Leitsatz (amtlich)
Gezahlte Rentenvorschüsse aufgrund eines nach den Vorschriften des KBLG BY erteilten, einen Widerrufsvorbehalt enthaltenden sogenannten "vorläufigen Bescheides (Renten-Vorschußzahlung)" können von der Versorgungsbehörde in Ausübung des vorbehaltenden Widerrufsrechts nur zurückgefordert werden, wenn der Widerruf unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und Abwägung der beiderseitigen Interessen nach pflichtgemäßem Ermessen gerechtfertigt ist. Entspricht die Ausübung des Widerrufsrechts nicht diesem pflichtgemäßem Ermessen, so ist der trotzdem ausgesprochene Widerruf rechtsunwirksam und der "vorläufige Bescheid" auch weiterhin die Rechtsgrundlage für die geleisteten Vorschußzahlungen; das hat zur Folge, daß diese nicht zu Unrecht im Sinne des VerwVG § 47 Abs 1 empfangen worden sind (Anschluß BSG 1958-06-19 11/9 RV 1108 /55 = BSGE 7, 226).
Normenkette
KOVVfG § 47 Abs. 1 Fassung: 1955-05-02
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 17. Oktober 1957 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
Dem Kläger wurde von der Landesversicherungsanstalt (LVA.) Oberfranken und Mittelfranken in B mit Datum vom 27. September 1949 ein "Vorläufiger Bescheid (Renten-Vorschußzahlung)" erteilt, mit dem ihm auf Grund seines Antrags auf Rente nach dem Körperbeschädigten-Leistungsgesetz (KBLG) unter dem Vorbehalt der Erteilung eines späteren endgültigen Bescheides vom 1. November 1949 an monatlich ein Betrag von 36,- DM (später wegen seines sonstigen Einkommens von 10,- DM) widerruflich zuerkannt wurde. Der Bemessung der vorläufigen Zahlung wurden die vom Kläger geltend gemachten Leiden - "MP.-Durchschuß li. Lunge. Zustand nach Pleuritis u. Herzinsuffizienz" - zugrunde gelegt. Der Kläger wurde u.a. darauf hingewiesen, daß die Rente zurückzuzahlen sei, wenn bei der endgültigen Feststellung der Rente und des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE.) ein unrechtmäßiger Bezug festgestellt werde. Der Bescheiderteilung war eine vorläufige Feststellung der Versehrtenstufe durch die Versehrtenuntersuchungsstelle Bamberg vorausgegangen, bei der für die geltend gemachten Leiden die Versehrtenstufe I und eine MdE. um 40 v.H. angenommen worden war.
Nach einer im Dezember 1951 durchgeführten versorgungsärztlichen Untersuchung erkannte das Versorgungsamt (VersorgA.) B mit Bescheid vom 7. Januar 1952 "1.) verheilte Narben am li. Brustkorb nach ohne nachweisbare Folgen verheiltem Brustkorbdurchschuß, 2.) bedeutungslose Schußnarbe über dem re. Schulterblatt" als Leistungsgrund nach dem KBLG an. Das Bestehen einer Herzinsuffizienz wurde verneint. Eine Rente stehe - so heißt es in dem Bescheid weiter - weder nach dem KBLG noch nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu, da die Erwerbsfähigkeit durch die Schädigungsfolgen nicht gemindert sei. Schließlich wurde eine Überzahlung in Höhe von 536,- DM errechnet und vom Kläger zurückgefordert.
Gegen diesen Bescheid hat der Kläger Berufung beim Oberversicherungsamt (OVA.) N eingelegt, die nach Inkrafttreten des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zunächst auf das Sozialgericht (SG.) Bayreuth übergegangen ist. Das SG. Bayreuth hat sich auf Antrag des Klägers, der inzwischen nach Nordrhein-Westfalen verzogen war, für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG. Düsseldorf verwiesen. Dieses hat, nachdem es das Land Nordrhein-Westfalen beigeladen hatte, den angefochtenen Bescheid durch Urteil vom 12. Juli 1955 insoweit aufgehoben, als mit ihm eine Rückzahlungspflicht des Klägers festgestellt worden ist: Eine Rückzahlung brauche dann nicht zu erfolgen, wenn das Einkommen des Klägers nicht entsprechend hoch und der endgültige Bescheid erst mehr als zwei Jahre nach dem vorläufigen Bescheid erteilt worden sei. Die von dem Beklagten gegen diese Entscheidung eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht (LSG.) in Essen mit Urteil vom 17. Oktober 1957 zurückgewiesen: Es könne dahingestellt bleiben, ob die rechtliche Beurteilung des geltend gemachten Rückforderungsanspruchs nach § 47 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VerwVG) oder aber nach den allgemeinen Grundsätzen des Rückforderungsrechts zu erfolgen habe. Nach beiden Rechtsgrundlagen stehe ein Rückforderungsrecht nicht zu, da die Rückforderung einer Überzahlung gegen Treu und Glauben verstoße, wenn die Überzahlung - wie im vorliegenden Fall - von der Versorgungsverwaltung verursacht und von dem Versorgungsberechtigten gutgläubig in Empfang genommen sei. Zwar habe es sich nur um Vorschüsse gehandelt, deren Rückforderung an sich noch nicht gegen Treu und Glauben verstoße. Diese Vorschüsse seien aber nicht wahllos erteilt worden, sondern nur dort, wo mit hoher, auch dem Versorgungsberechtigtem erkennbarer Wahrscheinlichkeit eine endgültige Versorgung zu erwarten gewesen sei. Deshalb sei es gerechtfertigt, bei im sogen. Schnellverfahren geleisteten Zahlungen die Grundsätze anzuwenden, die die Rechtsprechung für die Rückforderung von auf Grund eines endgültigen Bescheides gezahlten Renten entwickelt habe. Die Versorgungsverwaltung habe es versäumt, den endgültigen Bescheid innerhalb einer angemessenen Frist zu erteilen. Der Kläger habe auf Grund seiner tatsächlich vorhandenen Versorgungsleiden und der vorläufigen ärztlichen Feststellung der Versehrtenstufe, insbesondere aber auf Grund des ununterbrochenen Bezuges der vorläufigen Rente über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine endgültige Versorgung erwarten dürfen und deshalb mit einer Rückforderung nicht mehr zu rechnen brauchen. Bei seinen familiären Verhältnissen - der Kläger habe seinerzeit 200,- DM Einkommen gehabt und müsse z.Zt. von etwa 500,- DM Einkommen eine achtköpfige Familie ernähren - sei auch die Annahme gerechtfertigt, daß der Verbrauch der vorläufigen Rente zum Lebensunterhalt unvermeidlich gewesen sei. Im Falle einer Rückzahlung würde der Kläger im Ergebnis schlechter stehen, als er sich ohne die vorläufige Rente gestanden hätte. Das LSG. hat die Revision zugelassen.
Gegen dieses am 13. Dezember 1957 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem am 23. Dezember 1957 beim Bundessozialgericht (BSG.) eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt und beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 17. Oktober 1957 und das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Juli 1955 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des Versorgungsamtes B vom 7. Januar 1952 abzuweisen.
In der am 7. Februar 1958 beim BSG. eingegangenen Revisionsbegründung rügt der Beklagte Verletzung der §§ 47, 52 VerwVG. Nach der Rechtsprechung des BSG. sei § 47 VerwVG anzuwenden. Daß keine der Voraussetzungen, unter denen nach dieser Vorschrift eine Rückforderung ausgeschlossen sei, vorliege, erkenne auch das LSG. an. Es habe dann aber nicht noch den Grundsatz von Treu und Glauben heranziehen dürfen, denn dieser Grundsatz habe schon in den Absätzen 2, 3, 4 und 6 des § 47 VerwVG seinen Niederschlag gefunden; darüberhinaus könne er nicht mehr durchgreifen. Im übrigen komme der Dauer der Vorschußzahlung nicht die Bedeutung zu, die das LSG. ihr gegeben habe. Der Kläger habe gewußt, daß es sich um einen vorläufigen Vorschuß handele und habe deshalb auch bei längerer Dauer nicht den Schluß ziehen dürfen, daß die Leistungen ihm auch endgültig zustünden.
Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Er meint u.a., der Rückforderungsanspruch bestehe schon deshalb nicht, weil der vorläufige Bescheid bisher noch nicht - insbesondere nicht durch den angefochtenen Bescheid - aufgehoben worden sei. Selbst wenn man aber in dem angefochtenen Bescheid einen Widerruf des vorläufigen Bescheides erblicken wolle, so könne der Widerruf hier nur "ex nunc", nicht aber "ex tunc" geschehen. Im übrigen ergebe sich aus dem Widerruf noch nicht ohne weiteres die Rückerstattungspflicht. Vielmehr greife hier - wenn auch nur mittelbar - § 47 Abs. 3 Satz 1 VerwVG ein; er enthalte eine allgemeine Rechtsregel, daß die Rückforderung von Leistungen - abgesehen von falschen Angaben des Empfängers - grundsätzlich ausgeschlossen sei.
Die durch Zulassung statthafte Revision (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 164 SGG). Sie ist daher zulässig.
Die Revision ist aber nicht begründet.
Das LSG. hat das umstrittene Rückforderungsrecht des Beklagten im Ergebnis zu Recht verneint.
Der rechtlichen Beurteilung des von dem Beklagten erhobenen Rückerstattungsanspruchs ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats § 47 des VerwVG vom 2. Mai 1955 zugrunde zu legen (BSG. 3 S. 234; vgl. auch BSG. 6 S. 11 (15)). Nach dieser Vorschrift sind Leistungen grundsätzlich zurückzuerstatten, die "zu Unrecht" empfangen worden sind. Die Forderung des Beklagten auf Rückerstattung scheitert schon daran, daß der Kläger die vorschußweise geleisteten Zahlungen nicht zu Unrecht im Sinne des § 47 VerwVG empfangen hat. Zwar stand dem Kläger nach der in dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen endgültigen Feststellung der Versorgungsbezüge für den Zeitraum, für den er vorschußweise Leistungen erhalten hat, keine Rente zu. Wie schon der 11. Senat des BSG. in einem insoweit gleichgelagerten Fall aufgezeigt hat (vgl. BSG. 7 S. 226 (228)), sind aber Versorgungsbezüge noch nicht ohne weiteres dann zu Unrecht empfangen, wenn die Bezüge, die auf Grund eines vorläufigen Bescheides - d.h. eines Bescheides mit Widerrufsvorbehalt (vgl. BSG. a.a.O.) - an den Versorgungsberechtigten tatsächlich gezahlt wurden, höher sind als die Beträge, die ihm nach der endgültigen Feststellung zustehen. Vielmehr sind die Leistungen erst dann zu Unrecht empfangen, wenn der vorläufige Bescheid, auf dem diese Leistungen beruhen, für die entsprechende Zeit nicht mehr rechtswirksam besteht. Die Versorgungsverwaltung hat im vorliegenden Falle den vorläufigen Bescheid allerdings für die Vergangenheit widerrufen. Wenn in dem angefochtenen Bescheid auch nicht ausdrücklich ein Widerruf des vorläufigen Bescheides, zu dessen Erteilung die Verwaltung seinerzeit nach § 1 KBLG in Verbindung mit § 1587 der Reichsversicherungsordnung (RVO) im sog. Schnellverfahren befugt war, ausgesprochen worden ist, so ist er doch mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen, da der Beklagte in dem angefochtenen Bescheid die geleisteten Zahlungen als zu Unrecht empfangen bezeichnet und zurückgefordert hat. Deshalb kann der Ansicht des Klägers, der angefochtene Bescheid enthalte überhaupt keine Aufhebung bzw. keinen Widerruf des vorhergehenden vorläufigen Bescheides, nicht gefolgt werden.
Der ausgesprochene Widerruf ist aber für die zurückliegende Zeit nicht rechtswirksam. Auch wenn er ausdrücklich vorbehalten war, so konnte die Versorgungsverwaltung doch nicht nach freiem Belieben von ihm Gebrauch machen, sondern nur, wenn es ihrem pflichtgemäßen Ermessen entsprach (vgl. hierzu BSG. a.a.O. mit weiteren Hinweisen; ferner Nebinger, Verwaltungsrecht, allg. Teil, 2. Aufl. S. 219). Ob die Voraussetzungen für die Ausübung eines Widerrufsrechts vorliegen, kann stets nur für den Einzelfall entschieden werden, da hierzu eine Prüfung und Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles notwendig sind. Dies läuft praktisch auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen hinaus. Für eine Geltendmachung des Widerrufs spricht vorliegend, daß der Kläger Versorgungsbezüge erhalten hat, deren Gewährung nach den Vorschriften des KBLG bzw. BVG nicht gerechtfertigt war. Dem stehen aber schwerer wiegende Gründe gegenüber, die dafür sprechen, dem Kläger die bis zur Erteilung des endgültigen Bescheides gezahlten Bezüge zu belassen und deshalb auf den Widerruf für die Vergangenheit zu verzichten. Wie das BSG. a.a.O. ausgeführt hat, sind dem Ermessensspielraum in der Regel um so engere Grenzen gesetzt, je länger die Versorgungsverwaltung den mit einem Widerrufsvorbehalt versehenen Verwaltungsakt hat bestehen lassen und die endgültige Feststellung - ob mit oder ohne Verschulden - hinausgezögert hat. Je länger der vorläufige Verwaltungsakt besteht, um so mehr Bedeutung gewinnt das Bedürfnis, das Vertrauen des Versorgungsberechtigten darauf, daß er mindestens die gleichen Bezüge auch bei der endgültigen Festsetzung der Rente erhalten werde und deshalb zumindest nichts zurückzuzahlen brauche, zu schützen. Wenn es sich auch nur um vorläufige Leistungen handelt, so ist auch im Falle des Klägers der Vertrauensschutz gerechtfertigt und notwendig, denn die Gewährung der Vorschüsse, die über zwei Jahre an den Kläger gezahlt worden sind, erfolgte einmal nicht ohne Prüfung (an jeden Antragsteller), sondern nur in dem nach der vorläufigen - auch ärztlichen - Beurteilung durch die Versorgungsverwaltung begründeten Fällen; zum anderen hatte der Kläger auf die Gewährung des Vorschusses sowie seine Höhe keinerlei Einfluß nehmen können, er war vielmehr ganz von der Beurteilung und Schätzung durch die Versorgungsverwaltung abhängig. Auch deshalb durfte der Kläger darauf vertrauen, daß die Verwaltung die Vorschüsse vorsichtig bemessen, also eher zu niedrig als zu hoch ansetzen würde, um für beide Seiten unerwünschte Überzahlungen zu vermeiden. Ferner ist zu berücksichtigen, daß der Kläger bei einer Rückzahlung nicht lediglich das zurückgewähren müßte, was er zuvor erhalten hat. Das trifft zwar zu, wenn lediglich auf die Höhe des Betrages abgestellt wird. Der Kläger hat aber die gezahlten Vorschüsse für sich und seine Familie verbraucht; das entspricht auch dem Zweck der Vorschüsse, denn anderenfalls wären sie sinnlos gewesen. Der Kläger würde, wenn er zur Rückzahlung verpflichtet wäre, die Vorschüsse nun nicht von einer zusätzlich zu seinem sonstigen Einkommen weiterhin gezahlten Versorgungsrente einbehalten lassen können, er müßte sie vielmehr, da er keine Rente mehr bezieht, von seinem eigentlichen Einkommen zurückzahlen. Bei den im angefochtenen Urteil aufgezeigten allgemeinen wirtschaftlichen und familiären Verhältnissen des Klägers würde dies aber eine schwere Belastung bedeuten. Durch diese besonderen Begleitumstände würde die vom Kläger mit der Rückzahlung zu erbringende Leistung nicht lediglich der früher erhaltenen Leistung entsprechen, sondern ein "Mehr" an Aufwand darstellen. Diese Mehrleistung zu verlangen, würde aber den mit der Gewährung der Vorschüsse im sogen. Schnellverfahren seinerzeit verfolgten Zweck im Falle des Klägers in sein Gegenteil verkehren; der Kläger wäre besser daran, wenn er die Vorschüsse nie erhalten hätte. Die Berücksichtigung aller dieser Umstände, die auch das LSG. im wesentlichen - allerdings in anderem Zusammenhang - gewürdigt hat, kann nur dazu führen, auf den Widerruf des vorläufigen Bescheides für die Vergangenheit zu verzichten. Ein anderes Verhalten würde im übrigen auch gegen Treu und Glauben verstoßen. Wenn die Versorgungsbehörde dennoch ihr Widerrufsrecht ausgeübt hat, so entspricht dies nicht mehr ihrem pflichtgemäßen Ermessen.
Dieses Ergebnis entspricht im übrigen auch dem Grundgedanken der Regelung, die der Gesetzgeber in § 86 Abs. 1 BVG getroffen hat. Dort ist bestimmt, daß nach Inkrafttreten des BVG die auf Grund der bisherigen versorgungsrechtlichen Vorschriften zu zahlenden Versorgungsbezüge solange weitergezahlt werden, bis die Bezüge nach dem BVG festgestellt sind. Da die bisherigen Vorschriften mit dem Inkrafttreten des BVG außer Kraft getreten sind und daher keine Rechtsgrundlage für eine Rentenzahlung mehr bilden konnten, handelt es sich auch hier praktisch um eine als Übergangsregelung eingeführte vorläufige Gewährung von Rente. Der Gesetzgeber hat dabei in § 86 Abs. 1 BVG ausdrücklich bestimmt, daß, falls nach den Vorschriften des BVG eine Minderung oder Entziehung der Rente zu erfolgen habe, diese erst mit Ablauf des auf die Zustellung des Bescheides folgenden Monats eintreten soll. Er hat also bewußt die Gefahr einer Überzahlung in Kauf genommen und sie zu seinen Lasten geregelt. Die gleiche Regelung erscheint auch im Falle des Klägers aus den dargelegten Gründen als die einzig billige. Die Versorgungsverwaltung hätte daher von dem vorbehaltenen Widerruf keinen Gebrauch machen dürfen. Ob das auch dann zu gelten hat, wenn der Versorgungsberechtigte die Rückerstattung aus einer ihm weiterhin zusätzlich zum eigentlichen Einkommen zufließenden Versorgungsrente zu bewirken vermag, kann hier dahingestellt bleiben, zumal es - wie schon ausgeführt - immer auf alle Umstände des Einzelfalles ankommt (vgl. auch Urteil des 11. Senats vom 15.12.1959 - 11 RV 868/58 - in dem in einem grundsätzlich gleichgelagerten, in den Einzelheiten jedoch anders gelagerten Fall die Ausübung des Widerrufsrechts für rechtmäßig gehalten worden ist.)
Ist aber der Widerruf für die Vergangenheit nicht rechtswirksam, so bildet der vorläufige Bescheid insoweit weiterhin die Rechtsgrundlage der Vorschußzahlungen, so daß der Kläger diese nicht "zu Unrecht" im Sinne des § 47 VerwVG empfangen hat; damit entfällt schon die erste Voraussetzung eines Rückforderungsanspruchs, so daß sich eine Prüfung der weiteren Voraussetzungen erübrigt.
Wenn das LSG. sich auch mit der Frage, ob schon der Widerruf des vorläufigen Bescheides für die hier infrage kommende Zeit rechtsunwirksam war, nicht beschäftigt, sondern auf die an sich erst später zu prüfende Frage, ob die Geltendmachung des Rückforderungsanspruchs nicht gegen Treu und Glauben verstoße, abgestellt hat, so hat es doch im Ergebnis ebenfalls zutreffend die Berechtigung zur Rückforderung verneint und zu Recht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die Revision gegen dieses Urteil ist daher unbegründet; sie war deshalb, wie geschehen, zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen