Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehen zur Anschaffung eines Spezial-Grabenbaggers. Antrag erst nach Lieferung
Leitsatz (amtlich)
Über den Ermessensrahmen bei der Gewährung von Darlehen oder Zinszuschüssen an Unternehmen des Baugewerbes für die Beschaffung von Geräten und Einrichtungen zur Durchführung von Bauten in der Schlechtwetterzeit (AVAVG § 143b und die hierzu erlassenen Richtlinien des Verwaltungsrats der BfArb).
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Richtlinien der BA bewirken gleichzeitig eine Selbstbindung der Verwaltung dahin, daß die Beklagte im Einzelfall nicht von diesen Richtlinien ohne besonderen begründeten Anlaß abweichen kann. - Die Beklagte ist immer dann zu einer Förderung ermächtigt, wenn durch die angeschafften Einrichtungen oder Geräte die bei ihrem Fehlen nicht erreichbare Durchführung von Bauarbeiten in der Schlechtwetterzeit ermöglicht wird.
Weder in AVAVG § 143b noch in den hierzu ergangenen Richtlinien von 1960 ist ein bestimmter Zeitpunkt für die Antragstellung festgelegt.
2. Beschaffung und Anschaffung sind keine juristischen Begriffe. Eine Be- oder Anschaffung ist erst dann als vollendet anzusehen, wenn nicht nur das gesamte schuldrechtliche und dingliche Kaufgeschäft einschließlich der Zahlung des Kaufpreises abgewickelt ist, sondern darüber hinaus auch die zur des Kaufs aufgenommenen Darlehen voll zurückgezahlt sind.
Normenkette
AVAVG § 143b Fassung: 1959-12-07
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. August 1963 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine Bauunternehmung, führt sei Jahren im Sommer Straßenbauarbeiten und im Winter, wenn diese nicht möglich sind, Kanalisationsarbeiten aus. Für letztere beantragte sie am 6. Februar 1961 nach § 143 b des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) bei der beklagten Bundesanstalt die Gewährung eines Darlehens von 50.000,- DM zur Anschaffung eines Spezial-Grabenbaggers, System "Allen 16/60", den sie am 28. Juni 1960 bestellt und dessen Kaufpreis von 106.480,- DM sie nach Lieferung am 12. Januar 1961 bezahlt hatte. Dieser Bagger ist an sich ganzjährig für Kanalisationsarbeiten verwendbar, indessen, da er selbst bei starkem Frost einsatzfähig ist, für den Winterbau besonders geeignet.
Die Beklagte lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 24. Februar 1961), da der Grabenbagger kein typisches, ausschließlich im Winter verwendbares Winterbaugerät im Sinne des Abschnitts II Nr. 3 der zu § 143 b AVAVG ergangenen Richtlinien ihres Verwaltungsrates vom 16. September 1960 sei. Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. April 1961). Auf deren Klage hin hob das Sozialgericht (SG) die Bescheide der Beklagten auf. Die Ansicht, daß nur sogenannte "typische Winterbaugeräte", die ausschließlich zur Beseitigung von durch den Winter bedingten Hemmnissen zu dienen bestimmt und geeignet seien, gefördert werden könnten, finde weder im Gesetz noch in den Richtlinien des Verwaltungsrates der Beklagten eine Stütze. Sie sei überdies unrealistisch, da es kaum Baumaschinen gebe, die nur im Winter verwendbar seien. Die Förderungsfähigkeit hinge vielmehr davon ab, daß die Maschine ganz besonders geeignet sei, bei Frost weiterzuarbeiten, und daß ihre Beschaffung sonst betriebswirtschaftlich nicht oder nicht hinreichend vertretbar sein würde. Die Beklagte habe die letztgenannten Voraussetzungen nicht geprüft und daher von ihrem Ermessen nicht den richtigen Gebrauch gemacht.
Mit ihrer nach § 150 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zugelassenen Berufung machte die Beklagte ergänzend geltend, aus den niedrigen Haushaltsansätzen für die Gewährung von Darlehen nach § 143 b AVAVG und aus der Tatsache, daß die in den Darlehnsverträgen vorgesehene Sicherungsübereignung des anzuschaffenden Gegenstandes bei Großgeräten keine ausreichende Sicherung biete, ergebe sich ebenfalls, daß der Verwaltungsrat eine Förderung solcher Geräte nicht beabsichtigt habe. Selbst wenn man aber auch Großgeräte grundsätzlich als förderungsfähig ansehe, so könne die Klägerin doch kein Darlehen erhalten, da sie den Antrag erst nach Lieferung des Baggers gestellt habe und somit eine unzulässige Refinanzierung dieses Kaufs begehre.
Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung zurück (Urteil vom 21. August 1963): Nach Wortlaut, Sinn und Zweck des § 143 b AVAVG sowie der hierzu ergangenen, die Beklagte bindenden Richtlinien sei eine Förderung lediglich davon abhängig, daß der fragliche Gegenstand zur Beseitigung der im Winter bestehenden Hindernisse besonders geeignet und seine entsprechende Verwendung gewährleistet sei. Der Hinweis auf die niedrigen Haushaltsansätze für eine Förderung nach § 143 b AVAVG gehe fehl, da ein Haushaltsplan nicht zur Auslegung des Gesetzes oder der gesetzesähnlichen Richtlinien dienen könne. Auch die vorgesehene Darlehnssicherung durch Sicherungsübereignung lasse keine Rückschlüsse zu, da sich der Verwaltungsrat der Beklagten und seinen Richtlinien nicht unbedingt von streng kaufmännischen Gesichtspunkten habe leiten lassen müssen. Im übrigen sei die vielfach gewährte Teilfinanzierung durch die Beklagte mit der vorgesehenen Übereignung des gesamten Kaufgegenstandes sogar mehr als ausreichend gesichert. Da der von der Klägerin angeschaffte Bagger unstreitig für den Winterbau besonders geeignet und seine entsprechende Verwendung durch das Bauprogramm der Klägerin sichergestellt sei, dürfe er nicht von der Förderung ausgeschlossen werden. Unschädlich bleibe ferner, daß der Inhaber der Klägerin den Kauf zunächst aus Mitteln eines privaten Kreditgebers (Ehefrau) finanziert habe. Denn unter "Beschaffung" im Sinne des § 143 b AVAVG sei nicht nur die Erwerbsabsicht oder der Bestellvorgang, sondern der gesamte Erwerbsvorgang einschließlich des Erfüllungsgeschäftes zu verstehen; deshalb stehe der Gesetzeswortlaut der Finanzierung eines bereits abgewickelten Kaufs durch die Beklagte nicht unbedingt entgegen. Es müsse, wovon auch die Beklagte in ihrem Dienstblatterlaß vom 12. April 1961 ausgehe, nach Sinn und Zweck des Gesetzes lediglich ein innerer Zusammenhang zwischen Beschaffungsvorgang und Beantragung bestehen. Dieser sei jedoch vorliegend gegeben, weil der Darlehnsantrag nur knapp 1 Monat nach Lieferung des Baggers gestellt worden sei.
Revision wurde zugelassen.
II. Die beklagte Bundesanstalt legte form- und fristgerecht Revision ein. Nach Abschnitt II 3 (1) der Richtlinien ihres Verwaltungsrates zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft vom 16. September 1960 in der Fassung vom 24. März 1961 könnten Darlehen nur zur Anschaffung von für den Winterbau erforderlichen Maschinen gewährt werden. Folglich dürften nur Maschinen, die ganz oder überwiegend für den Winterbau bestimmt seien, nicht aber auch solche, die üblicherweise zum normalen Maschinen- und Gerätepark eines Bauunternehmens gehören, gefördert werden. Dem entspreche, daß nach der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 143 b AVAVG die Förderung "für den Winterbau" erfolgen und die diesem entgegenstehenden technischen Hindernisse beseitigen solle. Die gegenteilige Auffassung des LSG laufe auf eine Subventionierung der gesamten Bauwirtschaft hinaus, weil dann alle schweren Erdbewegungsmaschinen in die Förderung einbezogen werden müßten. Derartige Maschinen würden jedoch nicht für den Winterbau, sondern zur Bewältigung von schweren Bodenarten, wie sie zu jeder Jahreszeit auftreten könnten, konstruiert. Sie müßten von jedem Unternehmer, der sich an größeren Tiefbauprojekten beteilige, angeschafft oder angemietet werden und gehörten zur normalen Maschinenausrüstung derartiger Betriebe. Würde man diese schweren Erdbewegungsmaschinen in die Förderung des § 143 b AVAVG einbeziehen, so könnte - da selbst leichter Boden bei Frost zu schwerem Boden werde - jeder Bauunternehmer die Förderung solcher Maschinen mit der Begründung beantragen, sie eigneten sich für den Winterbau und würden auch im Winter eingesetzt. Unerheblich sei schließlich, daß die Klägerin Kanalisationsarbeiten nur im Winter durchführe und deshalb den schweren Bagger im Sommer kaum oder überhaupt nicht einsetze, da es der Disposition des Unternehmers überlassen sei, welche Arbeiten er zu welcher Jahreszeit übernehme. Entschließe er sich, bestimmte Arbeiten im Winter auszuüben, und benötige er hierzu einen schweren Bagger, so gehöre dieser zu seiner normalen, den betrieblichen Dispositionen entsprechenden maschinellen Ausstattung. Selbst wenn man aber den von der Klägerin erworbenen Grabenbagger als nach § 143 b AVAVG grundsätzlich förderungsfähig ansehe, so bestimme doch der Wortlaut dieser Vorschrift sowie Abschnitt II Nr. 3 (1) der hierzu ergangenen Richtlinien, daß ein Darlehen nur "zur Beschaffung" der entsprechenden Maschinen oder Geräte gewährt werden könne. Also müsse das Darlehen vor der Anschaffung beantragt werden, weil andernfalls eine mit dem sich aus der Regierungsbegründung zu § 143 b AVAVG ergebenden Sinn und Zweck der Förderung nicht zu vereinbarende unzulässige Refinanzierung vorliege. Dementsprechend und zur Klarstellung ihres Runderlasses vom 4. November 1960 (290/60.1.6.7) habe sie auch entgegen den Ausführungen des LSG in ihrem Runderlaß vom 12. April 1961 (164/61.1.6) ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Leistungen nur dann bewilligt werden könnten, wenn der Antrag bis zur Beschaffung der Gegenstände beim Arbeitsamt eingegangen sei. Da die Klägerin den Bagger aber bereits vor der Antragstellung bestellt und geliefert erhalten habe, erstrebe sie eine unzulässige nachträgliche Finanzierung. Mit seiner Entscheidung, es handele sich vorliegend um eine zeitlich nahe und daher zulässige Refinanzierung, habe das LSG schließlich die §§ 103, 128 SGG verletzt. Es wäre bei dieser Rechtsansicht verpflichtet gewesen, den genauen Zeitpunkt der Lieferung aufzuklären.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Urteils des SG Reutlingen vom 25. April 1962, die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Klägerin ist nicht vertreten und hat keine Erklärungen abgegeben.
III. Die nach § 162 Abs. 1 SGG statthafte Revision ist zulässig, konnte jedoch keinen Erfolg haben.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 24. Februar in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. April 1961, mit dem das von der Klägerin beantragte Darlehen zur Anschaffung eines Spezial-Grabenbaggers abgelehnt wurde, da dieser kein typisches Winterbaugerät im Sinne der Richtlinien des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft vom 19. September 1960 sei.
Mit diesen Richtlinien hat der Verwaltungsrat der Beklagten von der ihm in § 143 b AVAVG eingeräumten Ermächtigung zur autonomen Rechtsetzung (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder, Komm. zum AVAVG, § 143 Anm. II; Krebs, Komm. zum AVAVG, 2. Aufl., § 143 b Anm. II, 143 a Anm. III) Gebrauch gemacht, die Gewährung von Darlehen und Zinszuschüssen zur Förderung von Winterbauinvestitionen zugelassen und festgelegt, wann und in welchem Umfang derartige Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, gewährt werden können. Obgleich diese Richtlinien nur die einheitliche Durchführung der bei der Förderung zu treffenden Ermessensentscheidungen regeln (vgl. Krebs aaO § 143 a Anm. 23 und derselbe in OKK 1959, 193), bewirken sie hierdurch doch gleichzeitig eine Selbstbindung der Verwaltung dahin, daß die Beklagte im Einzelfall nicht von diesen Richtlinien ohne besonderen, begründeten Anlaß abweichen kann; anderenfalls würde sie ermessensfehlerhaft handeln (vgl. Krebs aaO § 143 a Anm. 23 und in OKK aaO, Bogs in Sozialgerichtsbarkeit 1962, 129 und Lanz in NJW 1962, 1797). Die Richtlinien des Verwaltungsrates der beklagten Bundesanstalt müssen sich als Akt autonomer Rechtsetzung innerhalb der durch die Ermächtigungsnorm des § 143 b AVAVG gezogenen Grenzen halten. Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift:
"Der Verwaltungsrat kann zulassen, daß Unternehmen des Baugewerbes Darlehen oder Zinszuschüsse für die Beschaffung von Geräten und Einrichtungen gewährt werden können, um die Durchführung von Bauten in der Schlechtwetterzeit zu ermöglichen."
ergeben sich besondere Einschränkungen hinsichtlich der beantragten Förderung des von der Klägerin erworbenen Grabenbaggers jedoch nicht. Einziges Erfordernis ist hiernach vielmehr, daß die Anschaffung derartiger Geräte und Einrichtungen durch ein Unternehmen die Durchführung von Bauarbeiten in der Schlechtwetterzeit ermöglicht, daß also hierdurch ein kontinuierliches Bauen auch im Winter herbeigeführt wird. Der Gesetzgeber stellt mithin nicht auf Art und Größe der Geräte oder Einrichtungen und nicht darauf ab, ob diese allein im Winter verwendbar sind oder nicht, sondern allein auf den mit ihrem Einsatz bezweckten Erfolg, der sich mit der Zielsetzung des Gesetzes, die Bautätigkeit im Winter zu fördern, decken muß. Demgemäß ist die Beklagte immer dann nach § 143 b AVAVG zu einer Förderung ermächtigt, wenn durch die angeschafften Einrichtungen oder Geräte die bei ihrem Fehlen nicht erreichbare Durchführung von Bauarbeiten in der Schlechtwetterzeit ermöglicht, also hierdurch die Bautätigkeit auch im Winter aufrechterhalten wird und die Arbeitsplätze der in einem Unternehmen beschäftigten Bauarbeiter für diese Jahreszeit ebenfalls gesichert werden.
Diese Zielsetzung entspricht allgemein dem Inhalt der gesamten Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft, wie sie in der Regierungsbegründung des 2. Änderungsgesetzes zum AVAVG (Bundestagsdrucksache Nr. 1240 S. 9/10, III. Wahlperiode, 1957) dargelegt wird, einerseits die winterliche Arbeitslosigkeit zu beseitigen und andererseits das Bauvolumen durch die Ausdehnung der Bausaison auf die Wintermonate zu erweitern. Demgemäß heißt es in der Begründung zu § 143 b AVAVG des genannten Regierungsentwurfs (S. 16):
"Unternehmen des Baugewerbes haben sich zwar zunehmend mit Geräten und Einrichtungen versehen, die ihnen die Durchführung von Bauten in der Schlechtwetterzeit ermöglichen. Eine große Anzahl von Betrieben muß jedoch noch Investitionen in diesem Bereich vornehmen. Um im Bedarfsfalle derartige Investitionen zu ermöglichen, soll die Bundesanstalt ermächtigt werden, Darlehen oder Zinszuschüsse für die Beschaffung von Geräten und Einrichtungen für die Durchführung von Bauten in der Schlechtwetterzeit zu gewähren, falls die Kreditbeschaffung auf dem freien Kapitalmarkt nicht oder nicht zu entsprechenden Bedingungen möglich ist."
Auch hier wird entscheidend darauf abgestellt, daß durch die Anschaffung das Bauen in der Schlechtwetterzeit ermöglicht wird, ohne daß die Art der Geräte oder Einrichtungen selbst näher umschrieben und zusätzlich etwa zur Voraussetzung gemacht wird, daß diese allein im Winter verwendbar seien. Eine derartige Einschränkung wäre auch wirklichkeitsfremd, da es in der Bauwirtschaft nur selten Geräte oder Einrichtungen geben kann, die zwar zur Beseitigung von der Bautätigkeit im Winter entgegenstehenden Hindernissen besonders geeignet, darüber hinaus aber außerhalb der Schlechtwetterzeit von dem Bauunternehmer nicht nutzbringend zu verwenden sind.
Wenn demnach die gesetzliche Ermächtigung des § 143 b AVAVG die Förderung von derartigen an sich ganzjährig verwendbaren Großgeräten nicht ausschließt, so könnte allerdings die Beklagte die Grenzen einer Förderung in ihren Richtlinien enger gezogen und Geräte, die nicht ausschließlich im Winter verwendbar sind, hiervon ausgenommen haben. Indessen ist dies nicht der Fall. Vielmehr bestimmen die vom Verwaltungsrat der Beklagten erlassenen "Richtlinien zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft" vom 16. September 1960 (ANBA 1960, 437) in der hier entscheidenden Fassung (vgl. BSG 7, 13) vom 24. März 1961 (Dienstbl. d. Bekl., Ausgabe A, 1961, 380) in Abschnitt II Nr. 3 (1):
"Unternehmen des Baugewerbes, die bereit und nach Beschaffung der erforderlichen Winterbauausrüstung in der Lage sind, Bauaufträge während der Schlechtwetterzeit auszuführen, können für die erstmalige Anschaffung der für den Winterbau erforderlichen Maschinen, Geräte, Unterkünfte und Schutzmaterialien (Heizaggregate einschl. Zubehör, wetterfeste, möglichst transportable Bauunterkünfte u. a.) aus Mitteln der Bundesanstalt Darlehen oder, soweit diese für eine derartige Anschaffung Darlehen bei Kreditinstituten aufgenommen haben, Zinszuschüsse gewährt werden.
Das Darlehen wird nach Lieferung der angeschafften Gegenstände und gegen Vorlage der Rechnung in einer Summe ausgezahlt."
Auch hier werden nicht, wie es später in der Neufassung der Richtlinien vom 31. Juli 1964 (Dienstbl. A 1964, 842) geschah, die Arten der förderungsfähigen Maschinen usw. näher umschrieben und etwa dahin abgegrenzt, daß sie ausschließlich im Winter verwendbar sein müssen. Im Gegenteil sind gerade die beispielhaft als förderungsfähig genannten Bauunterkünfte, die unzweifelhaft zum normalen Geräte- oder Ausstattungspark eines Bauunternehmens gehören, in ihrer Verwendbarkeit keineswegs nur auf den Winter beschränkt, sondern das ganze Jahr hindurch günstig als nicht ortsgebundene Unterkünfte für Bauarbeiter einzusetzen. In welchem Maße die Beklagte trotzdem die Anschaffung dieser Bauunterkünfte förderte, ergibt sich aus dem Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der Vorschriften zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft (Bundestagsdrucksache Nr. 643, IV. Wahlperiode, 1962), der auf Seite 14 zunächst ausführt, daß 1961/62 insgesamt 201.233,- DM für Zinszuschüsse und 13.757.653,- DM für Darlehen verausgabt wurden und dann fortfährt:
"Bemerkenswert ist, daß von diesen Mitteln nur etwa 30 v. H. für die eigentliche Winterfestmachung der Baustellen, dagegen rund 70 v. H. für die Beschaffung winterfester Bauarbeiterunterkünfte verwendet wurden. Die Möglichkeit, solche Unterkünfte zu fördern, die auch im Sommer benutzt werden können, hat möglicherweise manchen Unternehmer des Baugewerbes veranlaßt, über den zusätzlichen Winterbedarf hinaus generell die Neuanschaffung von Unterkünften aus Mitteln der Bundesanstalt zu finanzieren".
Ebensowenig wie die Richtlinien vom 16. September 1960 die Förderung der Bauunterkünfte von der negativen Voraussetzung ihrer Nichtverwendbarkeit außerhalb der Schlechtwetterzeit abhängig machen, geschieht dies für die weiter genannten Maschinen und Geräte. Auch für diese wird lediglich in Übereinstimmung mit § 143 b AVAVG als positive Voraussetzung gefordert, daß sie für den Winterbau erforderlich sind und den Unternehmer in die Lage versetzen, "Bauaufträge während der Schlechtwetterzeit auszuführen". Entscheidend ist also wiederum nach den zu § 143 b AVAVG ergangenen Richtlinien, unabhängig davon, ob die Maschinen, Geräte und Unterkünfte an sich ganzjährig eingesetzt werden können, daß sie einerseits nach Konstruktion und Verwendbarkeit geeignet sind, die im Winter einer Bautätigkeit entgegenstehenden Hindernisse zu beseitigen, und daß sie andererseits gerade zu deren Überwindung, also zur Durchführung von Bauarbeiten im Winter, angeschafft werden (vgl. Kranz/Hubbert, "Schlechtwettergeld und Förderung der Bautätigkeit im Winter", 2. Aufl. S. 101 D; Krebs aaO § 143 b AVAVG Anm. 8). Hierdurch wird gleichzeitig sichergestellt, daß die Förderung nach § 143 b AVAVG nicht, wie die Beklagte befürchtet, zu einer Subventionierung der gesamten Bauwirtschaft schlechthin führt, sondern ihrer gesetzlichen Zielsetzung entsprechend, auf diejenigen Unternehmen beschränkt bleibt, die mit ihrer Hilfe die für den Winterbau erforderlichen technischen Voraussetzungen schaffen wollen.
Diese von den Richtlinien zu § 143 b AVAVG aufgestellten Erfordernisse sind jedoch bei der von der Klägerin beantragten Förderung erfüllt, da nach den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) der fragliche Großbagger selbst bei starkem Frost verwendbar und daher für Tiefbauarbeiten im Winter besonders geeignet ist und weil ihn die Klägerin gerade zur Durchführung von Kanalisationsarbeiten in der Schlechtwetterzeit benützt, um ihre Bautätigkeit auch dann weiterzuführen, wenn ansonsten Straßenbauarbeiten wegen der ungünstigen Witterungsverhältnisse nicht mehr betrieben werden können. Dementgegen läßt sich die somit grundsätzlich zulässige Förderung nicht mit der Erwägung ablehnen, die Klägerin benötige, wenn sie Tiefbauarbeiten im Winter übernehme, diesem in ihrer betrieblichen Disposition stehenden Umstand entsprechend schwere Bagger als normale und daher nicht förderungsfähige Betriebsausstattung. Eine solche Argumentation verkennt den Zweck der durch § 143 b AVAVG und die hierzu ergangenen Richtlinien geschaffenen Förderungsmöglichkeit, der gerade darauf gerichtet ist, daß Unternehmer ihr Bauprogramm auf das ganze Jahr erstrecken und Aufträge auch für die Schlechtwetterzeit übernehmen können (vgl. Draeger/Buchwitz/Schönefelder aaO, § 143 b Anm. 4; Krebs aaO § 143 b Anm. 9; Kranz/Hubbert aaO S. 102 F). Diesen Zweck erfüllen die Kanalisationsarbeiten der Klägerin, die hierdurch ihr anderweit nur im Sommer durchführbares Straßenbau-Programm bewußt und gewollt für die Wintermonate ergänzt und eine ganzjährige Beschäftigung ihrer Arbeitnehmer erreicht. Wenn sie alsdann gerade hierfür besonders geeignete, unter Umständen außergewöhnlich schwere Maschinen benötigt, so dienen diese in ausgeprägtem Maße dazu, als Winterbauausrüstung die Klägerin in die Lage zu versetzen, im Sinne der von der Beklagten erlassenen Richtlinien "Bauaufträge während der Schlechtwetterzeit auszuführen".
IV. Ebensowenig wie danach der von der Klägerin angeschaffte Groß- und Spezial-Bagger wegen seiner an sich möglichen ganzjährigen Verwendbarkeit von der Förderung ausgeschlossen ist, kann das beantragte Darlehen mit der von der Beklagten in der Berufungsinstanz zulässigerweise (BSG 7, 12, 13) nachgeschobenen Begründung, die Klägerin erstrebe eine nicht zugelassene Refinanzierung, versagt werden. Zwar hat sie das Darlehen unstreitig erst nach der Lieferung beantragt, doch ist weder in § 143 b AVAVG noch in den hierzu ergangenen Richtlinien von 1960 ein bestimmter Zeitpunkt für die Antragstellung festgelegt. Ein solcher kann auch aus dem Runderlaß 164/61 1.6. der Beklagten (Dienstbl. A Nr. 218 vom 20. April 1961) nicht entnommen werden, weil es sich hierbei lediglich um eine innerdienstliche Anweisung handelt, die keine authentische Interpretation, sondern nur eine den Richtlinien von der Beklagten selbst gegebene Auslegung enthält (vgl. BSG 6, 254; 9, 160). Allerdings soll das Darlehen nach dem Wortlaut des § 143 b AVAVG zur "Beschaffung" oder, wie es in den Richtlinien heißt, zur "erstmaligen Anschaffung" der genannten Einrichtungen dienen und, wie es die oben zitierte Regierungsbegründung zu § 143 b AVAVG ausdrückt, die zur Durchführung von Bauten in der Schlechtwetterzeit erforderlichen Investitionen ermöglichen. Sowohl "Beschaffung" wie "Anschaffung" sind jedoch keine juristischen Begriffe, deren Verwendung bereits zeitliche Grenzen für die Antragstellung (etwa: bis zum Abschluß des Kaufvertrages oder bis zum Eigentumsübergang) festlegten. Ferner kann zwar aus der Regierungsbegründung zu § 143 b AVAVG entnommen werden, daß die Darlehen oder Zinszuschüsse eine Investitionshilfe darstellen sollen, doch zwingt diese Zweckbestimmung ebenfalls nicht zu dem Schluß, daß sie spätestens bis zur Lieferung des Gegenstandes beantragt werden müßten. Schließlich ergibt die Formulierung der Regierungsbegründung: "Die Bundesanstalt soll ermächtigt werden, Darlehen oder Zinszuschüsse ... zu gewähren, falls die Kreditbeschaffung auf dem freien Kapitalmarkt nicht oder nicht zu entsprechenden Bedingungen möglich ist", nicht, daß jeweils die Darlehensgewährung im Einzelfall von einer vorausgegangenen ergebnislosen Darlehenssuche auf dem Kapitalmarkt abhängig ist. Sie motiviert vielmehr nur die in § 143 b AVAVG enthaltene Ermächtigung dahin, daß es der Beklagten gestattet sein soll, durch entsprechende Richtlinien allgemein die Gewährung von Investitionshilfen zur Anschaffung von Winterbauausrüstungen dann zuzulassen, wenn sich der freie Kapitalmarkt hierfür als ungeeignet erweisen sollte. Zunächst hatte der Verwaltungsrat der Beklagten in seinen Richtlinien vom 9. Dezember 1959 (Dienstbl. A Nr. 3 vom 25. Januar 1960 S. 20) nur die Gewährung von Zinszuschüssen vorgesehen und erst, als diese Förderung zur Erreichung des durch § 143 b AVAVG angestrebten Zweckes nicht genügte, in seinen Richtlinien vom 16. September 1960 auch die Darlehensgewährung gestattet. Hierbei wurde diese jedoch im Einzelfall weder von einem vergeblichen Versuch, die Anschaffung auf dem freien Kapitalmarkt zu finanzieren, abhängig gemacht noch eine Frist für die Antragstellung gesetzt. Letztere ist vielmehr erst durch den Beschluß des Verwaltungsrates der Beklagten vom 31. Juli 1964 (Dienstbl. A Nr. 47 vom 4. September 1964 S. 842) eingeführt worden, mit dem Abschnitt II Nr. 3 Nr. 1 Abs. 2 der Richtlinien dahingehend neugefaßt wurde, daß das Darlehen vor Bestellung der anzuschaffenden Gegenstände zu beantragen ist. Die Tatsache, daß sich der Verwaltungsrat der Beklagten zu dieser Neugestaltung der Richtlinien veranlaßt sah, spricht ebenfalls für das oben gefundene Ergebnis, daß nach der ursprünglichen, im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassung ein Zeitpunkt oder eine Frist für die Antragstellung nicht festgelegt waren. Die Gewährung von Mitteln für die Beschaffung von Geräten und Einrichtungen nach § 143 b AVAVG erstrebt neben den sozial- und arbeitsmarktpolitischen Zielen einen wirtschaftlichen Nutzeffekt. Daher ist eine Be- oder Anschaffung erst dann als vollendet anzusehen, wenn nicht nur das gesamte schuldrechtliche und dingliche Kaufgeschäft einschließlich der Zahlung des Kaufpreises abgewickelt ist, sondern darüber hinaus auch die zur Finanzierung des Kaufs aufgenommenen Darlehen voll zurückgezahlt sind. Denn da bei einer Fremdfinanzierung meist - wie es auch die Beklagte verlangt - eine Sicherungsübereignung vorgenommen wird oder doch beim Verzug des Schuldners oft ein Zugriff des Gläubigers auf die Maschine erwartet werden muß, ist sie erst im Zeitpunkt der endgültigen und völligen Abwicklung des Kaufs und der hierfür vorgenommenen Finanzierungsgeschäfte im Sinne des § 143 b und der hierzu ergangenen Richtlinien "angeschafft", also ihr Verbleib im Unternehmen des Käufers gesichert und der angestrebte Zweck, mit dieser Maschine künftig die Durchführung von Bauarbeiten im Winter zu ermöglichen, erreicht. Auch unter solchen Erwägungen würde es dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift, als Anreiz zur Anschaffung von Winterbaugeräten eine "Investitionshilfe" zu gewähren, widersprechen, einem Unternehmer, der zunächst aus eigener Initiative und ohne die Finanzhilfe der Beklagten die technischen Voraussetzungen für den Winterbau zu schaffen bestrebt ist, diese Hilfe dann zu versagen, wenn sich nachträglich herausstellt, daß er sich mit der Investition finanziell übernommen hat und unter Umständen Gefahr läuft, die für den Winterbau bestimmte Maschine wieder zu verlieren. Dies muß um so mehr gelten, als weder nach § 143 b AVAVG noch nach den Richtlinien hierzu die Darlehensgewährung von einer Bedürftigkeitsprüfung abhängig gemacht ist. Folglich würde ein finanzstarker Unternehmer, der annehmbar die Finanzierung selbst durchführen könnte, bei Antragstellung vor Lieferung regelmäßig ein Darlehen erhalten, während ein Unternehmen, dessen finanzielle Schwäche erst bei der Rückzahlung der zur Anschaffung des Winterbaugerätes aufgenommenen Kredite zutage tritt, kein Darlehen, sondern allenfalls nur die oft unzureichenden Zinszuschüsse erlangen könnte. Ein solches wirtschaftlich unverständliches Ergebnis könnte weiterhin zu der für die Beklagte selbst unerwünschten Folge führen, daß anstelle eigener Initiative und Bemühung auf dem Kapitalmarkt ein Unternehmer, der zur Anschaffung von Winterbaugeräten Kredite benötigt, veranlaßt wäre, sich von vornherein an die Beklagte zu wenden, um nicht bei ihr die Darlehensmöglichkeiten zu verlieren. Dadurch würden die Mittel der Beklagten in erheblich stärkerem Umfang für Darlehen nach § 143 b AVAVG beansprucht als bei der Berücksichtigung auch nach Lieferung des Winterbaugerätes gestellter Darlehensanträge. Im übrigen dürften diese nachträglich beantragten Darlehen wegen der bereits anderweitig aufgenommenen und unter Umständen schon teilweise zurückgezahlten Kredite oftmals niedriger und für die Beklagte wegen der späteren Hingabe und dadurch bedingten Zinsersparnis auch im allgemeinen vorteilhafter ausfallen als die bereits vor Lieferung beantragten. Schließlich werden durch die Beantragung eines Darlehens nach Lieferung des Winterbaugerätes die Interessen der Beklagten und der von ihr vertretenen Versichertengemeinschaft nicht erkennbar beeinträchtigt. Denn weder wird die Beklagte durch die bereits erfolgte Lieferung des Gerätes vor vollendete, zwingend die Darlehensgewährung auslösende Tatsachen gestellt, noch wird ihr hierdurch die Prüfung der nach ihren Richtlinien bestehenden Voraussetzungen einer Förderung erschwert oder gar unmöglich gemacht.
Ebenso wie nach § 143 b AVAVG in Verbindung mit Abschnitt II Nr. 3 der hier anzuwendenden Richtlinien vom 16. September 1960 die Beantragung von Zinszuschüssen auch noch nach Lieferung des Winterbaugerätes während der Laufzeit eines hierfür aufgenommenen Kredits möglich ist (vgl. Baierl in ZfS 1964, Heft 2, S. 88), muß es daher mangels entgegenstehender ausdrücklicher Regelung nach Sinn und Zweck der angestrebten Förderung für die Gewährung eines Darlehens ebenfalls genügen, wenn es während der Laufzeit und zur Abdeckung von zur Finanzierung des Kaufs aufgenommenen Krediten beantragt wird. Bis zu diesem Zeitpunkt kann ein echter Zusammenhang zwischen der Anschaffung des Winterbaugerätes und dem Darlehensantrag noch bestehen. Da das von der Klägerin beantragte Darlehen nach den bindenden Feststellungen des LSG zur Rückzahlung einer zum Erwerb des Grabenbaggers vordem privat aufgenommenen Kreditsumme bestimmt ist, darf es hier - ohne daß auf den genauen Zeitpunkt der Lieferung abzustellen wäre - nicht mit der Begründung, es läge eine unzulässige Refinanzierung vor, versagt werden.
V. Nach alledem hat die Beklagte bei ihrer Entscheidung über den Darlehensantrag der Klägerin sowohl hinsichtlich der Art der förderungsfähigen Maschinen als auch bezüglich des Zeitpunktes der Antragstellung die ihr zur Ausübung ihres Ermessens durch die Richtlinien vom 16. September 1960 gezogenen Grenzen für enger gehalten, als sie es tatsächlich waren. Ihre ablehnenden Bescheide waren infolgedessen ermessensfehlerhaft (vgl. OVG Rhld-Pf. Bd. II S. 323; OVG Hamburg in Fürs. Entsch. Bd. 3 S. 260; Eyermann/Fröhler, Komm. zur VwGO, 3. Aufl., 1962 S. 114 Anm. 20; Stern: "Ermessen und unzulässige Ermessensausübung" in Studien und Gutachten aus dem Institut für Staatslehre, Staats- und Verwaltungsrecht der Freien Universität Berlin, H 4, 1964 S. 34). Sie wurden daher zu Recht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG vom SG aufgehoben.
Somit ist auch die Revision der Beklagten gegen das diese Aufhebung bestätigende Urteil des LSG als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen