Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. April 1996 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig sind die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und die Beitragsbemessung.
Der im April 1934 geborene Kläger war von Oktober 1962 bis Dezember 1970 privat krankenversichert und seit 1971 ununterbrochen freiwilliges Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Auf seinen Antrag vom 25. Januar 1994 bewilligte ihm die beigeladene Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Altersrente von Mai 1994 an. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 3. Februar 1994 mit, daß er aufgrund seines Rentenantrages nicht pflichtversichert in der KVdR sei, weil er die Vorversicherungszeit nicht erfülle (§ 5 Abs 1 Nr 11 des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung ≪SGB V≫). Mit Bescheid vom 3. Juni 1994 stufte sie ihn in die Versicherungsklasse F 12 0 Beitragsklasse 16 für freiwillige Mitglieder ohne Krankengeldanspruch mit einem monatlichen Beitrag von 591,00 DM ein. Sie legte der Einstufung beitragspflichtige Einnahmen von monatlich insgesamt 4.647,87 DM zugrunde (Altersrente von 2.792,99 DM, Versorgungsbezüge von 1.654,88 DM und Kapitaleinkünfte von 200,00 DM monatlich). Den Widerspruch des Klägers gegen den Einstufungsbescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 7. Oktober 1994 zurück; der Kläger bleibe über den Rentenbeginn hinaus freiwilliges Mitglied der Kasse, weil er die erforderliche Vorversicherungszeit für die Mitgliedschaft in der KVdR nicht erfülle. Die Beitragseinstufung entspreche ihrer Satzung.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 3. Juni 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1994 und auf Feststellung, daß der Kläger in der KVdR pflichtversichert ist, abgewiesen (Urteil vom 31. Januar 1995). Mit seiner Berufung hat der Kläger vor dem Landessozialgericht (LSG) beantragt, das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1994 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, bei der Beitragsbemessung ab 1. Mai 1994 Zinserträge unter 25 vH der Summe aus gesetzlicher Rente und Versorgungsbezügen nicht zu berücksichtigen und die Versorgungsbezüge mit 1.578,84 DM anzusetzen, hilfsweise, den Rechtsstreit auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen. Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 19. April 1996). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluß des Klägers von der KVdR seien unbegründet. Das Gesetz sehe auch keine Einschränkung bei der Berücksichtigung von Bezügen aus dem früheren Arbeitsverhältnis vor. Das gelte ebenso für die geforderte Begrenzung der Berücksichtigung sonstiger Einkünfte auf Beträge, die über 25 vH des Einkommens aus der Rente und den Versorgungsbezügen liegen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers. Er rügt eine Verletzung des Art 3 Abs 1, des Art 20 Abs 3 und des Art 103 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) iVm § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V und eine Verletzung des § 238a SGB V.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 19. April 1996 und das Urteil des SG Karlsruhe vom 31. Januar 1995 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juni 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Oktober 1994 aufzuheben und
- das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorzulegen, ob § 5 Abs 1 Nr 11 nF SGB V verfassungsgemäß ist,
- die Beklagte zu verpflichten, bei der Beitragsbemessung ab 1. Mai 1994 sonstige Einnahmen unter 25 vH der Summe aus gesetzlicher Rente und Versorgungsbezügen nicht zu berücksichtigen sowie die Versorgungsbezüge mit 1.578,84 DM anzusetzen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene hat sich in der Sache nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Der Senat geht davon aus, daß Gegenstand des Rechtsstreits die mit Bescheid vom 3. Juni 1994 geregelte Einstufung des Klägers in eine Versicherungsklasse für freiwillig versicherte Mitglieder der Beklagten und die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Versicherung sind. Soweit sich der Kläger dagegen wendet, daß das LSG in dem angefochtenen Urteil wie schon die Beklagte im Bescheid vom 3. Juni 1994 seine Mitgliedschaft in der KVdR ab 1. Mai 1994 verneint hat, würden die Feststellungen des LSG einfachrechtlich eine endgültige Entscheidung iS der Zurückweisung der Revision zulassen. Die Feststellungen des LSG reichen jedoch nicht aus, um entscheiden zu können, ob der Rechtsstreit nach Art 100 Abs 1 Satz 1 GG auszusetzen und dem BVerfG vorzulegen ist, oder ob die Revision mangels Entscheidungserheblichkeit der verfassungsrechtlichen Frage zurückzuweisen ist.
Das LSG hatte auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung, nach der § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V in vollem Umfang mit dem GG vereinbar ist, keinen Anlaß zu weiteren Feststellungen über den Lauf der Rahmenfrist und die Erfüllung der Vorversicherungszeit. Denn der Kläger war, wie das LSG festgestellt hat, zu keiner Zeit versicherungspflichtig, sondern entweder privat krankenversichert oder freiwilliges Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Er konnte damit die Vorversicherungszeit einer Pflichtversicherung iS des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V nicht erfüllen. Der erkennende Senat hat die verfassungsrechtliche Frage jedoch in mehreren Entscheidungen vom 26. Juni 1996, also nach dem Urteil des LSG vom 19. April 1996, teilweise anders als das LSG beurteilt. Allerdings hält auch der Senat es grundsätzlich für vereinbar mit dem GG, daß Rentner von der beitragsbegünstigten (vgl §§ 237, 247 und 248 SGB V) Pflichtversicherung des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V (KVdR) ausgeschlossen sind, wenn sie die Vorversicherungszeit nicht mit Zeiten einer Pflichtversicherung erfüllen. Soweit wegen der Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen zur KVdR durch § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V idF des Art 1 Nr 1 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) ein Verstoß gegen Art 20 Abs 3 GG geltend gemacht wird, wie dies auch hier der Fall ist, hat sich der Senat nicht davon überzeugen können, daß die Verschärfung der Zugangsvoraussetzungen gegen das GG verstößt (vgl BSGE 78, 297 = SozR 3-2500 § 5 Nr 29 S 117 f). Der Senat ist jedoch davon überzeugt, daß § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V idF des Art 1 Nr 1 GSG gegen Art 3 Abs 1 GG verstößt, soweit auch solche Versicherte vom Zugang zur KVdR ausgeschlossen sind, welche die Vorversicherungszeit zusammen mit solchen Zeiten einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllen, in denen sie nur wegen Überschreitens der Versicherungspflichtgrenze bis Ende 1988 nach § 165 Abs 1 Nr 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder seit dem 1. Januar 1989 nach § 6 Abs 1 Nr 1 Halbsatz 1 SGB V versicherungsfrei waren und seit 1971 Anspruch auf einen Beitragszuschuß des Arbeitgebers nach § 405 RVO oder § 257 SGB V hatten. Der Senat hat deshalb in mehreren Revisionsverfahren beschlossen, die Frage, ob § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V insoweit mit Art 3 Abs 1 GG vereinbar ist, dem BVerfG vorzulegen (Beschlüsse vom 26. Juni 1996 – 12 RK 41/94, 12 RK 69/94, 12 RK 78/94, 12 RK 7/95 und 12 RK 36/95). Bei dieser Auffassung, an der festgehalten wird, sind nunmehr weitere tatsächliche Feststellungen dazu erforderlich, ob auch der Kläger des vorliegenden Verfahrens zu diesem Personenkreis gehört. Diese Feststellungen konnte der Senat als Revisionsgericht nicht treffen. Vielmehr wird das LSG sie nachzuholen haben. Das BVerfG stellt an die Zulässigkeit von Vorlagen strenge Anforderungen.
Zunächst wird zur Bestimmung der Rahmenfrist zwischen der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und der Rentenantragstellung im Januar 1994 festzustellen sein, wann der Kläger erstmals eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat. Dabei ergeben sich Zweifel daran, daß dieses nach den Angaben des Klägers erst im Jahre 1962 der Fall war. Nach dem vorliegenden Rentenbescheid ist er für die Zeit von Juli 1958 bis Juli 1962 nachversichert worden. Dieses kann auf einer damaligen Erwerbstätigkeit beruhen (vgl auch BSG SozR 3-2200 § 165 Nr 15). Erst wenn feststeht, welche Rahmenfrist gilt und wann deren zweite Hälfte beginnt, kann beurteilt werden, ob der Kläger die Neun-Zehntel-Belegung mit den genannten Zeiten einer Beschäftigung als Arbeitnehmer oberhalb der Versicherungspflichtgrenze mit Anspruch auf den Beitragszuschuß des Arbeitgebers erfüllt hat. Ob er eine derartige Beschäftigung ausgeübt hat, wird das LSG ebenfalls festzustellen haben. Sollte die Vorversicherungszeit mit derartigen Zeiten allein nicht erfüllt sein, wird weiter festzustellen sein, ob und gegebenenfalls von wann bis wann Zeiten des Bezuges von Vorruhestandsgeld vorlagen, in denen der Kläger Anspruch auf einen Beitragszuschuß des Arbeitgebers nach § 257 Abs 3 SGB V hatte. Wenn jedenfalls zusammen mit derartigen Zeiten die Vorversicherungszeit erfüllt ist, kann ebenfalls eine Vorlage an das BVerfG in Betracht kommen.
Soweit der Kläger sich im übrigen gegen die Beitragsbemessung im Bescheid vom 3. Juli 1994 wendet und die Entscheidung des LSG hierzu angreift, vermag der Senat hierüber derzeit nicht abschließend zu entscheiden. Der Kläger rügt eine Verletzung des § 238a SGB V. Diese Vorschrift gilt für die Beitragsbemessung freiwillig versicherter Rentner. Die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit dieser Beitragsbemessung hängt davon ab, ob eine Pflichtversicherung in der KVdR besteht oder ob der Kläger weiterhin freiwilliges Mitglied der Beklagten ist. Wenn das LSG erneut zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Versicherungspflicht in der KVdR besteht und es dieses weiterhin für verfassungsmäßig hält, so müßten nähere Feststellungen zu den Berechnungsgrundlagen der Beiträge in der freiwilligen Versicherung getroffen werden. Der erkennende Senat vermag dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen, welches die Einkünfte des Klägers sind, deren Zugehörigkeit zu den beitragspflichtigen Versorgungsbezügen er bestreitet, das LSG jedoch auf Seite 8 seines Urteils bejaht.
Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung vorbehalten.
Fundstellen