Entscheidungsstichwort (Thema)
Überwiegender Unterhalt iS des § 3 Abs 3 BKGG
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage, ob Studenten auch während ihres Studiums am Orte der Familienwohnung als Stiefkinder in den Haushalt aufgenommen bleiben, wenn sie eine eigene Wohnung innehaben.
2. Bei volljährigen Kindern bestreitet derjenige Elternteil den überwiegenden Unterhalt, der den Unterhaltsbedarf überwiegend abdeckt.
Orientierungssatz
1. Soweit das Gesetz in § 3 Abs 3 BKGG den Anspruch auf das Kindergeld von der Gewährung des überwiegenden Unterhalts an eine bestimmte Person abhängig macht, kommt es auf das Verhältnis der beiderseitigen tatsächlich erbrachten Leistungen zum vorhandenen Lebensbedarf an (vgl BSG vom 20.5.1987 10 RKg 12/85).
2. Nur Leistungen, die dem Unterhaltsaufwand dienen und nicht über den Unterhaltsbedarf hinausgehen, sind im Rahmen des § 3 Abs 3 BKGG zugunsten desjenigen, der sie erbringt, zu berücksichtigen. Dies folgt insbesondere aus § 1610 BGB. Diese Vorschrift bestimmt das Maß des zu gewährenden Unterhalts; in ihr sind die Obergrenzen der Unterhaltsberechtigung und -verpflichtung festgelegt. Demzufolge sind Bar- oder Sachleistungen, wenn sie diese Grenze überschreiten, wenn sie also über den angemessenen gesamten Lebensbedarf (§ 1610 Abs 1 und 2 BGB) des Berechtigten hinausgehen, kein Unterhalt mehr. Sie sind Vergünstigungen anderer Art.
3. Zum Begriff der Haushaltsaufnahme iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 BKGG.
Normenkette
BKGG § 2 Abs 1 S 1 Nr 1, § 2 Abs 1 S 1 Nr 5, § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 Fassung: 1986-01-21, § 3 Abs 2 S 1 Nr 3, § 3 Abs 2 S 1 Nr 2 Fassung: 1986-01-21, § 3 Abs 3 S 2; BGB § 1610 Abs 1; BGB § 1610 Abs 2
Verfahrensgang
LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 13.05.1986; Aktenzeichen L 13 Ar 35/83) |
SG Dortmund (Entscheidung vom 09.11.1983; Aktenzeichen S 5 (6) Ar 272/80) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger das für seinen Sohn Thomas (T.) von August 1978 bis November 1983 zu zahlende Kindergeld rechtmäßig entzogen hat, weil der Beigeladene zu 1) vorrangig anspruchsberechtigt sei.
Der im Jahre 1957 geborene T. lebte seit 1964 mit seiner Mutter (Beigeladene zu 3) und seinem Stiefvater (Beigeladener zu 1) in einer gemeinsamen Wohnung, in welcher später auch die 7 1/2 Jahre jüngere Halbschwester wohnte. Der Mutter - sie war die erste Ehefrau des Klägers - war das Sorgerecht übertragen worden. Sie verzichtete auf ihr vorrangiges Bezugsrecht, so daß der Beigeladene zu 1) von seinem Arbeitgeber, dem Beigeladenen zu 2), Kindergeld bezog.
Mit Beginn seines Medizinstudiums im Herbst 1977 mietete T. in Essen eine eigene Unterkunft und ab Mai 1978 eine 35 Quadratmeter große Sozialwohnung; zwischen dieser und der Wohnung der Mutter und des Stiefvaters lag ein etwa dreiminütiger Fußweg.
Der Kläger zahlte T. Unterhalt, und zwar in der hier interessierenden Zeit von August 1978 bis Februar 1981 monatlich 550,-- DM und danach 660,-- DM. Auf seinen Antrag vom Februar 1979 gewährte die Beklagte ihm ab August 1978 Kindergeld auch für T. Mit dem in diesem Verfahren streitbefangenen Bescheid vom 11. März 1980 entzog sie dieses von Anfang an wieder und behielt sich die Rückforderung vor. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch ihren Widerspruchsbescheid vom 12. August 1980 mit der Begründung zurück, der Stiefvater sei nach wie vor vorrangig berechtigt, weil der Zusammenhang des T. mit dessen Haushalt durch die anderweitige Unterkunft nicht unterbrochen worden sei.
Das Sozialgericht -SG- hat mit Urteil vom 9. November 1983 die genannten Bescheide aufgehoben, weil T. seit der Anmietung einer eigenen Unterkunft nicht mehr in den Haushalt des Stiefvaters aufgenommen sei. Die von dem SG zugelassene Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 13. Mai 1986 zurückgewiesen; das LSG hat die Revision zugelassen. Zur Begründung des Urteils hat das LSG ua folgendes ausgeführt: T. habe in dem rechtserheblichen Zeitraum nicht mehr im Haushalt seines Stiefvaters gelebt, so daß dessen - vorrangige - Kindergeldberechtigung entfallen sei. Die Wohnung von Mutter und Stiefvater sei nicht mehr der ortsbezogene Mittelpunkt gemeinschaftlicher Lebensinteressen des Stiefvaters und des T. gewesen; T. habe die frühere gemeinschaftliche Familienwohnung durch die Anmietung und Nutzung einer eigenen Wohnung auf Dauer aufgegeben. Eine räumliche Einheit oder Verbindung habe zwischen den beiden Wohnungen nach der Verkehrsauffassung nicht bestanden. Das Leben des T. habe sich schwerpunktmäßig in der eigenen Wohnung vollzogen, nur zu einem geringen Anteil habe er sich in der früheren Familienwohnung aufgehalten. Auch die Mutter sei gegenüber dem Kläger nicht vorrangig kindergeldberechtigt, weil sie T. nicht überwiegend unterhalten habe. Bezüglich der Zubereitung des Mittag- und Abendessens, des Reinigens und Bügelns der Wäsche und ähnlicher Betreuungsleistungen habe bei dem volljährigen T. kein Unterhaltsbedarf bestanden, weil er imstande gewesen sei, sich insoweit - ggf mit Hilfe der vorhandenen Barmittel - selbst zu unterhalten. Sein Unterhaltsbedarf sei ausschließlich ein Barbedarf gewesen und habe dem der Regelwerte der sogenannten Düsseldorfer Tabelle entsprochen. Dieser Bedarf habe sich bis Ende 1979 auf 660,-- DM, bis Ende 1981 auf 700,-- DM und danach auf 765,-- DM belaufen. Auch bei Berücksichtigung zusätzlicher Lehrmittelkosten von monatlich 66,67 DM habe der Kläger den T. durch seine Unterhaltszahlungen überwiegend unterhalten, welche T. gerichtlich in Anspruch genommen habe.
Gegen dieses Urteil haben die Beigeladenen zu 1) und zu 3) Revision eingelegt. Nach ihrer Meinung war T. während der fraglichen Zeit noch in den Haushalt seines Stiefvaters aufgenommen; außerdem hätten seine Mutter und der Stiefvater den Unterhalt des T. überwiegend gewährleistet.
Das LSG habe zu Unrecht angenommen, T. hätte seit 1977 in einer selbständigen Wohnung gewohnt, welche nicht integrierter Bestandteil der Familienwohnung gewesen sei. Die räumlich getrennte Unterkunft für T. habe angemietet werden müssen, um ein ordnungsgemäßes Studium zu ermöglichen. Bis dahin habe er ein Zimmer mit seiner jüngeren Schwester geteilt. Man habe die kostengünstigste Lösung gesucht und die Möglichkeit des T. genutzt, eine Sozialwohnung zu erhalten. Einen neuen eigenen Lebenskreis habe T. nicht begründet. Dadurch, daß er sich im wesentlichen in seiner Studentenunterkunft aufgehalten habe, sei der Zusammenhang mit dem Haushalt seines Stiefvaters nicht aufgelöst worden, zumal da sich die Unterkunft in unmittelbarer Nähe der Familienwohnung befunden habe. T. habe diese auch nur vorübergehend verlassen. Dies folge aus der weiteren Betreuung durch die Familie. Auf den Willen, nach dem Studium in die Familienwohnung zurückzukehren, dürfe nicht abgestellt werden; ausschlaggebend sei der - bei T. fehlende - Wille zur Eigenständigkeit und die finanzielle Abhängigkeit des T. Schließlich bleibe ein Haushaltszusammenhang bestehen, solange dem Stiefkind Heimstatt und Fürsorge gewährt würden. Dies entspreche auch dem Sinn der Kindergeldgewährung.
Die Frage, ob T. überwiegend von seinem Vater unterhalten worden sei, könne nicht anhand der Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) beantwortet werden. Auf der anderen Seite müßten die Leistungen von Mutter und Stiefvater zusammengerechnet werden. Bei Berücksichtigung des kostenintensiven Medizinstudiums ergebe sich, daß der Unterhalt des T. nicht von seinem Vater überwiegend bestritten worden sei.
Die Revisionskläger beantragen,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die übrigen Beteiligten stellen keine Anträge. Die Beklagte hält das angefochtene Urteil in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für richtig.
Entscheidungsgründe
Die Revisionen der Beigeladenen zu 1) und zu 3) sind nicht begründet. Der dem Kläger erteilte Bescheid über die Bewilligung von Kindergeld für T. war rechtmäßig, so daß er nicht zurückgenommen werden durfte.
Die Rechtmäßigkeit des streitigen Bescheides richtet sich nach § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB 10), denn beim Inkrafttreten des 1. und 2. Kapitels des SGB 10 am 1. Januar 1981 noch nicht abgeschlossene Verfahren sind nach Art II § 37 des Gesetzes vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) nach den Vorschriften des SGB 10 zu Ende zu führen (Großer Senat in BSGE 54, 223, 226).
§ 45 SGB 10 erlaubt die Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte. Der streitige Bescheid wäre daher rechtswidrig, wenn der dem Kläger das Kindergeld für T. ab 1. August 1978 bewilligende Verwaltungsakt rechtmäßig war, dh dem Kläger das Kindergeld für T. zustand.
T. war als eheliches Kind - auch für die Zeit seiner Berufsausbildung, § 2 Abs 2 Nr 1 BKGG - bei dem Kläger zu berücksichtigen, weil auch die sonstigen Voraussetzungen des § 1 BKGG vorlagen. Das LSG hat zutreffend überprüft, ob die Revisionskläger - Stiefvater und Mutter des T. - gegenüber dem Kläger nach § 3 Abs 2 Nr 2, Abs 3 BKGG vorrangig berechtigt waren; denn nach § 3 Abs 1 BKGG wird das Kindergeld für jedes Kind nur einer Person gewährt. Angesichts des von ihm festgestellten Sachverhalts hat es mit Recht entschieden, daß den Beigeladenen zu 1) und zu 3) kein Kindergeld zu gewähren war.
Den Revisionsklägern steht kein Kindergeld zu. Im Kindergeldrecht stehen Stiefeltern in der Rangfolge der Gewährung vor den leiblichen Eltern, § 3 Abs 2 Nrn 2 und 3 BKGG. Demzufolge wäre das Kindergeld für T. an den Beigeladenen zu 1) zu erbringen gewesen, wenn T. in der Zeit von August 1978 bis zum November 1983 noch dessen Stiefkind iS von § 2 Abs 1 BKGG gewesen wäre. Nach dieser Vorschrift werden nur solche Stiefkinder berücksichtigt, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat. Der Beigeladene zu 1) hatte T. in der streitigen Zeit nicht in seinen Haushalt aufgenommen. Er lebte vielmehr in einem eigenen, von dem des Stiefvaters getrennten und auch räumlich entfernten Haushalt. Für das Tatbestandsmerkmal der Aufnahme in den Haushalt sind die tatsächlichen Umstände maßgebend, unter denen das Kind lebt, wo es untergebracht ist und wo es betreut wird. Das gilt auch dann, wenn die Kosten für den Lebensunterhalt des Kindes von anderer Seite getragen werden. Die Gründe, aus denen ein Kind in einen Haushalt nicht, in einen anderen Haushalt jedoch aufgenommen worden ist, spielen dabei keine Rolle. Anders als bei ehelichen, für ehelich erklärten, an Kindes statt angenommenen und nichtehelichen Kindern verlangt das Gesetz - offenbar wegen des fehlenden oder entfernteren Verwandtschaftsverhältnisses - bei Stiefkindern, Pflegekindern sowie Enkeln und Geschwistern eine Aufnahme in den Haushalt (§ 2 Abs 1 BKGG), weil nur bei der erstgenannten Gruppe unterstellt wird, daß die Kinder persönlich betreut werden; bei Pflegeeltern, Stiefeltern, Großeltern und Geschwistern dagegen nicht. Hierin wird die Zielsetzung des Kindergeldrechts deutlich, die in der Begünstigung der Familien besteht, in denen Kinder dauernd leben. Derjenige, der Kindern eine Heimstatt bietet und sich um ihr persönliches Wohl sowie um ihre Erziehung kümmert, soll für die damit verbundenen finanziellen, mindestens aber persönlichen Opfer einen Ausgleich von der Gesellschaft erhalten (BVerfGE 22, 163, 169, 173; 23, 258, 263, 264; BSG SozR 5870 § 3 Nr 3). Unter Haushaltsaufnahme iS des § 2 Abs 1 BKGG ist zwar vor allem ein örtlich gebundenes Zusammenleben zwischen Stiefeltern und Stiefkindern zu verstehen. Zu diesem örtlichen Merkmal (Familienwohnung) müssen jedoch weitere Voraussetzungen materieller Art (Vorsorge, Unterhalt) und immaterieller Art (Zuwendungen von Fürsorge, Begründung eines familienähnlichen Bandes) hinzukommen. Fehlt oder entfällt auch nur eines dieser drei, die "Familiengemeinschaft" bildenden Merkmale, so liegt eine Aufnahme des Stiefkindes in den Haushalt nicht oder nicht mehr vor (BSG SozR 2200 § 1262 Nr 14 mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). So läßt eine völlige auf Dauer angelegte räumliche Trennung zwischen Stiefkind und Stiefelternteil die Berücksichtigung eines Stiefkindes im Rahmen des Kindergeldrechtes bei einem Stiefelternteil nicht zu. Der Stiefelternteil und das Stiefkind müssen einer Familiengemeinschaft angehören, also auch einen ortsbezogenen Mittelpunkt gemeinschaftlicher Lebensinteressen, dh, eine gemeinsame Familienwohnung, haben. Eine räumliche Trennung steht nur dann der Annahme einer Familiengemeinschaft nicht entgegen, wenn eine gesicherte Grundlage für die Annahme vorliegt, die räumliche Trennung sei nur vorübergehender Natur (BSG SozR 2200 § 1262 Nr 14). So kann etwa eine Haushaltsaufnahme fortbestehen, wenn sich das Stiefkind zur Schul- oder Berufsausbildung auswärts aufhält (BSGE 25, 109, 111), sich die auswärtige Unterbringung aber nach den Gesamtumständen als nur von vorübergehender Natur erweist. Ist aber die Unterbringung außerhalb der gemeinsamen Familienwohnung derart gestaltet, daß diese nicht der ortsbezogene Mittelpunkt gemeinschaftlicher Lebensinteressen des Stiefkindes und des Stiefelternteils ist und auch als solcher in absehbarer Zeit nicht hergestellt werden soll, ist eine Aufnahme in den Haushalt zu verneinen (BSGE 20, 91, 94; BSGE 29, 294, 295).
Nach den Feststellungen des LSG wohnte T. in der hier strittigen Zeit in einer von ihm gemieteten 35 Quadratmeter großen Wohnung, welche von der Familienwohnung drei Minuten entfernt lag. Die Revision meint, diese räumliche Trennung habe nicht zur Auflösung der gemeinsamen Familienwohnung geführt. Vielmehr seien für die Anmietung der Wohnung besondere Gründe ausschlaggebend gewesen, welche zeigten, daß in Wirklichkeit lediglich eine weitere Räumlichkeit zur früheren Familienwohnung hinzugefügt worden sei. Dieses Revisionsvorbringen enthält eine andere Wertung der vom LSG festgestellten besonderen Umstände des vorliegenden Falles als sie dieses Gericht vorgenommen hat, ohne daß die vom LSG durchgeführte Beweiswürdigung oder die in dem Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen mit zulässigen und begründeten Revisionsgründen angegriffen worden sind (§§ 163, 164 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-). An sie ist der erkennende Senat daher gebunden.
Das LSG hat festgestellt, daß die Wohnung des T. nach ihrer Zweckbestimmung, Ausgestaltung und Größe zum dauernden Bewohnen durch T. geeignet und bestimmt war; sie habe eine vollständige Einrichtung enthalten, so daß sie keine Einheit mit der Familienwohnung gebildet habe (Seiten 22 und 24 unten). Diese Feststellungen entsprechen der weiteren in dem angefochtenen Urteil enthaltenen, wonach T. seine Wohnung wesentlich aus dem Wunsch nach Selbständigkeit heraus angemietet hat. Der Beigeladene zu 1) habe in der Familienwohnung keinen für T. objektiv erforderlichen Wohnraum mehr vorgehalten (Seite 26). T. habe den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in seiner eigenen Wohnung gehabt. Wenn die Revision abweichend hiervon vorbringt, daß allein Kostengründe für die Anmietung einer weiteren kleinen Wohnung maßgebend waren, um den Umzug der gesamten Familie in eine größere und teurere Wohnung zu vermeiden, so kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden. Auch das weitere Vorbringen der Revision, die "rein lokale Trennung" habe den Zusammenhang des T. mit dem Haushalt des Beigeladenen zu 1) nicht beseitigt, ist eine Tatsachenwertung, welche von der Beweiswürdigung des LSG abweicht, ohne daß insoweit Verfahrensmängel gerügt werden. Tatsachen, welche einen derartigen Mangel ergeben könnten, sind nicht bezeichnet (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG).
Die Revisionen vertreten weiterhin die Meinung, T. habe nur vorübergehend in einer für Studenten üblichen Weise die Familienwohnung verlassen. Es komme darauf an, ob beim Beginn der räumlichen Trennung noch ein Rückkehrwille bestehe, bzw ob die Integration in die Familienwohnung nach außen erkennbar endgültig aufgehoben worden sei. Es kann offenbleiben, ob die hierin enthaltene Rechtsauffassung zutrifft. Die Revision hat - wie schon mehrfach betont worden ist - die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Beweiswürdigung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, so daß der erkennende Senat an die im angefochtenen Urteil festgestellten Tatsachen gebunden ist. Danach ist angesichts der nicht ausreichenden Größe der Familienwohnung sowie der oben geschilderten Beschaffenheit und Ausstattung der eigenen Wohnung des T. und seines Willens nach Selbständigkeit davon auszugehen, daß die räumliche Trennung, welche T. durch Anmietung der Sozialwohnung vollzog, auf Dauer angelegt war (Seiten 25, 26). Selbst wenn von der Rechtsauffassung des Beigeladenen zu 1) auszugehen wäre, wenn es also auf eine nach außen erkennbare dauernde Lösung aus der Familienwohnung ankäme, wäre im vorliegenden Falle davon auszugehen, daß T. in der fraglichen Zeit nicht mehr in den Haushalt des Beigeladenen zu 1) aufgenommen war. Er war kein Stiefkind mehr mit den anspruchsbegründenden Voraussetzungen des § 2 Abs 1 BKGG, so daß der Beigeladene zu 1) als bevorrechtigte anspruchsberechtigte Person gegenüber dem Kläger gemäß § 3 Abs 2 BKGG ausscheidet.
Auch die Beigeladene zu 3) hatte von August 1978 bis November 1983 keinen Anspruch auf Kindergeld, welcher den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ausschloß. Sie und der Kläger hatten keine Bestimmung darüber getroffen, wem von ihnen das Kindergeld gewährt werden solle. Das Kindergeld für den nicht mehr sorgeberechtigten volljährigen T. stand daher gemäß § 3 Abs 3 BKGG demjenigen Elternteil zu, welcher T. überwiegend unterhielt. Dies war, wie das LSG angesichts der von ihm festgestellten Tatsachen zutreffend angenommen hat, der Kläger.
Die Voraussetzung überwiegenden Unterhalts ist erfüllt, wenn ein Elternteil mehr als die Hälfte zum Unterhalt des Kindes beisteuert (BSG, Urteil vom 23. Oktober 1984 - 10 RKg 12/83 - unveröffentlicht; vgl ferner BSGE 25, 157, 159 zu § 1241 RVO aF; BSG, Urteil vom 25. Januar 1979 - 8a RU 26/78 - SozR 2200 § 593 Nr 1), wenn er also mehr als die Hälfte des gesamten Unterhaltsbedarfs abdeckt. Das BKGG enthält keine eigene Begriffsbestimmung des "Unterhalts". Insoweit ist, anders als die Beigeladene zu 3), ohne eine vernünftige Alternative aufzuzeigen, meint, auf die Regelung des bürgerlichen Rechts zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 29. Oktober 1981 - 10/8b RKg 8/80 - SozR 5870 § 3 Nr 3; s ferner BSG, Urteil vom 25. Januar 1979, aaO). Nach § 1610 Abs 1 BGB bestimmt sich das Maß des zu gewährenden Unterhalts nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt). Der Unterhalt umfaßt gemäß § 1610 Abs 2 BGB den gesamten Lebensbedarf. Soweit das Gesetz in § 3 Abs 3 BKGG den Anspruch auf das Kindergeld von der Gewährung des überwiegenden Unterhalts an eine bestimmte Person abhängig macht, kommt es danach auf das Verhältnis der beiderseitigen tatsächlich erbrachten Leistungen zum vorhandenen Lebensbedarf an (vgl dazu BSGE 29, 1, 2; BSG, Urteil vom 20. Mai 1987 - 10 RKg 12/85 -). Nur Leistungen, die dem Unterhaltsaufwand dienen und nicht über den Unterhaltsbedarf hinausgehen, sind im Rahmen des § 3 Abs 3 BKGG zugunsten desjenigen, der sie erbringt, zu berücksichtigen. Dies folgt insbesondere aus § 1610 BGB. Diese Vorschrift bestimmt das Maß des zu gewährenden Unterhalts; in ihr sind die Obergrenzen der Unterhaltsberechtigung und -verpflichtung festgelegt. Demzufolge sind Bar- oder Sachleistungen, wenn sie diese Grenze überschreiten, wenn sie also über den angemessenen gesamten Lebensbedarf (§ 1610 Abs 1 und 2 BGB) des Berechtigten hinausgehen, kein Unterhalt mehr. Sie sind Vergünstigungen anderer Art.
Hiervon ist auch das LSG ausgegangen. Es hat ferner zutreffend berücksichtigt, daß Eltern für den Unterhalt ihrer Kinder gemäß § 1610 Abs 3 Satz 1 BGB anteilig haften. Nach seinen Feststellungen, gegen welche zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind und von denen der Senat daher auszugehen hat (§ 163 SGG), hatte T. bis Ende 1979 einen monatlichen Barbedarf von 660,-- DM, in den Jahren 1980 und 1981 von 700,-- DM und anschließend von 765,-- DM. Diesen Bedarf befriedigte der Kläger zu seinem Anteil durch Vollzug der gegen ihn erwirkten Unterhaltsurteile bis Ende Februar 1981 durch die Zahlung einer Unterhaltsrente in Höhe von 550,-- DM und danach in Höhe von 660,-- DM monatlich. Demnach belief sich der verbliebene Unterhalts- bzw Barbedarf während des hier interessierenden Zeitraumes, für welchen die Beigeladene zu 3) nach § 1606 Abs 3 Satz 1 BGB anteilig aufzukommen hatte, auf 110,-- DM (bis Ende 1979), 150,-- DM (bis Ende 1981), 40,-- DM (bis Ende 1981) bzw danach 115,-- DM. Die Beigeladene zu 3) hat Betreuungsleistungen erbracht, durch welche der verbliebene Unterhaltsbedarf befriedigt wurde. Anders als bei minderjährigen Kindern, denen die Mutter durch Pflege und Erziehung gleichwertige Unterhaltsleistungen erbringt (§ 1606 Abs 3 Satz 2 BGB), sind die Betreuungsleistungen für erwachsene Kinder mit ihrem objektiven Wert zu berücksichtigen, der gewöhnlich geschätzt werden muß (BVerfGE 17, 1; BSGE 31, 90; BGH NJW 1982, 2866). Zwar ist bei besonderen Fallgestaltungen denkbar, daß Barunterhalt und Betreuungsleistungen auch für erwachsene Berechtigte gleichwertig sein können (BGH FamRZ 1981, 541). Ein solcher Fall liegt hier jedoch, wie das LSG festgestellt hat, nicht vor. T. war nämlich imstande, sich weitgehend ohne die bei minderjährigen Kindern notwendigen Betreuungsleistungen selbst zu unterhalten, so daß insoweit eine Verpflichtung der Beigeladenen zu 3), Unterhalt zu gewähren, gemäß § 1602 Abs 1 BGB nicht vorlag. Die Mehrleistungen der Beigeladenen zu 3) können daher nicht in Ansatz gebracht werden. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Beigeladene zu 3) - ggf zusammen mit dem Stiefvater - den durch den Kläger nicht befriedigten angemessenen Lebensbedarf deckte. Der Wert dieses Unterhalts muß angesichts der im angefochtenen Urteil enthaltenen Feststellungen entsprechend dem oben bezifferten verbliebenen Bedarf geschätzt werden. Er ist erheblich geringer als der vom Kläger getragene Anteil am Unterhalt des T. Aus diesem Grunde war das Kindergeld nach § 3 Abs 3 Satz 2 BKGG dem Kläger zu gewähren. Die angefochtenen Bescheide, mit welchen diese Leistung entzogen wurde, sind also mit Recht aufgehoben worden. Die hiergegen gerichteten Revisionen waren zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen