Entscheidungsstichwort (Thema)
Lymphogranulomatose
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Frage der Bindung des BSG an die Entscheidung des LSG über die Zulassung der Revision.
2. Zu einer fehlerfreien Beweiswürdigung gehört es nicht, daß sich das Gericht mit den in Gutachten ärztlicher Sachverständiger vertretenen, voneinander abweichenden medizinischen Lehrmeinungen im einzelnen auseinandersetzt und darüber entscheidet, welche von ihnen richtig ist. Das Gericht überschreitet jedenfalls nicht die Grenzen seines Rechts, nach seiner freien , aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden, wenn es im Falle eines Auseinandergehens medizinischer Meinungen über die Entstehungsursache einer Krankheit unter abwägender und sachentsprechender Würdigung des Einzelfalls einer nicht nur vereinzelt vertretenen medizinischen Auffassung folgt, mögen auch anerkannte Wissenschaftler eine andere medizinische Lehrmeinung vertreten.
Leitsatz (redaktionell)
Gesicherte medizinische Erkenntnisse über die Ätiologie und das Wesen der Lymphogranulomatose sind bisher nicht erarbeitet. Nach der in der medizinischen Wissenschaft herrschenden Meinung ist die Lymphogranulomatose als Geschwulstkrankheit anzusehen, die schicksalhaft und ohne Bindung an eine Vorkrankheit oder schädigende Umwelteinflüsse entsteht.
Normenkette
SGG § 128 Fassung: 1953-09-03, § 162 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 5. Oktober 1956 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Von Rechts wegen.
Gründe
I.
Der Ehemann und Vater der Kläger, Karl B... beantragte im November 1947, ihm wegen Lymphdrüsenschwellung, Milzerkrankung und Wechselfieber eine Versorgungsrente nach dem Bayerischen Körperbeschädigten-Leistungsgesetz vom 26. März 1947 (BayKBLG) zu gewähren; er führte diese Gesundheitsstörungen auf eine Infektion zurück, die er sich im Jahre 1943 als Sanitäter in einem Kriegslazarett oder in der Kriegsgefangenschaft zugezogen habe. Bei den ärztlichen Untersuchungen wurde bei Karl B... eine Lymphogranulomatose festgestellt; er verstarb an dieser Krankheit im Mai 1948, bevor über seinen Versorgungsantrag entschieden worden war. Im Juli 1948 beantragte die Klägerin Ottilie B... Hinterbliebenenversorgung für sich und ihren Sohn Karl-Heinz B... sowie die Gewährung eines Sterbegelds nach dem BayKBLG. Sie trug dazu vor, ihr Ehemann habe bereits kurz nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft (März 1946) an anfallartigen Schüttelfrösten mit Schweißausbrüchen gelitten, damit habe seine Krankheit begonnen. In einer Bescheinigung des praktischen Arztes Dr. H... vom 28. Juni 1948, der Karl B... aus der Kriegszeit gekannt und ihn auch später behandelt hatte, wurde mitgeteilt, daß die ersten Krankheitserscheinungen im Frühjahr 1947 aufgetreten seien. Das Versorgungsamt Nürnberg hörte den Facharzt für innere Medizin Dr. Karl W... und den Pathologen Prof. Dr. R... es zog auch die Krankenunterlagen des Städtischen Krankenhauses Nürnberg, in dem Karl B... Ende 1947 und Anfang 1948 behandelt worden war, heran; mit den Bescheiden vom 17. Mai 1951 und 7. Juni 1951 lehnte es die Gewährung von Beschädigtenrente, Hinterbliebenenversorgung und Sterbegeld nach dem BayKBLG ab, weil nach der übereinstimmenden Auffassung der beiden ärztlichen Sachverständigen der ursächliche Zusammenhang der Krankheit, die zum Tode geführt hat, mit wehrdienstlichen Einflüssen zu verneinen sei.
Das Oberversicherungsamt (OVA.) Nürnberg wies die Berufung (nach altem Recht) durch Urteil vom 27. Juni 1952 zurück, nachdem es den praktischen Arzt Dr. H... als sachverständigen Zeugen und den Gerichtsarzt Dr. St... als Sachverständigen gehört hatte. Der Rekurs der Kläger gegen dieses Urteil an das Bayerische Landesversicherungsamt ging am 1. Januar 1954 nach § 215 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als Berufung auf das Bayerische Landessozialgericht (LSG.) über. Das LSG. holte (auf Antrag der Kläger gemäß § 109 SGG) ein Gutachten des Prof. Dr. G... Hamburg, und ein weiteres Gutachten der Ärzte Privatdozent Dr. L... Dr. B... und Dr. E... von der II. Medizinischen Klinik der Universität München ein.
Es wies durch Urteil vom 5. Oktober 1956 die Berufung der Kläger zurück. In der Urteilsbegründung führte es aus: Es könne dahingestellt bleiben, welcher Theorie über die Entstehungsursache der Lymphogranulomatose der Vorzug zu geben sei; in Anbetracht der noch weitgehend ungeklärten Ätiologie dieser Krankheit könne aus dem zeitlichen Zusammenhang des Auftretens der ersten Krankheitserscheinungen mit dem Wehrdienst nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den ursächlichen Zusammenhang geschlossen werden; im Übrigen sei auch dieser zeitliche Zusammenhang nicht nachgewiesen. Das LSG. ließ die Revision zu. Die Kläger legten am 20. November 1956 Revision ein und beantragten, das Urteil des Bayerischen LSG. vom 5. Oktober 1956 und die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben, den Beklagten zu verurteilen, die Lymphogranulomatose des Ehemanns und Vaters der Kläger als Schädigungsfolge anzuerkennen und den Klägern für die Zeit vom 1. November 1947 bis 31. Juni 1948 Beschädigtenrente sowie ab 1. Juli 1948 Hinterbliebenenversorgung zu gewähren, hilfsweise die Sache an das Bayerische LSG. zurückzuverweisen. Sie begründeten die Revision am 13. Februar 1957 und führten dafür an: das LSG habe zu Unrecht angenommen, der ursächliche Zusammenhang zwischen der Lymphogranulomatose, an der Karl B... gestorben ist und seinem Wehrdienst sei nicht wahrscheinlich; damit habe es die Grenzen des Rechts der freien Beweiswürdigung überschritten und somit gegen die Verfahrensvorschrift des § 128 verstoßen; es habe auch bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs das Gesetz verletzt (§ 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 KBLG); das LSG. hätte der Auffassung des Prof. Dr. G..., eines auf dem Gebiet der Lymphogranulomatose bekannten Forschers, folgen müssen; nach der Auffassung dieses Sachverständigen handele es sich hier um eine Infektionskrankheit; deshalb sei der ursächliche Zusammenhang zu bejahen; da der zeitliche Zusammenhang zwischen Krankheit und Wehrdienst vorgelegen habe, habe das LSG. den ursächlichen Zusammenhang auch nicht lediglich deshalb verneinen dürfen, weil die Ätiologie der Krankheit noch nicht geklärt sei, es hätte sich mit den verschiedenen medizinischen Lehrmeinungen auseinandersetzen und sich für eine entscheiden müssen; seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 103 SGG), habe es insofern verletzt, als es dem Sachverständigen Prof. Dr. G... nicht nochmals Gelegenheit gegeben habe, zu den abweichenden Gutachten der anderen Ärzte Stellung zu nehmen.
Der Beklagte beantragte, die Revision zurückzuweisen.
II.
1. Die Revision ist frist- und formgerecht eingelegt; sie ist infolge ihrer Zulassung (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG) statthaft. Die Entscheidung des LSG. über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision ist wie jede andere Entscheidung eines Gerichts, gegen die kein Rechtsmittel vorgesehen ist, grundsätzlich bindend und unanfechtbar (vgl. BSG. 2, 81 [83]; BSG. Urteil vom 20.2.1957, Sozialrecht zu § 150 SGG Nr. 19; Haueisen, Sozialgerichtsbarkeit 1955 S. 1). Ob die Zulassung der Revision für das BSG. dann nicht verbindlich ist, wenn diese Entscheidung offensichtlich unbegründet ist (vgl. BAG NJW 1955 S. 1128), kann dahingestellt bleiben; ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Zwar hat das LSG. ausgeführt, es lasse die Revision zu, da "die Frage des ursächlichen Zusammenhangs der Lymphogranulomatose mit Einflüssen des Wehrdienstes in Wissenschaft und Rechtsprechung noch weitgehend ungeklärt ist"; insoweit handelt es sich allerdings nicht um eine Rechtsfrage im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG; diese Frage betrifft vielmehr die Beziehung von Tatsachen zueinander im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn (BSG. 1, 268 [269]), die nur Gegenstand einer tatsächlichen Feststellung sein kann; das BSG. als Revisionsgericht kann aber die nach Auffassung des LSG. ungeklärt gebliebenen rechtserheblichen Tatsachen nicht klären, weil es selbst keine tatsächlichen Feststellungen treffen darf (§ 163 SGG); das bloße Ungeklärtsein von Tatsachen ist daher kein Grund, die Revision zuzulassen. Es kommt aber nicht darauf an, wie das LSG. seine Zulassungsentscheidung begründet hat, eine Begründung schreibt das Gesetz auch nicht vor; offenbar hat es, wie auch seine sonstigen Ausführungen erkennen lassen, der Frage grundsätzliche Bedeutung zugemessen, welche rechtlichen Gesichtspunkte bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs eines Leidens ungeklärter Ätiologie mit dem Wehrdienst zu beachten sind. Mit diesen Erwägungen hat es bei der Entscheidung über die Zulassung der Revision jedenfalls nicht die Grenzen seiner Ermächtigung überschritten; von einer offensichtlich entgegen dem Gesetz erfolgten Zulassung kann hier nicht gesprochen werden; das BSG. ist daher an die Zulassung gebunden (vgl. Haueisen a.a.O. S. 1 und 2 mit weiteren Hinweisen; BSG., Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55).
Die Revision ist hiernach zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
2. Das LSG. hat einen Anspruch der Kläger auf Beschädigtenrente und auf Hinterbliebenenversorgung verneint; es hat dabei die Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 des BayKBLG angewandt. Diese Vorschriften sind revisibel im Sinne des § 162 Abs. 2 SGG. Das Bayerische Gesetz über Leistungen an Körperbeschädigte vom 26. März 1947 (GVO Blatt S. 107) wie auch das Hessische KBLG vom 8. April 1947 und das Württemberg-Badische Gesetz Nr. 74 über Leistungen an Körperbeschädigte vom 21. Januar 1947 sind nach Art. 125 Nr. 1 des Grundgesetzes (GG) mit dem Inkrafttreten des GG Bundesrecht geworden (vgl. hierzu BSG. 1 S. 56 [59], BSG. - Urteile vom 16.10.1956 - 10 RV 315/54 - und vom 7.11.1957 - 11/8 RV 1159/55 -.
3. Das LSG. hat festgestellt, es sei nicht wahrscheinlich, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Leiden des Ehemanns und Vaters der Kläger, der Lymphogranulomatose, die zu seinem Tode geführt hat, mit dem Wehrdienst bestehe. Gegen diese Feststellung wenden sich die Kläger mit ihrem Vorbringen, das LSG. habe nach den vorhandenen medizinischen Unterlagen den ursächlichen Zusammenhang zu Unrecht nicht als wahrscheinlich angesehen, es hätte insbesondere bei richtiger Würdigung des Gutachtens des Prof. Dr. G... zu einem anderen Beweisergebnis kommen müssen. Sie rügen damit, das LSG. habe mit den Erwägungen, auf die es seine Feststellung gestützt hat, die Grenzen seines Rechts, die Beweise frei zu würdigen (§ 128 SGG), überschritten. Diese Rüge liegt auch in dem Vorbringen der Kläger, das LSG. habe den Begriff der Wahrscheinlichkeit, die nach Art. 2 Abs. 1 KBLG (§ 1 Abs. 3 BVG) zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung oder des Todes als Schädigungsfolge genügt, nicht richtig angewandt; die Kläger meinen damit nicht, wie auch ihre Ausführungen erkennen lassen, das LSG. habe bei seiner Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs einen dem Gesetz nicht entsprechenden "Überzeugungsgrad" zugrunde gelegt - dafür ist nichts dargelegt und auch nichts ersichtlich -, sie machen vielmehr geltend, das LSG. sei bei der Wahrscheinlichkeitsprüfung zu einem unrichtigen Ergebnis gekommen, weil es den tatsächlichen Sachverhalt unter Verletzung von Verfahrensvorschriften (§ 128 SGG) unzutreffend gewürdigt habe; sie haben die Rüge insoweit auch in der Form des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG begründet. Das Revisionsvorbringen, "die im Versorgungsrecht verankerte Bestimmung des Art. 2 Abs. 1 BayKBLG (§ 1 Abs. 3 BVG) sei zu Unrecht verneint" ist hier nicht als ein selbständiger Revisionsangriff, der eine Gesetzesverletzung im Sinne des § 162 Abs. 1 Nr. 3 SGG betrifft, zu werten, es richtet sich nicht gegen die Verletzung materiellen Versorgungsrechts, sondern gegen eine die Beweiswürdigung betreffende Verfahrensvorschrift. Die Rüge trifft jedoch nicht zu. Wenn sich das LSG. der von Prof. Dr. G... vertretenen Auffassung über die Entstehung der Lymphogranulomatose (Infektionstheorie) nicht angeschlossen und festgestellt hat, daß die Ätiologie dieser Krankheit in der medizinischen Wissenschaft noch weitgehend ungeklärt ist, so ist das nicht zu beanstanden; es ist damit nicht ohne wohlerwogene und stichhaltige Gründe über die Beurteilung medizinischer Fragen durch einen ärztlichen Sachverständigen hinweggegangen und hat seine eigene Auffassung an dessen Stelle gesetzt, es hat vielmehr seine Annahme auf eine ausreichende medizinische Beweisgrundlage gestützt. Auch Prof. Dr. G... hat in seinem Gutachten zum Ausdruck gebracht, daß es für die Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs im vorliegenden Fall von wesentlicher Bedeutung sei, welche Auffassung der Gutachter zur Frage der Entstehung der Lymphogranulomatose vertrete; es hat damit erkennen lassen, daß neben seiner Auffassung, wonach es sich wahrscheinlich um eine Infektionskrankheit (mit noch unbekanntem Erreger) handele, in der medizinischen Wissenschaft noch andere Meinungen vertreten werden. Den Gutachten der ärztlichen Sachverständigen Prof. R... und Dr. W... sowie den Gutachten der Ärzte der II. Universitätsklinik in München hat das LSG. aber entnehmen können, daß es in der medizinischen Wissenschaft eine Reihe von Lehrmeinungen über die Entstehungsursache der Lymphogranulomatose gibt - die nach Ansicht der Ärzte der Münchener Universitätsklinik in der medizinischen Wissenschaft herrschende Meinung sieht im Gegensatz zu Professor Dr. G... in der Lymphogranulomatose eine Geschwulstkrankheit, die schicksalhaft und ohne Bindung an eine Vorkrankheit oder schädigende Umwelteinflüsse entsteht -, daß aber gesicherte medizinische Erkenntnisse über die Ätiologie und das Wesen dieser Krankheit noch nicht erarbeitet sind. Diese medizinischen Erörterungen haben die Annahme des LSG., die Entstehung des Leidens und der Einfluß wehrdienstlicher Einwirkungen auf das Leiden seien noch ungeklärt, sehr wohl stützen können. Das LSG. hat keinen Anlaß gehabt, sich mit den verschiedenen medizinischen Lehrmeinungen auseinanderzusetzen und darüber zu entscheiden, welche von ihnen richtig ist; seine Beweiswürdigung ist nicht schon deshalb fehlerhaft gewesen, weil es nicht im einzelnen zu dem Meinungsstreit in der medizinischen Wissenschaft Stellung genommen hat, der hier für die medizinische Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs von Bedeutung ist. Das Gericht hat das Recht und die Pflicht, Beweise frei zu würdigen und hält sich deshalb im Rahmen seines Rechts, wenn es im Falle eines Auseinandergehens medizinischer Meinungen über die Ursachen und das Wesen einer Krankheit unter abwägender und sachentsprechender Würdigung des Einzelfalles einer nicht nur vereinzelt vertretenen medizinischen Auffassung folgt, mag auch ein anerkannter Wissenschaftler eine andere Lehrmeinung vertreten. Im vorliegenden Falle hat sich aber das LSG. weder für die Auffassung des Prof. Dr. G... noch für die von anderen Ärzten vertretene Lehrmeinung entschließen müssen. Wenn es das Gesamtergebnis der medizinischen Erörterungen dahin gewürdigt hat, daß nach dem derzeitigen Stand der medizinischen Wissenschaft die Ätiologie und das Wesen der Lymphogranulomatose noch nicht geklärt seien und diese Annahme seiner Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs zugrunde gelegt hat, so können dagegen begründete Bedenken nicht erhoben werden.
Wie die Kläger dem Sinn nach weiter ausführen, hätte das LSG. in Anbetracht dessen, daß jedenfalls nach Ansicht von Prof. Dr. G... und anderer Wissenschaftler die Lymphogranulomatose eine Infektionskrankheit sei und daß andererseits der zeitliche Zusammenhang zwischen Wehrdienst und Krankheitsentstehung zu bejahen sei, den ursächlichen Zusammenhang als wahrscheinlich ansehen müssen. Diese Auffassung trifft nicht zu. Das LSG. ist dem Gutachten des Prof. Dr. G... nicht nur deshalb nicht gefolgt, weil es sich nicht der von ihm vertretenen Lehrmeinung über die Entstehung der Lymphogranulomatose (Infektionstheorie) angeschlossen hat, vielmehr auch deshalb, weil Prof. Dr. G... seinem Gutachten Tatsachen zugrunde gelegt hat, die das LSG. nicht hat feststellen können. Prof. Dr. G... ist bei seiner medizinischen Beurteilung davon ausgegangen, daß sich bei Karl B... Krankheitserscheinungen wie anfallartige Schüttelfröste mit Nachtschweißausbrüchen bereits kurz nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft, spätestens März bis Mai 1946, gezeigt hätten; demgegenüber hat das LSG. aufgrund der eigenen Angaben des Karl B... bei seiner Behandlung im Städtischen Krankenhaus Nürnberg im Oktober 1947 und aufgrund der Bescheinigung des Arztes Dr. H... festgestellt, daß die Krankheitserscheinungen erst im Jahre 1947 aufgetreten sind; es hat daraus gefolgert, daß auch der von Prof. Dr. G... angenommene seitliche Zusammenhang zwischen Wehrdienst und Krankheitsentstehung nicht nachgewiesen ist. Gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG., die dieser Folgerung zugrunde liegen, haben die Kläger keine substantiierten Revisionsgründe vorgebracht, das BSG. ist daher an diese tatsächlichen Feststellungen gebunden (§ 163 SGG). Die Ansicht der Kläger, das LSG. habe im vorliegenden Falle den ursächlichen Zusammenhang schon deshalb bejahen müssen, weil ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Wehrdienst und dem Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen vorgelegen habe, geht daher fehl, sie trifft schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu (vgl. im übrigen BSG. 6, 70 [72, 73]). Das LSG. hat danach weder die Grenzen seines Rechts, das Gesamtergebnis des Verfahrens frei zu würdigen (§ 128 SGG) überschritten, noch hat es seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 103 SGG) verletzt. Das hat es auch nicht insoweit, als es davon abgesehen hat, den Sachverständigen Prof. Dr. G... nochmals zu einer erneuten Stellungnahme au veranlassen. Die mehrfache Anhörung von ärztlichen Sachverständigen, wenn Gutachten mit verschiedenen Ergebnissen vorliegen, ist nicht grundsätzlich geboten. Im vorliegenden Falle hat sich das LSG. nicht zu weiteren Ermittlungen auf medizinischem Gebiet veranlaßt sehen müssen; es hat vielmehr für seine Beurteilung die vorhandenen Beweisunterlagen als ausreichend und abschließend ansehen dürfen. Die gerügten Verfahrensmängel liegen danach nicht vor.
4. Das LSG. hat die Ansprüche der Kläger verneint, weil das Leiden bzw. der Tod des Karl B... nicht Schädigungsfolge im Sinne der versorgungsrechtlichen Bestimmungen sind; es hat insoweit den ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Gesundheitsstörung bzw. dem Tod und einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG beurteilt, es hat dabei aber nicht das Gesetz verletzt. Das "Gesetz", das bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs anzuwenden ist, ist die für das Gebiet der Kriegsopferversorgung (KOV) geltende Kausalitätsnorm. Kausalitätsnormen sind in der Regel nicht ausdrücklich in einer gesetzlichen Vorschrift niedergelegt, sie sind vielmehr als die für das betreffende Rechtsgebiet allgemein gültigen, den ursächlichen Zusammenhang regelnde Rechtssätze von der Rechtslehre und Rechtsprechung entwickelt worden. Nach der Kausalitätsnorm für das Gebiet der KOV (vgl. BSG. 1, 72 [76]; 1, 150 [157]; 1, 268 [269, 270]) ist nicht jede Bedingung, die hinweggedacht werden kann, ohne daß der Erfolg entfiele, als ursächlich (ursächlich im naturwissenschaftlichphilosophischen Sinne) anzusehen, sondern nur diejenige, die im Verhältnis zu anderen Einzelbedingungen wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat (ursächlich im Rechtssinn). Im vorliegenden Fall ist das LSG. zur Anwendung der Kausalitätsnorm gar nicht gekommen, weil es schon den ursächlichen Zusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn verneint hat. Es hat aufgrund seiner medizinischen Erörterungen in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Wehrdienst ohne Einfluß auf das Leiden des Karl B... und seinen Tod geblieben ist; es hat also die Einwirkungen des Wehrdienstes nicht als eine Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn angesehen, die an dem Tod des Karl B... mitgewirkt hat. Damit hat das LSG. auch nicht prüfen können, welche rechtliche Bedeutung diese Einwirkungen des Wehrdienstes gehabt haben, insbesondere ob sie etwa eine wesentliche Bedingung und damit die Ursache oder Mitursache im Sinne der Kausalitätsnorm sind. An die tatsächlichen Feststellungen, die das LSG. aufgrund seiner medizinischen Erörterungen getroffen hat, ist das BSG. gebunden, da die in bezug auf sie erhobenen Revisionsrügen nicht durchgreifen. Das LSG. hat auch, wie seine Ausführungen zu den medizinischen Beurteilungen erkennen lassen, nicht verkannt, daß nach den Versorgungsgesetzen zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung oder des Todes als Schädigungsfolge die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs genügt.
5. Die rechtlichen Schlußfolgerungen des LSG. sind daher nicht zu beanstanden. Da seine Entscheidung keinen Verstoß gegen das materielle Recht erkennen läßt und wesentliche Verfahrensmängel nicht vorliegen, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen