Leitsatz (redaktionell)

1. Die Festsetzung von Höchstbeträgen in § 40a BVG verstößt nicht gegen GG Art 3, da sie gleichermaßen alle Kriegerwitwen trifft.

2. Die in BVG § 40a Abs 1 bestimmte Begrenzung des Schadensausgleichs verstößt nicht gegen das GG. Neben den gesetzlich geregelten Versorgungsansprüchen ist eine Entschädigung nach den allgemein als verbindlich anerkannten Grundsätzen des Aufopferungsanspruchs nicht gegeben.

 

Orientierungssatz

Die in BVG § 40a festgelegte Begrenzung des Schadensausgleichs verstößt nicht gegen Verf RP § 139 Abs 2. Der Anspruch kann auch nicht als Aufopferungsanspruch iS des Einl ALR PR §§ 74, 75 geltend gemacht werden. Selbst wenn der Tod durch den Wehrdienst als Sonderopfer iS eines Aufopferungsanspruchs zu betrachten wäre, könnte dies nicht zu einem höheren Ausgleich führen, da die Versorgung der Kriegsopfer speziell und abschließend im BVG geregelt ist und ein allgemeiner Aufopferungsanspruch dann ausgeschlossen ist. Die Festsetzung der Höchstbeträge in BVG § 40a verstößt auch nicht gegen GG Art 3, da sie gleichermaßen alle Kriegerwitwen trifft.

 

Normenkette

BVG § 40a Abs. 1 Fassung: 1964-02-21; GG Art. 3; ALR PR; Verf RP § 139 Abs. 2 Fassung: 1947-05-18

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 26. September 1966 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Klägerin, deren Ehemann im Jahre 1941 im Alter von 28 Jahren gefallen ist, beantragte einen Schadensausgleich gemäß § 40 a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Kriegsopferrechts (2. NOG) vom 21. Februar 1961 (BGBl I 85). Sie gab an, ihr Ehemann sei nach Vollendung seines Ingenieurstudiums als Teilhaber im väterlichen Steinbruchunternehmen tätig gewesen, das er durch ein Bauunternehmen habe erweitern wollen, so daß er heute ein Einkommen von 5000,- bis 10000,- DM erzielen würde. Das Versorgungsamt (VersorgA) bewilligte mit Bescheid vom 23. Oktober 1964 einen Schadensausgleich, dessen Berechnung nach § 3 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG als Durchschnittseinkommen des Ehemannes zunächst der Bruttoverdienst der Leistungsgruppe II (Angestellte in leitender Stellung) und dann im Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 26. Januar 1965) gemäß § 5 der DVO das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 11 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) zugrunde gelegt wurde. Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 13. Dezember 1965 das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 einschließlich des Ortszuschlags nach Stufe II und Ortsklasse A des BBesG zugrunde gelegt, im übrigen die Klage jedoch abgewiesen, soweit sie auf Gewährung eines Schadensausgleichs in Höhe von 600 DM monatlich gerichtet war. Gegen dieses Urteil legte die Klägerin Berufung und der Beklagte Anschlußberufung ein. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 26. September 1966 das Urteil des SG abgeändert und gemäß § 6 LVO das Vergleichseinkommen nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 16 nebst Ortszuschlag nach Stufe II und Ortsklasse A des BBesG bemessen, die weitergehende Berufung der Klägerin und die Anschlußberufung des Beklagten jedoch zurückgewiesen. Es hat das Begehren der Klägerin auf Gewährung eines Schadensausgleichs in Höhe von 600 DM (60 v. H. aus 10000 DM) wegen der in § 40 a BVG bestimmten Höchstbeträge (erst 200 DM, seit dem 1. Januar 1967 gemäß § 40 a Abs. 1 BVG idF des 3. NOG 250 DM) für unbegründet gehalten. Auf Art. 139 Abs. 2 der Verfassung des Landes Rheinland-Pfalz sei die Gewährung eines höheren Schadensausgleichs nicht zu stützen, weil durch diese Vorschrift unmittelbar keine Rechte begründet würden und zudem das Land Rheinland-Pfalz nach Erlaß des BVG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 des Grundgesetzes - GG -) zu eigenen versorgungsrechtlichen Regelungen nicht befugt sei. Die im BVG getroffene Regelung widerspreche nicht dem GG. Weder die Gerichte noch die Klägerin hätten bisher dahingehende Bedenken geäußert. Die Versorgungsleistungen müßten auch durch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates nach oben begrenzt werden. Die Typisierung und Pauschalierung der Leistungen erfordere die Gesetzgebungstechnik. Die Regelung in § 40 a BVG verstoße auch nicht gegen Art. 3 GG, weil alle Kriegerwitwen gleichbehandelt würden. Die Höhe der Versorgung sei angemessen. Die Klägerin erhalte Versorgungsleistungen nach den BVG ungeachtet persönlicher oder wirtschaftlicher Rückschläge, welche das Einkommen ihres Ehemannes hätten beeinträchtigen können. Wenn in anderen Entschädigungsgesetzen die Leistungen nicht begrenzt seien, so seien deswegen die Bestimmungen des BVG noch nicht verfassungswidrig. Die Entscheidung über den Einsatz staatlicher Mittel obliege dem Gesetzgeber, die Gerichte dürften insoweit nicht ihre Auffassung an die Stelle der Gesetze setzen. Die Ansicht der Klägerin, der Gesetzgeber hätte zuerst die Leistungen aus der Kriegsopferversorgung erhöhen müssen, bevor er Leistungen verteile, auf die kein Rechtsanspruch besteht, berühre die Gültigkeit des BVG nicht. Wenn Bundesmittel verteilt würden, ohne daß darauf ein Anspruch bestehe, so seien dafür sachliche Erwägungen maßgebend, die es ausschlössen, das BVG als verfassungswidrig zu bezeichnen (vgl. BSG 10, 64; 20, 28). Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf Bestimmungen des Preußischen Allgemeinen Landrechts (PrALR) und andere Gesetze über Aufopferungsansprüche berufen, da diesen Regelungen andere Sachverhalte zugrunde lägen, die Versorgung der Kriegsopfer aber in einem besonderen Gesetz geregelt sei. Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 9. November 1966, der am 14. November 1966 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen ist, Revision eingelegt und diese begründet.

Sie beantragt zu erkennen,

1. das Urteil des LSG vom 26. September 1966 wird abgeändert,

2. das beklagte Land wird unter Abänderung des Bescheides des VersorgA L vom 23. Oktober 1964 sowie des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 1965 und des Urteils des SG Speyer vom 13. Dezember 1965 verurteilt, der Klägerin vom 1. Januar 1964 an eine Kriegsopferversorgungsrente in Höhe von 60 v. H. des mutmaßlichen heutigen Monatseinkommens ihres Ehemannes zu gewähren, das monatlich 6000 bis 10000 DM brutto betragen würde,

3. hilfsweise beantragt sie zu erkennen,

das beklagte Land wird verurteilt, unter Abänderung der angegriffenen Urteile und Bescheide der Klägerin vom 1. Januar 1964 an eine Versorgungsrente zu gewähren, die der Dienstunfallhinterbliebenen-Versorgung aus der Besoldungsgruppe A 16 des BBesG (einschließlich des Ortszuschlags nach Stufe II und Ortsklasse A) - ohne Beschränkung nach § 40 a BVG - entspricht.

In der Revisionsbegründung, auf die im übrigen Bezug genommen wird, rügt die Klägerin eine Verletzung des Art. 139 Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz in Verbindung mit Art. 70 ff GG, der §§ 74, 75 Einleitung zum PrALR und der Art. 3, 14 Abs. 3 GG. Sie wendet sich ferner gegen die in § 40 a BVG bestimmte Begrenzung des Schadensausgleichs. Nach Art. 139 Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz hätten die Kriegsopfer und ihre Hinterbliebenen Anspruch auf eine angemessene Versorgung. Da die Kriegsopferversorgung zum Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung gehöre, habe das Land den Kriegsopfern einen "landesrechtlichen Ergänzungsanspruch" neben dem bundesrechtlichen Anspruch gewähren können (Art. 120 Abs. 1 Satz 5 GG). Auch schon vor Einführung des § 40 a BVG habe die Kriegerwitwe auf Grund des Aufopferungsanspruchs Schadensausgleich beanspruchen können (§§ 74, 75 der Einleitung zum PrALR; § 844 BGB, BGH in NJW 1961, 555 ff; BGH 9,90), da für jeden Schaden aus einer hoheitlich geforderten Leistung - in diesem Falle des Wehrdienstes - ein Ausgleich zu gewähren sei (BGH 28, 313 = NJW 1959, 385), ohne daß es auf die Gezieltheit des Angriffes ankomme (BGH in NJW 1962, 1439; BGH in DÖV 1965, 203). Das BVG sei nur eine Auswirkung und "pauschale Vertypung" des allgemeinen Aufopferungsanspruchs (BGH in NJW 1965, 347). Die willkürliche Begrenzung des Schadensausgleichs gemäß § 40 a BVG sei daher nichtig. Die volle Entschädigung durch die Kriegsopferversorgung könne auch nicht aus Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit eingeschränkt werden, da nur sehr wenige Personen durch den Krieg besonders geschädigt seien. Die meisten Kriegerwitwen hätten als Witwen von Arbeitern, Angestellten und Beamten neben der Rente nach dem BVG eine auskömmliche zusätzliche Versorgung aus einer Rentenversicherung, einer Pension oder aus eigenen Arbeitseinkünften. Die Begrenzung des Schadensausgleichs könne auch nicht mit einer wegen der Praktikabilität notwendigen Typisierung und Pauschalierung begründet werden, da nach § 40 a BVG in jedem Einzelfall der Schaden geprüft werden müsse, wie auch das Bundesentschädigungsgesetz (BEG) eine Prüfung im einzelnen Falle ausdrücklich vorschreibe. Der Gleichheitsgrundsatz sei verletzt, weil die unterschiedlichen Einkommensverhältnisse der Gefallenen in § 40 a BVG nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Die wirtschaftlichen Nachteile seien unterschiedlich, weil nicht alle, die im Krieg gefallen sind, das gleiche Einkommen hatten oder erreicht hätten und auch nicht alle Kriegsteilnehmer gefallen seien. Für die meisten Kriegsteilnehmer habe der Schaden nur in einem Zeitverlust und einem vorübergehenden Verdienstausfall bestanden; der weitere und somit ungleiche Schaden sei zu ersetzen (BGH 28, 310 = NJW 1959, 385). Ein Gesetz, das den Ersatz dieses Schadens versage oder auf Höchstbeträge beschränke, sei nichtig (Art. 14 Abs. 3 GG); denn die §§ 74, 75 Einleitung PrALR hätten auch bei Eintritt des Schadens im Jahre 1941 gegolten (BVerwG 57, 234, 236). Im übrigen sehe der § 40 a BVG auch ohne Höchstbegrenzung schon eine, wenn auch ungenügende, Differenzierung vor. Die Versorgung der Klägerin könne auch nicht als angemessen bezeichnet werden. Ihre aus Grundrente, Ausgleichsrente, Rente aus der Sozialversicherung und Schadensausgleich bestehenden monatlichen Bezüge lägen unter 500 DM, obwohl ihr Ehemann jährlich 20000 DM verdient habe und heute als Alleininhaber eines Steinbruchbetriebes und eines Bauunternehmens monatlich 6000 bis 10000 DM brutto verdienen würde. Als angemessen sei im öffentlichen Recht nach einem Dienstunfall grundsätzlich eine Witwenrente von 60 v. H. des Einkommens des Ehemannes zu betrachten, wie ein Vergleich mit entsprechenden Regelungen in der Rentenversicherung, im Beamtengesetz und im BEG zeige. Nur bei einer solchen Versorgung werde der Anspruch auf eine angemessene Rente im Rahmen des Aufopferungsanspruches erfüllt (§ 844 BGB, BGH in NJW 1961, 555 ff; § 75 Abs. 2 BEG). Angemessen sei die Rente der Hinterbliebenen dann, wenn diese wirtschaftlich so gestellt seien, wie sie ohne den Tod des Ehemannes stehen würden (ebenso BVerwG VC 116/65, abgedruckt in FE VS 13, 121). Alle Entschädigungsgesetze seien Ausfluß des Aufopferungsanspruchs gemäß den §§ 74, 75 Einleitung PrALR (BGH in NJW 1965, 347). Werde ein typischer Aufopferungsanspruch in einem besonderen Gesetz geregelt, so sei der Gesetzgeber an die Gesichtspunkte des allgemeinen Aufopferungsanspruchs gebunden (Art. 14 Abs. 3 GG) und könne bestehende Rechte nicht durch ein Gesetz, auch nicht durch das BVG, ohne entsprechende Kompensation entziehen (BVerfG in NJW 1963, 1395; BVerwG in DÖV 1965, 168). Die Begrenzung des Schadensausgleichs in § 40 a BVG sei somit verfassungswidrig. Gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße der § 40 a BVG auch insofern, als er im Vergleich mit anderen Entschädigungsgesetzen die mangelhafteste Differenzierung aufweise. Für die hinterbliebene Ehefrau sei finanziell unerheblich, ob ihr Ehemann in einem Konzentrationslager oder an der Front den Tod gefunden habe, weil er in beiden Fällen auf einer staatlichen Maßnahme beruhe; im ersten Fall erhalte die Witwe jedoch 60 v. H. des mutmaßlichen Einkommens ihres Ehemannes (§ 18 BEG), im zweiten Fall sei ihr Anspruch aber auf 200 DM (jetzt 250 DM) begrenzt. Auch das Gesetz zu Art. 131 GG und das Bundesleistungsgesetz enthielten keine derartige Begrenzung, und § 4 Abs. 3 der VO über Ersatzleistungen beim Luftschutz lasse eine gestaffelte Tagesentschädigung bis zu 80 DM zu.

Der Beklagte beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Er hält die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil für zutreffend und die Revision der Klägerin für unbegründet. Wegen seines Vorbringens wird auf die Revisionserwiderung vom 3. Januar 1967 verwiesen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden; sie ist daher zulässig (§§ 164, 166 SGG). Die Revision ist aber nicht begründet.

Nach den Revisionsanträgen begehrt die Klägerin unter Abänderung der Bescheide vom 23. Oktober 1964 und vom 26. Januar 1965 vom 1. Januar 1964 an Versorgungsrente in Höhe von 60 v. H. des mutmaßlichen heutigen Monatseinkommens ihres Ehemannes, das sie auf 6000 bis 10000 DM beziffert, oder hilfsweise eine Versorgungsrente in Höhe der Dienstunfallhinterbliebenenrente aus der Besoldungsgruppe A 16 BBesG (einschließlich des Ortszuschlages nach Stufe II und Ortsklasse A) ohne Beschränkung nach § 40 a BVG. Bei dieser Fassung ihrer Anträge kann zweifelhaft sein, ob die Klägerin eine Erhöhung ihrer Witwenrente oder die Gewährung eines die Höchstbeträge nach § 40 a BVG überschreitenden Schadensausgleichs beansprucht. Da aber nicht die früheren Bescheide über die Hinterbliebenenrente, sondern - wie deutlich erkennbar - nur die Bescheide über den Schadensausgleich der Witwe nach § 40 a BVG wegen der nach Meinung der Klägerin unzulässigen Beschränkung auf die in dieser Vorschrift festgesetzten Höchstbeträge angefochten sind, ist nur darüber zu entscheiden, ob der Klägerin über diese Beträge hinaus ein Schadensausgleich in Höhe von 60 v. H. desjenigen Einkommens zusteht, das ihr Ehemann heute vermutlich erreichen würde. Das LSG hat dies zutreffend verneint.

Nach § 40 a BVG idF des 2. NOG erhalten Witwen einen Schadensausgleich von vier Zehnteln des festgestellten Unterschiedsbetrages, höchstens jedoch 200 DM monatlich, vom 1. Januar 1967 an nach dem 3. NOG 250 DM monatlich. Diese Begrenzung verstößt weder gegen Art. 139 Abs. 2 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vom 18. Mai 1947 noch gegen das GG. Nach Art. 139 Abs. 2 der Verfassung von Rheinland-Pfalz haben Kriegsopfer und ihre Hinterbliebenen Anspruch auf eine angemessene Versorgung. Diese Vorschrift begründete jedoch für sich selbst keine unmittelbaren Rechte für die Betroffenen, sondern verpflichtete nur die gesetzgebenden Organe des Landes zu entsprechender Beachtung bei der gesetzlichen Regelung der Versorgung der Kriegsopfer. Abgesehen davon konnten vom Erlaß des BVG an landesrechtliche Versorgungsgesetze keine Geltung mehr haben. Nach dem GG gehört die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen zum Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 72, 74 Nr. 10 GG), auf dem die Länder zur Gesetzgebung nur befugt sind, solange und soweit der Bund sich eigener gesetzlicher Regelungen enthält (Art. 72 Abs. 1 GG). Wird jedoch ein Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung durch ein Gesetz des Bundes geregelt, so ist den Ländern insoweit eine eigene gesetzliche Regelung verwehrt und diese bisher bestehende landesrechtliche Regelung tritt außer Kraft. Nachdem der Bund die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen durch das Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges vom 20. Dezember 1950 einheitlich geregelt hatte, konnten etwa bisher bestehende landesrechtliche Regelungen keine Geltung mehr behalten, und das Land konnte auch auf diesem Gebiet nicht mehr eigene gesetzliche Regelungen treffen oder bundesgesetzliche Regelungen ergänzen. Eine solche Möglichkeit bietet auch Art. 120 Abs. 1 Satz 5 GG nicht, dessen Absatz 1 eindeutig nur die grundsätzliche Verteilung der finanziellen Lasten zwischen Bund und Ländern betrifft, die gesetzliche Regelung von Entschädigungsansprüchen aber nicht berührt und den Ländern jedenfalls nicht die gesetzliche Einführung zusätzlicher Versorgungsleistungen gestattet.

Der Anspruch auf einen Schadensausgleich in der begehrten Höhe kann auch nicht auf die Grundsätze des Aufopferungsanspruches im Sinne der §§ 74, 75 der Einleitung zum PrALR gestützt werden. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dem Anspruch der Kriegsopfer auf Versorgung überhaupt um einen Aufopferungsanspruch oder um einen Anspruch anderer Rechtsnatur handelt. Selbst wenn es sich bei dem Versorgungsanspruch seiner Rechtsnatur nach um einen Aufopferungsanspruch handelt, so kann dieser Umstand keinesfalls einen höheren Schadensausgleich für die Klägerin begründen. Die Voraussetzungen und der Umfang der Ansprüche aus der Kriegsopferversorgung sind eingehend im BVG geregelt. Die allgemein als verbindlich anerkannten Grundsätze des Aufopferungsanspruchs haben aber, wie sich insbesondere aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt, nur subsidiäre Bedeutung und könnten nur eingreifen, sofern der Ausgleich für die durch ein besonderes Opfer erlittenen Schädigungen nicht schon ausdrücklich und erschöpfend im BVG geregelt wäre. Dies gilt insbesondere auch insoweit, als ein Schadensausgleich erst durch § 40 a BVG idF des 2. NOG vom 1. Januar 1964 an eingeführt wurde. Mit dieser Vorschrift ist nicht etwa erst die Versorgung der Witwen geregelt worden, vielmehr ist damit die bisherige Versorgung der Witwen verbessert worden, ohne daß deswegen die bisherige Regelung in irgendeiner Weise als unvereinbar mit dem GG bezeichnet werden kann. Der Klägerin kann auch nicht gefolgt werden, soweit sie meint, die Versorgung nach dem BVG sei unzureichend und unangemessen, so daß von einer Sonderregelung dieser Aufopferungsansprüche nicht gesprochen werden könnte und somit doch die allgemeinen Grundsätze des Aufopferungsanspruchs zur Regelung der Versorgung heranzuziehen seien. Ob eine Regelung der Versorgung im BVG so unangemessen ist, daß von einer Sonderregelung dieses Aufopferungsanspruchs nicht gesprochen werden kann, ist nicht nach den Vorstellungen der Betroffenen, sondern nur nach den Erwägungen des Gesetzgebers zu beurteilen. Dieser hat bei der Regelung des Umfanges der Versorgung das Verhältnis zu vergleichbaren Leistungen und die finanziellen Möglichkeiten im Rahmen der gesamten dem Bund obliegenden Verpflichtungen zu berücksichtigen. Diese Erwägungen sind stets für die Versorgung der Kriegshinterbliebenen im BVG maßgebend gewesen, und die so geregelte Versorgung ist auch stets als eine abschließende angesehen worden, die eine Ergänzung auf Grund allgemeiner Ausgleichsgrundsätze weder zuließ noch erforderte.

Haben sonach niemals besondere Aufopferungsansprüche neben den gesetzlich geregelten Versorgungsansprüchen bestanden, so kann auch nicht von der ersatzlosen Entziehung eines abgeleiteten Aufopferungsanspruchs durch die Regelung im BVG die Rede sein, die gegen Art. 14 Abs. 3 GG verstieße, so daß dahingestellt bleiben kann, ob die in dieser Vorschrift nur für Vermögenswerte, also für subjektive private Rechte übernommene Garantie, überhaupt auf öffentlich-rechtliche Ansprüche ausgedehnt werden kann. Die in § 40 a BVG bestimmte Begrenzung des Schadensausgleichs verstößt auch sonst nicht gegen das GG. Der Artikel 2 GG ist völlig fehl am Platze, um einen Anspruch auf Zuerkennung eines das gesetzliche Maß übersteigenden Schadensausgleichs zu begründen, und das Bekenntnis zum sozialen Rechtsstaat in Art. 20 GG verpflichtet zwar den Gesetzgeber zur Herstellung erträglicher Lebensbedingungen für alle von den Folgen des Krieges betroffenen Personen, gibt aber selbst bei einer nicht gerechtfertigten Vernachlässigung dieser Pflicht dem einzelnen noch keine Ansprüche, insbesondere nicht Ansprüche über das gesetzlich geregelte Maß hinaus. Die Regelung des Schadensausgleichs in § 40 a BVG verstößt schließlich auch nicht gegen Art. 3 GG. Sie schafft keine sachlich unbegründeten Unterschiede und ist auch sonstwie nicht willkürlich. Bei der Beurteilung nach dieser Richtung hin ist nicht von den Vorstellungen der Betroffenen, sondern von den Maßstäben auszugehen, die für die Höhe und das Ausmaß der Leistungen bestimmend sind. Soweit der Betrag des Schadensausgleichs der Höhe nach begrenzt ist und ebenso das nach der DVO festzustellende Vergleichseinkommen des Ehemannes - im vorliegenden Fall bei dem in einem selbständigen Beruf tätig gewesenen Ehemann der Klägerin begrenzt auf ein Einkommen nach der Besoldungsgruppe A 14 bzw. A 16 (§§ 5, 6 DVO zu § 30 Abs. 3 und Abs. 4 BVG) - ist eine ungleiche Behandlung der Hinterbliebenen von Beschädigten nicht zu erkennen. Soweit die Klägerin meint, infolge der Begrenzung erhielten die früher Begüterten ihren durch den Tod des Beschädigten erlittenen Schaden in einem geringeren Umfang ersetzt als die weniger Begüterten, verkennt sie, daß mit dem Schadensausgleich nicht ein Schadensersatz, sondern nur ein Ausgleich gewährt werden soll, daß dieser Ausgleich überhaupt nur auf der Grundlage von nicht beweisbaren Annahmen (Einkommen, das der Ehemann erzielt "hätte") gewährt wird und gewährt werden kann, und daß auf dieser Grundlage der Gesetzgeber seine Leistungen trotz Typisierung und Pauschalierung so weitgehend differenziert hat, daß von einer Willkür oder von einem Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nicht gesprochen werden kann. Das gilt auch insoweit, als anders als bei der Witwenausgleichsrente beim Schadensanspruch nicht mehr zwischen erwerbstätigen und nichterwerbstätigen Witwen unterschieden ist, weil diese Unterscheidung bei dem Schadensausgleich bereits dadurch zum Austrag kommt, daß die Ausgleichsrente als Einkommen der Witwe anzusehen ist (§ 40 a Abs. 2 BVG). Soweit das BEG oder das Beamtengesetz als Versorgung der Hinterbliebenen einen höheren Anteil an den bis zum Tode des Ehemanns gewährten Bezügen vorsehen, so kann daraus nicht auf eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bei der Regelung in § 40 a BVG geschlossen werden, weil die Versorgung jenes Personenkreises auf anderen Sachverhalten beruht und von anderen Erwägungen bestimmt ist als die Versorgung nach dem BVG. Zur Angleichung der Kriegsopferversorgung an die Versorgung auf der Grundlage anders gelagerter Fälle zwingt Art. 3 GG nicht, er verlangt nur, daß der Gesetzgeber im wesentlichen gleiche Tatbestände gleich regelt. Diesem Erfordernis aber genügt § 40 a BVG. Ist aber diese Vorschrift gültig und ebenso die auf dieser Grundlage erlassene DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG, insbesondere auch, soweit dadurch Höchstgrenzen und Pauschalierungen für das Vergleichseinkommen des Ehemanns und den Schadensausgleich der Witwe selbst gesetzt sind, so hat das LSG mit Recht die Gewährung des Schadensausgleichs in der von der Klägerin begehrten Höhe abgelehnt, und zwar sowohl in der mit dem Hauptantrag als auch in der mit dem Hilfsantrag begehrten Höhe. Die Revision der Klägerin ist daher nicht begründet und war zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324452

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