bejahen wäre. Die Beklagte verweist auf die Möglichkeit einer Unterverpachtung mit Zustimmung der Ehefrau. Dieser Weg einer - langjährigen - Unterverpachtung ist jedoch nicht immer zumutbar. Da kaum anzunehmen ist, daß der Gesetzgeber die Möglichkeiten der wirksamen Abgabe für einen Unternehmer, der Land von seiner Frau gepachtet hatte, derart hat einschränken wollen, muß nach Meinung des Senats eine folgende Weitergabe des Landes durch die Ehefrau dem Unternehmer zugerechnet werden können. Für diese Zurechnung spricht, daß das GAL die Eheleute mehrfach als Einheit (Gemeinschaft) behandelt; deshalb steht entgegen der Meinung der Beklagten auch nicht entgegen, daß das Gesetz die "mittelbare" Abgabe grundsätzlich nicht zuläßt, vielmehr bei der Abgabe grundsätzlich auf die Person des Leistungsbegehrenden abstellt (vgl. das Urteil des Senats vom gleichen Tage in der Sache 11 RLw 1/72); das Bedenken ist um so weniger berechtigt, als § 2 Abs. 6 GAL bei einem gemeinsamen Betrieb des Unternehmens die Abgabe durch beide Ehegatten fordert - was nicht gleichzeitig erfolgen muß. Dem Ehemann darf freilich eine nachfolgende Weitergabe durch die Ehefrau nur dann als Abgabe zugerechnet werden, wenn die Weitergabe im übrigen den Vorschriften des GAL über wirksame Abgaben entspricht. Andernfalls würden die mit dem Erfordernis der Abgabe im Recht der Altershilfe wie auch im Recht der Landabgaberente verfolgten Ziele verfehlt. Im Falle der Landabgaberente muß die Weitergabe des Landes durch die Ehefrau demnach ihrerseits "zum Zwecke der Strukturverbesserung" im Sinne des § 41 GAL geschehen. Daran fehlt es hier nach dem bis 30. September 1972 geltenden Recht, weil dem Pächter S nicht das erforderliche Vorkaufsrecht eingeräumt worden war und die das Land dann kaufende Genossenschaft nicht die Voraussetzungen, die sie nach § 42 Abs. 1 GAL erfüllen mußte, erfüllte.

Der Senat mußte den vom Kläger geltend gemachten Anspruch aber noch aufgrund des am 1. Oktober 1972 in Kraft getretenen 6. Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des GAL vom 26. Juli 1972 (BGBl I, S. 1293) - GAL 1972 - auf seine Berechtigung prüfen. Das GAL 1972 hat dem § 42 Abs. 1 eine neue Fassung gegeben, nach der bei Abgaben nach dem 31. Juli 1969 an ein anderes landwirtschaftliches Unternehmen die Einräumung eines Vorkaufsrechtes im Falle der Verpachtung nicht mehr gefordert wird. Danach könnte die Weiterverpachtung des Landes durch die Ehefrau an S nunmehr als eine strukturverbessernde Abgabe anzuerkennen sein, die dem Kläger zuzurechnen wäre. § 42 Abs. 1 GAL 1972 enthält jedoch (unter dem Buchstaben a) noch andere Voraussetzungen (aa, bb, cc), zu denen im Urteil des LSG tatsächliche Feststellungen fehlen. Diese Feststellungen kann der Senat als Revisionsgericht nicht von sich aus treffen.

Der Rechtsstreit mußte deshalb unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das LSG zurückverwiesen werden, soweit der Kläger Landabgaberente ab 1. Oktober 1972 begehrt. Im übrigen - für die Zeit bis September 1972 - war dagegen das die Klage abweisende Urteil des Sozialgerichts zu bestätigen, weil wegen der Größe der nicht wirksam abgegebenen Fläche die Abgabevoraussetzung im Ganzen nicht erfüllt war (§ 41, Abs. 2 i. V. mit §§ 1 Abs. 4 und 2 Abs. 7 GAL).

Bei der neuen Entscheidung hat das LSG auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1669245

BSGE, 115

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